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1918 Sonntag, den 3. Aeßruar trotzdem der bittere Erns " st des Krieges, der ihr in ihrem Berns täglich nahe kam, sie über ihre Jahre hinaus gereist hätte. - . - ' . . - Hilde, die den Kindern, aus dem grünen Platz, etwas abseits von den großen, ihren Kaffeetisch gerichtet, kam auch in einem weißen Kleide über die Wiss« und begrüßte mit leisem lächeln uin den leidvollen Mund die Gäste. Und Günter dachte-. Wie anders, dw.auch sie heute das Gewand der Trauer abgelegt, trägt sie das weiße Kleid als Eüidane. . ' , Hilde bemerkte, wie sein Blick ihre Gestalt überflog und sie sagte einfach: - " L „dieses weiße Kleid trage ich jeden Sonntag, Meinem gefallenen Mann W Ehren und den Kindern zur Freude- Er liebte die Trauerkinder nicht und meinte immer, um Männer, die iür ihr Vaterland stürben, dürfe man nicht-trauern. Und doch bot,man in den Tagen d«m Leidstem anderes Durlangen, als ganz in das düstere Schwarz zu versinken. Aber der Sonn- taa, der gehört ausschließlich dem Andenken des Toten und den Kindern, und La muß es ..cht sein in uns und um uns." . Ellmer küßte bewegt die Hand der jungen Frau, die jetzt heiter und liebenswürdig auch Bodo begrüßte. „Der Maienwein kommt später", tröstete Christa-Maria Graf Günter, als sie ihm die gefüllte Kaffeetasse reichte. „Lie können ohne Sorge sein." „ Alles ist wie'einst", gab er versonnen zurück und ließ den Blick durch den blühenden Garten schweifen, „als Ihre Frau Mutter noch lebtt und wir immer so erwartungsvoll aus den großen Augenblick wätteten, wo der mit Blumen u mkränzte Napfluu-en geschlachtet wurde." „Das wollen wir nun auch besorgen", lächelte Christa- Maria und ging gleich ans Werk, den Kuchen in Riesenstücke zu zerlegen.' ' - -s . Hebet um DM Keines Menschen Alltag ist srei von, erbärmlichen Stunden, alles- Menschenleben ist Kranken und. Wiedergesunden. - Doch in der schwächsten Srunde auch flehe ich ,nicht um mein Leben, . - Gott, du kannst Fs mir nehmen, du hast mir's gegeben. Eines erfleh' ich im Stande'der Schwachheit von dir allein: Latz die-kraftlose Stunde mein , letztes Stündlein nichl, sein! Gott, dü hast mir noch immer.die natten und schlaffen Stunden zum würdigen Leben umgeschaffen — - Laß mich vom Brote des Todes nicht feige und unwürdig essen, Latz in Ü«r heiligen Wandlung anich alle durchlittene Schwach heit vergessen. f Walter Fler. Mit Genehmigung des Verlages entnommen aus der Gedichtsammlung von -s- Walter Fler: Im Felde zwischen Nacht -und Tag. München, L. H. Beck, 1918. unbändig-auf den Sonntag gefreut, ^und nun war ihm alles verleidet, er wußte selbst nicht, warum. Bodo aber behielt seine strahlend« Laune. In feinen Ge danken spukte die Reise nach Hildesheim und der tausendjährige Rosenstock und selig, lachte er in die Welt'. „Onkel, Bodo ist so vergnügt," sagte Holm, von. einem Bein -uf das andere springend, „daß ich immer mitlachen mutz, si löst w'-m ich ttaurig bin." - „Bist du oenn Laurig, kleiner Mann?" „Viet", pickte Holm, „von wegen Vati — aber-heute nicht — ich glaube doch — Vati kommt wieder."" - - Bettoffen sahen sich-die Freunde an. „Aber. Holm", wandte Günter ein, „Vati kank doch nicht wiederkommen. Er schläft ganz fest mit seinen Kameraden. Als'-in Held zog er in den Himmel ein." ' ' . .s^ Holm schüttelte den Köpf. s„Jch suche ihn immer,' da oben bei den- Sternen. Vati sagte, jeder Stern ist rin Men schenherz, das auf der Erde gestorben ist und im Himmel weiter lebt, Vati"ist nicht da droben bei den Sternen — ich kann ihn nicht sehen." - h Günter war erleichtert,., daß sie jetzt.das Doktorhan» erreichten, Hildes Kinder nahmen Holm gleich jubelnd in die Mitte und bald tönte ihr fröhliches Lachen durch den weiten Garten mit seinen zahireichm Obstbäumen und den altmodischen Blumenbeeten. " . * Der Sanitätsrat war wie fast immer, in behaglicher Sonntage^ une. und Christa-Muria führte ihre Gäste heiter zu dem . großen runden Kafstetisch im Garten, auf dem ein mit Höckenroen umkränzter Napfkuchen -prangte. Maiblumen und Heckenrosen, von der'Hecke gepflückt, schmückten auch den festlichen uisch,-um den'man sich bald zwanglos reihte. Christ- Maria, die den Kaffee, einschenkte, trug im Gürtel ihres schlichten Kleides gleichfalls' einen Heckenrosenstrauch, und sie selb st. jahraus wie eine Heckenrose, jung und knospend, Heilige Zeilen Ein Roman aus der Gegenwart . c" ' ' Don Anmy Wot^e. 14 Nochd-iuk Die game Nacht hatte es wieder arg in den. Harz bergen gewettert und noch in der Sonntagssrühe lasteten schwarze Wölken schwer auf Ettersrode. Die Luft, war weich und warm, aber die Sonne wollte nicht kommen, je weiter auch der Tag vorrückts. Und Sonne brauchte man doch, wenn man im Dokttrgartsn Maienwein.trinken wollte. Den ganzen Vormittag' brachte Günter dann zu, immer-weder be sorgt zum" Himmel aufzuschauen, und seine Ungeduld hatte sich schließlich auch Bodo mitgeMt, denn auch ex freute sich ^auf den Nachmittag im Döktorhausr.. Endlich, bald nach Ler Mittagstafel, an der es bedrückt'und still herging, trotzdem Bodo-sich die "redlichste Mühe gab, die kleine Tafelrunde zu unterhalten, durchbrach die Sonne siegend die dichten grauen Molkenschauer/ und Günters dunkle Augen strählten freudig ' auf. Er wär dann auch sehr eilig, fortzukommen.-und stand schon, der anderen harrend, wie ein Schuljunge lange vor der Zeit zu dem Besuch gerüstet im Burghof.. Marlene, die man auch- für den Nachmittag gebeten, hatte, es vorzrzogen, bei. Gräfin Erdmute zu bleiben, denn in ihrer bedrüätenStjmmung, die sich bisweilen zu einer-jähen Angst steigerte, wäre sst doch nur eine schlechte Gesellschafterin in dem frohen Kreise'ge wesen Güldane war noch nicht aus Hannover zurückgelehrt. Der alte Friedrich hatte schon am Morgen Holms kleines Reisetöfferchm mit den Sachen des Kindes ins Doktorhaus befördert, und Holm hüpfte nun vergnüglich zwischen den beiden Freunden^ die ihn jeder an einer Hand gefaßt halten, . den Weg zur Stadt hinab. Er sah allerliebst aus in .seinem weißen Leinenkittel und den weißen Schuhen und Strümpfen, welche die kräftigen, nackten Beine sehen ließen. Keine Spur von Traurigkeit verschattete -Mehr' das rosige Kinde.gesicht mit dew-großen 'nachtschwarzen Augen.. Ob sein Kinderfilm die Tragödie, Lie sich da aben auf der Burg abspielte, ver gessen hatte? ' - . . - Gunter war froh, daß Halm sich so harmlos vergnügte, und er wir Bodo suchten in jeder Weise, durch Scherzworte und Unterhaltung Holm in dieser fröhlichen Unbefangenheit zu erhalten. Abe: je näher sie dem-Doktorhause kamen, je be klommener würbe doch Günters Stimmung. Er hatte sich so -raniitnbcrg-D ErMlcr UntertzattrmgsbMage Mrn Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitags- - und -Synntogs-Nummm ohne Preiserhöhung des Häuptdlattes beigegebe...