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39 halt und mich als Eindringlich betrachtet, ich möchte ihn gar : nicht anders haben." „Holm ist-ein ganz verzogener Junge", warf Eüldane ein, - „der strenge gehalten werden mutz. Marlene verzieht ihn sträflich, immer mit dem Hinterhalt: Joachim hätte es so ' gewollt." „Wenn d^, liebes Kind, die Erziehung deines Jungen in anders Hände gibst, so mutzt du dich auch jeden Einspruches enthalten", bemerkte Gräfin Erdmute, während sie auf den Knopf der elektrischen Klingel drückte. „Ich lasse den Herrn Grafen und das gnädige Fräulein mit dem jungen Herrn hierher bitten", sagte sie zu dem ejn- tretenden Diener, der niit einem verzweifelten Blick auf Gül- . dane ergeben das graue Haupt senkte. ä Man hatte am Kamin Platz genommen, wo trotz des Frühlings da drautzen ein Helles Feuer prasselte, denn die Zimmer auf Burg Ettersrode mit ihren dicken Mauern waren kühl, selbst in hritzester Sommerszeit. Als Graf Günter mit Marlene einige Minuten später in das Gemach trat, blieb er wie versteinert stehen, denn genau an derselben Stelle, wo er einst Eüldane in den Armen Joachims gefunden, sah er jetzt Eüldane zärtlich hingegeüen mit Wolfgang am Kamine sitzen und gerade wie "damals lach ten ihm ihre- grünschillernden Augen unter Tränen entgegen. Günter hatte'das Gefühl, als müsse er das schöne Weib da wild empor reitzsn, als dürfe er nie und nimmer diese neue Komödie dulden. Wie im Traum nur vernahm er die Worte seiner Mutter,* die mit seltsam harter Stimme zu ihm und Marlene sprach: „Ich habe euch die Mitteilung zu machen, datz Joachims Frau" — sie betonte das besonders — „sich soeben mit eurem Vetter Wölfgang verlobt hat, und datz die Verlobten beab sichtigen, sich heute in acht Tagen kriegstrauen zu lassen." Wie Steinbilder, stumm und starr verharrten die beiden jungen Menschen. Da warf sich Eüldane aufschluchzend der Schwester an die Brust, während Wolfgang herzlich zu Günter trat und warm seine Hand ergriff.- „Du kannst mir ruhig Glück wünschen, -Günter", sagte der Ulan bewegt, „wenn es dir auch schwer 'fällt. Du darfst aber Überzeugtsein, datz-ich Joachims Andenken in seinem Weibe immer heilig halten werde." ; Fühllos lag Günters Hand in der Wolfgangs. Er mur- . melte ein paar unverständliche Worte und dabei war ihm, als müsse' er sein Schwert'ziehen und dazwischen schlagen. Marlene .aber schoh die heftig schluchzende Schwester - energisch von sich, indem sie nur ihr verständlich, flüsterte: „An dieser Stelle hier betrogst du vor zehn Jahren Günter und Joachim, hüte dich, datz du nicht noch einmal den Weg der Sünde gehst." Eüldane lachte silberhell: ' ; . . „Kinder, ihr habt eine Art, uns Glück zu wünschen, datz man wirklich verzweifeln könnte, wenn man nicht wüßte, datz man doch so.unbändig glücklich ist. Wo bleibt denn aber der Junge? Er soll seinem künftigen Vater guten Tag sägen." „Holm liegt zu Bett", berichtete Marlene. „Er fiebert, da habe ich ihn ms Bett gesteckt/' Eüldane bist sich aus die Lippen und als Wolfgang sagte: „Hoffentlich fehlt dem Kleinen.nichts Ernstliches", gab sie verbissen zurück: „Er trotzt — der Junge mutz in energische Zucht." „Ich bitte dich, mit uns zu speisen, Wolfgang", schnitt- Gräfin Erdmute das unerquickliche Gespräch ab. „Bedaure sehr, verehrte Frau Tante. Es ist ratsamer, wmn ich sofort nach Diethardshausen zurückkehre. Es' gibt noch so Vieles zu ordnen und für Eüldanes Aufenthalt her zurichten, datz keine Minute verloren werden darf. Wir haben ja nur noch so kurze Zeit. Vielleicht begleitest du mich durch den Park",, wandte er sich an Eüldane, die sich sofort zärtlich an seinen Arm hing. Er schob sie ganz sanft zurück und sich ehrfurchtsvoll über die Hand der Gräfin beugend, sagte er: " „Ich möchte Ihnen, verehrte Tante, durch meine An wesenheit hier weder Unbequemlichkeiten noch unnützen Schmerz bereiten." -.-L Die alte Frau neigte müde das Haupt- Nun kamen ihr doch die Tränen. .v „Möchtest du glücklich sei«, Wolfgang", entgegnete sie Er küßte " Äarkste- hastig ^ie tzdnd,- drückte flüchtig dje Günters, dann verließ ki» Zwlmnupp-Selcdicdtcde« , Vom westlichen Kriegsschauplatz wird uns geschrieben: Ein Lastwagen knarrte vorüber. Viele Stahlhelme sahen aus dem gewaltigen Kasten heraus. Es wurde ein Stoßtrupp nach vorn gebracht. Nach kaum'zwei Stunden kehrte er schon wieder zurück. Das „Stößchen" hatte vorzüglich geklappt, und unter den lachenden Soldaten sah. man französische Ge fangen«, die bei dem Manöver erbeutet worden waren. -Die armen Kerle sahen traurig aus, verelendet, verschmutzt. Keiner besaß Stürmpfe und zum Schütz gegen Nässe und Kälte hatten sie sich die Mantelenden abgeschnitten uno Wickelgamaschen daraus gefertigt. Um so mehr glänzte ein Offizier hervor« Er trüg eine flmkelnagelneue Uniform, hatte tadellose Leder gamaschen an den Beinen und nur die Gesichtszüge spiegelten Kummer und stille Verzweiflung wieder. Das Rätsel sollte bald gelöst werden. Als den Gefangenen alle .Schriftstücks die sie bei sich trugen, abgenommen wurden, fand man im Besitz des Offizierstellvertreters außer einem glühenden Liebes brief einer Pariserin, die den hübschen Namen Oilette führte, einen Urlaubsschein und Fahrscheine, die denen' der unseren ähneln. Es dauerte lange, ehe der gestörte Franzose zürn' Reden gebracht werden konnte; dabei legte er ein scheues, so» derbares Benehmen an den Tag. Er rannte auf und ab, sah mit wilden Blicken um sich und schien nicht zu begreifen, datz er sich nicht mehr in der gewohnten Umgebung, sondern in den Händen des Feindes befand. Man konnte Mitleid mit dem Manns haben, der allem Anschein nach nicht mehr Herr seiner fünf Sinne war. Im Laufe des' Verhörs wurde dann jein Schmerz begreiflich. Der Brief OiletteS gab dir ersten Auf- klämngen, und als dieser gelesen war, löste sich auch die Zunge des Franzosen und ruckweise erzählte er, welches Mißgeschick ihn betroffen, habe. Die kleine Pariserin hatte es fertig gebracht, daß dem- geliebten Manne Urlaub gewährt wurde, und diese Freudenbotschaft teilte sie ihm 'mit. Zugleich aber traf mit dem Briefe auch der Befehl für ihn ein, die Urlaubspapiere kn Empfang zu n-hmen. Natürlich erfüllte der Beglückte diese Pflicht außerordentlich gewissenhaft und warf sich sofort in das . Urlaubsröckchen, um dann noch einmal die Posten abzugehsn. Das sollte sein letzter Dienst sein. Eben verabschiedet« er sich von dem Posten der letzten Sappe, als mit einem Schlage deutsch« Stahlhelme im Graben äuftauchten. Ein ganzer Stoß trupp sammelte sich und der Posten war überwunden, bevor er begriff, was hier vorging; der mit den Gedanken schon in Paris weilende Offizierstellvertrster mußte sich zähneknirschend ergeben und wurde mit den anderen Polius nach dem deutschen -Graben gebracht, zurückbesördert, in ein Auto verladen und nun waren die Urlaubsfreuden, die schob im Voraus genossen wurden, ins Wasser gefallen. Erst als er zur Bahn gebracht wurde, bekam er wieder die Fassung und raffte sich zu einem bitteren Galgenhumor auf: Wenn schon nicht zur Seine, sagte er, dann'wenigstens zum Rhein. Ich komme so wenig stens schnelle c hin, als die große Arm««! R. H. Vie flauincdenkellverMettung In Neugersdorf in der sächsischen Oberlausitz fand kürzlich eine Kaninchen-Ausstellung statt, bei welcher der Vor sitzende des Landesverbandes Sachs. Kanincherizüchter, Herr Reif, Dresden-Radebaul, einen bemerkenswerten Dortrag hielt. Reif ist ein anerkannter Fachmann der Kaninchenzucht; sein«' Ausführungen gaben der Schriftleitung der Ober lausitzer Dorfzeitung in Neugersdorf Veranlassung, näher darauf einzugehen, Wit entnehmen dem genannten Blatte darüber folgende beachtenswerte Ausführungen: Di« einstens recht gering geschätzte Kaninchenzucht, deren unermüdlichen Verfechtern es in Jahrzehnten nur mühsam ge lang, die breiteste Öffentlichkeit für di« wirtschaftliche Be deutung dieses Zweiges der Kleintierzucht mehr und mehr zu interessieren, hat der ernste Lehrmeister Krieg mit seiner Fleisch- und Lederknappheit zu emem in kurzer Zeit ungeahnten Aufschwung gebracht. Wenige Zahlen mögen dies beweisen: — Dom 1. Dezember 1915 mit einem statistisch festgestellten Bestand an zähmen Kaninchen von 653000 Stück im Königreich S ach sen wuchs die Zahl innerhalb der nächsten zwei Jahre schätzungsweise auf 3,25 Millionen, deren Fleijchgewicht von reichlich 4 auf 21 Millionen Pfund, der Flcischwert von reichlich 6 auf 51 Millionen Mark, der det Felle nach den jetzigen niedrig bemessenen Beschlag-