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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Krankenberger Tageblatt Mrd jeder Mittwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegebe:.. Mr. LV Areitag, dm 25. Januar 1918 UMWLN - Nachdruck verboten. Ich sah einen glanzend' Gesellen, Gar zierlich aufgemacht; Ich fragt ihn auf der Stellen: - „Wer gab. dir solche Pracht?" - Da blitzten seine Zähne, Und spöttisch lacht er auf: . : „Die gaben mir die Menschen, - Die putzten so mich auf!" Er nahm das Gold vom Haupte, , war eitler Flittertand: „So streut man nur den Toren Di« Äugen voller Sand!" . „Sieh meiner Löcken Fülle, i Willst du der -Wahrheit Licht — Da züngelten die Nattern ; Nach meinem Angesicht. „Willst du mein HalsgeschMde?" So fragt er mich voll Hohn, „Es sind gebrochner Eide, , Es ist der Lüge Lohn!" > „Md hier, mein güldner Stecken, , Ein frommer Wandersiab, Er dienet tausend Schrecken, i „Ein Mordbub trat ihn ab!" — dieses gleißend Wämslein Aus zarter Seide fein, > Birgt Lumpen nur und Fetzen, r . And hüllt ein tot' Gebein." ' > - „Schau diesen Gurt mit Perlen > In schimmernd reicher Pracht! l Er deckt geschliff'ne: Schwerter, Gezuckter Dolche Nacht!" , ' > „Es putzten und es schmückten Mich Menschenwahn und Sinn, Doch ist in diesen Hüllen i Kein warmer Pulsschlag drin.^ „Es fließt in meinen Adern , Berechnung kalter Geist; Nur selbstisch Eigenliebe, , Was mich zu leben heißt!" ' ; „Du seltsamer Geselle", > Erschauernd fragt ich's leis — : - „Nun sag mir deinen Namen? , Gib Worten den Beweis!" „Den Namen willst du wissen? — - ; » Man nennt mich früh und spät ' . t Des zwanzigsten Jahrhundert» . Berühmt Humanität!" ; El. Sell-Gräfe.' ! : : ! ! . ' i Keiligs Zetten » . Ein Roman'aus dqr Gegenwart Von Anny Wothe. i 10 "" Nachdruck verboten l ' In dem weiten Wohngemach mit den gotischen Säulen i und den tiefen Fensternischen von Burg Ettersrode saß Gräfin Erdmute mit einer feinen Stickerei und lauschte dem Geplauder ihre- Enkels, der sich 'mit allerlei bunten Seidenkissen ack Boden herumbolgte und ab und zu mit leuchtenden Kinder. - äugen zu ihr aussah. ; „Großmutter, das ist ein Franzose", erklärte er, das u bunteste Kissen wütend zusammenknüllend, „den drücke ich tot wie niusts, und den Russen'hier" — er schlug Katschend auf i ein anders Kissen, „dem schlage ich die Knochen entzwei, i Sie mal." Er begann hes a auf die Seidenkissen einzudreschen--' ; „Junge", tadelte die Gräfin. ,sDeine Feinde sind ja ; wehrlos. Siehst du denn nicht, daß sich dir Hunten Seidenfetzen da nicht verteidigen können. Du zerreißt sie nur in deinem i Zorn." j Der Kleine schob betreten mit der Fußspitze die Kissen s von sich. „Ach sc, Großmama," meinte er kleinlaut, „du denkst i wohl — das war nicht anständig — die Feinde so zu -^verhauen?" , <- j „Nein, Holm! Ein ehrlicher Kampf; wo jeder seine Kräfte erproben kann — des lasse ich mir gefallen — aber Wehrlose — denen tut man nichts." j Der Junge stufte die langen schwarzen Wimpern ver- i wirrt über die dunklen Augen. Sorgsam, ohne die Groß- : mama anzusehen, packte er die Kissen zusammen und fich dann scheu zu der Gräfin auf. - „Bist du Holm böse, Großmama?" „Wie könnte ich, Kind, du wußtest ja nicht, daß dil ' tknrecht tatest." f Der Junge küßte stürmisch die welke Hand der alten - Iran. ., ' „Immer seid Ihr ko gut zu mir", sagte er fast ver- zweifelt, „erst recht seit Vater tot ist, du und Marlene, und jetzt auch Onkel Günter und Herr von Verden- — Nur Dtuttt ist nicht gut zu mir — sie- sagt: ich fei «in schwächlicher Junge, de' alle Tage um seinen to^en Vater heult. Das sei ! unmännlich Ist das wahr, Großmutter?" Die Gräfin sah lange in das erhitzte Gefickt des Knaben, i Zärtlich strich sie ihm die dunklen Locken aus der heißen Stirn, - So wie Holm hatte vor dreißig Jahren.oft fein toter Vater ! vor ihr gestanden und stürmisch ihre Ansicht begehrt." t „Nein, Holm," sagte sie warm. „Mutti meint es nicht so- j Sie will nur nicht, daß du so traurig um Vati bist." i De: Junge machte mit der dicken kleinen Hand ein« weg- ; werfende Bewegung, dann hob er sich auf die Fußspitzen W i der Gräfin empor und flüsterte ihr wichtig ins Ohr: , s „Ich könnte )>ir viel sagen, Großmonra, aber Vati men-te l früher: angeben ist Sünde. Das schicke sich nicht für einen - chrlichsn Jungen." : D«r alten Frau stand beinahe das Herz still. Was hatte j der Junge nur, zu seltsam war c schon alle Tag«. „Man braucht kein A gebe: zu sein, Holm, wenn man s kagr, warum man traurig ist." „Das ist es ja eben," schluchzte der Junge auf und schlang ' seine kräftigen Keinen Ari re um den Zals der Großmutter. - „Mütti sagt — es würde meinen neuen Vater kränken, wenn ich ' um den alten weine." Eine beiße Welle der Empörung glitt über das mild« Ge sicht der Gräfin. Fest drückte sie den Enkel an ihr Herz-