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34 Und dann ging es plötzlich durch Graf Günters Hetz : wie «in Frühlingssturm. Sie, um deretwillen «r hier mit j klopfendem Herzen hatrte, die kam leicht und sicher, der. ! Wanderstecken in der Hand und den Rucksack auf dem Rücker^ den Waldweg daher. ' . ' » Schnell war Günter auf den Füßen. Heitz stieg ihm das Blut in das braune Gesicht und der Näherkommenden beide Hände entgegenstreckend, jauchzt« er ihr entgegen: „Christa-Maria! War das recht, gestern so fremd an mir vorüber zu gehen?" ' - > > Die blauen Mädchenaugen lachten ihn in freudigem Er kennen und doch so seltsam an, als sich Christa-Marias Hände in die. seinen legten und der herbe Mund sagte fast spöttisch: . „Also doch! Ist Ihnen endlich ein Erinnern gekommen, Herr Graf? Jch.habe'Sie gestern sofdrt erkannt, schon daran, datz Sie genau so widerspenstig beim Einnehmen waren, wie «inst als Junge." Christa-Maria lachte, ein Helles, klingendes Lachen. Etwas Eisiges machte sein warmes Herz erschauern. „Sind wir uns wirklich so fremd geworden, Chrjsta^ Maria, datz Sie mich so, förmlich anreden, als hätten wir nns nie gekannt? Soll der ganze goldene Traum unserer Jugend vergessen sein?!' - Ein harter kalter Zug grub sich um den roten Mund j der jungen Aerztin. ' - „Das grausame Leben jetzt," sagte sie herb, „yat keine Zeit für bunte Träume, die ich längst vergatz in all dem Jammernder täglich seine unerbittliche!Sprache zu mir spricht, j Sobald mich mein« Schwester Hilde bei meinem. Vater im ! Lazarett vertreten kann, gehe ich auch wieder mit hinaus ins Geld. In der Etappe kann man uns gut gebrauchen/' . j „Das dürfen Sie nicht, Christa-Maria," rief er er- ! schreckt, „zu furchtbar, zu entsetzlich sieht es da draußen j *us. Die Hölle ist los in diesem blutigsten Völkerrrngen, alle i Wälder stöhnen und die, Berge beben, wenn Schreckensschreie - und Angst aus Tausenden von Menschenkehlen hallen. Das ist nichts für eine zarte Frau. Sie können auch hier helfen «nd nützen." " Wie im Fieber sprach- er auf sie ein, die jetzt an seiner Seite langsam den Waldweg entlang dem Heimatstödtchen zu schritt. Christa-Maria sah ihn mit seltsamem Lächeln an- „Warum sollte ich nicht auch sehen, was Sie gesehen habe und was 'ich doch schon kenne? Die Zeiten sind vor über, wo die Frau hinter dem Ofen hockte und täglich die Männer den Kampf ums Dasein ausfochten. Auch wir haben gelernt, für uns einzustehen. Not und Tod und Wunden, di» schrecken uns nicht mehr in einer Zeit, wo auch die schwächst« Kraft wertvoll ist für die ganz« grotze Menschenfamilie." - „Wie anders sind Sie geworden, Christa-Maria, oder mutz ich Sie auch gnädiges Fräulein oder Fräulein'Doktor anreden?" sagte er voll leiser Bitterkeit. v „Ja, ich war ein kleines, dummes, weichmütiges Geschöpf in der Zeit, wo Sie mich kannten, Graf Günter. Aber es gehört ost wenig dazu, ein kleines, törichtes Mädchenherz hart und fest zu machen." > ' „Sie haben mir gezürnt, Christa-Maria?" - Wie weich seine Stimme klang. Mit. tausend Lieb kosungen umwarb, sie das Herz des stolzen Mädchens. „Nein, Graf," antwortete Christa-Maria mit leisem, fast überlegenem Lächeln, „ich habe Sie nur beklagt, datz ein kleiner Irrtum so hart in ihr Leben griff." „Woher wissen Sie, datz es hart war?" „Ich lese es in Ihren Zügen. Ich wützte es aus dem leidvollen Wefen Ihrer Mutter, die so Heitz um Sie bangte." „Sie hat mir verziehen," sagte Günter mit gesenktem Blick, „und ich möchte" — hier stockte er und griff schüch tern nach Christa-Marias Hand — „datz auch Sie mir verzeihen. Der kleine Herzensirrtum, von dem Sie sprechen, den habe ich aus tiefster Seele bereut. „So könnchr .Sie ja froh und zufrieden sein," kam es wie im leichten Spott, in dem doch ein leiser Unterton des Schmerzes zitterte, von. der jungen Aerztin Lippen. „Aber lassen wir die Vergangenheit, zu viel hat di« Gegenwart -u geben und zu fordern. ^Dor ihr müssen alte Kinderträume, »nd wären sie noch so licht, verblassen." „Nein, Christa-Maria, das sollen und dürfen Sie nicht. Die Erinnerung daran, nie hat sie mich verlassen, überallhin hat sie mich begleitet, auch in den Schlachtendonner. Wem ' i ernsten Mienen der jungen Aerztin — er dächte nur ver- ! stimmt — „es ist ja Wahnsinn von-Bodo, sich da in Dinge sich doch nun herausgestellr hat, datz wir alte Freunde sind:" „Ich find: es auch nicht nett, aber mit dem kleinen Eigen sinn ist nichts zu wollen." „Kommt Fräulein Lotti auch am Sonntag?" fragte der Graf listig. ' . „Schwerlich, sie ist durch ihre Tätigkeit außerordentlich in ihrer Zeit beschränkt." . Graf Günter sah nicht das verhaltene Lächeln hinter den ich Soldaten sah, zerfetzt, verschüttet, verbrämt, über und über voll Wunden, dänn dachte ich immer an liebe, weiche Frauenhände in der Heimat, die einst mich, den dummen Jungen, so zärtlich betreuten. Und ich meinte, «in jeder dieser Sterbenden müsse sich, wie ich, nach einer so lieben weichen Frauenhand sehnen, die milde über schmerzende Stirnen streicht und nicht rechtet mit dem Sünder, .der Butze tut." „Das tue ich auch nicht, bester Graf," entgegnete Christa- Maria leichthin, und ein reizendes Lächeln flog um ihren Mund, „und ich denke es Ihnen auch noch zu beweisen." - . Sie war stehen geblieben. „Zier trennen sich unsere Wege, Graf." „Ich darf Sie-nicht bis an Ihr Haus begleiten?" „Nein, der Aufstieg zur Burg ist hier bequemer für Sie, und dann — gehe ich auch lieber allein durch unser Städtchen. : Grützen Sie mir Ihre Frau Mutter und Marlene. Und vor allem den kleinen Holm, mit dem ich innige Freundschaft geschlossen habe, trotzdem er nur selten zu ms kommt, weil seine Mutter den Verkehr in unserem Hause nicht wünscht." „Noch immer die alte Feindschaft?" fragte Günter be kümmert. Christa-Maria sah ihn ernst und kalt an. „Ich bin nicht Güldenes Feindin. Aus meinem Leben mutzte ich sie nur aus schalten, weil meine Lebsnsanschauungen andere sind als die j ihrigen." Günter fühlte plötzlich wieder die hemmende Schranke,. dis zwisch-n ihm und der Jugendgcsährtin stand, und tiefe Bitterkeit wallte in ihm empor. Er war bereit, mit ganzer - Seele.zu geben, aus warmem Herzen heraus, aber er fand ! bei Christa-Moria, die ihn sonst so gut verstanden, kein Echo. „Ich hatte Ihnen so Vieles zu sagen, Christa-Maria," i sprach er zögernd. „Wann darf ich zu Ihnen kommen und mit ' Ihnen von alten Zeiten plaudern?" ", , j Eine feine Röte huschte über das freimütige Gesicht des i Mädchens. - i „Warten Sie — ich glaube — die nächsten Tage find ! alle besetzt. Meine Tätigkeit im Lazarett nimmt mich allzu . sehr in Anspruch," schlotz sie wie entschuldigend, als sie die Zornesfalte zwischen feinen Augen bemerkte, „und selten nur, da ich auch Vater in seiner Praxis helfe, verfüge ich über freie Zeit. Wenn Sie aber am Spätnachmittag Sonntag kommen i wollen, so würden wir uns freuen. Wir trinken dann Maien- ! wein in de^r Laube, wissen Sie noch wie.einst?" Seine" dunklen Augen leuchteten auf und tauchten tief in die ihren „Ich komme, Christa-Maria." ; „Und Ihren Freund," lächelte sie ihm zu, „den bringen !- Sie mit?" „Er brennt darauf, Sie begrüßen zu dürfen." „Und er hofft dabei, den Namen meiner jungen Freundin > Lotti zu erfahren, die mir viele Grütze für Sie beide auftrug, j Abe: da hofft er vergebens. Ich häbe Lotti versprechen ! müssen, niemals ihren Namen zu verraten." i „Sehr nett finde ich das nicht von Fräulein Lotti, wo zu verstricken, die nicht für ihn passen." Christa-Maria aber reichte ihm nochmals die Hand- „Auf Wiedersehen, Günter." Ehe er die. schlanke Mädchenhand an seine Lippen ziehen kann war Christa-Maria schon weit. Wie verzaubert stand er nun und schaute ihr nach. „Gün ter," hatte sie ihn doch genannt. Wie leicht und anmutig sie dahinschritt. Alles an dieser wundervollen Gestatt war frisches, Heitz pulsierendes Leben. , Aber die junge Aerztin sah nicht einmal zu ihm zurück. Wie fremd .sie ihm doch geworden, von der er geglaubt, datz sie ein Geschöpf geblieben sei, wie sie es einst gewesen, als er ihre blühenoen Lippen küßte und sie dann um eine Güldene verriet. — — — , Da landeten nun seine Gedanken wieder bei Güldane. Es war spät geworden. Günter mußt« nach Haus. Es