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s 23 Kopf zu reihen. Männer, Frauen. Kinder, Schüler, die in den großen Speisesaal, der festlich, wie zu einer Hochzeit, geschmückt rvar. Ueberall Blütenzweige, selbst von den düsteren Ahnenbildern grüßten sie herab. Durch die geöffneten Fenster zog Flieder- und Narzissendust, und festlich flackerten die von ihrem Lehrer geführt wurden, rannten neben ihnen her und schrien wie Irrsinnige: „Boches, Koches, barbaresl Guil laume kaput!" - - Als Arbeitsfoldaten mußten sie schleppen, bis sie fast zusammenbrachen. „Zweihundert-Psund-Säcke schleppen und bei der dünnen Suppe: das soll einer mal machen!" nickte der Wachskerzen über die Mergeschmückte Tafel, wo der Platz des Hausherrn leer blieb. Hoch und fejerlich stand der ge schnitzte Stuhl mit der Krone über dem Wappen der Etters- rode. Es durchschauerte Günter, als er den verödeten Platz „Nein, Mutter, gegen- diesen Zauber bin ich gefeit," lachte Günter hart auf und seine dunklen Augen hatten ein flackerndes Licht. ^„Meines Bruders Weib, das mich einst verschmähte^ niemals würde ich es. begehren. Nicht nur der Tote würde es mir verbieten, sondern das eigene Gefühl, das die Schmach, die Eüldane mir antat, niemals verwunden Holm saß stumm da, den Lockenkopf tief gesenkt und die kleinen Hände andächtig gefaltet. (Fortsetzung folgt.) immer wieder vereitelt worden. Jetzt aber wollten wir Weih nachten nicht mehr drüben fein. Mehr als totgeschossen konnten wir. dabei nicht werden." . - Mehr als totgeschossen konnten wir dabei nicht werden!. Um Weihnachten nicht mehr da drüben zu ssfn! O "Stern von Bethlehem, der du aus fernen Gegenden, durch mühe volle Reise, die Menschen zum Kindlein führtest, das in der Krippe lag; zu der Erlösung durch reine, kindliche Liebe in schlichtem Gewände, du Gral, bei dessen Anblick alle Wunden zu fließen beginnen! Mitten aus-Not und Jammer, Lurch / Leiden und Todesgefahr hast du, Stern der Liebe,-der Lieb« zur' Heimat, zu der deutschen Stube, in der vor wenigen Tagen der deutsche Weihnachtsbaum vom Glanz beseidener . und doch nicht weniger zauberhafter Kriegskerzen erstrahlte, die drei Männer, den Bayern, den Sachsen, den Westfalen, einträchtlich aus fremdem Lande geführt, das der Liebe vergaß. Unaufhaltsam, in deinem Bann, ging ihr mühevoller Marsch durch sechs Nächte hindurch. Und du hast sie sicher- geleitet, Stern von Bethlehem! Und als sie am Ziele waren, da. standen auch sie gleich den drei Weisen aus dem Morgenland« wie geblendet, Rückschauend schloß der gliedergewaltige Westfale die Augen, strich sich über die Stirn und sprach tief aufatmend, wie ein Gebet: „Ich wußte gar nicht, wie mir zu Mute war, als ich zum erstenmal freie deutsche Soldaten mich ansprechen hörte!" Führe sie weiter noch eine kurze Strecke, du alle Greuel, alle Feindschaft, allen Haß überstrahlender StKn, nach Haus zur Blutter, zur Frau, zu den Kindern: „Unser Junge, mein Mann, unser Vater ist wieder da! Ist wieder da! O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit —!" keb'rlückkeit Mlt rum Del Vor wenigen Wochen hatte eines unserer von erfolg reicher Fährt aus dem westlichen Mittelmeer zurückkehrenden Unterseeboote in der Bucht von Tunis Gelegenheit, den letzten Torpedo auf einen tiefbeladenen, bewaffneten englischen Dampfer von annähernd 4000 Tonnen anzubringen und einen Volltreffer in der Mitte Les Schiffes zu erzielen. Es war abends gegen 10 Uhr. In dem matten Mondlicht konnte U „. . . ." deutlich dir Wirkung des Schusses beobachten, mußte jedoch seststellen, daß der durch zwei Bewacher ge sicherte Dampfer nicht unterging, sondern wahrscheinlich infolge seines guten Schottensystems trotz vollgclaufener Kessel- und Maschinenräume immer noch über genügend Schwimmfähigkeit verfügte. Eine völlige Vernichtung konnte infolgedessen nur durch Artilleriefeuer erzielt werden. Da der Dampfer eben falls östlichen Kurs hatte und anscheinend nach dem Sucz- kanal bestimmt war, so hing sich das U-Boot im Kielwasser des Dampfers an, um sein weiteres Verhalten während der Nacht zu beobachten. Als am folgenden Morgen Las heran fdämmcrnde Tages- ver Ztem von Sewiedem ", K. M. Heute morgen hat mirx der Krieg Weihnachts- i fehnsucht und Wsihrachtsfreude in lebendiger Menschengestalt beschert. Drei " Rückläufer,' die aus französischer Gefangen schaft kamen, traten bei mir ein, ein kleiner, sshnigetBaLer, Rahm aus Straubing, ein beweglicher, erzählungsfroher s Sachse, Rüdiger aus der Nähe von Leipzig, und ein west- j Mischer^ massiger Hüne, der Pionier .Tons aus Dülmen. . Der , Bayer hatte schon seinen trotzig unternehmungslustigen Blick wiedergesunden, der Sachse sein gemütliches Lächeln, nur bei dem Westfalen lag . unter dem Glanz, in dem seine Augen beim Erzählen oft aufgingen, noch eine bittere Schwer mut, wie' die dunkle Tiefe eines Waldsees unter dem blanken ' Spiegel seiner Oberfläche. „Wir haben es drüben nicht mehr ausgehalten. Wir wollten Weihnachten daheim sein." ' Und nun. standen sie "vor mir, abgerissen, unrasiert, mit zerkratzten Gesichtern. „Ausgerissen!, Durchgekommen!" hatten sie' schon alle drei nach Hause geschrieben. Zum erstenmal wieder mit deutschen Feldpost, und als Adresse nicht hinter dem Namen Prisonnier- de guerre, sondern „aus Wiedersehen .zu Weihnachten!" Rahm war im Mai 1917 auf einer schneidigen Patrouille, die zur Vorbereitung eines größeren Unternehmens dienen sollte, gefangen genommen worden,-als er schon bis hinter die dritte Linie zu den französischen Feldküchen vorgedrungen war. Rüdiger und Tons waren bereits im Sommer 1916 -an der Somme in die Hände der Franzosen gefallen. Beider Kompagnien hatten sich gewehrt, bis. der Feind ihnen von beiden Seiten und im Rücken kam. Der 16 Mann starke Rest der Kompagnie Rüdigers, der 9/245 — „der Trom peter blies oben auf dem Graben, aber es wurden nicht mehr" erzählte er — kämpfte noch, als man von hinten schon den Bataillonskommandeur - gefangen brachte. Denn die Kom pagnie hatte den Befehl, ihre Stellung unter allen Umständen zu hatten. Nach einem der vielen, feindlichen Anstürme, der links der Kompagnie zu einem Einbruch geführt hatte, meinten ein paar Leute zum Kompagnieführer/dem Ober leutnant" B., ob es nicht richtiger wäre, sich ein Stück zurück zuziehen. Der Oberleutnant, in dessen Händen das Gewehr noch brannte, rief: „Leute, wollt ihr mich verlassen? Ich bleibe hier!" So wich kein Mann. Dann hatten die bekannten Leidenstage französischer Ge fangenschaft für sie begonnen. „Im zoologischen Garten", wie der Sachse selber humorvoll die Drahtumzäunung nannte, m die sie die erste Woche eingesperxt wurden, ohne Stroh, in knietiefem Morast, wurden sie gefilmt. Auf den Straßen Mieten Einwohner und Schwarze zwischen sie, um sie ins -Gesicht zu schlagen, sie anzuspucken oder ihnen die Mütze ^om hat. Du darfst ganz ruhig sein, Mutter." s „Das bin ich auch, Günter. Aber nun komm, es läutet : eine. Wenn sie sich aber beschwerten, wurden sie mit Hohn zum Nachtessen. Laß uns hinabgehen, mein Sohn, und möge und Spott"weggeschickt: „Ja,'" wenn ihr jeden Tag Beefsteak diese erste Nacht im Vaterhaus« und am Mutterherzen dir ; und Wein bekämet, dann wäret ihr zufrieden. Macht, daß ihr tausendfach zum Segen werden." - I wegkommt!" Der Ingenieur einer Zuckerfabrik, der im üb- Arm in Arm schritten die beiden hohen Gestalten hinab 1 rigen auch fragte, ob es in Deutschland zu. Friedenszeiten denn in mt- r» s schon Autos und elektrische Beleuchtung gegeben habe, setzte, s als er von ihren Klagen hörte, h'inzu: „Ihr sollt nicht eher " wieder nach Haus kommen, bis ihr krumm und bucklig ge- ! worden seid." i Der Pionier Töns hatte einen Elsässer, der Deutschland ! beschimpfte, «inen Schuft genannt. Er bekam dafür 22 Tag« s strengen. Arrest von dem französischen Leutnant, dem er er- i klärte, er habe doch nur sein Vaterland verteidigt. Als er" ; einmal an einer Darmerkrankung im Revier lag, erhielt -er GZÄNÄ Z-2. KZ sah, den immer die Majoratsherren von Ettersrode eingenom- .... men. Und er ging schnell zum unteren Ende der Tafel, wo s 3 Wochen lang nichts als Tee, eine Akt Fencheltee. Er, d«r Marlene mit Holm stand. Er faßte dem Knaben Kei der ! riesenstarke Mann, konnte — so berichtete er in verhaltener Halids und führte ihn an seines toten Vaters leeren Platz. Erregung — danach sich nicht mehr auf den Beinen hatten. Stils hob er den Kleinen auf den großen Stuhl, und Er sah verloren gerade aus und fuhr fort: „Schon ein paar Mal hatten wir geplant, auszubrechen. Und es war