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— c- xr L 2 " § L « l ss- -5Z M Frankcnberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt , Wird jeder Mittwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben. Wr. 6 WittworS, den 16. Januar , 1918 QbeXrliMf - (Nachdruck verboten.) - Hart und duftig steigt der Morgen Leicht beschwingt ins Tal hinein, Kurz geschürzt und ohne Sorgen, .< Goldumsäumt im Strahlenschein! Uüd elastisch noch im Schritte Kraftvoll folgt der junge Tag, Sonnumflutet, sturmgeiragen, ' ' - ; , Do.lrr Vogelsang im Hag! H Ist die 'Mittagshöh' erklommen, Schreitet er bedächtig fort, ' Voller Leben, voller Schaffen '' ' t ' - Wandert er von Ort zu Ort- Langsam neigt des Abends Schimmer . Nieder sich auf Berg und Tal; . - Färbt die Wälder und die Men . . j Elutenrot im Abeudstrahl! - Sieh — des Abends süßes Weben .. Ruhevoll umschließt's die Welt; ' j Sanfte 'Friedensschwingen schweben ' Träumend unterm Sternenzelt! . Itaht die Nacht mit düstern Schleiern, . - Deckt sie linde alles, zu, Bringt das wildunnauschte Leben 'Und das stille- Glück zur Ruh. — ' Schafft in diesen schwarzen Hüllen - > Vorbereitend neue Kraft. Schmückt im Schlummer alles Leben Jugendfrisch und -ruberhast. s : r ' Cl. Sell-Gräfe. AeMgr Jei-kn i ' Ein Roman aus der Gegenwart Von Anny Wothe. k — NeLdirck vkrbrten And endlich befand sich Günter, in seinem alten Turm zimmer, . in dem er schon als Junge gehaust- Wie ver zaubert kam er "sich vor, äks er nun, nachdem der Neisestaub abgefchüttelt war, zum Fenster trat und auf das blühende Land blickt^, das sich ihm zu Füßen breitete. Auch die Weiß dornhecke, wo er «inst 'Christa-Maria geküßt, begrenzt noch' die Fluren. Wie damals, stand sie heute zauberweiß in Blüten, aber der Weg, der von da ins Städtchen führte, war öde und verlassen. Nur leise neigten Syringen und Goldregen sich im Abendwind daraus hernieder. Noch eine kurze Weile und auch dieser' ganze Weg würde in Blüten prangen. Die rote Glut auf den DAchern des Städtchens war verblaßt und violette Abendschatten huschten jetzt wie Gespenster der Vergangenheit darüber hin. Das Doktorhaus, das man'vor zehn Jahren hier vom Turmfenster aus liegen sah, suchte Günter ver gebens zu entdecken. Die Aussicht dahin war wohl lang« ver wachsen in den vielen, endlosen Jahren. Aber Günter atmete doch Heimalluft, nach der er sich im fernen Urwald, ,in Steppen und Wüsten bald krank , gesehnt. Jnlmer hatte seine rastlos« Phantasie ihm den Augen, blick ausgemalt, da er wieder in »einer Turinstube stehen würde, j mit dem Blick auf die Stadt und auf die dunklen Harzberge. Und nun war das alles Wirklichkeit geworden. In schlachten- lärin und Kaironengedröhn, wenn Hunderte um ihn herum auf dem blutigem Feld zusammen sanken, dann hatte der Ge danke an die Heimat ihn immer wieder mit neuer Kraft ge rüstet. Und noch im Augenblick, da er selbst schwer verwundet zusammenbrach, hatte durch Blut und Mordgeruch es ihn. plötzlich wie Veilchenwehen aus der Heimat umfächelt. — — Und nun war er hier. Nicht wie ein verlorener Sohn,' wie einer, den schwere Schuld drückt,^ war er empfangen wor den, sondern als Held, als Sieger, während sein Bruder, den . - - er einst so heiß beneidete, nie mehr heimkehrte. Wie dankte er Gott, daß es ihm noch möglich gewesen, in die Heimat zurück- ' zu lehren, ehe der Weg nach Deutschland versperrt war.'-. Wie stolz , er war, daß er hatte mitkämpfen können für sein geliebtes Vaterland, und doch lag es ihm wie Bergeslast auf der Seele. Hatte der Anblick, der Mutter, deren Haar weiß geworden, alle Schuld und alle Qual wieder in ihm - ' wachgerufen? Und er glaubte doch, weil er für sein Vaterland - gekämpft und geblutet, hocherhobenen Hauptes heimkehren - zu können — und nun stand er doch in all dieser Lenzespracht der Heimatberge da wie ein Schuldbeladener, dem nie Ver geltung weiden konnte. . War es die Nähe des unseligen Weibes, die ihm den . " Atem nahm? Wie ihr« grünlichen Augen unter den langen Wimpern verheißend schillerten, wie süß, wie betörend ihr Lächeln lockte. Und doch — wie kindlich harmlos Güldene ihm begegnete, wie reizend in.ihrer Hilflosigkeit. Wie'sie sich an ihn klammerte, an ihn, 'ver ihr und dem Knaben jetzt eine Stütze sein mußte. So. halte Joachim es gewollt. Günter riß den Kragen der Uniform auf, weil er glaubte, ersticken zu müssen. Sollte wirklich die Vergangenheit wieder Macht übep ihn gewinnen? Da siel ihm plötzlich die junge Aerztin «in, die am Morgen im Okertal seinen Weg gekreuzt, und fast mit einem Siegeslachen warf er den Kops zurück. I „Zu neuen Usern lockt ein neuer Tag!" Ja, daran wollt« er denken. Ein fast weicher Zug erschien um seinen etwas harten Mund, den das Leben da draußen in den Kolonien so bitter gezeichnet hatte, und als jetzt seine, Mutter hei ihm eintrat, da zog Günter fast mit einem- Aufjauchzen sie an beiden Händen über seine Schwelle. „Mutter, Mutter," sprach er weich- „Wie beschämst d» mich durch deine unverdiente Güte. Wie soll ich dir nur danken, daß du mir deine alte Lieb« in so reicher Füll« gibst?" „Mein lieber .Junge," liebkoste ihn Gräfin Erdmute^ sich aus einen Sessel mederlassend, den Günter ihr zurecht rückte, „ich bin ja so glücklich, daß du lebst, daß du mir von neuem geschenkt bist. Wie habe ich gezittert und gebangt in diesen schweren urd doch so- heiligen und großen Tagen, ios Joachim fiel und wir auch nichts von dir wußten, als daß du in Not und Gefahr warft, Tag um Tag. Joachim habe ich hergebsn müssen, obwohl mein Mutter herz immer noch nicht fassen kann, daß mir mein Aeltester genommen ist, und um Dieter, unsern Jüngstens zittere ich Tag. und Nacht. Aber wenn ich auch dich verloren hätte, ehe ich dich noch einmal an meinem Herzen gehalten, das hätte ich nichr eriragen, denn damals, mein Söhn, war kein Abschied zwischen uns gewesen — — kein Abschied!" Günter küßte bewegt die weichen, müden Hände seiner Mutter. ' » Verzeihe mir doch," flehten immer wieder seine dunklen Augen. Die Mutter lächelte still. „Warum bist du nicht wenigstens auf ein paar Stunden gekommen, «he du in den Kampf gingst, Günter?" „Ich konnte es nicht, Mutter. Erst wollte ich mich rein. pyvguor»