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Frankcnbtrgcr ErMler UnLerhaltnngsbeUage zum Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitag?-- und Sonmags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeber.. Mr. 4 Wittrock, den 9. Januar 1918 Mtlpmed 1 Hart wie die Zeit, sr stark sollt Ihr sein! I Leid soll dem Glauben Euch näher bringen, , Hoffnung wird Kraft Euerm Harzen we.h'n - § Und Mut Euerm Geiste lobsMen! — > Rein sei die Seele, wie's Schwert erklingt, ' s Fest auch der Blick in die Zukunft gewandt! > Dies halte, hoch, bis das Ringen versinkt: Dann hat Euerm Leben Gott Sonne gesandt! Frankenberg * Hans Jesora. HeMge Zetten Ein Roman aus der Gegenwart Don Anny Wothe. Amerika». Copyright 1916 by Anny Wothe-Mahn, Leipzig, 4 Nockidivck ve'bi-Nn Jedenfalls danke ich dir von Herzen, Bobs, daß du mit mir gekommen bist. Da habe ich doch wenigstens «ine Seele «ruf Ettersrode, mir der ich mich aussprechen kann, wenn der Zorn mich packt über das Verhängnis, das diese Frau über unser Haus gebracht, und das noch jetzt wie ein Fluch weiter und weiter zu wirken scheint." „Du willst also, wenn ich dich recht verstehe, die Heirat der Witwe Joachims, trotzdem es doch für euch ein Glück wäre, wenn ihr die schöne Eüldane los würdet, mit deinem Vetter Wolfgang verhindern?" „Mit allen Mitteln! Das bin ich dem Andenken Joachims schuldig. Kannst du dir überhaupt vorstellen, Bodo, daß in dieser großen, in dieser herrlichen, in dieser heiligen Zett eine Frau, die ihren Mann in diesem Kriege verlor, die um einen Helden trauert, so schamlos sein kann, noch ehe dieser Krieg zu Ende ist, die Gattin eines anderen Mannes zu wer den? Alles, was wir in unseren deutschen Frauen verehren, was uns hoch und heilig war, bricht zusammen in dem Augen blick, wo die Frau eines gefallenen Helden einem anderen Manne die Hand zum Lebensbunde reicht, so lange der furchtbare Krieg noch durch die Welt tobt. Mein Vetter Wolfgang muß rein Wahnsinnig sein, daß er daran denkt, die Witwe Joachims zur Frau zu nehmen, der für uns alle da draußen starb, dessen Grab niemand weiß, der blühend, im Vollbesitz seiner Kraft Abschied nahm, und der nun nie wiederkehrt." „Sie muß eine unbegreifliche Macht über Männerherzen haben, die schöne Eüldane, daß sie deinen Vetter Wolfgang jetzt auch in ihren Bann zwingt." „Ja, wenigstens früher war ihr dies« Macht zu eigen. Wirft du glauben, daß sie immer das haben wollte, was man ihr versagte? Daß sie zum Beispiel ihrer Schwester Marlene nicht einen Blick, kein freundliches Wort von uns Jungen, keine Liebkosung meiner Mutter gönnt«? Marlene blieb darum wohl auch immer das Aschenbrödel des Hauses und Eüldane die Sonne, um die sich alles drehte." „Haben die Schwestern immer in eurem Haus« gelebt?" „Ja, von Kindheit an. Es sind meine Cousinen, das heißt, die srühverwaisten Töchter eines Detters im dritten Grade. Mein Vater war Vormund der Kinder und da meme Tlt - keine Töchter hatten, die sie sich so sehr wünsch ten, nahn le sich in herzlicher Liebe der Mädchen an, 5re wie Eesch. .t uns aufwuchsen." „Hast ou sehr geliebt, Vie schöne Güldane?" Graf Günter sah angelegentlich auf die zahllosen Keinen Wasseradern, die neben dem rauschenden Wasserfall da drüben in den schmalen Felsrinnen zu Tal flossen. „Wie. ein zerrinnendes Leben", dachte er. Und mehr zu sich selbst, als zu dem Freund« sprach er: „Ich weiß nicht, ob das^Liebe war. Jedenfalls habe ich sie mit allen Sinnen begehrt. Anfangs mochte ich sie gar nicht, zumal in der ersten Zeit, wo ich sah, wie Güldane unser« gemeinsame Spielgefährtin, die Tochter des Arztes in Etters rode, mit ihrem Spott und ihrem überlegenen Lächeln quälte. Ich warf mich dann ost zum Ritter und Beschützer der kleinen Christa-Maria auf, die ich non Herzen gern hatte. Aber dann" — hier, stockte Graf Günter und eine feine Möte trat in sein Gesicht — „geschah eines Tages das Unbegreifliche, das alle meine Gefühle über den Haufen warf." Bodo sah warm in das träumerisch blickende Auge des Freundes, dessen Herz heute zum ersten Mal sich ihm so weit erschloß und er legte herzlich und verstehend seine Hand über die nervös zuckende Rechte Günters. „Es war ein Frühlingstag wie der heutige", fuhr Graf Günter sinnend fort. „Alles blühte und sproßte und die Quellen sprangen. Ich stand mit Christa-Maria an unserer Weißdornhecke, -die über und über in weißen Blütensternen schimmerte. Christa-Maria trug einen Deilchenkranz auf ihrem braunen Scheitel, wie heute die junge Aerztin, die mich so an Christa-Maria erinnert — und die Io licht wir «in Frühlings- grutz vorhin unseren Weg kreuzte. Und ich griff üb«r di» i Hecke mit kecker Hand nach dem Kränzlein. Da Iras ein leichter I Schlag Christa-Marias meine steche Jungenhand und im ! nächsten Augenblick — ich weiß selber nicht wie es gekommen, hielt ich Christa-Maria an meiner- Brust und mein Mund preßte sich heiß aus ihre süßen roten Lippen. Sie widep- - strebte mir auch gar nicht, bis plötzlich ein Helles spöttische» Lachen an unser Ohr klang und Christa-Matta erschreckt au» meinen Armen floh. Oh^ sich umzüblicken, stürzte sie da- von, ihrem Vaterhaus« zu. Die schöne Güldane aber, deren Lachen uns erschreckte« j stand an meiner Seite und sah mich mit brennenden Augen am „Sie''einmal an. Ich hätte gar nicht gedacht, daß du so . küssen kannst, Junge", hörte ich sie sagen. Von dieser Stunde an war es um mich geschehen« Christa-Maria sah ich kaum, oder doch nur immer sehr flüchtig« Sie floh von mir, wenn ich mich ihr nahte. Güldane aber wich kaum von meiner Sette. Zuerst ärgerte ich mich über Christa- Maria und dann wurde meine Seeke voll Trotz. Sie mußte doch wissen, daß ich sie lieb hatte. Als aber Christa-Maria immer seltener nach Ettersrode kam und schließlich ganz ausblieb, da ließ ich mich von Eüldane leiten, die mit all ihrer sinnberückenden Schönheit mein heißes Jungenher mehr und mehr gefangen nahm. Ich ließ es auch geschehe^ daß Eüldane über Christa-Maria spottete und wenn Marlen«, Güldanes Schwester, zornig die Freundin in Schutz nahm, dann stimmt« ich manchmal sogar mit ein in den Ton Gül danes. Nachts, wenn alles still war, wenn die Harzwälder träumten und der Mond die Dächer mit silbernem Licht über goß, dann kam ich mir zwar wie ein Judas vor, der seine» Herrn verraten. Wenn aber der Tag kam und Güldanes sinnberückendes Lächeln mich blendete, dann war alles vergessen und ich dachte kaum der kleinen Christa-Matta, die nicht mehr nach Ettersrode kam., And dann hielt ich Güldane an meinem Herzen und wir tauschten Schwüre von ewiger Liebe und Treue. Ich hatte damals nichts , als meinen Leutnantsgehalt. Zur selben Zeit aber starb mein Vater und mir fiel zu meiner lleb«rraschung ein weit größeres Erbteil zu, als ich vordem angenommen. Als zweiter Sohn hatte ich keinen Anspruch aus unsere Güter, die Majorat sind. Nur ein kleines Besitztum, Jlmrod«,