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Frankknbcrger Erzähler Antnhalt««gsb<ilage z«m Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeber.. Vr. 1 Aie«stag, den 1. Januar 1S18 ! Das alte ist vergangen, i Ern neues Jahr bricht an. Mit Gott sei's angesangen, Der erste Schritt getan! ! Hier heißt es immer eilen, Die Zeit hat nimmer Zeit. ! Ein Ruhen und Verweilen j Kennt nur die Ewigleit. i Wir kommen aus viel Sorgen ! Und großem Herzeleid, ! Und wissen nicht, was morgen 1 Die Zano des Herrn uns beut- ! Es gingen unsre Pfade Durch manches tiefe Tal, i Doch Gottes Güt' und Gnade War mit uns ohne Zahl. > Bor unsern Augen weitet Sich unerforschtes Land, i Und drüber ausgebreitet > Hält Gott di« Segenshand. Franksurt a. O. Es will uns Lange werd' N Um unsres Daseins Los, Denn unsre Schuld auf Erden Ist so unendlich groß. Doch jetzt gilt kein Verzagen Und fragend Umsichsehn. Es gilt ein mutig Wagen Und rüstig Vorwärtsgehn. i Ergreife Gottes Hände Im Glauben stark und fest, Daß er dir Beistand spende, Wenn alles dich verläßt. Zünd' deiner Liebe Gluten An Jesu Liebe an, Weil sie in Trübs-rlsfluten Allein dich trösten kann. i Gib deiner Hoffnung Flügel. Auf Gott blick' unverwandt. Der Wettregierung Zügel Läßt er nicht aus der Hand. M. Bonitz. Lum »e«en Mr Traust du nur »einer Treue Und seiner Gnad' allein, So wird das Jahr, das neue, Ein Jahr des Friedens sein. Heilige Zeiten Ein Roman aus der Gegenwart Bon Anny Wothe. Amerika». Copyright 1916 by Anny Wothe-Mahn, Leipzig. 1 Nachdruck verboten Die -mächtigen Tannen des Okertales ragen wie dunkle Riesen in die klarblaue Frühlingsluft. Helle Herzen haben sie sich zum Schmuck aus jeden Zweig gesteckt, gerade so, als wollten sie im Lenzesprangen mit den schlanken Birken wett eifern, die ihr zartes junges Grün wie Brautschleier her nieder wehen lassen. Ueberall drängt ein Sprossen und Blühen zum Licht. Zwischen Gestein und Geröll lugen die ersten Blauveilchen schüchtern hervor, und die Wildrosen treiben schon winzige Knospen. — — — . In grotesken Gebilden, auf riesigen Blöcken ruhend, zu Seiten der schäumenden Oker, recken sich mächtige Felspyra miden, an derem linken Ufer hell und gatt die Grauwacken- wände mit dem düstern Hornfels aufragen. > Aus dem Wege von Oker nach Romkerhalle wandern zwei jugendliche Mädchengestalteu singend durch den klaren Morgen. ,,Wenn der Frühling aus die Berge steigt", jauchzt es von jungen Lippen zu den wildzerklüsteten Felsen, zwischen denen die Oker rauscht, empor. Die Mädchen tragen duftige weiße Blusen zu kurzen feldgrauen Röcken, die hohe, gelbe Schnürstiefel sehen lassen, einen Rucksack aus dem Rücken und einen tüchtigen Stock in der Haiid, an dem die kecken Regenhütchen lustig schaukeln. „Du, Christo-Maria", sagt die etwas kleinere, blonde mit lustigen Braunaugen und Grübchen im Kinn, zu der alteren Gefährtin, „es war doch grundgescheit von deinem Vater, -»ns so ohne Weiteres an die frische Lust zu befördern. Zu wonnig, so in den goldenen Frühlingstag hinein zu wandern. Ich könnte laut hinausjubeln vor Lust." Die Braunhaarige mit den sprechenden, seelentiefen blauen Augen lächelte ein Nein wenig spöttisch. » „Kindskopf, Du! Sonst war dir jeder Weg zu beschwer lich, und ohne Auto meintest Du verwöhntes Glückskind sterben zi» müssen. Vater hatte ganz recht, wenn er annahm, daß nach den letzten anstrengenden Wochen dir ein« kleine Harzwanderung gut tun würde, Lotti." tüchtiger Arzt ist. Wenn er mich wollte, ich heiratete ihn gleich vom Fleck weg. Dann wäre ich deine Mutter und würde ja wohl endlich dazu kommen, dir etwas mehr Respekt ein- zuflößen, was mir bisher leider immer mißlang." Christa-Maria lachte hell auf. „Du bist köstlich, Lotti", und dann jauchzte auch sie wieder hell in den Morgen hinein: „O wie wunderschön ist die Frühlingszeit." „Halt!" ries Lotti. „War das nicht ein Hilferuf?" Die Mädchen standen still und lauschten. Feierliches Schweigen rings umher. Nur die Oker rauschte und von den Bergen sprangen die Quellen. Da — wieder der Ruf. „Oben auf den: Ziegenrücken muß es sein", rief Christa- Maria, zu dem .wildausge1ürmten und wieder auseinander ge rissenen Eranitgiganten aufsehend, der sich dicht vor ihnen er hob und schon war sie dabei, den mäßig steilen Weg hinouf- zukrareln. „Gott steh mir bei", lachte Lot«, die der Freundin kaum so schnell zu folgen vermochte, hinter Christa-Matta her, „nun gibt es wirklich noch ein Abenteuer, ein ganz rich tiges, gruseliges Abenteuer." Das Wort «starb ihr ans den Lippen, dem mitten letzten ansttenge» tun würde, Lo „Dein Vater ist ein weiser Mam, sintemal er auch ein