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4 bereitet, sondern es endete auch das umständlich« Portowesen, dos «ine Staffelung der Briesgebühren nach Zonen vorsah. So war zu jener Zeit für einen Brief in der ersten Zone (bis 5 Meilen) «ine Gebühr von Vs Ngr., in der 2. Zone von 1 Ngr„ in der 3. (zu der von Frankenberg aus u. a. Zittau; Plauen i. D., Görlitz und Löbau gehörten) von 2 Ngr. und für weitere Entfernungen im Deutschen Reiche von 3 Ngr. zu Zahlen. Briefe ins Ausland und Ueberseegebiet waren noch teurer und Tasteten bis zu 121/2 Ngr. Porto. — Bis zum Jahr« 1864 hatte der Briefwechsel noch «ine andere Beschwer nis: Jeder zugetragene Brief — gleichviel ob eigentlicher ! Brief oder Drucksache — kostete noch 3 Pf. Bestellgeld, kurz weg „Der Briefträger-Dreier" genannt, welches der Empfänger zu bezahlen hatte. Aus dieser Zeit des teuren Portos wird ein hübsches Ee- schichtchen erzählt, das ich hier wiedergeben möchte. Eine alre Frau bekam in gewissen Zeiträumen einen unfrankierten Brief aus fernem Aeberseelande, Lessen Annahme sie regelmäßig verweigert«. Heber den Zusammenhang befragt, gab sie an, > daß diese Briese von ihrem Sohne geschickt seien und sie aus j der Handschrift ersehe, Latz es ihm gut ginge. Auch sie schreibe ! ihm solche Lebenszeichen, da sie beide nicht imstande seien, ! solch hohe- Porto zu bezahlen. Aus solche Art aber ersähen sie beide, daß der andere Teil noch am Leben sei, wenn sie auch nur den Umschlag mit der Handschrift sähen. — j Als in der Silvesternacht 1867 das alte Jahr sich verab schiedete, wurden pünktlich mit dem letzten Glockenschlag im hiesigen Postamt, das sich damals im Rathaus befand, dem Briefkasten die letzten der alten Sächsischen Post anvertrauten Briese entnommen, welche Handlung von nutzen bemerkbar war. Sowie sich der Kasten wieder schloß, warf als Erster der jetzige Herausgeber des „Tageblattes" — unser Ernst Roßberg sen. — den ersten Brief mit norddeutscher Bries- marke, nach Berlin gerichtet und statt früher 3 Groschen nur noch 1 Groschen an Porto erheischend, in den nun Eigentum des „Norddeutschen Postbezirkes" gewordenen Briefkasten ein. Die neuen für den Fernverkehr verbilligten Portosätze fanden in den Kreisen der Industrie und des Handels unge teilten Beifall. Es gab aber auch Mißvergnügte, die gern die Portoermäßigung für weite Entfernungen ausnützten, La ber aber auch die erste Zone (annähernd bis Leisnig, Wils druff, Sayda und Waldenburg) mit dem 5-Pf.-Brief nicht missen wollten. Namentlich Privatleute und Kleinhändler, deren Interessen sich nicht viel über die erste Zone hinaus erstreckten, blieben zäh brr dieser Forderung bestehen, die aber mit einem Biale verstummte, als im Juni 1870 die Postkarte, die bereits im Jahre 1865 von dem genialen späteren Eeneralpostmeister Stephan angeregt worden war, zur Einführung gelangte und sofort im Jnlandsverkehr, wie auch im 1870er Feldzüge sich vortrefflich bewährte. Werfen wir im Anschluß an den Gedenktag einen kurzen Rückblick auf die Entwicklung des Postwesens, besonders in Sachsen. Das neuere deutsche Postwesen beginnt seinen Entwick lungsgang mit der Errichtung der ersten Briefpost (reitende Boten) zwischen Wien und Brüssel durch Franz von Taris, auch v.-Tassis genannt, im Jahre 1516. Unter dem Schutze der verschiedenen Herrscher entwickelte, sich das Postwesen gut weiter, zumal mehr und mehr beim Volke die Erkenntnis der Zweckmäßigkeit der Einrichtung einer raschen und sicheren Beförderung von Briefen und Neuigkeiten durchdrang. Im Jahre 1615 wurde Lamoral v. Taris zum Reichsgeneralpost- meistrr ernannt und ihm dieses Amt und die damit verbundenen Einkünfte als erbliches Lehen verliehen. Diese Taris'sche Post erhielt sich ziemlich lange, teilweise (in Südwest-Deutschland und Thüringen) bis 1866. In Sachsen finden wir die Anfänge eines Postwesens im Jahre 1600. In diesem Jahre gab es in Leipzig einen Rats- Botenmcister, der Boten mit Briefen in verschiedene Richtungen aussandte. 1608 wurde eine Rats-Botenordnung festgesetzt und 1613 war Joh. Sieber Postmeister; er bezog 125 Thlr. Gehalt und erhielt sämtliche Post-inkünfte. Später hatten die Unternehmer eine Pachtsumme an die Kammer abzuführen nnd 1712 kam das Sächsische Postwesen als Regale an den Landesherrn. Schon zu dieser Zeit gab es Reit- und Fahr posten, sowie Postämter mit Posthalterei in den größeren Städten des Landes. 1847 bestanden in Sachsen 131 Postämter, einschließlich LeraniwortNch« Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i.S. Posthaltereien und Posterpeditionen. Dies« Zahl ist in Sachsen gestiegen auf 1932 Postanstalten im Jahre 1905, während es deren im Jahre 1910 im Deutschen Reiche 40 816 gab. Im Jahre 1813 bestanden in Sachsen 1042 Berkehrsanstalten für Post und Telegraphie, worunter, sich 539 Postagenturen befanden. Weitere 1096 Dienststellen sind als Posthilfsstellen zu bezeichnen. Dies sind die Fäden, mittelst derer auch die kleinsten, vom Verkehr weit abgelegenen Gemeinden Sachsens an das Postnetz angeschlossen sind. (Sachsen zählte bei der Volkszählung 1910 143 Städte und 2977 Landgemeinden.) Im verflossenen Jahrhundert wirkten bei der Vervoll kommnung und dem Aufschwung, den die Post nahm, fünf wichtige Faktoren mit: die Erfindung der Lokomotive und die daran sich knüpfende Entwicklung der Eisenbahn; die Er findung des Telegraphen; die auf die in England 1840 er folgte Einführung des Penny-Portos sich gründende Post reform; die Gründung des deutsch-österreichischen Postvereins (1850) und die Gründung des Weltpostvereins (1874). Ueber den Aebergang des kleinstagtlichen Postwesens in die Deutsche Rcichspost sei noch kurz folgendes gesagt: Die kriegerischen Ereignisse führten 1866 zur Auflösung des Deutschen Bundes, an dessen Stelle bald der Norddeutsche Bundesstaat trat. Hierbei wurden sowohl die in Sachsen und Preußen, sowie in allen anderen Staaten und Freien Städten des Norddeutschen Bundes bestehenden postalischen Sonderverwaltungen verschmolzen und auch die Thurn und Taris'sche Post nahm damit ein Ende, die am 1. Juli 1867 zufolge Vertrags vom 28. Januar gleichen Jahres von Preußen mit einem Bestände von 502 Postanstalten übernommen wurde. Es trat an Stelle der verschiedenen Verwaltungen die Nord deutsche Bundespost, die 1871 von der Deutschen Reichspost abgelöst wurde. Dieser gehörten die deutschen Staaten mit Ausnahme von Württemberg und Bayern an. Letzteres be harrt auch heute noch auf seinem postalischen Reservatrecht, während Württemberg sich vor einigen Jahren der Reichspost angeschlossen hat. Wenige Jahre nach dem Uebergang zur norddeutschen Bundespost wurde unter d-r Leitung Les General-Postdirektors" Stephan diese Post durch oen Krieg vor eine äußerst schwierige Aufgabe gestellt. Es mutzten aus roher Wurzel heraus alle Einrichtungen für die Feldpost geschaffen werden. Und es gelang, diese Aufgabe zu lösen, ohne Latz auch nur die geringste Störung im Postbetriebe des Landes selbst entstand. Berens am 24. Juli 1870 standen 60 Feldpostanstalten mit 270 Beamten, 180 llnterbeamten, 268 Postillonen, 795 Pferden und 172 Fahrzeugen zum Abmarsch bereit, die bis Mitte Februar auf 77 Feldpostanstalten und 136 Feldpostrelais mit zusammen 1826 Beamten und Unterbeamten verstärkt wurden. Insgesamt hat in jenem Kriege die "Feldpost be fördert: Norddeutscher Bund: 89 659 000 Briefe u. Postkarten 2 354310 Zeitungen 43023 460 Thaler Dicnstgelder 16 842 460 Thaler Privatgelder 1979 602 Pakete Bayrische Feldpost: 3 240 000 Briefe u. Postkarten 72 000 «ingeschr. u. Wertbriefe 90 000 Pakete Württemberg. Feldp.: 6 898 000 Briefe, Postk. u. Zeitg. 454233 Pakete Badische Feldpost: 1470 000 Briefe u. Postkarten 114400 Zeitungen 2931210 fl. Gelder 63 067 Pakete. Wenngleich dies in keinem Verhältnisse zu den Leistungen der Post im jetzigen Weltkriege steht, so war es doch für die damalige Zeit eine ganz gewaltige Leistung! Aber mit diesen Leistungen ist die Entwicklung nicht zum Stillstand gekommen. Nach wie vor ist die Post bemüht, sich zu vervollkommnen. So wurden die Postscheckkonten mit ihrem bargeldlosen Zahlungsverkehr einge nchtet, Telephon und Telegraph wurden ausgebaut und vervollkommnet und so manches mehr. Nur durch das ständige Vorwärtsschrsiten im Hinblick auf die Anwendung technischer Errungenschaften und aller verkehrstechnischen Neuerungen und Verbesserungen ist «s möglich, daß die Post eine derartige Arbeitslast mit fo wenig Personal bewältigen kann, wie sie jetzt während des Weltkrieges täglich auf ihr ruht. Arno Roßberg. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg i-L