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betonte dabei: NaL dem Vertrage von Versailles hätte Italien Deutschland das Darlehen verweigern können, das sich dem Unterschied zwischen dem vom Friedensoertrage fest gesetzten Mindestpreis und dem wirklichen Preis ergibt, aber dann würden die deutschen Bergarbeiter nicht gearbeitet haben, und hätte, um Kohle zu erhalten, das Ruhrgebiet be setzen müssen. Dies sei nur durch seine Vermittlung ver hindert worden. Weiter sagte er: Im Anbeginn einer euro päischen Regelung nach Lem Kriege muß man nicht Wunder verlangen. Um zu Urteil über Spa zu ge langen, muß man vor allem an die Abgründe denken, die sich vor der Konferenz aufgetan hätten, wenn sie plötzlich abgebrochen wäre, wie man es einmal befürchtet hat. Mein ganzes Bestreben lag darin, diese Gefahren zu vermeiden und Europa auf einen fruchtbareren Weg zu führen. Meine Kollegen auf der Konferenz sahen nämlich ein, daß meine Bemühungen und selbst die Einwände, die ich mehrmals gegen gewisse Anschauungen vorbrachte, dem herrschen Wunsche entsprangen, die allgemeinen und gemeinsamen Interessen zu schützen. Ich hoffe, daß das Werk von Spa Früchte tragen wird. Niemand ist vollkommen zufrieden- gestellt von Spa weggegangen. Keiner der Großmächte war vollkommen unzufrieden. Auf jeden Fall haben wir die Grundlagen zu einer europäischen Zusammenarbeit gelegt. Es fehlten auch nicht neue Erscheinungen in den Annalen Ler Diplomatie. ^o wurde der Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet zugelassen, um den Standpunkt seiner Arbeits- genossen darzulegen, und man hörte ihm mit Aufmerksamkeit und Achtung zu. Im ganzen glaube ich sagen zu dürfen, daß Italien mit Spa zufrieden sein kann und daß wir die Konferenz als eine glückverheißende Etappe auf dem Wege zu einer europäischen Regelung ansehen können. Am Kie WatzcherL. Nus der Vorgeschichte des Kriegest Dem österreichischen Prinzen Windischgrätz, der während Les Krieges eine Zeit lang ungarischer Minister war, ist in seinen dieser Tage veröffentlichten Erinnerungen das Miß geschick zugestoßen, mit der objektiven Wahrheit in Wider- spruch zu geraten und damit der deutschen Regierung von 1814 die Schuld an der Entstehung des Krieges aufzubürden. Sie habe, um es kraß auszudrücken, die österreichische Zu- stmrmung zu Greys Bermittlungsoorschlag unterschlagen. Las ist, wie nochmals halbamtlich festgestellt wird, trotzdem es durch zahlreiche Veröffentlichungen auch von österreichischer Seite bekannt genug sein sollte, nicht richtig. Tatsache ist, daß der damalige Reichskanzler v. Bethmann Len Bermittlungsoorschlag am 30. Juli weitergab mit dem nachdrücklichen Zusatz, die deutsche Regierung müsse der Er wägung des Wiener Kabinetts dringend und nachdrücklich anhrmüteLeu, die Vermittlung zu den angegebenen ehren vollen Bedingungen anzunehmen. Die Verantwortung für Lie ssnst eintretsnben Folgen wäre für Österreich ungemein schwer. Gvaf Berchthot-b hat auf diese Mahnung eine um gehende Antwort zugefichert, sie kam aber nicht rechtzeitig, da der Ministeoat in Wien, der sich damit beschäftigte, erst Tags darauf am 31. abgehalten wurde. Inzwischen hatte Vtutzland mobil gemacht und dieser gewalttätige Schritt hatte die weiteren Folgen. Das ist die Wahrheit; es kann nicht, wie auch Liese neueste halbamMche Darstellung sagt, an den unermüd lichen Bemühungen der deutschen Regierung um die Erhaltung des Friedens gerade in jener Zett gezweifelt werden. Q-h unä fern. s William Vanderbilt gestorben. In seiner Pariser Wohnung starb der bekannte amerikanische Milliardär William Vanderbilt. Er stammte aus der berühmten Unternehmerfamilie, deren Haupt der im Jahre 1877 verstorbene Cornelius Vanderbilt war. Cornelius war Ler Sohn eines sehr armen Farmers von holländischer Herkunft und begann seine Laufbahn als Obst- und Gemüsehändler auf dem Newyorker Markt. Während des Krieges, den die Vereinigten Staaten 1812—1815 mit Eng land Mrten, wurde er Heereslieferant und verdiente soviel GÄd, daß er zehn Jahre später eigene Dampferlinien für i Len Küstenhandel ins Leben rufen, konnte. 1857 war er l «-l-M- Die Hem« GmMMWe des AmtGMlhtsbMlls Miisdrxff machen wir hiermit darauf aufmerksam, daß die Brotmarken für die nächste Versorgungszeit ab Montag gegen Ausweis bei uns abgeholt werden können. Der Ausweis mutz mit der Unterschrift des betreffenden Gemeindevorstandes und dem Gemeindestempel versehen sein. Diese Versendungsart erfolgt mit Genehmi gung der Amtshauptmannschaft Meißen. „Wilsdruffer TizrM'h A. Munke. Herr einer Flotte von über 100 Schiffen. Später wandte er sich mit dem gleichen Erfolge der Eisenbahnspekulaiion zu. Seinem (1885 in Newyork verstorbenen) Sohne William hinterließ er ein Vermögen von rund 10» Millionen Dollar, das bei dem Tode Les letzteren auf 200 Millionen Dollar angewachsen war. Eines von den acht Kinder« Williams« war der nunmehr verstorbene Milliardär gleichen Ramens. Neueste Meldungen. Der Reichswirtschaftsrat und Spa. Berlin. Die zehn einzelnen Gruppen des Reichswirt schaftsrats sind in Sondersitzungen zu Vorbesprechungen über das Spa-Äbkommen zusammengetreten. Für die Plenar sitzung wird eine Resolution vorbereitet, in Ler die wirtschaft lichen Direktiven angegeben werden sollen, die sich aus der Auswertung der Verhandlungen in Spa ergeben. Die Waffenablieferung. Berlin. Dem Vernehmen nach steht der Gesetzentwurf über die Entwaffnung der Zivilbevölkerung die Einsetzung eines Reichskommissars für die Entwaffnung vor und setzt dessen Vollmachten fest. Zunächst soll die Zivilbevölkerung aufgefordert werden, die Waffen freiwillig abzugeben und zwar innerhalb einer bestimmten Frist. Wie es heißt, sollen Prämien in verschiedener Höhe für die freiwillige Ablieferung der Waffen ausgesetzt werden. Erst nach Ablauf der Frist soll die zwangsweise Entwaffnung und zwar durch Lie Sicherheits polizei erfolgen. Konferenz über die Kohlenförderung. Essen. Die. Reichsregierung hat die Führer Ler Derg- arbetterorganisatlonen und die Vertreter der Zechenbesitzer zu einer gemeinsamen Konferenz, nach Berlin berufen. Es bandelt sich um eine Festlegung der Überschichten, Besprechungen über eine bessere Ernährung sowie um Lie Erhöhung der Lohn- zuschläge. Das Ergebnis der Berliner Konferenz soll als Unterlage für eine gemeinsame Beratung Ler Arbeiterorgani sationen im Ruhrkohlenbergbau dienen. Die Bergarbeiter fordern in Berlin u. a. die Einführung eines billigen Vor- orttarifes im Ruhrgebiet. Außerdem eine durchgreifende Erneuerung des technischen Betriedswesens in den Zechen, um eine Verlängerung der Arbeitszeit zu vermeiden. Preisabbau-Bestrebungen. Köln. Eine aus Kölner Verbraucherkreisen und Ver tretern des Handels zusammengesetzte Kommission hat Maß nahmen über den Preisabbau beraten. Nach einer längeren Aussprache hat man als gangbaren Weg die Bildung von Unterkommissionen für die einzelnen Gebiete angesehen, die ihrerseits in eine nachdrückliche Prüfung der Sache eintreten sollen. Im ganzen sind 6 Unterkommissionen eingerichtet worden und zwar für rationierte Lebensmittel, nichtrationierte Lebensmittel, Textilien, Kurzwaren, Schuhwaren und Haus haltungsgegenstände. In den Ausschüßen ist die gesamte Verbraucherschaft von Köln vertreten, ferner auch die Organi sationen oes Groß- und Kleinhandels, Leide Gruppen mit je 6 Mitgliedern, so daß die Kommissionen in einer Besetzung von 11 Mitgliedern tagen werden, da den Vorsitz die einzelnen Beigeordneten und stellvertretenden Vorsitzenden der Preis prüfungskommissionen übernehmen. Mnnitionssperre für die Polem Danzig. Im Hafen von Neufahrwaffer ist ein polnischer Dampfer mit .Kriegsmaterial für Polen eingelaufen, den die Hafenarbeiter entladen sollten. Da die Arbeiter sich weigerten, diese Arbeit auszuMren. bemühte sich der polnische Vertreter um Lie Vermittlung Les Christlichen und Deutschen Trans portarbeiterverbandes und begab sich mit den Führern der Organisationen nach Neufahrwaffer; eine Einigung kam jedoch nicht zustande, da die Arbeiter drohten, die gesamte Hafen arbeit zum Stillstand zu bringen, wenn einige Arbeitswillige die Arbeit aufnehmen würden. Die Organisationsvertreter haben daraufhin ihre Vermittlungstätigkeit eingestellt Eine franzöfische Ansicht. Paris. In hiesigen politischen Kreisen nimmt man an, daß die Ruffen durch die Verhandlungen mit Llond George nur Zeit gewinnen wollen, um in Verbindung mit Ostpreußen zu gelangen. Man macht sich über Llond George lustig, der in Spa geglaubt habe, daß Rußland und Polen Lie von England festgesetzten Grenzlinien ohne weiteres anerkennen werde. Um die Ruffen zu bekämpfen, müsse em Mann vom Schlage Fochs entsandt werden. Bedrohung Rumäniens. London. Der „Morning Post" zufolge haben die Sowjettruppen Len Pruth an verschiedenen Stellen zu über schreiten begonnen. Die Stadt Jassy wird in Verteidigungs zustand nerfetzt. — Nach „Daily Mail" sind zwei rote Armeen im Begriff, Rumänien auf kürzestem Wege zu durchqueren und nach Ungarn zu marschieren. Eine weitere rote Armee über schreite Len Dniestr und bedrohe Czernowitz. Letzte Drahtberichte des »BAlsbruKer Tageblattes". Zur Sicherung Ostpreußens. Basel,24.Iuli. (tu.) Der Temps meldet, daß Deutsch land in einer Note vom 21. Juli um di« Ermächtigung nachgesucht habe, die Truppen in Ostpreußen durch Frei willige zu verstärken und die Grkiete von Marienburg und Allenstein zu besetzen. Die Note wurde dem Botschafts rat überwiese». Auch dis Littauer gege» Pole«? Stockholm, 24. Juli, (tu.) Der Laus der Ereignisse aus dem russisch-polnischen nördlichen Kriegsschauplatz läßt klar erkennen, daß Rußland mit einer zum mindesten sehr baldigen Neutralität Littauens rechnen kann. Der Korrespondent der Frankfurter Zeitung erfährt, daß der russisch-littauische Friedensvertrag eine ganze Reihe von Geheimklauseln enthält, die ihre Spitze gegen Pslen richten. Die von littauischer amtlicher Seite abgestrittene Nachricht von einem militärischen Zusammenarbeiten »er beiden Seiten dürste somit auch nicht der Grundlage ent behren. Die deutschen Vertreter auf dem internationale« Sozialisteukvngreß in Genf. Berlin, 24. Juli, (tu.) Ium internationale» Sozialistsnkongreß in Genf (2. Internationale) der am 31. Juli beginnt, wird die sozialdemokratische Partei als Vertretung senden: Hermann Müller, Orto Wels, Her mann Molkenbuhr, Philipp Scheidemann, Iohannes Meerfeld »Köln, Eduard Bernstein, Friedrich Stampe«, den sächsische« Ministerpräsidenten Buck, Dr. Adolf Braun und Frau Jucharez. Gleichzeitig wird in Gens ein inter nationaler Bergarbcsterkongreß tagen, an Lem ebLvfalls eine starke deutsche Delegation, etwa 35 Vertreter, teil nehme« werden. MWW für dm 8. ömiig mH Asiktis. Bon Pf. Lange-Röhrsdorf. Psalm 1 Der erste Psalm, der gleichsam als einleitender Äruß über dein zanM Psalter steht, spricht eS in aller Kürze aus, worauf es letzten Endes im Leben ankommt. Er stellt den Menschen vor ein entscheidendes Entweder — Oder. Entweder gesellt man sich zu denen, die da „fitzen, wo die Spitter fitzen', oder man hat seine Lust an dem Contessa Jolandas seltsame Heirat. Ein Roman aus der römischen Gesellschaft. 3s Von A. Boettcher. Jolandas Herz wurde wenig durch den Tod ihres Gatten, in dem sie nur ihren Versorger gesehen, be rührt. Trotzdem war die Trauer, wenigstens äußerlich, tief. Die junge Witwe trug die längsten Crepeschleier und die schwärzesten Trauergewänder, die aufzutreiben waren. Sie lebte während des ersten Jahres ganz zurück gezogen und wahrte mit Peinlicher Sorgfalt das Ls- wrun. Das konnte nicht hindern, daß ein paar vens- tiarüsche Grandi, ein französischer Marquis und esu .,Mylord auf Reisen" sich rasend in sie verliebten. Doch was bedeutete das! So etwas passiert weit weniger schönen Frauen, als der Contessa Jolanda Millefiore. Signora Toselli hatte während der kurzen Ehe ihrer Tochter in einem kleinen Hause in Florenz gelebt. Jetzt zog sip auf deren Wunsch ganz zu ihr. Man überlegte, ob man in dem alten düstern Pa lazzo in Florenz dauernd Wohnung nehmen sollte oder in dem mehr modern eingerichteten Palazzo auf dem Corso Umberto in Rom. Letzterer wurde bevorzugt — der prunkvollen Ge- Lsellschaftsräume wegen. L „Was für glänzende Feste lassen sich hier arran gieren!" hatte Jolanda, vor Freude in die Hande klat- fchend, ausgerusen, als sie den Palazzo AMefoire in Ler „ewigen Stadt" zum erstenmal in Augenschein nahm „Du sollst sehen, Mutter: bald wird man sich um dis Einladungen zu meinen Festlichkeiten reißen!" „Zu einer gesellschaftlichen Stellung gehört mehr als pompöse Gesellschaftsräume, mein Kind," hatte Sig nora Toselli eingewendet. „Alles andere kommt von selbst, wenn man schön und reich und unabhängig ist!" lautete die stolze Ent gegnung. „Ich will Modeköniain werden und über all meme Rivalinnen herrschen. Das ist mein Ziel'." Verblüfft hatte die alte Dame ihre Tochter an geblickt. „Woher hast Du diese Ausdrücke Kind? Im Schul- chause hast Du so etwas doch nie gehört?" . „Gewiß nick"'" lachte die übermütige Schöne hell aus. „Dort lernte rch außer dem gelehrten Krimskrams nurden Unterrchred zwischen eurem Oberlehrer mit gro ßem Gehalt und einem Unterlehrer rnit kleinem Gehalt" Verletzt wendete sich Signora Toselli sich ab, indes Jolanda harmlos fortfnur: „Es ist doch wahr. Tausendmal hast Du mir gesagt, ich solle nie vor der Wahrheit zurückschrecken. Also — - „Aber es gibt verschiedene Arten von Wahrheiten, mein Kind —" „In Deinem System vielleicht, Mutter. In meinem nicht." Und die alte Dame schwieg. Sie hielt es für besser, das Feld zu räumen, so lange sie sich noch sicher fühlte. Noch einmal zogen dis beiden Damen sich für ein paar Monate nach Venedig zurück. Erst mit Beginn der Wintersaison wollte Jolanda dauernd in Rom ihren Wohnsitz nehmen. — Hinabgeglüht war der heißbrütende röinische Som mer. Hinabgesunken auch der traubenschwere, gewitter schwüle römische Herbst. Der Helle römische Winter mit seinem leuchtend blauen Himmel, seinen klaren, lauen Nächten, seine» erfrischenden Winden war im Slnzuge. Der Ruf von der ungewöhnlichen Schönheit der jungen Contessa Millefiore war ihr vorausgeeilt. Die tonangebende römische Gesellschaft hatte entschieden, daß eine reiche und vornehme junge Witwe — ohne Kind, das sie in Anspruch nehmen konnte — eine wün schenswerte Erwerbung sei. Zwar meinte die viel ge feierte Marchesina Ernnnia Varese, es würde ange nehmer sein, wenn die Contessa Millesoire nicht allzu * schön wäre; aber das ließe sich nun einmal nicht ändern und müsse mit in den Kaus genommen werden. Und die tonangebende Lady Hamilton, deren silber- blondes Haar ebenso berühmt ist wie ihr durchsichtig zarter Teint, gab in der ihr eigenen gelassenen Weise zu bedenken, daß es vielleicht mit der Schönheit der Contessa Millesoire gar nicht so weit her sei; man solle nur hübsch abwarten. Inzwischen ging das Gerücht, daß der Palazzo Millefiore auf dem Corso Umberto bereits die vielum strittene neue Besitzerin beherberge. Aber noch niemand hatte sie zu Gesicht bekommen. Jolanda war klug ge nug, sich allen neugierigen Augen zu verbergen. Wie einen Knalleffekt wollte sie urplötzlich ihre glänzende Schönheit auf die staunende Menge loslassen. Und nun war dieser langersehnte Moment gekom men — gestern bei.dem feierlichen Empfang bei der Königin. Eine entfernte Verwandte des verstorbenen Contr Riccardo Millesoire, die Marchesa di Rudeni, hatte sich bereir erklärt, die junge verwitwete Contessa bei Hofe vurzusteilen und so in die römische Gesellschaft einzu- iübren. Signora Toselli ängstigte sich ein wenig vor diesen: Debüt ihrer Tochter. Doch die junge Schönheit lachte nur siegesbewußt. Und es war ein vollständiger Erfolg, diese ersehnte Defiliercour im Quirinal. Er war bereits entschieden, als Jolanda in lang- Wallendem, mattblauem Seidenschleppgewand an der Seite der ehrwürdigen Marchesa di Rudeni die Reihen neugieriger Blicke entlang durch den Prunksaal schritt auf Lie hohe Gestalt der Königin Elena zu. A'lchc zcyreckte sie zurück vor all den teils kriti schen, teils bewundernden Blicken. Sie betrachtete sie als etwas Selbstverständliches und lächelte nur — ihr bestrickendes, ein wenig spöttelndes Lächeln ... Jolanda kennt die Vorteile ihrer Stellung und rechnet mit ihnen. Ihre Witwenschast sichert ihr eine Aewisse Unabhängigkeit. Sie darf sich freier, ungezwun gener bewegen und manches tun und sagen, was für ein junges Mädchen, zumal in Italien, unschicklich wäre. Ruhig und mit vollkommener Ueberlegenheit überblickt Ke das Kampffeld. Als sie der Königin Clena vorgs- Mltt wird und sich über deren schlanke Hand zum Kuß beugt, zuckt es wie ein Blitz durch ihren Kopf: „Ob es mir gelingen wird, noch höher im Rang Zu steigen? Ob ich mir vielleicht den Titel „Herzogin" erringen werde? Oder gar „Fürstin"? O, armes, törichtes Menschenkind, das Rang und Titel für das erstrebcnste Gut aus dieser Erde hält! Dessen Herz nichts weiß von jenen höheren Werten, die allein dem Menschenleben Weihe verleihen und cs cm- porheben über die Trivialitäten unseres irdischen Da seins, in höhere, bessere Regionen! — Die Marchesa di Rudeni ist mit dem Debüt ihres Schützlings sehr zufrieden. Sie führt äußerst selten Debütantinnen in die höchste Gesellschaft ein; es ist zu unsicher, ob sie gefallen. Die außergewöhnliche Srbön- heit der jungen Eontessa hatte sie eine Ausnahme machsr lassen, und sie bereut es nicht. „Sie erscheinen doch morgen zu meinem Ball, liebe Jolanda?" fragte sie eindringlich beim Abschied. „Sie werde:: so ziemlich alles bei mir treffen, was Anspruch macht aus Rang, Geist unL Schönheit." find Jolanda sagte zu — mit ein paar gleichgülti gen Worten; aber ihr Herz hüpfte vor Freude, Laß nun ihr sehnlichster Wunsch erfüllt ist. Das Herz ihrer Blutter freilich pocht voll banger Sorge Dämmert in dem schlichten Empfinden dieser srave: Frau aus dem Volke eine Ahnung davon auf, wie bald das Unheil sich in gleißender Umhüllung ihrer Tochter naben wird.