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Amts-! Donnerstag de» 24 Juni 1820 Nr. 142 79. Jahrg ass Amtlicher Teil Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend. Erscheint seit dem Lahre 4841. — - für die Amtshauptmannschaft Meißen, für das derns»i«cher: Amt Wilsdruff Nr. k. f0Mle fÜr d»s Fvrst- MsdmfferÄgeblM S-« ,M8»n>fter Togtölaft- erscheint täglich, mit Ausnahme »er Sonn- und Arsttag«, abend« a Uhr für den folgenden Tag. / Bezugtpreis bei Selbstabholung s»n her Druckerei wöchentlich pfg., monatlich psg., vierieftährlich Ml.; durch unter« BuSträgrr zugeiragen monatlich pfg., vlerieljährüch Ml.; brt den deutsthen Postanstalten viertelföhrlick Ml. ohne Austeilungsgebühr. 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Juni 1S2S oder später fällig werden, vor dem 25 Juni 1820 ohne Lohnabzug a«sz«- zahle«. / '!>RWIMFMMNVSWMSM !I»I Arbeitgeber, die trotzdem ohne Lohnabzug auszahlen, machen sich haftbar und strafbar. Meißen, am 22. Juni 1920. E Das Finanzamt (Bezirkssteuereinnahme). Me SihiliiWM siir das MbiM FehreOiiih. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Geheimrat Wiedfeld und auch Dr. Melchior ba^en die Übernahme des Reichswirtschaftsministeriums abgelednt. * In mehreren Städten Westdeutschlands und besonders In Osnabrück ist es zu erneuten schweren Ausschreitungen wegen der Teuerung der Lebensmittel gekommen. * Die Entente bat beschlossen, an Stelle der bisheriasrr Geschäftsträger Botschafter nach Berlin zu entsenden. - Der von den Polen widerrechtlich verhaftete Dr. von Holtum soll auf Befehl aus Warschau wieder steig-lassen werde«. Dis Dieltzefchäsiigten. Damit sind nicht die deutschen Staatsmänner und Politiker gemeint, die immer noch tagaus, tagein sich di« Köpfe darüber zerbrechen, wie sie es anstellen sollen, eine neue Regierung für das Deutsche Reich zusammen zu be- kommen. Die so tun, als wenn es gar nicht auf die Zett ankäme, als wenn unsere Gegner in der Welt auch ihrerseits inzwischen den regelmäßigen Gang ihrer Geschäfte unter brächen nm in schuldiger Ehrerbietung abzuwarten, was aus d°! woche?!°ngen Verhandlungen der deutschen Parteiführ« schließlich herauskommen soll. Nein, die feindlichen Re gierungen sind um so geschäftiger, je untätiger sie uns sehen. Und so sind ihre Beauftragten wieder einmal versammelt, um aus der deutschen Haut abermals Riemen zu schneiden. Diesmal ist Boulog ne der Schauplatz ihrer Be ratungen. Zweck der Übung: Vorbereitung der Konferenz von Spa. Was uns dort erwartet, scheint in Deutschland noch immer nicht auch nur von weitem geahnt zu werden. Und doch sollten wir das Schema, nach dem die Entente sich jetzt immer mit uns auseinandersetzt, nachgerade einiger maßen kennen. Die Hauptsache ist also, daß irgendwelches neues Anklagematerial gegen uns beschafft wird. Einmal sind es die wirtschaftlichen Friedensbedingungen, die wir nicht erfüllen: diesmal kommen die militärischen an die Reihe. Wir rüsten den Herrschaften nicht rasch und nicht gründlich genug ab, es fehlt noch dies und es fehlt noch "Ä "ENN jetzt etwa eine nationalistische, eine all deutsche Regierung gar in Berlin ans Ruder käme, man denke, welches Unheil sie mit dem noch nicht abge lieferten Kriegsmaterial von heute auf morgen schon an richten könnte. Also wird Marschall Foch vor allen Dingen ins Treffen geschickt. Er muß feststellen, daß die Sicherheit Frankreichs unbedingt bedroht tst, und danach seine Forde rungen einreichen. Man ist aber großmütig: marschieren, nach Deutschland hinein, will man nicht mehr: in dieser Suppe hat sich doch wohl so manches Haar vorgefunden. Dafür sollen aber die wirtschaftlichen Beziehungen zu uns abgebrochen werden, wenn wir nicht endlich mit der Er füllung des Friedensvertrages unsere Schuldigkeit tun. Dann bekämen wir also eine Art gemilderter Blockade. Warum auch nicht? Es geht uns doch, seitdem die Grenzen nicht mehr ganz geschloffen sind, fast schon wieder zu gut, ein paar neue Daumschrauben können wir gewiß ruhig aufgesetzt bekommen. So holt man sich, rein aus der Luft gegriffen, einen gehörigen Passivposten auf unsere Rechnung, den wir zunächst einmal auf irgend eine Art und Weise abgelten müssen. Diskussionen darüber gibt es nicht. Marschall Foch stellt fest, unfehlbar und unwider ruflich, und wir haben seine Monita als Offenbarungen des allwissenden Obersten Nates in Demut hinzunehmen. Wir mögen ihren Inhalt tausendmal als hinfällig bestreiten, das interessiert die Westmächte nicht im geringsten. Das sind Vorfragen, über die ihnen die alleinige und die endgültige Entscheidung zusteht. Damit ist gleichzeitig auch jeder Ver such, für die weitere Herabsetzung unseres Heeres bis auf 100 000 Mann einen Aufschub zu erzielen, von vorn herein ZU völliger Aussichtslosigkeit verurteilt. Darüber wird überhaupt nicht geredet werden, das wird gar nicht zur Diskussion zugelassen. Man hat — ja ums hat man alles zu tun? Also da ist die Entwaffnung Deutschlands, nicht wahr? Da wird das Nötige unverzüglich zu veranlassen sein. Eine Note ist schon ausgearbeitet, jetzt wird sie geprüft, und heute oder morgen kann sie in Berlin eintreffen. Danach kommt die deutsche Entschädigung, über sie hat man abermals „Sach verständige' sich den Kopf zerbrechen lassen — und wieder schwirren die Milliarden nur so nach Hunderten durch die Lust. Früher sprachen die Weisen Les Abendlandes von 80 Jahresraten, mit denen sie uns zum Weißbluten bringen wollten. Jetzt wollen sie uns dazu 37 Jahre Zeit lassen, zu je drei Milliarden, nebst allerhand Sonderzahlungen, so daß eine Gesamtsumme von weit mehr als 120 Milliarden herauskommen würde. Um diese Summen aufzubringen, soll der internationalen Finanzkonferenz in Brüssel die Ausgabe einer internationalen Anleihe empfohlen werden, als deren Pfand man sich die deutschen Einkünfte denkt. Diese Einkünfte sollen — wir brauchen gar nicht zu er schrecken — nur „vorübergehend" in die Hand der Alliierte» gelegt werden. In diese finanziellen Überlegungen aber tönt wieder einmal einiger Kanonendonner herein und vermehrt das Arbeitspensum der Entente-Diplomaten in unvorhergesehener Weise. So müssen die alliierten Generalstäbe veranlaßt werden, Maßnahmen zur Sicherung der Gegend von Kon stantinopel und der Meerengen zu treffen, und die Boulogner Konferenz erklärte sich mit ihren Vorschlägen einverstanden. Dann aber mußte man angesichts des stets wachsenden Zündstoffes unter Len Verbündeten die griechischen, die polnischen, Lie rumänischen, die tschechoslowakischen und die südslawischen Delegierten bitten, nach Spa zu kommen und dort die ihre Länder direkt berührenden Fragen mit den Alliierten durchzusprechen. Selbst die portugiesischen Delegierten wurden der gleichen Ehre gewürdigt, was auf beabsichtigte Dispositionen über den ostafrikanischen Kolonial besitz schließen läßt. Ferner mußte überlegt werden ob der Türkei eine verlängerte Frist für die Annahme der Friedens- bedingungen gewährt werden könne, und man entschied sich dieses Verlangen abzulehnen, wohl in der Erkenntnis, daß die türkischen Herren, die zu diesem Zweck in Paris eingetroffen sind, das letzte Wort in der Frage ohnedies nicht zu sprechen haben. Und schließlich muß man noch Be richte über die Verhandlungen mit Krassin» dem Bevoll mächtigten der Sowjetregierung, entgegennehmen. Hier gibt es für Lloyd George kein Schwanken mehr: er wünscht vor allem mit Rußland zu einer Einigung zu gelangen, um die wirtschaftlichen Beziehungen mit Moskau wieder auf nehmen zu können, was einer Anerkennung der Sowjet regierung gleichiommen würde. Frankreich dagegen will von einer Ausgleichung mit Rußland immer noch nichts wissen. Man sieht, die Boulogner Speisekarte ist übermäßig lang geraten, aber die Delegierten bemühen sich wenigstens angestrengt, sie trotzdem gebührend zu bewältigen. Gelingt ihnen das, so würden wir in Spa abermals einer ge schloffenen Front gegenüberstehen — und unsere Vertreter hätten dann dort nicht viel mehr zu tun als in Versailles. Herr Fehrenbach, der neue Kanzler des Deutschen Reiches, wird hoffentlich inmitten allen Feilschens um Minister- und andere Posten Zett genug behalten, um diese überaus ernste Sachlage seinen ersten Amtshandlungen zugrunde zu legen. Bildung des Kabinetts Fehrenbach. Das Regierungsprogramm. Im Entwurf des Programms, das der Kanzler zur Grundlage seines Kabinetts zu machen gedenkt, wird aus geführt werden, Laß der Wiederaufbau Deutschlands auf der verfassungsrechtlich gegebenen republikanischen Grundlage er folgen soll, daß jede gewaltsame Umwälzung bekämpft wird, daß Lie politische Gleichberechtigung aller Deutschen gewähr leistet wird, daß eine Klassenherrschaft abgelehnt wird, daß eine Politik der Versöhnung und des Ausgleichs angestrebt wird, und daß dem Klassen- und Rassenhaß entgegen- gearbeitet werden soll. Dieses Programm wird Fehrenbach dem Reichstage in der nächsten Woche vorlegen. Reichstag und Präsidentenwahl. Der neue Reichstag wird in seiner ersten, nur kurzen Sitzung die notwendigen vorbereitenden Arbeiten der Ge schäftsordnung erledigen, Len Alterspräsidenten feststellen und die Präsidentenwahl vornehmen. Dann wird sich der Reichs tag wieder vertagen, um erst am Dienstag in der nächsten Woche seine eigentliche Arbeit aufzunehmen. An diesem Tage, an dem Las Haus in seine großen Beratungen ein treten soll, wird sich auch das neue Kabinett vorstellen unü das Vertrauen des Reichstags erbitten. Einige Schwierigkeiten scheint die Wahl des Reichs- kagspräsidenten zu machen. Die Sozialdemokraten haben die Übernahme des Postens abgelehnt und mm heißt es. Laß auch beim Zentrum, das schon in hervorragendem Maße an der Regierungsbildung beteiligt ist, wenig Neigung besteht, den Präsidentenposten des Reichstags zu besetzen. Das Zentrum wird sich mit einer Vizeprästdentenstelle be- gnügen und den anderen Parteien den Posten des Präsi denten überlassen. — Der Chef der Reichskanzlei, Staats sekretär Albert, hat infolge Kabineüswechsels dem Reichs kanzler Fehrenbach sein Amt zur Verfügung gestellt. Der Reichskanzler hat jedoch den Staatssekretär gebeten, sein Amt fortzuführen. , Neue SWerWtm für -es KMM Fehrenbach. Berlin, 23. Juni, (tu.) Die sozialdemokratische Reichstagssraktion beschäftigte sich in ihrer Sitzung am Dienstag mit der Frage der grundsätzlichen Stellung zu der in der Bildung begriffenen neuen Regierung. Nach dem Hermann Müller und Löbe über die bisherigen Ver handlungen berichtet hatten, wurde nach mehrstündiger Aussprache, an der sich 20 Redner beteiligten, gegen 5 Stimmen beschlossen, bei der Vertrauensabstimmung, die der Abgabe der Regierungserklärung folgen soll, Stimmenenthaltung zu üben. Di« Fraktion glaubt bei Erwägung aller Gegengründe nicht weiter gehen zu können, da sich die Abgabe eine» Vertrauensvotum» für ein« Re gierung, der Mitglieder der Deutschen Bolkspartei an gehören, mit ihren Ausgaben nicht verträgt. Die Fraktion beabsichtigt ihre Stimmenenthaltung so zu modulieren, dah der neuen Regierung in ihrer Stellung der Entente gegenüber in Spa keine Schwierigkeiten erwachsen. Die Demokraten erklärten daraushin, es sei klar, daß unter diesen Umständen eine Regierung, die von der Mehrheit de» Plenums getragen, in Spa verhandeln könne, auf der beabsichtigten Grundlage nicht gebildet werden könne ««dss alle vor einer ganz nenen Situation stehe«. Bo« diesem Beschluß wurde dem Partetausschutz Kenntnis ge geben, der angesichts der neuen Situation da» der Fraktion ausgesprochene Vertrauen ausdrücklich erneuerte. pstttifchs NLmöscharr. Oeuisches Reich. * Die Desizitwirtschaft im Reiche. Dem neuen Reichs tage werden vom Reichsstnanzministerium neue Kredttvorlagen in Höhe von 14 700 Millionen Mark für die Zett Juli- September 1920 zugehen, die infolge der Defizite bei den einzelnen Ressorts, namentlich bei Eisenbahnen, Post, Wieder aufbau, Kriegsfolgen, in Erscheinung getreten sind. Bei Be ratung dieser Forderungen soll auch die augenblickliche Reichssteuerpolitik einer Besprechung unterzogen werden, da das neue Lohnabzugsverfahren die Gefahren neuer Streiks und neuer Lohnforderungen heraufbeschwört. * Die Wahlen in Grosithüringen. Die Wahlen für den Landtag Großthüringens ergaben nach den bisherigen Resultaten eine bürgerliche Mehrheit. Die noch ausstehenden Ortschaften gelten als für die bürgerlichen Wähler günstig. » Das friedliche Rußland. Ein Moskauer Funkspruch besagt: Tschitscherin hat ein Telegramm an die deutsche Re gierung gesandt, worin er den „böswilligen und tendenziösen Gerüchten über angebliche feindselige Absichten Rußlands gegenüber Deutschland" entgcgenttitt. Etwas derartiges wäre nicht geplant. Der Krieg gegen Polen sei ein reiner Verteidigungskrieg, die Politik Sowjet-Rußlands sei friedlich. » Ententsbotschafter für Dcutschlaud. Die Delegierten der Entente-Großmächte haben beschlossen, sich in Zukunft nicht mehr durch Geschäftsträger, sondern durch Boischa-ter in Berlin vertreten zu lassen. Die Konferenz in Spr wird vorläufig auf den 5. Juli angesctzt. Es sollen noch neue Delegierte bestimmt werden. Großbritannien. X Griechisch-türkischer Krieg? Alle Schiffe des ersten und ein Teil des achten englischen Geschwaders, darunter der große Kreuzer „Centurion", kreuzen im östlichen Mittel meer. Der von Marseille kommende Kreuzer „Ceres dampfte ebenfalls dorthin ab. Es hat den Arischem, als ob sich die ganze Mittelmeerflotte im östlichen Teil sammeln werde. Dem -Ecko de Paris' zufolge ist bei den Be-