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Vie Vernehmung der Sachverständigen. Bücherrevisor S Ne r s aus Brieg suchte nachzuwoisen, daß Grupen zur Zeit der Klep- Velsdorfer Bluttat über keine nennenswerten Mittel verfügt baden dürfte; seine Buchführung, wenn davon überhaupt die Rede sein könne, sei höchst liederlich gewesen. Der bekannte Chemiker Dr. Je ser ich-Berlin äußerte sich dann über die von ibm angestcllten Schristvergleiche. Er hält Ursulas Brief „An Großmutti" für echt: in einem anderen Briefe Ursulas da gegen finde sich ein nachträglich eingefügtes Wort „traurige" (Ursula), von dem nicht gesagt werden könne, ob es von dem Mädchen selbst eingeschaltet worden sei. Dresdner Brief. dp. Das Gesicht der Großstadt hat sich durch die mannigfaltigen Nachwirkungen des Krieges sehr verändert. Was früher eine Sensation gewesen wäre, das bewegt uns heute gar nicht mehr. Immerhin horcht man wenigstens flüchtig auf, wenn der Polizeibericht und der Gerichtsbericht der Dresdner Presse an einem einzigen Tage von folgenden drei eigen artigen Episoden zu melden weiß: Linda, die Negerbraut. Hort, Ihr Leut', und laßt Euch sagen, Was sich neulich zugetragen: Drei Geschichten in der Nacht! O, wir haben's weit gebracht! Eine Kellnerin, Schön-Linda, Sprach zu Zoo-Negern: ..Kinda! (Als sie saß auf deren Schoß- Heute juckeln wir mal los!" Da begann ein Schnäpse-Kippen! Und es schmatzten breite Lippen Linda kam mit „schwarzes Mann" Stark beschwipst am Neumarkt an. Torkelnd, „Jumbo" fest am Arme, ' Schimpft sie: „Schweine" zwei Gendarme, Die darob gar sehr erfreut. Linda sitzt im Kittchen heut'! 90 »00 Geldstrafe. In der „Küche" (Schössergasse!) Trank man Alkohol in Masse. Solch' ein kleines Fläscherl Wein Soll dort auch recht „billig" sein. Und es füllte sich die Taschen Der Herr „Wirt" aus vielen Flaschen, Die der Steuer er entzog. Ei, wie der den Staat betrog! Seine „Damen" (die aus Böhmen) Schlürften weg den Sekt in Strömen* Rheinwein, Allasch und „Bordo". Viele Jahre ging das so! Den Bordo in dem Bordelle Roch ein Sipo, der gar Helle, Und er zeigte an den Quarck. Strafe: 9 0 0 0 0 Mark! Die tapfere Helena. Jüngst Frau Forti (die Helene) Macht sich einsam auf die Beene Nach dem Sang im Opernhaus. (Denn die Probe war dort aus.) Angetan mit schickem Pelze Einem langen Kerl gefällt se, Der sie roh von hinten packt (Lene summte grad 'nen Takt). Da haut unsre Opern-Iuno Ins Gesicht dem frechen Kuno Mit der.männlich starken Faust, Daß es diesem Lulatsch graust: Und er flieht in weiten Sprüngen Doch Frau Forti hört man singen: „Wer am Pelze mir wollt' mähr'n, Der muß erscht geboren wär'n!" N i e f e l s r i tz. so eme stumme verbissene Verzweiflung orinnen, ,o ein Ringen mit sich selbst, und ein Verzagen an aller Zu kunft—nein — nein — ich muß immer, immer an diesen Brief denken! Und dieser Gedanke — siehst du, Käthe — der trieb Mich so vorwärts!" Das Mädchen hatte ihre Hand auf seinen Arm gelegt und ging nun langsam an seiner Seite weiter. Er griff mit seiner Rechten herüber und faßte nach ihren festen, schöngeformten Fingern. „Es hat dir doch nicht geschadet?" Sie schüttelte nur stumm den Kopf, sprechen konnte sie noch nicht. Aber in ihre Augen kam ein Glanz, eine Glückseligkeit strahlte aus ihnen, welche beinahe über raschend wirkte. Eine Weile schritten sie schweigend dahin, ein merk würdiges, ungleiches Paar. Aber er patzte nun seinen Schritt vollständig dem ihrigen an und führte sie mit einer Vorsicht, welche man seiner Jugend und Raschheit kaum zugemutet hätte. Als jetzt der Morgenwind stärker durch den Forst wehte und die ganz kurz geschnittenen, dunklen Haare um den Kopf des Mädchens aufhob, sah er sie sorgenvoll an. „Du bist so heiß, Käthe, und nun der scharfe Wind!" „Das macht mir nichts!" entgegnete sie rasch. „Ich bin doch froh, daß ich keinen Wagen genommen habe und dich zum Gehen zwang, Erich. Es ist wunderschön so in aller Morgenfrühe da droben im Wald. Und dann: ich möchte Julie so gern noch ein paar kurze Augenblicke für mich haben, ehe sie Gräfin Freydeck wird. Ich fürchte, dann ist es sowieso aus mit unserer Freundschaft. Der Graf wird die einfache Käthe, die Tochter des Polizeibeamten, gewiß nicht gern in seinem Haus» sehen. Und ist Julie erst eininal seine Gattin, dann muß sie sich doch seinen Wünschen fügen. Ich wäre gewiß die letzte, welche sich da störend einmischen möchte. Aber meine liebste Kinderfreundin noch einmal wie- derseben, ganz von fern in der Kirche ihrer Hochzeit bei wohnen, einen kurzen Abschied nehmen, das darf ich wohl. Und Julie schrieb ja auch so dringend, so bittend. Uebrigens, Erich, weißt du eigentlich, weshalb Julie gar nicht mehr in euer Haus darf? Sie schrieb so kurz von einem Streit zwischen deinem Vater, Max Günther, und dem jungen Freydeck. Aber sie war doch so gewöhnt an euch — sie liebte euch so l" Erich Günther nickte. Und wie sie uns aeliebt hatl Sie war —seit Mutter Lrast Hartmann ,Ltsät Drssäsn* Ikrsibsrxer Ltrasss. 8 p re c Kreit: täxlick 9—nunckr—SHKr Elfte KM« AWWmi Md MMM UM Wilh Freital-Deuben, Bezirk Dresden, Fernruf 74. L ^1 zahlt sftr LWchWrde die -We» Preise. Kti vorkomMtide« Nstschlachtungeu di« ich mit meinem 8 Automobiltrausportvagen schnellstens zur Stelle. 8 Erstklassige Ighrrödtr, MhmWnrs, WriiWWnen sowie sämiUchr Ersatzteile und Zubchör empfiehlt sehr p eiswert Arthur Schulze, Unkersdorf, mech. Werkstatt. 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Ihr, dem Kinde der Großstadt, war die Natur mit all ihren unzähligen Veränderungen immer wieder ein neues Wunder. Käthe Gerlach dachte jetzt kaum an etwas anderes, als an die Schönheit ringsum. Sie ging so leicht und sicher an dem Arm Erich Günthers, als hätte sie vollkommen gerade Glieder. Und während sie beide so dahinschritten, schoß ihr ein Gedanke durch den Kopf. Es gibt Minuten eines reinen, vollen Glückes. Diese Minute jetzt, an Erichs Seite hier oben in dem herr lichen Wald, mitten in dieser großen Einsamkeit, das ist eine solche Minute. Nütze sie aus, genieße sie — ge nieße siel Wenn Käthe sich zurückerinnerte an ihre 5: t, welche schon so weit, weit hinter ihr lag, dann .e sich immer selbst neben Erich Günther. Der schöne, aufgeweckte Knabe war in die Stadl ge bracht worden, um dort eine bessere Schule zu besuchen. Ihr Vater, der Polizeirat Gerlach, war ein Jugend bekannter Max Günthers. So kam Erich in das Haus von Küthes Eltern. Er war ihr Spielgenosse, ihr treuester Begleiter. Freilich, da mals war sie noch ein gerades, schlankes Kind, zwar sehr zart, aber ganz wohlgebildet. Ein Schatten glitt über Käthes kluges Gesicht. Ob Erich wohl eine Ahnung hatte, daß sie ihn da mals, als sie beide auf der hohen Dachbodenleiter standen und weit hinauslugten in das Land, daß sie damals die schwankende Leiter losgelassen hatte, um herabzuspringen und ihn, der schon seinen Halt verlor, mit weit ausgebreiteten Armen aufzufangen? " Damals war sie zehn Jahre alt, er erst sechs. Aber er war schwer, und das Gewicht seines Körpers hatte sie zu Boden geschleudert. Die Leiter fiel auf sie. Dann lagen sie alle beide lange krank. Erich hatte eine leichte Gehirnerschütterung, die er jedoch überwand. Sie selbst war ein Krüppel, als sie genas. Käthe Gerlach nickte still vor sich hin. Gs hatte ipaier flers geyelßen, beide Kinder seien von der Leiter gestürzt. Und die kleine Zehnjährige hatte nie widersprochen. Aber ob Erich das auch glaubte? Ob er während seiner Krankheit alles vergessen hatte? Woran denkst du, Käthe?" fragte der junge Mann sanft. „Du bist so still!" Aber sie wurde jeder Antwort überhoben, denn sie vernahmen nun beide zu gleicher Zeit einen eiligen, leichten Schritt, der durch die Morgenstille rasch näher und näher kam. Einen Moment horchte Erich Günther, dann zog er Käthe schnell in einen schmalen Seitenpfad und lugte durch das Rankenwerk der Gebüsche hinaus. Ueber die Waldstraße huschte eine zierliche Gestalt in einem dunklen schlichten Kleidchen. Sie kam von der Seite, wo Max Günthers Haus lag, und lief in der Richtung gegen das Schloß Frevdeck zu. Der blonde Kopf war unbedeckt, um die Schultern lag ein schwarzes Seidentuch. Als jetzt eben die Sonne voll auf die fast noch kind liche Mädchenerscheinung fiel, glänzte das Haar auf, wie leuchtendes Gold. In zwei langen, schweren Zöpfen fiel es über den Rücken herab. „Hilda! Hilda Wentheim!" Erich Günther hatte den Namen laut gerufen; hastig zog er das Mädchen mit sich fort und eilte Hilda nach. Aber diese hörte ihn nicht. Flüchtig wie ein Reh flog sie den steil aufwärts führen den Pfad dahin, niemals zurückblickend. „Hilda!" rief Erich noch einmal, seine eigenen Schritte beschleunigend. Aber" nun verschlang schon das Brausen des Wassers, welches wild über das hohe Wehr herabfiel, seinen Ruf. Und Hilda Wentheim hatte auch so gar flinke Füßchen! Das verwachsene Mädchen an Erichs Seite konnte nicht mit ihr Schritt halten. Schon jetzt war Käthe Gerlach ganz atemlos und mußt« eine Minute rasten, um wieder zur Ruhe zu kommen, Ihre zarte Brust hob und senkte sich stürmisch, pfeifend ging der Atem aus dem halbgeöffneten Munde. „Geh nur voraus, geh nur," stieß sie mühsam hervor, „ich — ich komme gleich nach!" Sie selbst drängte ihn vorwärts. Und er hätte wirk lich gern wenigstens ein paar Worte mit Hilda Went heim gesprochen, ehe er Heimkain. Er war lange nickt zu Hause gewesen, und die trostlosen, verzweifelten Briefe seines Vaters hatten ihm eigentlich auch keinerlei Klarheit verschafft.