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Zerntpr-cher Wilsdruff 7ir. 6 Wochenblatt fÜk WWdsllff UNd ^MgegLNd Postscheckkonto Dresden 2640 Erschein« ISglich mii Ausnahme der Sonn- und Festtage nachmittags 5 llhr für den folgenden Tag. Aezugsveeis bei Selbstabholung monatlich 5 Ml., durch unsere Austräger zugetragen In der Stad« monalltch 5.50 Ml., auf dem Lande 5.65 Ml., durch die Post bezogen vierleljährlich 17.25 Ml. mit Zustestungsgebühr. Alle Postanstalten und Postbote» sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Im Faste höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Erscheint seit Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts za Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger «ud Drucker: Arthur Zschuuke i« Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herma«« Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. dem Jahre 4S44 Insertionspreis l.roM«. für die 6 gespaliene Korpuszeile oder deren Raum, Reklamen, die 2 spaltige Korpuszeile Z.50 Ml. Bel Wiederholung und Iahresauftrag entsprechender Preisnachlaß. Belanntmachungen im amtlichen Teil inur von Behörden) die 2 gespaltene Korpuszeile 4.50 Ml. Rachweisungs-Gebühr 50 Pfg. Anzela-nannahme bis vormittags 10 llhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir leine Garantie. Irder Rabatt anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber In Konkurs gerät. Nr. 275 Freitag de« 25. November t»21. 80. IahrgKNg. Kleine Heilung für eilige Lese». * Die erste Staffel der zu vermindernden amerikanischen Besatzungstruppen am Rhein verläßt am 26. November Ant werpen zur Rückreise nach Newport. Bis Dezember kehren 2000 Mann zurück. * Die Kartoffellieserungen aus Pommern sind eingestellt, da die Kartosfelgroßhändlcr den Lieierungsstreik erklärt haben * Der französische Finanzmiuister Doumer erklärte im Finanzausjchuß des Senats, die Regierung werde von Deutsch land die pünktliche Ausführung des Zahlungsplanes von Lon don vom 5. Mai 1921 verlangen. * Im letzten Konsistorium beklagte Papst Benedikt XV., datz der Versailler Vertrag nicht vom Geist des Friedens erfüllt fei. * Japan Hai in Washington zu verstehen gegeben, daß es sich niemals mit den ihm zugestandenen 60 Prozent Haupttypen von Schiffen begnügen werde. Es müsse vielmehr 70 bis 75 Prozent behalten Bayrische Lustizhoheit. Herr von Kahr ist beseitigt, aber die Konfliktsluft zwischen Bayern und dem Reich ist geblieben. Ganz plötz lich fliegen wieder zwischen Berlin und München scharfe Kugeln hin und her, und die kaum beruhigten Geister beginnen sich wieder zu erhitzen, als wenn es so sein müßte, daß alle paar Wochen mindestens einmal ein frisch-fröhlicher Krieg zwischen Nord und Süd zum Aus bruch kommt. Es mutz ganz gewiß nicht so sein, wie es ja auch früher nicht so gewesen ist. Aber was ist ge schehen? Wiederholt war in linksstehenden Blättern über die angeblich schlechte Behandlung der politischen Gefangenen aus der Rätezeil in Bayern auf der Festung Nieder schönenfeld geklagt worden. Der bayerische Landtag war diesen Klagen nachgegangen. Es soll von den Beauf tragten des Landtages festgestellt sein, datz die Gefangenen, mit Ernst Toller und Erich Mühsam an der Spitze, ihrerseits die Gefängnisordnung mit Gewalt zu sprengen versucht und sich dabei zuweilen ungemein erregt benommen hätten. Aber die Klagen wiederholten sich immer wieder. Doch auch die neue Regierung des Grafen Lerchenfeld verblieb dabei, daß in Nieder schönenfeld alles in Ordnung fei und daß die dortigen Behörden und Beamten vollkommen zu Unrecht der Ge fangenenquälerei beschuldigt würden. Da kam der kom munistische Hungerstreik in Lichtenburg, der ja wohl nach dem einmütigen Bericht der dorthin entsandten Reichslagskommission als erledigt gelten kann. Die Freunde der Festungsgesangenen von Niederschönenfeld benutzten die Gelegenheit, auch diese der Fürsorge des neuen Neichsjustizministers zu empfehlen; Dr. Radbruch kündigte an, daß er das Recht der Reichsaufsicht auch über Lie bayerischen Gefängnisse in Anspruch nehmen werde. Und rascher, als man denken konnte, wurde von der eigens niedergesetzten Reichstagskommission beschlossen, — und zwar mit sechs gegen drei Stimmen — sich die Verhält nisse in Niederschönenfeld an Ort und Stelle anzusehen. Man sieht, diese Dinge haben sich mit einer gewissen Plötzlichkeit entwickelt, vielleicht ohne jedes Zutun der Reichsregierung als Gesamtbürger. Zunächst ist nur der Reichstag durch seinen Ausschuß und der Reichsjustiz minister für die Durchführung der gefaßten Beschlüsse engagiert. In Bayern herrscht der Eindruck vor, als stehe man bereits vor vollendeten Tatsachen, al^ sollte die baye rische Landesregierung diesmal ganz anders als zu Zeiten des Herrn von Kahr, wo man mit ihr viele Tage, ja so gar wochenlang verhandelte, behandelt werden. Graf Lerchenfeld Hal vor dem zuständigen Kammerausschuß keinen Zweifel darüber gelassen, daß er das Vorgehen des Reichstages als eine Rechtsverletzung empfinde. Er hat Weisung gegeben, den Mitgliedern des Reichstagsaus schusses den Zutritt zur Festungsanstalt von Niederschönenfeld zu verweigern, und er ist entschlossen, falls keine Einigung mit der Reichsregie rung zu erzielen sein sollte, die Entscheidung des Staats gerichtshofes über diese verfassungsrechtliche Frage anzu rufen. Er nimmt für Bayern das Recht in Anspruch, sich gegen diesen Eingriff in seine Rechte, der nicht allein sach lichen Beweggründen entsprungen sei, zu wehren. Er selbst werde kühl und ruhig bleiben und hoffe, datz auch die gesamte Öffentlichkeit die Angelegenheit leidenschafts los behandeln werde. Der Ausschuß sprach nach längerer Debatte seine Überzeugung dahin aus, datz durch den Be schluß des Neichstagsausschusses die Autorität der baye rischen Regierung gefährdet werde. Für die Zukunft empfehle es sich, bei derartigen Anlässen andere Wege als bisher einzuschlagen in Gemäßheit der Weimarer Ver fassung, gegen die der Reichstag verstoßen habe. Man stehe vor einer unbegreiflichen Tat, gegen die der baye rische Landtag sich mit aller Entschiedenheit wehren müsse. Der Reichstag seinerseits ist augenblicklich nicht ver sammelt, und sein Untersuchungsausschuß wird vermut lich auf eigene Faust die Dinge nicht weitertreiben wollen. Bis zur ersten oder gar zweiten Dezemberwoche ist also allen Beteiligten Zeit zur Überlegung gegeben. Es bleibt zu wünschen, daß man sie nicht vergeblich verstreichen läßt. Soll Oeuischlmw gefragt Werden? Washington über die Abrüstung der Landheere. Nicht wenige Kritiker der verschiedensten Nationen haben es getadelt, daß die Washingtoner Konferenz ohne die Teilnahme deutscher Vertreter aügehalten wird. Man erblickt darin eine Unvollständigkeit, die den Erfolg beein trächtigen mutz. Dieser Gedanke kommt nicht zur Ruhe, und neuerdings verlautet auS Washington, die amerika nische Regierung werde, falls das L a nd abrüstungs- problem noch einmal in die Debatte geworfen wird, allen Ernstes den Vorschlag machen, Deutschlands Ansicht cinzuholcn. Eine Beschlußfassung gegen eine Macht ohne deren Aw hönmg ist nach den Voraussetzungen dieser Konferenz un denkbar. Frankreichs Vorbehalte sind aber fast durchweg Anwürfe gegen Deutschland, und die Versammlung kann nach amerikanischer Meinung die Lösung eines euro päischen Problems nicht versuchen, ohne alle daran inter essierten Mächte sprechen zu lassen. Amerika ist daher ge neigt, die weitere Beratung der Landabrüstungsfrage von Deutschlands Teilnahme in irgendeiner Form abhängig zu machen. Da die Konferenz jedoch am 15. Dezember zu Ende gehen soll, wird sich wohl die Herreise eines deut schen Vertreters nicht gut ermöglichen lassen. Es heißt daher, daß man von Deutschland die Antwort auf eine Reihe von Fragen fordern' werde, über deren Wortlaut sich die Kommission für Landabrüstung noch einigen mutz. Chinas Unantastbarkeit. Einer der schwierigsten, wenn nicht das kritischste Problem der Washingtoner Beratungen überhaupt, die Frage, wie die künftige politische Stellung Chinas geregelt werden soll, hat jetzt durch eine Entschließung eine vor läufige Klärung gefunden. Darin sagen die Großmächte, sie seien entschlossen, die Souveränität, die Unabhängigkeit und die territoriale und Verwaltungs Integrität Chinas zur respektieren, China die vollkommenste Freiheit zu geben, sich zu entwickeln und eine feste und wirksame Re gierung zu bilden, den Grundsatz der Gleichheit für Handel und Industrie für alle Nationen auf dem gesamten Gebiet Chinas sicherzustellen und schließlich aus den augenblicklichen Umständen keine Vorteile zu ziehen, um Sonderrechte oder Privilegien zu verlangen. Die Erhöhung -er Zölle. Aus den Beratungen der Steuerkommissionen.. Eines der Hauptstücke der neuen Verbrauchsabgaben, der für mehrere wichtige Einfuhrartikel stark erhöhte Ent wurf des Zolltarifs, wurde vom Verbrauchssteuerausschuß des Reichstages in Arbeit genommen. Der Ertrag der Zölle belief sich im Rechnungsjahre 1913 auf rund 700 Millionen Mark, im Rechnungsjahr 1920 dagegen ohne Berücksichti gung des Goldzollaufgeldes auf nur 300 Millionen Mark, wobei besonders der Ausfall der bei Kriegsbeginn aufge hobenen Getreidezölle ins Gewicht fällt, die vor dem Kriege 31 Prozent der gesamten Zolleinnahmen ausmachten. Für eine Erhöhung kommen neben einzelnen Gewürzen und Südfrüchten in der Hauptsache die zuletzt im Jahr« 1918 erhöhten Zölle auf Kaffee und Tee und die im Jahre 1918 nicht erhöhten Kakaozölle in Betracht. Eine lebhafte Debatte entspann sich über die Erhöhung der Zölle bei Tee, Kaffee und Kakao, wobei sich verschie dene Abgeordnete gegen eine zu starke Herauf setz u n g der Zölle aussprachen, die letzten Endes bei ver schiedenen Artikeln den Verbrauch so reduzieren würde, daß auch für das Reich ein Mehrertrag gar nicht herauskom men könne. Regierungsseitig war vorgeschlagen, bei rohem Kaffee eine Heraufsetzung des geltenden Satzes von 130 Mark auf 200 Mark vorzunehmen, bei Tee eine Erhöhung von 220 Mark auf 350 Mark. Bei geröstetem Kaffee empfahl die Regierung eine Steigerung des Zoll satzes von 175 Mark auf 300 Mark. Der Zoll auf rohe Kakaobohnen könne nach Ansicht der Regierung verdoppelt werden. Bei den Zollsätzen des Gesetzentwurfs könne vorläufig für Kaffe. Tee, Kakao, Gewürze und Südfrüchte mit einem Mehrertrag von zusammen 46,6 Millionen Goldmark gerechnet werden. Im Beharrungszustaude werde der Mehrertrag auf 75 Millionen Goldmark veranschlagt, wo bei für Kaffe 50 Prozent, für Tee 75 Prozent, für Kakao 10O Prozent, für Südfrüchte und Gewürze 40 Prozent des Friedensverbrauchs in Ansatz gebracht worden leien. Oer Steuermaßstab. Eine Kritik Helfferichs. Im Reichstagsansschuß für Steuerfragen, der gegen wärtig das Teilgebiet der Besitzsteuern in Beratung genommen hat, spielt naturgemäß di« Frage „Jndustrie- kredit oder Goldwerterfassung" eine erhebliche Roke. An dieses Problem anknüpfend unterzog der bekannte deutsch- nationale AL«ostete Helfferich das neue Steuer system einer scharfen Kritik. Er betonte vor allem, daß bei Ler Aufstellung Ler Steuersätze die Mark kein fester Wertmesser mehr sei. Er forderte weiter Auskunft über die Vorbe lastung des fundierten Einkommens im Reiche und den Ländern, um für Lie neue Vorbelastung zu wissen, ob sie vom Einkommen noch getragen werden kann. Auch wisse man nicht, wie hoch Grund und Boden, Gewerbe, Handel und Industrie vorausbelastet seien. Der landwirtschaft liche und städtische Grundbesitz sei und bleibe Grundver mögen. Eine Besteuerung als Betriebsvermögen könne nicht gutgeheißen werden, da sonst die Grundlagen des Einkommensteuergesetzes und die ganze Arbeit der Steuer behörden ins Wanken geraten müssen. Auch der Regie rungsvorschlag, das landwirtschaftliche Vermögen künftig nach dem sogenannten gemeinen Wert zu besteuern, sei undurchführbar, denn bei den heu tigen verworrenen Verhältnissen lasse sich überhaupt keine einwandfreie Feststellung dessen machen, was man als gemeinen Wert ansprechen kann. Für die Landwirtschaft sei nur der Ertragswert gerecht. Auch für das industrielle Betriebsvermögen sei der gemeine Wert ungerecht. Benedikt XV gegen den Versailler Vertrag „Nicht mit dem Geist des Friedens erfüllt." Rom, im November. In nicht mißzuverstehenLer Weise hat sich das Ober haupt der katholischen Kirche über den sog. Friedensver trag von Versailles im soeben stattgesundenen Kon sistorium geäußert. Der Papst sprach zunächst von den Ab machungen der Kurie mit den Staaten und Gebieten, die entweder neugegründet oder anderen Staaten zugeteilt worden find. Die früheren Abmachungen seien in solchen Fällen hinfällig, zu neuen sei der Heilige Stuhl bereit. Dann führte der Papst aus, die Völker wünschten inneren und äußeren Frieden. Er bedauere, sestfiellen zu müssen, daß der Friedensvertrag nicht mit dem Geiste des Friedens erfüllt sei und daß fast alle Nationen, besonders die europäischen, sich noch immer in so schweren Kämpfen zerfleischten, daß man täg lich mehr empfinde, wie notwendig die Hilfe Gottes sei. Zum Schluß kam der Papst auf die Einschränkung der Rüstungen zu sprechen. Er hege den innigen Wunsch, daß Lie Arbeiten der Washingtoner Konferenz er folgreich sein möchten, fordere aber alle auf, Gott zu bitten, ihnen seinen Beistand zu leihen, damit die Völker von einer fast unerträglichen La st befreit wür den und besonders die Gefahr neuer Kriege immer weiter entfernt werde. politische Rundschau. Deutsches Reich. Beginn der deutsch-polnischen Verhandlungen. Unter dem Vorsitz des schweizerischen Bundesrats Calondcr haben im Völkerbundspalast in Genf die Leutsch- polnischen Wirtschaftsverhandlungen begonnen. Von deutscher Seite nehmen daran teil Reichsminister a. D. Schiffer, Staatssekretär a. D. Lewald, sowie der Vertreter des Answäriiaen Amtes, Leaationsrat Graf Sckmlcnbnrg. Abberufung der jetzigen Entente-Saarregierung verlangt. Der Kreistag von Saarbrücken hat Len Beschluß ge faßt, den Völkerbundrat zu bitten, die jetzigen Mitglieder der Saarregierung nach Ablauf ihrer Amtsperiode abzu berufen. Die jetzige Regierung hat Las Vertrauen der Be völkerung nicht gewonnen und das Land schwer geschädigt. Der Forderung werden sich die übrigen Kreistage aw schlicßen. Deutschlands Kriegsentschädigung an Serbien. Der Staatsausschuß in Belgrad hat das Angebot der deutschen Regierung, auf Rechnung der Kriegsentschädi gung an Serbien Eisenbahnmaterial zu liefern, zur Kennt nis genommen. Deutschland verpflichtet sich, als Wieder gutmachung 100 Schnellzugs-, 200 Personenzugs-, 100 Güterzugs- und 50 schmalspurige Lokomotiven sowie 4000 Güterwagen und 2000 Personenwagen zu liefern, und zwar ein Drittel bis März 1922, Las übrige in den Mo naten Mai und Juni Frankreich. X Ein furchtbarer Skandal in der Kammer knüpfte sich an die Einbringung kommunistischer Interpellationen, die sich auf die sofortige Freilassung der in Paris gewählten, wegen kommunistischer Propaganda verurteilten Ge meinderäte Morty und Badina bezogen. Der Deputierte Barthou stellte bei der Debatte die Behauptung auf, der Präsident der Republik und die französische Regierung hätten einen verbrecherischen Krieg gegen Rußland ge führt. Der Präsident verlangte, Barthou sollte diese Worte zurücknehmen, aber er weigerte sich und verschärfte seine Angiffe, bis die Zensur über ihn verhängt wurde. Der Deputierte Laffort nahm aber Len Faden auf und stellt« die gleiche Behauptung auf. Die Sozialisten stimm ten die Internationale an. -' ' - - - - -