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MsdmfferTageblatt Fernivr.-cher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblask für Wlisdmff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke i« Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschuuke, beide in Wilsdruff. Nr. 240. Donnerstag den 13. Oktober 1921. 8V. Jahrgang. Amtlicher Teil. — . - m ! IIIIIR! Freibankfleisch. j Vir Sille» MM ÄWW Sir 1V Ur »omitt-gr asWchi Wiisdruis, am II Okwä-n 1921. Der Stadtrat. > iiu^ttuuuiiiiiiiiiimuiiiiiiiiuiiiiiiiiiiiimiiiiiiili^iiiiiiiittilinimiiiiiiiiiiiiiiiiimimniiiimttiiiiiiiiiimiiiiilmiiiuiiiiiiimilmliiimiiiiniiiim Kleine Zeitung für eilige Leser. * Nach den letzten Meldungen aus Genf soll dort die Tei lung Oberschlestens grundsätzlich beschlossen worden sein. * Falls sich die Mitteilungen über die Beschlüsse des Völker bundes bestätigen, rechnet man in Berlin mit einer Regie rungskrise. * Das Rcichskabinctt trat nach der Rückkehr des Kanzlers noch in der Nacht zum Dienstag zu einer Beratung der ober schlesischen Frage zusammen. * Der deutsche Botschafter Dr. Sthamer ist beauftragt wor den die engst, ci-e Negierung davon zu unterrichten, welche poli tischen Folgen sich aus einer Abtrennung des oberschlesischen Jndustriercviers von Deutschland ergeben würden. * Die englischen Minister sind entschlossen, sich an den Vor schlag des Völkerbundsrates zu halten, ohne Rücksicht auf ihre persönliche Ansicht über die wirtschaftliche Seite der neuen Grcnzsühruug in ObcAchlesieu Deutschland in Not. Wie von einem Donnerschlag ist die politische Lage in Deutschland, kaum daß sie nach der Bluttat von Gries bach wieder einige Beruhigung gewonnen hatte, abermals bis in ihre tiefsten Tiefen aufgerührt worden. Der Reichskanzler kommt eiligst aus dem deutschen Süden in die Reichshauptstadt zurück und versammelt, kaum in Berlin eiugetroffen, seine Ministerkollegen noch in der Nacht zu einer Kabinettssitzmrg um sich. Nach Mitternacht erst werden die Verhandlungen abgebrochen, um am nächsten Morgen ungesäumt wieder fortgesetzt zu werden. Man bleibt zusammen/ bis anderweitige drin gende Geschäfte die Herren auseinandertreiben. Aber schon der Nachmittag führt sie zum dritten Male im Reichskanzlerpalais zusammen. Gerüchte, alarmierende Gerüchte durchschwirren die Luft. Bald heißt es, der Außenminister Dr. Rosen sei entschlossen, sein Amt zur Verfügung zu stellen, da er jede Hoffnung aufgeben müsse, bei Len Hiobsnachrichten aus Genf noch mit irgend welcher Aussicht auf Erfolg die auswärtigen Geschäfte des Reiches weiterführen zu können. Und damit nicht genug, wird so gar schon von anderer Seite die Stellung des Gesamt- laLinetts als erschüttert bezeichnet. Alle Welt steckt die Köpfe zusammen, das Ohrentuscheln steht wieder in voller Blüte. Dr. Stresemann hat den Auswärtigen Ausschuß des Reichstages einberufen — mit Recht, denn der Reichs tag selbst ist ja für vier bis fünf Wochen auseinandcrge- gangen. Man will hören, was an zuverlässigen Nachrich ten aus Genf, aus Paris, aus London varliegt, man will insbesondere auch wissen, was die auffällige Reise unseres Londoner Botschafters Sthamer nach Berlin rmd seine überstürzte Rückreise nach England zu bedeuten haben. Sind das bei uns alles nur Möglichkeiten und Be fürchtungen, so glauben freilich die Franzosen schon un gleich bestimmter zu wissen, was in Deutschland kommen wird, wenn Oberschlesien, wie es beabsichtigt zu sein scheint, zu erheblichen Teilen an Polen geschlagen werden sollte. Sie sehen das Ministerium Wirth bereits durch ein Kabinett der Rechten abgelöft, sehen eine wahnwitzige nationalistische Hetze gegen Lanlreich losbrechen, scheu natürlich Revanchegcdankcn erfolgreich ihr Haupt erheben und daran monarchistische Wiederhcrstellunaspläne sich unwiderstehlich anschließen. Sie säbeln davon, daß wir in einer ungerechten Entscheidung über Oberschlesien den willkommenen Anlaß dazu sehen würden, unsere Reichs wehr in Oberschlesien zu „belassen" — wobei ihnen nur die Kleinigkeit entgangen ist, daß selbstverständlich kein ein ziger deutscher Reichswehrsoldat in Oberschlesicn steht, seit dem die Interalliierte Kommission ihre schwere Hand auf dieses Land gelegt hat. Man müßte fast meinen, daß den Franzosen eine solche Entwicklung im Grunde gar nicht unangenehm wäre, denn selbstverständlich würden sie um die Antwort darauf nicht einen Augenblick im unklaren sein. Nicht umsonst Has Briand in seiner letzten Sonntagsrede abermals von dev französischen Kanonen gesprochen, die im Schutzbereich der Stadt Essen bercitstehen, nicht umsonst auch von den weit läufigen Voraussetzungen, an die Frankreich seine Zustim mung zu jeder ernstlichen Art Abrüstung knüpfen müsse. Und es kann ja auch gar kein Zweifel darüber bestehen, daß die Franzosen den Standpmrkt einnehmen, wir hätten jedes Unrecht, das uns zugefügt wird, wie eine himmlische Schicksalsfügung hinzunehmen und zu tragen, wenn es nur das Siegel der Entente, des Obersten Rates oder des Völkerbundsrates aufweist. Daß es, wie für jeden ein zelnen, so auch für ganze Völker Grenzen des Erträglichen gibt, spielt in den Erwägungen unserer Feinde von ge^ern und heute und wohl auch von morgen keine Rolle. Daß sie selber mitleiden müssen, wenn die Lebensmöglichkeft des deutschen Vockes den schwersten Stoß erhält, der nach allem, was wir schon durchgemacht haben, noch aekübrt werden kann, das läßt sie kühl bis ins Herz hinan. Demi ihnen stehen, wenn der eine Weg zur Befriedigung ihrer Ansprüche versperrt würde, wie sie glauben, noch genügend andere Wege offen, um sich trotzdem bezahlt zu machen. Sie erleben, wie die österreichischen Stämme, insbesondere die deutschen Tiroler, den letzten Rest von Besonnenheit za verlieren drohen, wie sich auf den Trümmern des alten Donaustaatcs neue Katastrophen vorbereiten, weil die „Ordnung", die die Entente geschaffen hat, ihre Opfer un ausbleiblich in Wahnsinn hineinstößt. Das geniert sie aber nicht im mindesten, denn was sind ihnen jetzt noch Tirol oder Steiermark oder Kärnten, nachdem sie dw Tschechen und die Südslawcn und die Polen und die Italiener groß und größer gemacht haben. Was ist ihnen, im Grunde genommen, jetzt noch das deutsche Vock, nach dem sie es so gründlich entwaffnet, in Ketten gelegt und zur Sklavenarbeit für die Siegervölker gezwungen haben. Zerbricht es, zerfällt das Reich — um so rücksichtsloser könne sie sich auch noch in den Rest der Beute teilen, auf den sie bisher ihre Hand noch nicht gelegt haben. Auf lösung, Ausruhr, Revolution? Das sind Sorgen, mit denen Herr Dr. Wirth sich herumschlagen mag, und wenn er unterliegt, so mögen die besiegten Deutschen zm^-en, was aus ihnen werden soll. Ehe Polen bei dem Streit um Oberschlesicn leer ausgehcn soll, lassen sie lieber Deutschland vollends zugrunde gehen. Herr DA Wirth und seine Regierung müssen Zusehen, ob sie auch dieser schwersten Heimsuchung noch Herr wc - den und dem Unwetter trotzen können, das sich über ihrem .«Haupt zusammcnzieht. Alle unterrichteten Stellen und Persönlichkeiten des politischen Berlins sehen die Lage cus sehr ernst an und man erkennt trotz des tiesen Schweigens, welches die Regierung, wie immer in solchen Fällen, über ihre Verhandlungen hreitet, daß sich schwere Entscheidun gen vorbereiten, von denen man vielleicht noch hofft, daß sie dazu beitragen könnten, schlimmste Nöte von unserem Vaterlande abzuwenden. * Rücktritt der Neichsregierrrng? In der Nachtsitzling des Kabinetts ist der Antrag einer sofortigen Demission der Regierung gestellt und er wogen worden, mit der Begründung, daß sich das Pro gramm und die Politik des Kabinetts Wirth nicht weiter durchführen ließe, wenn Oberschlesien Deutschland verloren ginge. Ein Beschluß ist nicht gefaßt worden, wohl aus der Erwägung heraus, daß er erst als notwendig und gerecht fertigt sich erwiese, wenn die Tatsache eines Verlustes des oüerschlesischen Industriegebietes fcfistehe. Eine neue Grenzlinie. Die Teilung Oberschlesiens beschlossen (?) Rach privaten Meldungen aus Genf, die noch der amtlichen Bestätigung bedürfen, aber leider sehr viel Wahrscheinlichkeit haben, soll nunmehr die Teilung Ober schlesiens ini Prinzip endgültig beschlossen sein. Der Völkerbundsrat sei vollkommen unabhängig zu Werke ge gangen und habe kein einziges der bisherigen Teilprojekte zur Grundlage seiner Beratungen gemacht. Aus der Kom missionssitzung wird eine Teilungslinie hervorgehen, die sowohl für Deutschland wie Polen gegenüber den bisheri gen Kompromißlösungen eine Konzession bedeuten soll. (!) Der Kreis Tar n owiy wird voraussichtlich deutsch bleiben. Politische Gesichtspunkte sollen bei der Entschei dung, so erklärt man, gänzlich ausgeschieden sein. Um den Übergang zu den neuen wirtschaftlichen Ver hältnissen möglich zu machen, werde ein Übergangsregime unter interalliierter Verwaltung geschaffen werden, das den Warenverkehr über die neue Grenze und die Valuta regulierung überwachen soll. Zu diesem Zweck haben die Alliierten in der Botschafterkoufereuz entsprechende mili tärische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Abstimmungsgebiete getroffen. Der Völkerüundsrat wird noch die Einzelheiten seines Lösungsvorschlages, der im wesentlichen noch wirtschaftliche Gesichtspunkte umfaßt, festlegen. Dann wird der Eniwnrf der Botschasterkon- ferenz übermittelt, an deren Zustimmung nicht gezweifelt wird. Die Botschafterkonferenz wird am Freitag die Ent scheidung der deutschen und polnischen Negierung über mitteln und Sonnabend soll in Paris und Genf oleich- zeitig die Veröffentlichung erfolgen. 1° Englische Bedenken. Der diplomatische Berichterstatter des „Daily Chronicle" schreibt zu den Meldungen über die geplante Teilung Ober schlestens: Es brauche kaum gesagt zu werden, daß eine solche Lösung vom britischen Standpunkt nicht als befriedi gens angesehen werden könnte. Einfach aus dem Grunde, weil sic nach britischer Ansicht mit einer dauernden Stabilität jener schwierigen und gefährlichen Ecke Mitteleuropas nicht ver einbar sein würde. Sollte es die formelle Entscheidung des Völkerbundes sein, so werde England sie annchmen müssen. England habe sich gebunden und könne keine Einwände er heben. Das künftige Ansehen des Völkerbundes als schieds richterliche Körperschaft hänge in hohem Maße von der Güte der Entscheidung ab, die in Fragen dieser Art gefällt werde. OöerfchlH'eus LevensaSer. Der Oderweg nach Schweden. In einer Unterredung mit einem schwedischen Jour nalisten äußerte sich der preußische Handelsminister Fisch beck über die Zukunft der zwischen Oberschlesien und Schweden seit altersher bestehenden Handelsverbindungen, für die die bevorstehende Entscheidung in Genf von ein schneidender Bedeutung sein wird. Er sagte u. a.: Die einzig mögliche Wasserstraße für den Kohlenabsatz und die Erzvcrsorgung Obcrschlcsiens ist die Oder. Zur Aus nutzung der Oder als Schiffahrtsweg waren weitgehende Nc- gulicrungsarbciteu nötig, für welche der preußische Staat und die oberschlesische Industrie erhebliche finanzielle Opfer ge bracht haben. Wichtigstes Frachtgut auf der Oder sind neben Kohlen die überseeischen, in der Hauptsache schwedische Eisenerze, welche den relativ größten Teil der in Oberschlesicn verhütte ten Schmclzmaterialien ausmachen. Die beiden Odcrhüsen Oppeln und vor allem Cosel, dessen Verladeanlagcn erst Por kurzem für einen Tagesumschlag von 20 000 Tonnen Kohlen ausgcbaut worden sind, vermitteln fast ausschließlich den Schifsahrtsverkehr mit dem Jndustricbczirk. Beide Häfen wer den nach allen bisher bekannt gewordenen Teiluugsvorschlägeu unbestritten bei Deutschland verbleiben. Würde durch eine Tei lung OLcrschlesicns der Oder eine beträchtliche Menge iw ec Transporte entzogen werden, so müßten ihre weitere Rc > lierung, die im Oberlauf noch aussteht, sowie der geplante Ist s- bau des Klodnitz-Kanals zum Großfchisfahrtswcge unterblei ben. Die Unterhaltung der Wasserstraßen würde bei eine n. geringen Verkehr vernachlässigt werden und die Oder sehr rasch versanden, besonders falls Polen den Versuch macht, den haupt sächlichsten Verkehr auf die Weichsel abzulenken. Eine solche Ablenkung erscheint aber zurzeit überhaupt un durchführbar. Es ist ausgeschlossen, daß die Weichsel in abseh barer Zeit so ausgebaut werden kann, daß sie Schiffen von 400 bis 600 Tonnen Tragfähigkeit eine durchgehende Fahrt ge stattet. Die Transportkosten auf der Weichsel würden eine Höhe erreichen, die die Benutzung dieses Weges unwirtschaft lich erscheinen lassen würde. Die engen wirtschaftlichen Beziehungen, die bisher zwischen Oberschlesicn und Schweden bestanden haben, können deshalb nur aufrecht erhalten werden auf dem Wege über die Oder und nur, wenn der obcrschlesische Jndustricbczirk ungeteilt bei Deutschland verbleibt. Jeder, der mit den wirtschaftlichen Ver hältnissen Oberschlestens vertraut ist, wird zugeben, daß eine andere Lösung dieser Lchisfahrtsfragc undenkbar ist. poUMebe KunMebaa. Vom früheren deutschen Kronprinzen. Ein holländischer Journalist hatte aus Wieringen eine Unterredung mit dem ehemaligen deuttwen Kronprinzen, wobei dieser u. a. erklärte: „Ausschließlich aus pekuniären Gründen gedenke ich bis auf weiteres auf Wieringen zu bleiben. Natürlich würde ich lieber auf dem Lande wohnen, aber der Stand der deutschen Valuta und auch die Wohnungsnot halten micki davon zurück. Aus den selben Gründen besuchen mich meine Frau und die Kinder einmal im Jahre. Ich werde so lange in Holland bleiben, bis ich die feste Überzeugung gewonnen habe, daß meine Rückkehr keine schädlichen Folgen in Deutschland haben kann. Bis heute habe ich noch mit niemand gesprochen, der mir hätte sagen können, wann ich als Bürger in meinem Vatcrlandc leben könnte, um mich der Erziehung meiner Kinder zu widmen." Japan X Japan rüstet weiter. Das Kriegsministerium hat be schlossen, daß ein Heer von mindestens 21 Divisionen, un gefähr 290 000 Mann, für die Zukunft erforderlich sci. Falls aber die Washingtoner Konferenz eine größere Ab rüstung aller Landmächte erziele, werde Japan sich an- schlicßen. Der Üderdreadnougth „Nutsu", 33 800 Tonnen groß, wird im Dezember sertiggestellt werden. Außer dem werden vier Schlachtschisse und vier Kreuzer gebaut. Aus Zn- und Aus ana. München. Die Verhaftung des steckbrieflich verfolgen Arztes Dr. Schiele erfolgte durch bayerische Grenzpolizei, als Schiele versuchte, die Grenze nach Österreich zu überschrei ten. über seinen bisherigen Aufenthaltsort verweigert der Verhaftete jede Auskunft.