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Wilsdruffer Tageblatt : 13.09.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192109131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19210913
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19210913
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-09
- Tag 1921-09-13
-
Monat
1921-09
-
Jahr
1921
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 13.09.1921
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dacht, Deutschland um sein Recht zu bringen. Ledebour sagt darüber: Als nun wider Erwarten der Entente-Staatsmänner die Abstimmung für ganz Oberschlesien eine Dreifünstelmehrhcit zugunsten Deutschlands ergab, hätte die korrekte Anwendung der Leitgedanken des Friedeasvertrages nunmehr auch die Entente-Staatsmänner zwingen müssen, ganz Ob er sch le- sien an Deutschland zu überweisen. Da die Fran- zosen in Übereinstimmung mit ihren polnischen Bundesge nossen sich gegen eine solche loyale Durchführung der von ihnen selbst formulierten Friedensbedingungen sträubten, wurde die Entscheidung verschleppt. Die Franzosen selbst und die Polen verlangten nunmehr trotz der Abstimmung und trotz des Friedensvertrages die Zerreißung Öber> schlesiens ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Zusam menhänge des gerade in den westlichen Landesteilen gelege nen Industriegebietes. Das unerquickliche Schauspiel, das der Zank nm die verschiedenen Teilungslinien bietet, ist ein neuer Beweis dafür, das; den imperialistischen Staatsmännern das Recht, auch das von ihnen selbst geschaffene Recht, nur Deck mantel ist für die Betätigung ihrer Machtgelüste. Der Völker bund indes, der in der Mehrheit seiner Mitglieder nicht direkt interessiert ist an der Ländcrverteilung in Oberschlesien, wird nun in nächster Zeit den Beweis abzulegen haben, ob er das durch den Friedensvertrag selbst geschaffene Recht zur Geltung bringen will. In deutlichen und verständlichen Worten wird hier gesagt, was jedem nicht voreingenommenen Beobachter der Ereignisse seit langem klar ist. Als die Abstimmung günstig für Deutschland ausfiel, wurde das Recht gebeugt ohne Rücksicht auf gegebene Worte und Sinn des Friedensver trages. Ob sich endlich einmal ein Ehrlicher im Entente lager finden wird, der das zugibt? politische Rundschau. Deutsches Heich. Die Erfassung der Goldwerte. Rach Mitteilungen von angeblich unterrichteten Krei sen wird die Frage der steuerlichen Erfassung der Sach werte in vertraulichen Beratungen der Ressorts weiter ge prüft. Das Reichskabinett als solches hat sich noch nicht erneut mit dieser Seite der Steuerfrage befaßt und noch keinerlei Entscheidungen getroffen. Eine Beratung der Steuervorlagen sei unmöglich, verlautet aus sozialdemo kratischen leitenden Kreisen, ehe die grundsätzliche Frage der Erfassung der Goldwerte entschieden. Der bevorstehende sozialdemokratische Parteitag in Görlitz werde sich ver mutlich auf den gleichen Standpunkt stellen. Genehmigung der Kohlenpreiserhöhung. In Berlin beriet man über abermalige Erhöhung der Kohlenpreise. Es wurde beschlossen, die Lohnerhöhung der letzten Zeit durch eine entsprechende Preiserhöhung in den einzelnen Steinkohlen- und Braunköhlenrevieren wettzumachen. Die Preiserhöhung für das rheinisch-west fälische Kohlenrevier wird demgemäß ab 1. September 1921 21 Mark je Tonne ausschließlich der Steuern betragen. Der Beschluß erfolgte einstimmig, und eine Beanstandung durch die zuständigen Regierungsstellen fand nicht statt. Die militärischen „Sanktionen" am Rhein. In einer Besprechung der Völkerbundsberatungen lenkt das englische Blatt „Times" die Aufmerksamkeit aus den Vorschlag Curzons auf der letzten Konferenz des Obersten Rates, die militärischen Sanktionen aufzu he- ben, und zwar auf feine Erklärung, daß er auf der näch sten Konferenz des Nates die Aufhebung der Sanktionen amtlich beantragen werde, wenn Briand es nicht selbst tue. Französischer Eingriff in deutsche Rechte. Die Duisburger Stadtverwaltung erhielt eine Ver fügung der französischen Ortsdelegierten, nach welcher der französische Oberkommandierende des Brückenkopfes Duis burg anordnet, daß von jetzt ab alle Beamten, die neu er nannt werden, aus dem besetzten Gebiet der rheinischen Provinz kommen müssen. Abgesehen von ganz besonderen einzelnen Fällen werden in dem Brückenkopf nur noch Er nennungen, Versetzungen, Beförderungen usw. von Beam ten, die aus dieser Gegend stammen, bestätigt werden. — Das bedeutet einen durch nichts zu rechtfertigenden Ein bruch in die Rechte der deutschen Verwaltung. Die Französierung des Saargebiets. Der Protest der deutschen Regierung gegen die Maß nahmen der Franzosen gegen die methodische Abschnürung des Saargebietes vom Reiche wird durch eine neue Maß nahme der jetzigen Gewalthaber grell illustriert. Eine Ver ordnung erklärt die Speyerer Polizeimannschaft für abge- fetzt, da sie unfähig sei, Ruhe und Ordnung aufrechtzuer halten. Die Polizeigewalt geht ab 8. September auf die Besatzungstruppen über. Nach den geflohenen deutschen Polizisten wird gefahndet, um sie den französi schen Besatzungsbehörden zur Verfügung zu stellen. Zurücknahme belgischer Truppen vom Rhein. Die 12 000 Mann belgischer Truppen, die sich seit der Londoner Konferenz im besetzten Gebiet in Deutschland befanden und für die Besetzung des Ruhrgebietes bestimmt waren, prüden am 15. September nach Belgien zurück kehren. Als Grund wird angegeben, die Deutschen be gännen ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Katholikenvereinigung für Europa? Aus Rom wird gemeldet, daß Starto, der politische Sekretär der Volkspartei, und drei Abgeordnete der Volks partei sich nach Deutschland begeben, um, wie die Zeitun gen erklären, mit führenden Persönlichkeiten des deutschen katholischen Zentrums über ein internationales Abkom men unter den Katholiken Europas zu verhandeln. Zu dem gleichen Zweck werden sich dann Starto und seine Freunde auf ihrer Rückreise in die Tschechoslowakei, nach Ungarn und Österreich begeben. Freistaat Danzig. X Entscheidung über das Kriegsluftfahrtgerät. Die Botschafterkonferenz hat eine Entscheidung über das nach dem Friedensvertrag in das Eigentum der alliierten und assoziierten Hauptmächte übergegangene, zurzeit in Danzig befindliche ehemalige Kriegsluftfahrtgerät gefällt. 18 der alten Flugzeuge, die bereits frcigegcüen wurden, können ihre Flüge wieder aufnehmen. Alles übrige Kriegsluft fahrtgerät muß indessen zerstört werden, über das in Danzig befindliche Zivilluftsahrtgerät schweben noch Ver handlungen. Großbritannien. X Ein weißer Nabe. Daß ein englischer Lord durch eigenes Nachdenken zu der Auffassung kommen könnte, daß der Versailler Friedensvertrag so herzlich schlecht ist, daß man ihn eigentlich aufheben müßte, das dürfte Wohl zu den Kuriositäten der neuen Politik zu rechnen sein. Der englische Lord Bryce kann diesen Ruhm für sich in An spruch nehmen. Er hatte kürzlich erklärt, Italien hätte eigentlich Süd-Tirol nicht annektieren dürfen, weil es da durch das Nationalitätenprinzip verletzt habe. Der italie nische Senatspräsident Tittoni hat daraus geantwortet, daß der ganze Vertrag von Versailles eine Kette von Ver stößen gegen das Nattonalitätenprinzip sei, worauf Lord Bryce die ganz richtige Antwort gab: Wenn die Auffassung Titwiüs von den übrigen Verbündeten geteilt würde, so bleibe nur eine einzige Möglichkeit übrig, den Versailler Vertrag sobald wie möglich aufzuheben und an seins Stelle einen neuen zu setzen, der allen Nationalitäten ihr Recht zurückgibt und sie ihrem Mutterlande wieder zuführt. Aus Zn- und Ausland. Berlin. "Der Reichspräsident ist gebeten worden, alle Kaufleute zu amnestieren, gegen die noch Strafverfahren wegen Vergehens gegen Zwangswirtschaft und Kriegsverord nungen schweben. Berlin. Die Reichsregierung hat bestimmt, daß die erhöh ten Teuerungszuschüsse den Offizieren und Beamten nunmehr beschleunigt auszuzahlen sind. Berlin. Die Deutschnationale Fraktion richtet eine An irage an die Reichsregierung, wie sie den Gewalttaten gegen r e ch t s p o l i t i sch e Versammlungen entgegenzutreien gedenke. London. Wie aus Dublin verlautet, sind etwa 50 der in Turrqgh internierten Sinnseincr durch einen unterirdischen Gang ans den, Lager c n r w > ch e n. Madrid. Die Lage der Spanier in Marokko soll sich immer schwieriger gestalten. Ihre übriggeblicbenen Maun- schaften verteidigen sich mühsam gegen die Marokkaner. Das Tor des Lebens. Roman von Anny Wothe. Copvriekt 1910 bv ^nnv VVotks, üeiyrig. Sie wollte noch ein begütigendes Wort sagen, aber die Kleine war schon, unter Zurücklassung ihrer neuen Puppe, ge folgt von dem schreienden, kleinen Jungen, aus der Halle ge flüchtet. „Da haben wir uns ja was Schönes eingebrockt," grollte Sibo. „Na, es war ja überhaupt Wahnsinn, ein fremdes Kind, von besten Herkunft man gar keine Ahnung hat, hier einfach ins Haus zu pflanzen; aber Heinrike war ja ganz närrisch auf den Balg. Wirst Du es glauben, Rolf, daß sie behauptet, Ir- mele sähe mit sogar ähnlich, und sie hätte den kleinen Fratz mit dem störrischen Sinn darum doppelt lieb?" Rolf Bandener, der am Kamin lehnte und schweigend den ganzen Auftritt verfolgt hatte, nahm dankend den Tee aus Heinrikes bebenden Händen entgegen und sagte lächelnd: „Daß es nicht ganz leicht ist, Kinder zu erziehen, das werdet ihr ja noch an eurem Jungen selber erfahren. Aber ein fremdes Kind nach unseren eigenen Wünschen und Prinzipien um- modeln zu wollen, ist eigentlich immer ein Gewaltakt. Du soll test die störrische, kleine Mädchenseele, die auch vielleicht nur scheu ist, nicht zwingen, Sibo, sich Dir zuzuneigen, wenn sie es nicht freiwillig tut." „Na, erlaube mal, für mein Geld werde ich doch wohl noch verlangen können, daß so'n hergelaufenes kleines Ding sich anständig benimmt! Man hat sich da was aufgehalst, das man nie wieder loswerden kann, und das sich vielleicht zu einer Plage für uns entwickelt, vor der mir graut." Heinrike errötete vor Scham über die letzten Worte ihres Mannes. Ihre Augen sahen flehend zu Doktor Bandener hin über, der ihr mit seinen guten, frommen Augen beruhigend zulächelte. „Es war ein eigener, innerlicher Zwang, der mich veran laßte," fuhr sie, zu Bandener gewandt, fort, „gerade dieses Kind in unser Haus zu nehmen. Sie glauben gar nicht, wie reizend Irmele sein kann. Jobst, der immer so still war ohne Gespielin, ist schon ganz aufgelebt. Sie sollten nur sehen, wie mütterlich lieb sie für unseren Jungen sorgt, wie sie ihn hütet und wie sie mit ihm herumtollt. Daß sie unartig zu Sibo ist, kann ich leider nicht leugnen; aber Kinder haben ein feines Empfinden für Menschen, die es gut mit ihnen meinen." „Na, zum Donnerwetter, soll ich's denn noch bester mit diesem Bettelkind meinen?" rief Sibo aufgebracht, sich hastig eine Zigarette anzündend. „Ich habe es jetzt wirklich satt. Adieu Rolf! Latz Dir von Heinrike man hübsch vorklagen, was ich für ein Barbar bin, das versteht sie ja meisterhaft." Rolf hatte eine heftige Entgegnung auf den Lippen, aber ein bittender Blick Heinrikes lietz ihn verstummen. „Ich kann nicht lange bleiben," gab er kühl zurück. „Wir erwarten noch heute abend ein paar neue Patienten, da muh ich zur Stelle sein." „Euer Ausschank scheint ja flott zu gehen," höhnte Sibo lachend, schon an der Tür. „Na, Glück zu, schönste Frau!" ries er Heinrike zu, seine Fingerspitzen küssend. „Ich bleibe doch und immer euer Sklave!" Heinrike sank, als Sibo die Halle verlasten, wie vernichtet in einen Sessel. * Beide Hände schlug sie vor ihr Antlitz, und einen leisen Seufzer konnte sie nicht unterdrücken. Rolf Bandener stand, die Lippen fest zusammengekniffen, die Hände geballt, unbeweglich am Kamin und blickte auf die Frau, die für ihn unerreichbar war und die er so qualvoll leiden sah. Am liebsten wäre er ihr zu Fützen gestürzt und hätte sie wild in seine Arme gerissen, ihr alles Leid von der Seele zu küssen, aber er durste nicht, er mutzte weiter dulden und schweigen. „Verzeihen Sie, lieber Freund/ nahm Heinrike, sich auf raffend, mit schmerzlichem Lächeln das Wort, „datz ich mich wieder so gehen lietz. Sie wissen ja, wie töricht ich oft bin, und Sie kennen ja am besten meine Angst und meine Sorge." „Sie nehmen das Leben zu schwer, Frau Heinrike, ich habe es Ihnen ja oft gesagt. Ich glaube wirklich, Sie tun Sibo ost unrecht. Er hat sich doch wirklich autzerordentlich bewährt. Er ist tüchtig, fleitzig, er hat es zu etwas gebracht, und er ist ge- wiffermatzen in der Geschäftswelt, wenn es gilt, neue Trans aktionen zu. machen, als ein Genie bekannt. Seine ganze inner liche Art kann er natürlich nicht ablegen, aber das kann Sie doch nicht so unglücklich machen. Sie kannten ihn ja, und was er in der Jugendzeit aus Leichtsinn gesündigt, das haben Sie und wir alle ihm ja längst verziehen. Denken Sie nur, liebe, verehrte Freundin, wie viele junge Leute im Iugendübermut irgend eine Dummheit, eine Schlechtigkeit begehen, die, wenn sie bekannt wird, dem Uebeltäter für sein ganzes Leben einen Makel auf drückt. Hätte man zurzeit den jugendlichen Verbrecher bestraft, so wäre er für das ganze Leben verloren gewesen, während man sa Tausende von Fällen hat, datz junge Leute, die in der Iu- Zur Geschichte des Waffenstillstandes Der Streit um Erzbergerund Ludendorff. Noch bis in die jüngste Zeit hat die Erörterung der Frage nicht geruht, warum die Waffenstillstandsverhand- lungen vom November 1918 von Erzberger und nicht von einem General der deutschen Armee geführt worden sind. Die ganze Frage wurde zum Gegenstand des leidenschaft lichsten Parteikampfes gemacht, da die Freunde Erzbergers erklärten, dieser sei mutig und opferwillig in die Bresche gesprungen, nachdem die für den Zusammenbruch verant wortlichen Generale dieser schweren Ausgabe ausgewichen wären. Erzbergers Feinde dagegen behaupteten, der da malige Minister im Kabinett des Prinzen Max habe sich zu diesen Verhandlungen gedrängt und habe die militäri schen Führer, die vielleicht ein besseres Ergebnis erzielt hätten, beiseite geschoben. In diesen nach dem Tode Erzbergers in seiner politi schen Bedeutung stark herabgesetzten Streit der Meinungen bringt jetzt eine Veröffentlichung des Oberstleutnants Duesterberg, des ehemaligen Bevollmächtigten des preußischen Kriegsministers bei den Waffenstillstawdsvrr- handlungen, einige neue Gesichtspunkte, wenn auch noch keineswegs volle Klarheit. Duesterberg stellt fest: Die Oberste Heeresleitung hat schon Anfang Oktober 1918 eine Waffenstillstandskommission aus militärischen und politi schen Sachverständigen zusammengesetzt und diese nach Spa einbcrufen. An der Spitze dieser Waffenstillstands-Kommission stand ein Armeesührer, der General der Infanterie von Gün - oell. Er galt als eine der geeignetsten Persönlichkeiten, nm die Wafscnstillstandsverhandlungen zu leiten. Diese Waffen stillstandskommission, der als politischer Mitarbeiter der da malige Staatssekretär von Hinze zugeteilt war, hat im Ok tober 1918 in verschiedenen Sitzungen im Hauptquartier ge nau die militärischen und politischen Richtlinien für die kom menden Verhandlungen festgelegt. Während einer derartigen Sitzung am 5. oder 6. November erschien in Spa unerwartet der Minister Erzberger mit einem Ausweis der neuen Re gierung, daß er zum Leiter der Waffenstillstandsverhandlun gen ernannt worden wäre. Der General von Gündell mußte hierauf sofort sein Amt niederlegen. An Stelle des Staatssekretärs von Hinze trat der gleichzeitig eingetroffene bisherige Gesandte in Sofia Gras Oberndorfs. General Lu dendorff konnte an den Waff^rstillstandsverhandlungen nicht mehr teilnehmen, da er Mitte Oktober seiner Stellung enthoben und durch den General Gröner ersetzt worden war. Durch diese Feststellungen wird der Kernpunkt der Frage noch gar nicht berührt, nämlich aus welchen Grün den Erzberger vom Kabinett des Prinzen Max nach Spa entsandt wurde, nm dort in der von Duesterberg geschilder ten Weise die Leitung der Verhandlungen zu übernehmen. Darüber könnten wohl nur die früheren Mitglieder dieses Kabinetts Auskunst geben. Im übrigen aber erscheint es wichtiger, daß die politische Diskussion in Deutschland sich mit unseren Zukunftsaufgaben als mit den bitteren Er innerungen aus der schweren Zeit des Zusammenbruchs beschäftigt. Korischniie der deutschen Lufifahri. Neuer Segler-Rekord. München, 8. September. Aus der Tagung der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt, die in München stattfand, hielt der bekannte Flugzeugbauer Geheimrat Schütte aus Mannheim eine bedeutsame Rede. Er erinnerte an die Worte, die Hebel in den Freiheitskriegen des vorigen Jahrhunderts nieder geschrieben: „Es wäre möglich, daß der Deutsche einmal von der Welt verschwindet, denn er besitze Wohl Eigen schaften, die ihm den Himmel erwerben, aber nicht die Liebe der andern Nationen, die ihn hassen. Wenn er ein mal aber dauernd verdrängt würde, dann würde ein Zu stand entstehen, datz die andern den Deutschen wieder mit Nägeln aus der Erde kratzen wollten." In der Tat drohen uns solche Zustände, aber nicht nur von außen, sondern auch von innen. Die Deutschen können aber nicht unter- gehcn, wenn sie unter sich einig bleiben. Diese Einigkeit müssen wir vor allem erstreben. Wir wollen nicht ver zagen; ein starkes Volk verzagt nie. Wir wollen einig und treu sein. Die nächste Jahresversammlung wird in Bremen ab- gend gefehlt, nicht nur sehr nützliche und brauchbare Mitglieder der Gesellschaft, sondern sogar Zierden ihres Standes geworden find, sind weil es so ist, darum darf Sie auch die Furcht nicht immer peinigen, datz Sibo in seine alten Fehler zurückfallen könnte. Sibo ist leichtsinnig, aber er hat doch einen guten Fonds, und ich möchte meine Hand für ihn ins Feuer legen, datz er gut und brav geworden ist und datz er Sie lieb hat, so recht aus Herzensgrund, wie Sie es verdienen." „Wie gut Sie sind, lieber Doktor," lächelte Heinrike zu dem alten Freunde aus. „Wie ost haben Sie mich schon ge tröstet, wenn ich verzagen wollte. Sie haben recht, ich bin un dankbar gegen das Schicksal, das mich in aller Not doch noch so glücklich geführt hat. Doch nun kommen Sie her, lasten Sie uns noch ein wenig plaudern. Es ist so gemütlich drinnen, wenn der Herbststurm ums Haus fegt. Hören Sie ihn? Fast unheimlich wütet er. Hier, nehmen Sie noch eine Taste Tee und eine Zigarette. Brennt sie? So, und nun erzählen Sie mir von Ihren Patienten, von Ihrem Neubau. Wie weit sind Sie vorgeschritten? Kann man bald etwas sehen? Ich brenne darauf." Rolf Bandener gab getreulich Bescheid, und Heinrike hörte mit Teilnahme zu. Da war nicht das geringste an dem, was ihn interessierte, das sie autzer acht lietz. Und dann sprachen sie, wie so oft in stillen Abendstunden, über Musik und Kunst, und Hein rike lauschte der weichen, tiefen Stimme. Eine blaue Stunde war's, die Rolf und Heinrike am Ka min verplauderten, eine blaue Stunde, von der die Dichter träumen und singen, die lange noch im Gemüt durchzittert und tausend Wunderblumen treibt. Die hohen, weitzen Chrysanthemen am Kamin neigten ihre blassen Blumengesichter jetzt wie gesenkte Fackeln hernieder, und glutrot knisterten die Flammen. Da sprang Rolf erschreckt auf, um hastig Abschied zu nehmen. Schwül dünkte es ihm in der Halle, fast zum Ersticken. Als aber Heinrikes Augen so wunderbar in ihrem gol denen Glanz den seinen begegneten, da kützte er wie abbittend zum Abschied ihre weitzen Hände und ein fast frohes Lächeln sonnte sein hageres Gesicht. Er war reich und glücklich in Heinrikes Freundschaft. Mehr wollte er nicht. Und mit ^er tiefen, inneren Freudigkeit trat er hinaus in die herbstlÜM Nacht. Wildwogen»; brauste der Rhein und Sturmwolken fegten am nächtlichen Himmel daher.
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