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Belgien. X Diplomatksche Skandalgcschichten. Vor einigen Tagen verhaftete die Polizei in Brüssel eine Dame, die dort unter dem Namen de Kramer abgestiegen war, in Wahrheit aber eine deutsche Gesangskünstlerin namens Franziska Pe- low war, die während des Krieges in der Schweiz wegen Spionage verurteilt worden war. Vor dem Untersuchungs richter gab Franziska Pelow an, daß sie seit zwei Jahren ein Verhältnis mit einem hervorragenden Beamten der belgischen Gesandtschaft in Stockholm namens Bo VH unterhalten habe. Auf dem Paß hatte dieser Frau Pelow als belgische Staatsangehörige bezeichnet und angegeben, daß sie aus Australien komme. Bovy habe auch im Kriege mit Deutschen Geschäfte gemacht, z. B. die Versendung von verbotenen Gegenständen auf diplomatischem Wege, Aus stellung von gefälschten Pässen usw. Darauf wurde auch Bovy verhaftet. In manchen Kreisen glaubt man indessen, daß es sich um einen einfachen Racheakt handelt. Ungarn. X Das Ende einer Eintagsrepublik. Die kurze Herr lichkeit der ungarischen Republik von Baranya gehört an scheinend bereits der Geschichte an. Die Ungarn rücken überall vor und besetzen die Gebiete, die bisher auf Grund des Friedensvertrages von südslawischen Truppen gehal ten wurden. Auch in Fünfkirchen, dem Mittelpunkt der neuen Republik, das sich nicht unter die ungarische Herrschaft beugen wollte, sondern den Schutz der Entente und der Belgrader Regierung angerufen hatte, ist jetzt un garische Gendarmerie eingerückt. Zuqoslavien. X Ein Erzherzog verhaftet. In Laibach wurde der Sohn des ehemaligen Erzherzogs Leopold Salvator, Rai ner von Habsburg, festgenommen. Er hatte einen fal schen Reisepaß auf den Namen eines gewesenen österreichi schen Offiziers Grafen Lerchenfeld. Der Erzherzog wollte nach Italien reisen. Wegen eines Konfliktes mit einem jugoslawischen Zollbeamten wurde sein Gepäck genau untersucht. Dabei wurden kompromittierende Schriftstücke gefunden, darunter Briefe des Fürsten Windischgrätz an den Exkaiser Karl. Windischgrätz bietet dem Exkaiser in diesen Briefen alle seine Besitzungen als Wohnort an. Deutsche Kulturarbeit in Afrika. Eine französische Anerkennung. Als Vorwand für die beispiellose Ungerechtigkeit, die dann lag, daß uns im Frieden von Versailles unser ganzer schöner deutscher Kolonialbesitz geraubt wurde, haben die Feinde bekanntlich immer die angebliche deutsche Unfähig keit zu kolonisieren, grausame Verwaltungsmethoden, mangelnde Fürsorge für die eingeborene Bevölkerung an geführt. Wie wenig diese Behauptungen mit den Tat sachen übereinstimmen, dafür gibt der französische Gesetzentwurf über die Nutzbarmachung der französischen Kolonien ein beredtes Zeugnis. Dort lesen wir bei der Besprechung von Togo: „Die Deutschen hatten tn Togo Schulen und Kranken häuser gebaut, welche gut eingerichtet waren und gegenwärtig vollkommen genügen. Die normalen etatsmäßigen Einnah men werden ausreichen, den guten Betrieb zu unterhalten; aus diesem Grunde wurden Umbauten von Schulen und Kranken- Häusern in dem vorliegenden Entwurs nicht vorgesehen.* Weiter heißt es über den Sanitätsdienst von Kamerun: „Das von den Deutschen in Kamerun eingerichtete ärzt liche Hilsswerk stand zweifellos aus bedeutender Höhe, sowohl hinsichtlich der sanitären Einrichtungen als auch des technischen Personals. Die Deutschen hatten große Opfer ge bracht, um den hauptsächlichsten Herd der Schlafkrankheit, die Region des oberen Nvong mit einem Vorbeugungsgürtel zu Versehen, indem die MögliOeit bestand, alle von dieser Krank heit befallenen Eingeborenen zu ersoffen und frühzeitig zu be handeln und die Seuche durch wirksame Absperrungsmaß- nabmen ru lokalisieren. In Avos. wo keine Tschatfeilieaen Das Tor des Lebens. Roman von Anny Woche. „Du mußt mir das Geld geben!" rief das Mädchen in höchster Verzweiflung. „Begreifst Du denn nicht, daß ich ver loren bin, wenn mein Vater merkt, daß die dreihundert Mark, die ich Dir gab, weil ich Deine Verzweiflung nicht mit ansehen konnte, in der Kaffe fehlen?" „Habe ich Dich vielleicht geheißen, Deinem Vater das Geld zu stehlen? Pfui, schäme Dich, Fränze, das ist gemein!" „Gemein?" rief das Mädchen empört. „Gemein?! Das wagst Du mir zu sagen? Warst Du es nicht, der mir diesen Ausweg, Dich zu retten, zeigte? Warst Du es nicht, der mir sagte, wenn ich Dir das Geld nicht schasste, würdest Du rele giert? O mein Gott," rief das Mädchen verzweifelt, „hilf mir doch! Mein Vater schlägt mich tot. Sei doch barmherzig, Sibo!" Ihre Stimme brach in einem wimmernden Laut. Wie ge brochen sank sie aus einen Stuhl und blickte in trostloser Ver- zweislung vor sich hin. Sibo stampfte wütend mit dem Fuße. „Zum Donnerwetter! Nun laß doch endlich mal das Ge winsel! Wie Du das mit dem Alten deichselst, ist Deine Sache. Den Kopf kann er Dir doch nicht abreißen. Ich weiß doch, daß Du mit der Kaffe Deines Alten sonst nach Gefallen schalten und walten kannst. Verdienst Du das Geld nicht so gut wie er-? Ist nicht, was sein ist, auch Dein?" Ein prüfender Blick flog zu der ganz in sich Zusammen gesunkenen hinüber. „Du meinst, ich könnte ruhig das Vertrauen, das mein Vater in mich setzt, mißbrauchen?" gab Fränze bitter zurück. „Fast könnte ich mich vor Dir fürchten, Sibo, so herzlos und schlecht erscheinst Du mir!" „Na, als Tugendbold habe ich mich ja mie aufgespielt. Aber jetzt vorwärts, mach ein Ende! Sobald ich das Geld habe, sollst Du es wiederbekommen. Mehr kannst Du doch nicht ver langen!" „Nein, mehr kann ich nicht verlangen," murmelte sie mit ganz erblaßten Lippen, „mehr nicht!" Und sich plötzlich aufrichtend, ries sie mit gellender Stimme: „Verräter, elender Verräter! Betrogen hast Du mich! Wie Du das Geld nahmst, hinterrücks und tückisch, so hast Du mir auch Ehre und Glück geraubt! Elend hast Du mich gemacht, grenzenlos elend. Und einst war ich gut und fromm!" schluchzte sie auf. „Keiner konnte der schwarzen Fränze im „Letzten Heller" etwas nachsagen, und mein Vater durste stolz auf sein Kind sein. Die Studenten, die in Scharen zu uns heraus kamen, behandelten mich voll Achtung und Freundschaft, und Vorkommen, hatten sie ein Lagex für Schlafkranke und ein La boratorium errichtet." Lügen haben kurze Beine! So müssen die Franzosen in ihren eigenen amtlichen Berichten jetzt eingestehen, daß sie uns mit jenen unwahren Behauptungen ebenso unrecht getan haben, wie mit dem Raub der Kolonien selbst. Man wird dieses Eingeständnis in Deutschland nicht vergessen und daran erinnern, wenn der Tag kommt, der uns wieder die Möglichkeit eigener kolonialer Betäti gung bringt. Sozialdemokratie und Steuern. Ablehnung des Wirthschen Programms. Die Generalversammlung des sozialdemokratischen Vereins Frankfurt a. M. faßte nach längerer Beratung eine Entschließung, in der das Steuerprogramm des Kabi netts Wirt für gänzlich ungeeignet erklärt wird, die die Bilanzierung des Etats erforderlichen Summen isq öunhohiN iIg roq pj UvZ usqsl jnzz -usöuirgnijno Kohlensteuer das Problem der Kohlensozialisierung erneut zu prüfen. Sei das Kabinett Wirth nicht imstande, eine den Interessen des Proletariats diende Steuerpolitik gegen die Steuerscheu der Besitzenden durchzusetzen, dann habe die Partei die Konsequenzen zu ziehen und ausderRe- gierung auszutreten. — Auch der Bezirksparteitag der Sozialdemokratischen Partei für die Provinz Branden burg erklärte, daß die von der Reichsregierung vorgeschla genen Steuern in dieser Art für die Sozialdemokratische Partei unannehmbar sind. Der Bezirksparteitag wünscht, im Falle des Festhaltens der Negierung an der Gesamtheit dieses Steuerprogramms, die Neuwahl des Reichstages. Die Zustimmung zu dem Finanzprogramm der Regierung müsse davon abhängig gemacht werden, daß es neben den unerläßlichen steuerlichen Belastungen eine scharfe Erfassung der Goldwerte aller Kapitalbesitzer Vor sicht. Oie Gporkbanken und ihre Gläubiger Die Folgen des Spekulationsfiebers. Der aufsehenerregende Zusammenbruch der Sport bank Köhn zieht immer weitere Kreise. In Berlin fanden zwei Massenverfammlungen statt, deren eine von den Gläubigern des Köhn-Konzerns, die andere von Tausenden von Mitgliedern des Klante-Konzerns besucht war. In der ersten wurde gewünscht, daß der be reits angesagte Konkurs möglichst noch vermieden werde, um einen größeren Teil der Einzahlungen zu retten. Gleich zeitig aber wurde die Regierung aufgefordert, alle Wettkonzerne zu schließen und zu untersagen. Lebhafter ging es in der andern Versammlung her, wo Klante selbst eine große Rede hielt, in der er ausschließlich dem Eingreifen der Finanzämter die Schuld am Zu sammenbruch der andern Sportbanken zuschob und von seinem eigenen Konzern behauptete, daß er auf der festesten Grundlage ruhe. Er habe einem Finanzrat, der ihn ver haften wollte, erklärt: „Klante lacht dazu" und habe ihm gesagt, er könne sich die 12 Millionen rückständige Steuern und Strafen vom Postscheckkonto abheben lassen (!) Außerdem habe er trotz der Bezahlung dieser Summe alle Dividenden am 1. und 15. August pünktlich erstattet und wolle jetzt eine eigene Bank sowie eine Likörfabrik und Kaffee- und Likörstuben einrichten, deren große Gewinne alle für die Allgemeinheit bestimmt seien. Er nannte seine Methode sogar eine Art von Sozialisierung. Für die Art, wie Klante mit seinem Publikum umgeht, ist es bezeich nend, daß er sich selbst bei seiner Rede unter lautem Beifall von seinen Eigenen Leuten mit großen Lorbeerkrünzen schmücken ließ. Man wird das Ergebnis des gegen Köhn eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens abzuwarten haben, um über die wahre Lage der Sportbanken, die in der Presse und vom Publikum teils heftig angegriffen, teils verteidigt werden, ein klares Bild zu gewinnen. Immerhin bleibt es ein manch einen der lockeren Brüder habe ich durch ein gutes Wort l aus den rechten Weg zurückgeführt. Da kamst Du mit Deiner ; schönen, leichtfertigen Fratze und Deinen süßen Schmeichelworten und ich — ich Unglückselige, ich glaubte und vertraute Dir. Aber was red ich denn? Ebensogut könnte ich den Steinen predigen. ; Sie können nicht gefühlloser sein als Du! Aber Du täuschst Dich, j wenn Du meinst, daß ich schweigend dulde. Meine Ehre ver lange ich von Dir und das Geld, das ich sür Dich nahm, um § Dich zu erretten!" „Schreie doch nicht so blödsinnig! Aus dem Buckel kann j ich mir das Geld nicht schneiden. Flunkere man dem Alten ein bißchen was vor, wenn er es merkt, denn den ganzen Winter hast Du doch oft nicht wenig schwindeln 'müssen, wenn Du an § mein Herz, in meine Arme eiltest. Hast Du das vergeßen, ! Fränze?" Er wollte das Mädchen zärtlich an sich ziehen, aber ener- j gisch stieß sie ihn zurück. „Elender!" knirschte sie zwischen den Zähnen, „könnte ich - Dir doch Deine schöne, heuchlerische Larve abreiben, könnte ich doch allen, die an Dich glauben, zeigen, wie erbärmlich Du bist, j und wie niedrig Du denkst!" i / „Nun ist es aber genug! Ich habe nicht Lust, mir noch ' länger Deine Frechheiten bieten zu lassen! Wenn Du noch ein einziges Mal wagst, hierherzukommen, so werde ich Deinem Vater sagen, daß er es Dir verbietet!" Die schwarzen Augen des Mädchens sunkelten in wildem Haß. „Morde mich doch lieber gleich!" rief sie voll Hohn. „Das wäre der beste Ausweg, Dich frei zu machen. Meinem Vater willst Du es sagen?" Sie lachte wie in wildem Triumph auf. ? „Du zeigst mir da einen herrlichen Weg. Wie wäre es denn, wenn ich zu Deinem Vater ginge, der ja jetzt hier ist und ihm sagte: „Dein Sohn hat mir versprochen, mich zu seiner Frau zu machen, aber er hat mich betrogen. Er hat mir nicht nur Ehre und Lebensglück gestohlen, sondern er hat mich auch verleitet, meinen eigenen Vater zu bestehlen — jawohl, zu bestehlen! — um Geld für seine kostspielige Lebensweise zu haben." Was i meinst Du, was dann sein würde?" „Mein Vater würde Dir zeigen, wo der Zimmermann das Loch gelaffen hat! Er hat wahrhaftig anderes zu tun, als sich s mit Leuten Deines Schlages aufzuhalten!" Fränze ballte drohend die Fäuste. Ihr ganzer Körper j bebte. Mühsam würgte sich ein Schluchzen herunter, dann sagte > sie stolz: - , „Leute meines Schlages stehen doch noch weit über einem ; so ehrlosen Wicht, wie Du einer bist." Und ehe sich Sibo wehren > konnte, hatte sie sich auf ihn gestürzt und ihm die bunte Schärpe i von der Brust gerissen. , bedenkliches Zeichen für die ungesunden Zustände in unserm Wirtschaftsleben, daß gerade so viele kleine Sparer üch in Spekulationen mit diesen Wettkonzernen eingelassen haben, deren versprochene Riesendividenden doch ganz naturgemäß ein außerordentliches Risiko in sich schließen, wobei noch gar kein Urteil darüber abgegeben werden soll, ob diese Konzerne immer mit ganz einwandfreien Mitteln gearbeitet haben. Auch ein Hamburger Wettkonzern aufgehoben. Der in Hamburg im Juli gegründete Wettkonzern „Hansa", der den Einzahlern 125 Prozent Dividende versprochen hatte, wurde von der Polizei aufgehoben und alles vorhandene Geld beschlagnahmt. Bis jetzt konnte nachgewiesen werden, daß 440 000 Mark eingezahlt worden sind. Von diesem Gelds konnten noch 310 000 Mark für die Einzahler gerettet werden. Verhastung des Inhabers des Turskvnzerns. Das Dresdner Polizeipräsidium teilt mit: Festgenommen und der Staatsanwaltschaft zugeführt wurde von der hiesigen Kriminalpolizei der Inhaber des Turskvnzerns, der Kausmann Emil Bachmann von hier, wegen Verdachts des Betrugs. Bach mann gründete vor etwa zwei Monaten den Turskonzern unter der Zusicherung, das Einlagekapital in vier Wochen mit 100 2L Gewinn zurückzuzahlen. Gegen 25 Millionen Mark sind dem Bachmann von den Einzahlern anvertraut worden. Am 19. August ist der Betrieb polizeilich geschlossen worden, da eine Unterbilanz von mehreren Millionen festgestellt wurde. Zur Sicherstellung der Einzahler wurden etwa 14 Millionen Mark in Bargeld und Bankguthaben, zwei Luxuskrastwagen und ver schiedene andere von den einzelnen Geldern angeschafste Wert gegenstände beschlagnahmt. Die Erörterungen über etwa von Bachmann beiseite geschaffte. Gelder sind noch im Gange. 55 Millionen Defizit des Köhn-Konzerns. Berlin. Bis Sonnabend früh waren in Berlin 112 Sport banken geschloffen worden. Im Köhn-Sportkonzern hat die Ueberprüfung ergeben, daß 60 Millionen Passiven nur reali sierbare Werte von 5 Millionen Mark gegenüberstehen und daß der Unternehmer Köhn sich selbst einen Iahresgehalt von 6 Mil lionen Mark bewilligt hatte. Der Hauptteil der Gelder ist ver schwunden, ohne daß irgendwelche größere Wetten bei den Pserderennen getätigt worden sind. Der Atlantic-Konzern veröffentlicht in der „Union", der größten Sportzeitung, eine Bekanntmachung, daß er von dem Eingreifen der Staatsanwalt schaft nicht betroffen worden ist, daß solide und reelle Ge schäftsführung sein Bestehen sichern. Der General-Vertreter eines Konzerns sagte, so wird uns geschrieben, bei einer Aus sprache, daß es sehr wünschenswert sei, daß die Polizei sich end lich einmal um die vielen Schwindel-Konzerns kümmerte und dieselben zumachte. Zwar hätten auch die andern alten Kon zerns darunter zu leiden, doch diese Zeit würde vorüber gehen und nachher würde es wohl nicht mehr möglich sein, daß jeder Schwindler einen Konzern eröffnen könnte. Die Sparkassen spüren bereits den Einfluß der Konzernwettsucht deutlich. Das statistische Landesamt für Sachsen weist bei seiner Veröffentlichung über den Verkehr bei den sächsischen Spar kassen im zweiten Vierteljahr 1921 darauf hin, daß der Rückgang der Einzahlungen um 18 Prozent und die Zunahme der Auszahlungen um 3,9 Prozent ge genüber dem ersten Vierteljahr 1921 zweifellos auf die Spekulationswut zurüüzusühren sei, wie sie auch in den Konzernen zutage trete. Amundsens gescheiterte polarfahrt. Drei Winter im Packeis. Dem Entdecker des Südpols scheint neuerdings das Glück nicht mehr hold zu sein. Nach den jüngsten, aus Amerika einaelaufenen Meldunaen, deren eine von Amund- „Runter mit den Farben!" ries sie außer sich. „Du hast ! nicht das Recht, sie zu tragen. O, daß ich kein Mann bin, um Dir auch den Degen zu zerbrechen, den Du Erbärmlicher ent weihst! Beim Konvent werde ich Dich verklagen! Ausstößen soll man Dich aus der Burschen Reihen! Ich —" Ein Schluchzen erstickte Fränzes Stimme, und unter Tränen brach sie zu Sibos Füßen haltlos zusammen. Bleich, mit zitternden Lippen, versuchte Sibo die zerrißene Schärpe wieder über die Brust zu legen. Seine Hände bebten, und seine Augen slackerten wie in ungeduldiger Angst zu dem Mädchen hernieder, das sich zu seinen Füßen in qualvollem Schluchzen wand. War denn die Person ganz närrisch geworden? Die konnte ihm ja mit ihrer Verrücktheit etwas Schönes einbrocken. Am liebsten hätte er ihr einen Fußtritt versetzt, aber gescheiter war es, einzulenken, denn wer wußte, wozu die Fränze noch alles fähig war! „Sei doch vernünftig, Fränze," schmeichelte er, sie vom Boden aushebend. „Sieh, eigentlich müßte ich Dir ja Todfeind schaft schwören, nach dem, was Du mir alles gesagt hast, aber ich halte es Deiner Erregtheit zugute, Kind. Ich weiß ja, Du bist mir gut, und nur die Angst vor Deinem Alten treibt Dich, so herzlos zu mir zu reden." Verstört sah Fränze zu ihm auf. Der weiche Ton seiner ! Stimme erschreckte sie fast. Sie strich mit der braunen Hand das schwere, wellige Haar von der erhitzten Stirn und entgeg- ' nete mühsam: „Das Geld, Sibo, das Geld! Ich muß das Geld haben! Ich überlebe die Schande nicht, wenn man mich eine Diebin > nennt!" „Du sollst es ja haben," lenkte Sibo ein, und hastig zu seinem Schreibtisch schreitend, entnahm er ihm ein kleines Käst- chen, das er öffnete und lächelnd Fränze entgegenhielt. Unwillkürlich trat das Mädchen einen Schritt zurück. Eine von Brillanten funkelnde, altmodisch gefaßte Brosche blinkte ihr entgegen. „Was ist das?" forschte sie ängstlich. „Wie kommst Du zu der Brosche?" „Familienbesitz, altes Familienerbstück. Wollte mich ja eigentlich nicht davon trennen, aber es ist vielleicht beßer so. Nimm das Ding und trage es aufs Versatzamt; Du mußt sehen, mindestens fünfhundert Mark dafür zu erhalten; es ist das Zehn fache wert. Im schlimmsten Falle kannst Du die Brosche auch verkaufen. Dreihundert Mark nimmst Du, um das Loch in der Kaße Deines Alten zuzuflicken, den Ueberschuß schickst Du mir, aber wohlverschloßen in einem versiegelten Brief. Na, bist Du nun mit mir zufrieden?" (Fortsetzung folgt.)