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uverau in allen Häsen, die der „Hindenburg" anlief, klar zutage. Die Nachricht, daß ein nach dem Kriege in Deutsch land nenerbauter 12 OOO-Tons-Dampfer ankommen würde, wurde für ein Märchen gehalten. Nun war das Märchen Wahrheit geworden. „Hindenburg" erntete uneingeschränk tes Lob. Als man in den Tunnelgang kam und die riesige, blitzende Schraubenwelle sah, meinte ein Regierungsver treter: „So etwas können die Deutschen schon wieder machen?" Der Heimat entgegen, von der man schon zwei Mo nate fort war, wurde Santos angelaufen. Hier wurde wieder ein Höhepunkt, wenn nicht der Glanzpunkt der Reise erreicht. Vom Süden lief „Hindenburg", vom Norden „Ludendorff" in den Hafen ein. Fast zu gleicher Zeit leg ten beide fest. In Riesenlettern war am Kai zu lesen: „Der oberste deutsche Generalstab — Hindenburg und Ludendorff — beisammen!" Der deutsche Klub hatte ein Fest veranstaltet. Die Riesenräume und Gärten waren überfüllt. Alles was deutsch war und deutsch fühlte, war zusammen. Über Rio und Bahia ging es direkt dem Heimathafen Hamburg zu. 11500 Tonnen kostbare Ladung, Millio nenwerte, und 17 Passagiere trug „Hindenburg" über den Ozean. Nach genau einem Vierteljahr legte das stolze Schiff am heimatlichen Ufer wieder an. Die kommende Mode. Der lange weite Rock und das Korsett. ' Trotz allem werden unsere Frauen Wohl so bald nicht aufhören, sich die Mode von Paris vorschreiben zu lassen. Der kurze fußsreie — sehr fußfreie — Rock hat nun lange Jahre vorgehalten, gemessen an der sonstigen Kurzlebigkeit der Moden. Es ist klar, daß etwas anderes kommen muß. Was wird es sein? In Paris laufen schon jetzt die „Mannequins", d. h. die Probier- und Reklamemamsells der großen Ateliers, mit den neuesten Schöpfungen herum. Sie erregen Ent setzen. Die untere Hälfte ihrer Weiblichkeit ist eingehüllt in einen breiten unförmigen Flausch, der von Seiden strümpfen und was drin steckt auch nicht ein bißchen mehr sehen läßt, und der in der oberen Gegend geradezu ver fänglich gefährlich erscheint! Schaudernd wenden sich die Herren ab, und die Damen erröten. Aber was will das sagen. Als man ihnen zuerst zumutete, ihre Waden sicht bar zu tragen, ist gewiß auch manche errötet. So geht es einmal bei Damenmoden. Nicht Vernunft oder Überlegung entscheidet, sondern die Freundin, die Schneiderin, das Vorbild. Fast staunt man, dann probiert es eine Mutige, und bald hat das neue Gewand die ganze Stadt erobert. Wer heute entrüstet die Lippen aufwarf, wird morgen be denklich, und übermorgen kann man doch nicht „zum Skan dal gehen", man muß doch die Mode mitmachen. Merkwürdig ist nur, wie große Sprünge die Mode zu machen liebt. Da gibt es kein Tasten, kein Probieren, kei nen Übergang. Von dem einen Extrem springt man flott ins andere. Hofsen wir, daß unsere Damen es nicht allzu schlimm machen. Noch leiden wir ja an starker Stoffknapp heit, und alles ist teuer. Wer kann, sollte uns ein wenig schonen, wir haben ja so schon Sorgen genug. Mit dem langen schweren Nock kommt auch das Kor sett wieder. Noch vor wenigen Wochen hat der große Poiret, der Pariser Modekönig, dem Korsett seinen Fluch nachgcschleudert. Jetzt feiert es eine feierliche Aufer stehung — wenn es das überhaupt nötig hatte. Wie uns die Schaufenster lehrten, falls wir es sonst nicht wußten, ist das Korsett überhaupt nie abgcschafft gewesen. Es wurde immer getragen, nur machte man es jetzt besser, so daß es beim Tragen nicht so auffiel. Bei den leichten Kleidern, die man bisher hatte, mochte manche Dame das Korsett auch gern entbehren. Kommen wieder schwerere Trachten zur Herrschaft, so ist das Korsett die selbstverständ liche und natürliche Ergänzung dazu. Die Gegnerschaft gegen das Korsett hat überhaupt stark nachgelassen. Man batte im Kampfe stark übertrieben und ganz vergessen, daß dieses Kleidungsstück auch seine guten Seiten hat. Es gibt sogar berühmte Ärzte, die das Korsett geradezu für ein ideales Stück unserer Frauenkleidung erklären. Die Frau ohne Korsett ist darauf angewiesen, die ganze Last der Kleidung entweder auf den Schultern zu tragen, wie der Mann, oder, wie es viele Arbeiterfrauen tun, sie in der Taille zu befestigen. Im ersten Fall treten leicht Rückenschmerzen ein, im zweiten wird eine einzige schmale Linie um den Leib herum beansprucht. Das leichtstarre Korsett dagegen verteilt den Druck des auf den Hüften ruhenden Gewichts über eine verhältnismäßig breite Fläche. Das wird um so angenehmer und wohltuender, je stärker dies Gewicht ist. Leichte Sommerkleidung mit wenig Unterzeug, oder Sportkleidung konnte das Korsett entbehren, der lange weite Nock mit dem entsprechenden Zubehör verlangt die Rückkehr zu diesem Möbel. Natür lich darf es nicht zu übermäßiger Schnürung mißbraucht werden, denn Gesundheit geht doch schließlich über die Mode, soll es wenigstens! L. E. Dresdner Brief. dp. Daß Dresden die größte sächsische Industriestadt ist, hat die letzte amtliche Statistik erwiesen. Die Bewohner von „Elb-Florenz", die ihr Dresden bisher nur als Kunststadt kannten und Chemnitz oder Leipzig für die Hauptorte der säch sischen Industrie hielten, haben es mit Staunen vernommen. Jetzt droht einem der Spezialzweige der Dresdner Industrie, der Z i g a r e t t e n - Fabrikation, ein schwerer Schlag durch die abermalige starke Verteuerung ihrer Produkte. Die Preise für Zigaretten klettern immer höher. Vom Oktober dieses Jahres . an wird jede Zigarette einen Steueraufschlag von einem bis zu mehreren Groschen, je nach der Preislage, erhalten. Diese An- ! kündigung wird auch von der Frauenwelt wie eine Hiobsbot schaft ausgenommen werden, denn die Dresdner Frau, man möchte fast sagen: jedes Standes, ist eine passionierte Zigaretten raucherin geworden. Das rührt zu einem großen Teil mit daher, daß viele Hunderte von Frauen und Mädchen in der Dresdner Zigarettenindustrie beschäftigt sind. Frauen und Zigaretten — das ist ein unerschöpfliches Kapitel. Die Zigarette gleicht genau In ihrem Wesen einer Frau. Ich selber zünd' mir keine an, Weil ich sie nicht vertragen kann. Doch weil aufs schönere Geschlecht Ich mich verstehe gar nicht schlecht, Will ich den unerfahr'nen Leuten Jetzt den Vergleich ein wenig deuten: Die Zigarette, wie bekannt, Gerät sehr leicht und schnell in Brand. Und mit den Frau'n ist's ebenso: Sie brennen auch gleich lichterloh! Doch wie an Zigarettenglut Man höchstens zwanzig Züge tut, Sv geht auch Frauenlieb behende Nach kurzem Glühen oft zu Ende ... Die Zigarette hüllt mit Fleiß Der Fabrikant in duftig' Weiß. Und diese Farbe ist bei Frau'n Auch sehr ätherisch anzuschau'n. Die Zigarette — das weißt du — Ist weder oben noch unten zu ... Und Frauen geh'n, 'weil's fehlt an Stoffen, Auch oben und unten jetzt — sehr „offen"! Das Mundstück einer Zigarett' Ist appetitlich stets und nett! Bisweilen glänzt es golden gar — Und bei den Frauen ist fürwahr Das Mundstück auch ein Hochgenuß Beim Plaudern, Lachen und beim Kuß, Entschuldigung sagen, aber sie wendete sich ab und verlieh lang amen Schrittes das Zimmer. In ihm regte sich das Gefühl, daß er ihr nachgehen müßte: aber dort auf dem Schreibtisch lagen schon wieder die Bogen bereit, die beschrieben werden wollten. Diese Arbeit war für ihn augenblicklich der Inbegriff des Lebens, und plötzlich stieg in ihm die ärgerliche Frage auf: Warum kann sie nicht zufrieden sein mit dem Los, das ihr geworden ist? Er hatte ihr weder feurige Liebes-Erklärungen noch -Beteuerungen gemacht. Weshalb nun solche Szene? Er nahm den Platz am Schreibtisch ein, vertiefte sich m seine Arbeit, und bald hatte er, wie so oft, völlig ver gessen, daß neben ihm sein Weib lebte, die Frau, der er am Altar Liebe und Treue geschworen hatte bis zum Tode, und deren inneres Leben ihm doch so völlig fremd war, weil er sich nie die Mühe gegeben hatte, weil ihm auch gar nichts daran lag, es kennen zu lernen. 2. Kapitel. Am nächsten Morgen, gerade, als Ilse in die Wirtschafts räume gehen wollte, kam Herbert, der vor dem Schloß dem Briefträger die Sachen abgenommen und sie durchstudiert batte, noch einmal zurück. Erstaunt blickte Ilse ihn an. In den grauen Augen lag plötzlich ein so warmer Ausdruck, wie sie ihn noch nie bemerkt hatte. „Dir ist etwas Gutes geschehen?" sagte sie in fragen dem Ton. „Ja. Ich erhielt eben einen Brief von Hans Lüders, aus London datiert. Der Brief muß irgendwo liegen ge blieben sein, hätte schon vorgestern hier sein müssen." „Wer ist Hans Lüders?" fragte Ilse. „Habe ich dir nie von ihm erzählt?" „Nie, du erzählst mir doch überhaupt nichts." Herbert überhörte absichtlich die Bitterkeit der Antwort und entgegnete: „Das lag wohl daran, daß wir seit fünf, fast sechs Jahren voneinander getrennt waren. Hans ist ein wunderbarer Mensch, begabt aufs Höchste, liebenswürdig wie selten jemand. Er hat mit mir zu gleicher Zeit Jura studiert, schwankte dann, ob er nicht dauernd den bunten Nock vorziehen sollte, aber die juristische Laufbahn reizte ihn doch mehr. Gleich mir hat er als Assessor im Handels ministerium gearbeitet. Dann ist er nach London gegangen, wo er zu einer großen Firma in verwandtschaftlichen Be ziehungen steht, hat sich dort eingearbeitet und ist dann ge wissermaßen als Rechtsvertreter der großen Firma nach Kalkutta gegangen. Wiederholte, schwere Fieber-Nieder lagen, unter denen seine Gesundheit gelitten hat, trieben ihn nach Europa zurück. Nun schreibt er mir, daß, wenn seine Gegenwart nicht störend wirkt, er gern für längere Zeit nach Kaltenborn kommen würde, betont aber aus drücklich: Wenn sein "r-such meiner Frau nicht lästig wäre." „Das ist ein ganz unnötiger Zusatz," bemerkte Ilse. „Jede Frau wird gern für den Freund ihres Mannes sorgen." „Du hast dich gestern beklagt, daß du so viel allein bist," sagte Herbert. „Hans wird dazu verhelfen, daß du dich nicht mehr zu beklagen brauchst. Er ist ein Gesell schafter, wie man ihn sich nur wünschen kann." „Wenn du es deinem Freunde überlassen willst, deiner Frau das Gefühl der Einsamkeit zu vertreiben, so wäre es besser gewesen, du hättest nicht geheiratet. Weshalb hast du geheiratet? Weshalb hast du mich geheiratet? — Doch antworte lieber nicht, sage nur, wann dein Freund zu erwarten ist, damit ich meine Anordnungen treffen kann." Und wieder vermied Herbert geflissentlich eine Antwort aus ihre bitteren Fragen. „Er kann morgen kommen, kann aber auch schon heut eintreffen," sagte er. „Jedenfalls schickt er noch ein Tele gramm, damit ich ihn an der Bahnstation begrüßen kann." „Welches Gastzimmer soll ich für Herrn Lüders Her richten lassen?" „Das beste, das wir haben, mit der Aussicht auf den Park." Und wieder stieg es bitter in Ilse auf, als sie merkte, wie sorglich sich seine Gedanken um den Freund scharten. So warm konnte er empfinden, und nur sie spürte nichts von dieser Wärme. „Ich werde alles im Lauf d^s Morgens besorgen lassen," sagte sie nur noch, „damit, das Zimmer bereit ist, falls dein Freund heut eintrifft." „Wo ist der Junge?" fragte Herbert plötzlich. „Im Nebenzimmer. Er schläft." Wie gern hätte sie jetzt Herberts Hand gefaßt und ge sagt: „Komm, sieh dir den Liebling an," aber sie tat es nicht, hatte doch ihr Mann oft genug, wenn sie ihn zu dem Kinde mitnehmen wollte, entgegnet: „Ja, später, jetzt habe ich keine Zeit." So selten hatte er Zeit für Frau und Kind. Auch jetzt sagte er: „Ich bin eilig. Da will ich lieber seinen Schlaf nicht stören. Wenn ich zurückkomme, ist er ja in jedem Falle wach." Er ging, und ein unheimliches Gefühl beschlich Ilse. Wenn der Freund kam, bei dessen Namensnennung die Augen ihres Mannes einen warmen Ausdruck hatten, so würde sie vielleicht noch einsamer werden, als sie bisher ge- wesen war. Und es griff ihr ans Herz, daß ein ihr Fremder sehen und erkennen sollte, wie wenig sie ihrem Manne galt. Nun — mochte es sein! Das Maß der Bitterkeit ihres Lebens war wohl noch nicht voll. Sie ging in die Küche, in den Milchkeller und gab überall die nötigen Anordnungen für den Tag. Dann sorgte sie dafür, daß für die Bequemlichkeit des erwarteten Gastes alles tadellos ausgeführt wurde. Zumal da viele von den Holden Die Mausezähnchen sich — vergolden. Die Zigaretten (wie man weiß) Sind sehr verschieden auch im Preis: Der anspruchslose Menschensohn Begnügt sich mit 'ner billigen schon. Hingegen schafft der „Gentleman" Sich immer nur die feinste an. Der kluge Kenner aber spricht: Na billig sind sie alle nicht! Die Zigarette füllt die Luft Mit aromat'schem Tabakduft, Doch wenn sie zu stark parfümiert, So wird der Raucher irritiert. Bei Frauen ist ganz wunderbar Der süße Dust an Haut und Haar. Doch übel ist's, wenn große Mengen Parfüm sie auf die Kleider sprengen. Zu zwanzig, fünfzig, hundert sind Die Zigaretten im Gebind Vereinigt, und man packt sie ein In elegante Schächtelein. Doch sind die „Stäbchen" dann geraucht, ! Sv wird die Hülle nicht gebraucht, Es bleibt vom Hundert, Viertel, Achtel Nichts übrig als — 'ne alte Schachtel! Wer sich zu sehr den Stäbchen weiht, Dem sind sie schädlich mit der Zeit. Sie schwächen — ja, das ist kein Scherz! — Im Uebermaß des Rauchers Herz. Und gibt ein Mann sich oder Knab' Zu viel mit Frau'n und Mädchen ab, So erntet er statt der Erheit'rung Am Schluß nur eine — Herzerweit'rung! Doch wer, nachdem er viel erprobt, Sich einer Marke anverlobt, Der bleib' für immer, ohne Reu', Der Lieblingszigarette treu. Und wer ein süßes Liebchen fand, Der halte fest es an der Hand Und sage: Bis zum Lebensreste Bleibt meine Marke doch die b est e! „Frauen und Zigaretten" und „Frauen und Toiletten" sind untrennbare Begriffe. Die doch wahrlich an Eleganz ge wöhnten Dresdner kommen aus dem Staunen nicht heraus, wenn sie an einem der Konzertnachmittage im Park aus Weißer Hirsch die extravaganten Toiletten der hier aus aller Herren Länder zugereisten Kurgäste sehen. Von diesen „Toiletten" erzählte mir jüngst ein Bekannter ein lustiges Anek dötchen, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: Die Millionärin Schnatterbach Ist leider im Geist ein bißchen schwach Und trotz des Gatten Kriegsgewinn Hat sie im Kopfe nicht viel drin. Aber tanzen, tanzen, das ist ihr Fall! Und eines Tages auf einem Ball Hat sich ihr Tanzherr viele Müh' Mit ihr schon im Gespräch gegeben, Jedoch auf jede Frage hat sie Die Antwort nur: „Ach ja! — Nu äben!" ! Da endlich sucht er noch einmal Durch diese Frage sich zu retten: „Bemerkten Sie in diesem Saal Die schönen, neuen Toiletten?" Doch sie spricht zu des Tänzers Grausen: „Toiletten? — Ach nein! Ich war noch nicht (draußen!..." Nieselfritz. Wieviel mehr Freude hätten ihr diese Vorbereitungen gemacht, wenn sie sicher gewesen wäre, daß auch nur für Sekunden ein warmer Strahl aus ihres Mannes Augen sie getroffen hätte. Bei Tisch sagte sie: „Herbert, willst du nicht selbst nach- sehen, ob die Gastzimmer, — ich habe, da Herr Lüders doch längere Zeit hierbleiben will, zwei Zimmer für ihn eingerichtet, — keinen Mangel aufweisen? Den Geschmack und die Wünsche deines Freundes mußt du ja am best-en kennen." t „Eine solche Prüfung von meiner Seite ist ganz un nötig. Ich habe noch nie irgendwo einen Mangel be merkt, wenn du eine Sache in Händen hattest." Das klang so anerkennend, und doch war es, als ob ein kalter Hauch an Ilse vorüberzog. Wenn er den Arm um sie geschlungen und gesagt hätte: „Es wird ja alles gut sein, Kind," wäre sie glücklich gewesen. „Da bis jetzt keine Nachricht gekommen ist," begann Herbert wieder, „so wird Lüders wohl erst morgen er scheinen. Ich muß jetzt zum Vorwerk reiten. Der Jn- lvektor kommt erst heut abend spät zurück." Inzwischen war es drei Uhr geworden. Ilje schickte sich eben an, in den Park zu gehen, wo die Kinderfrau sich mit dem Kleinen aufhielt. Es war heut draußen so sonnig und warm, daß sie ein weißes Kleid angezogen hatte. Sie nahm eben den großen Gartenhut zur Hand, um ihn aufzusetzen, als die Kammerjungfer kam und meldete: „Gnädige Frau, ich habe einen Herrn in den Salon ge führt, der nach dem gnädigen Herrn fragte. Weil ich sagte, daß der gnädige Herr ausgeritten sei, bat er mich, ihn bei der gnädigen Frau zu melden." „Hat der Herr keine Karte abgegeben?" „Nein, gnädige Frau. Er kommt vom Bahnhof her zu Fuß. Es ist ein Herr Lüders." „Herr Lüders!" rief Ilse erstaunt, fast erschreckt, „das ist ja der Herr, den wir als Gast erwarten. Sage, daß ich sofort kommen werde. Ist denn Franz nicht zur Hand ?" „Er putzte gerade das Silber, gnädige Frau, aber er ist sofort fertig." Aeußerlich ruhig, aber doch mit etwas Herzklopfen, betrat Ilse den Salon. Dort stand, in Betrachtung eines Bildes versunken, ein hochgewachsener Mann in Hellem Reiseanzug, mit dunklem, vollem Haar. Als er sich jetzt, beim Oeffnen der Tür, schnell um wandte, sah Ilse in ein schmales, gebräuntes Gesicht mit braunen Augen. Ein dunkler Schnurrbart verdeckte die Oberlippe. Schnell schritt ihr der Herr entgegen, verbeugte sich und sagte: „Hans Lüders, gnädige Frau, einer, den Tropenluft und Tropenhitze mit ihren Folgen etwas müde und schlapp gemacht haben, und der in deutscher Luft wieder Kräfte sammeln möchte. Bitte, zürnen Sie dem Eindring ling nicht."