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Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für MUdsUff UNÜ ^lMgegLNd Postscheckkonto Leipzig 28 644 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Etadtrats zu Wilsdruff, des Forfirentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 152. Sonnabend den 2. Juli 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. Die nachstehende Bekanntmachung der Reichsregierung wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht. Die Polizeibehörden erhalten Anweisung, für die sofortige Durchführung der' Anordnung der Reicheregierung über die Auflösung der Organisation Escherich Sorge zu tragen. I62aIIL.8. Dresden, am 29. Juni 1921. Ministerium des Innern. Lipinski. Bekanntmachung. Auf Grund des ß 1 des Gesetzes zur Durchführung der Artikel 177/178 des Friedens vertrags vom 22. März 1921 werden in Verfolg der Annahme des Ultimatums der Alliierten Regierungen vom 5. Mai 1921 hiermit die Organisationen Escherich innerhalb des Deutschen Reichs für aufgelöst erklärt. Personen, die sich an einer der aufgelösten Organisation als Mitglieder beteiligen, werden mit Geldstrafe bis zu fünfzigtausend Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten oder mit Festung bis zu gleicher Dauer bestraft. Berlin, den 24. Juni 1921. Die Reichsregierung. I N 4382 II. Ang. Dr. Wirr h. Der praktische Tmarzl Mert Willy MeWrn m Meißen r., MnmrGrW AI, ist gemäß ß 12 Abt. 2 der Verordnung vom 7. 4. 1912 (G. u. V.Bl. S. 56) als weiterer Stellvertreter des Bezirkstierarztes in Meißen verpflichtet worden Meißen, am 20. Juni 1921. «sr» 623ä.V.(^ Die Amtshauptmanvschaft. Nachstehend wird der 2 Nachtrag zur Ordnung für das Einigungsamt der Stadt Wilsdruff zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Wilsdruff, am 30. Juni 1921. Der Stadtrat. 2. Nachtrag zur Ordnung für das Einigungsamt der Stadt Wilsdruff vom 29. März 1919. K 2, Absatz 1 erhält folgende Fassung: „Das Einigungsamt entscheidet in der Besitzung von einem Vorsitzenden und von vier Beisitzern, von denen je die Hälfte dem Kreise der Hausbesitzer und der Mieter an gehören muß. In allen Sachen, die die Beschlagnahme von Räumen in landwirtschaft lichen Betrieben betreffen, müssen die Besitzer, die aus den Kreisen der Hausbesitzer gewählt sind, Leiter eines landwirtschaftlichen Betriebes sein. Für den Vorsitzenden wird ein, für die Beisitzer werden drei Stellvertreter, je einer aus dem Kresse der Hausbesitzer, der Landwirtschaft und der Mieter bestellt/ Wilsdruff, am 2. Juni 1921. Der Stadtrat. Die Stadtverordneten. (8.) (gez) Dr. Kronfeld, (8.) (gez. Oder!. Kantor Hientzsch, Bürgermeister. Vorsteher. Da eine befriedig! ndeKohlenlieferung für den kommen- IlüfflLUÜLlsVilfllug« den Winter un Hinblick aut die unklare Lage in Oderschlesten nicht gesichert ist, tollen die Händler versuchen, soweit es möglich ist, die Kohlenbezugsscheine für kleingewerbliche Betriebe vorzubeliefern. — Kleingewerbliche Be triebe, die hiervon Gebrauch machen wollen, haben sich bis zum 9 Jul: dieses Jahres hier zu melden. Wilsdruff, am 1. Juli 1921. «0S3 Die Ortskohlenstelle. Meine Zeitung lur eilige Leser. * Bei den Verhandlungen mit dem Garantiekomitee wurde festgestcllt, daß Deutschland außer der bis zum 31. August zu zahlenden eine Million Goldmark bis zum 1. Mai 1922 nur noch 300 Millionen Goldmark an die Entente zu zahlen habe. Die übrigen Summen sollen durch Sachleistungen und Aus fuhrabgabe abgegolten werden. * Der bayerische Ministerpräsident Dr. v. Kahr hat eine Dankesvcrsügung an den Landesverband der aufgelösten Ein wohnerwehren gerichtet. * Das Verfahren gegen den früheren Reichsfinanzminister Erzberger wegen der Anschuldigung des Meineids wurde als nicht begründet eingestellt. * Die Engländer haben sich der Polizeigewalt in Konstan tinopel bemächtigt wegen einer angeblichen von Moskau gelei teten Verschwörung gegen die Alliierten. * Die Griechen haben auf ihrem Rückzug Jsmid geräumt, wodurch den Kcmalisten der Weg auf Konstantinopel frei ist. * In Washington hat man die Zuversicht, daß Präsident Harding noch zum Wochenschluß den Friedensschluß mit Deutschland unterzeichnen wird. * Dr. David Jayne Hill, der früher amerikanischer Botschaf ter in Berlin war, soll erneut mit diesem Posten betraut werden. Oie Herrschaft des Dollars. Wenn man beim Kriegsbeginn in England glaubte, daß die Teilnahme an dem großen europäischen Waffen- gange keinen merkbaren Einfluß auf den Stand der eng lischen Geschäfte und Finanzen ausüben würde, so zeigte sich sehr bald, daß diese Rechnung verfehlt war. Und je länger der Krieg andauerte, um so stärker wurden auch angesichts der zunehmenden Verschuldung der Entente mächte an Amerika die Sorgen der englischen Geschäfts- und Finanzleute wegen der zu erwartenden wirtschaftlichen Störungen durch den Krieg. Gerade, weil England den Krieg von vornherein rein unter dem Gesichtspunkte der Beseitigung eines lästigen Konkurrenten betrachtet hatte, mußte die unerwartete Wirkung um so peinlicher sein, daß nicht das Pfund Sterling, sondern, wie man schon früh- zeltig erkannte, zuletzt der Dollar als Sieger aus dem großen Kriege hervorgehen würde. Bis zu welchem Maße sich diese Vorherrschaft Amerikas in wirtschaftlicher und damit auch in politischer Hinsicht auswachsen würde, haben jedoch erst die Nachwirkungen des Krieges erkennen lassen. Das ist allerdings zum Teil auf die weitgehende Verblen dung zurückzuführen, in der die europäischen Ententemächte aus dem Frieden von Versailles nur eine Reihe von Augen- blicksersolgen herzuholen bemüht waren, so daß sie sich jetzt durch die Macht der Tatsachen zu Schritten gezwungen sehen, die keine noch so einfache und vernünftige Über legung auch aus ihren eigenen Reihen heraus bei ihnen jemals zuwege bringen konnte. Die Begrenzung der deutschen Devisen überweisungen auf Grund der Reparationsverpflich- tungen auf vorläufig 300 Millionen Goldmark ist ein eben so schlagender wie wahrscheinlich auch für die Gegenseite überraschender Beweis dafür, wie falsch und übertrieben die bisherigen Rechnungen gewesen sind. Schon vor kurzem wurde die Vereinbarung getroffen, daß die deut schen Zahlungen nicht wie anfangs nur in Dollar geleistet werden dürfen, weil man erkannte, daß dadurch der Kurs der englischen und französischen Währung ravide bsrab- gedrllckt wurde. Man bekam jetzt am eigenen Leibe die Wirkungen der Valutadifserenzen zu spüren, die man nie mals anerkennen wollte, solange nur die Mittelmächte darunter zu leiden hatten. Es hat sich jedoch gezeigt, daß diese vorläufige Maßnahme nicht ausreichte, um dic drohende bedenkliche Krisis auf dem finanziellen Weltmark! hintanzuhalten, denn das bisherige System der Zahlungen ließ, obwohl es erst eine Reihe von Wochen besteht, bereits erkennen, daß damit ein Tiefstand der Mark herbeigeführt wurde, der letzten Endes die deutsche Zahlungsfähigkeit auf ein Minimum eingeschränkt, wenn nicht gar völlig unterbunden hätte. Man hielt es also schleunigst für not wendig, dieser verderblichen Entwicklung Einhalt zu ge bieten, nicht zuletzt auch deshalb, um im Interesse der eng lischen und französischen Finanzen ein weiteres übermäch tiges Anwachsen der Kaufkraft des Dollar zu verhindern. Die gleiche Erscheinung, die bei den Ententemächten, und übrigens auch — wenn auch aus ganz entgegenge setzten Gründen — in Amerika selbst, so lebhafte Besorgnis hervorrief, hat jedoch noch eine ganz andere Bedeutung, die für Deutschland nicht weniger wichtig ist. Amerika hat sich durch die Teilnahme am Kriege so gut wie gar nicht geschwächt. Wirtschaftlich hat es sogar einen Höchststand erreicht, der die Gefahr des Erstickens im eigenen Über fluß näher bringt, als die des Verhungerns. Die Ver einigten Staaten sind augenblicklich die einzige wirtschaft liche Weltmacht, die keinerlei Konkurrenz zu scheuen hat. Der einzige große Weltkonzern, der sich mit ihnen ver gleichen kann, ist das englische Kolonialreich. Für dieses liegen aber doch noch andere wesentlich abweichende Lebensbedingungen vor, die schon vor dem Kriege für die englische Politik ausschlaggebend waren. Beide Staaten gebilde sind in bezug auf ihre Rohstoffquellen durchaus selbständig und brauchen beide kaufkräftige Abnehmer. Als solcher kommt für beide nach wie vor in erster Linie Deutschland in Frage. Nur ist dabei der Unterschied zu berücksichtigen, daß England, wie sich schon bei der Ver handlung des schwierigen Problems der deutschen Export abgaben erkennen ließ, in Deutschland eben nicht nur den guten Kunden, sondern zugleich den gefährlichen wieder aufstrebenden Konkurrrenten erblickt. Es ist die ebenso unbegründete wie unausrottbare europäische Angst vor Deutschland, die sich in Frankreich auf militärische Gesichts punkte, in England auf wirtschaftliche Überlegungen grün det, und die uns zu unseren europäischen Nachbaren in ein ganz anderes Verhältnis als zu Amerika, der von Befürch tungen solcher Art vollständig freien Großmacht, stellt. Diese tatsächliche Lage muß für die deutsche Industrie und m deutschen Handel ebensowohl wie für hie von der deutschen Regierung befolgte Wirtschaftspolitik maß gebend sein, wenn es sich darum handelt, die Wege einer künftigen wirtschaftlichen Ausbreitung Deutschlands zu suchen. Es sind seit längerer Zeit Mitteilungen verbreitet worden, daß als Vorläufer künftiger, zurzeit aber noch nicht durchführbarer offizieller Handelsbeziehungen zwi schen Deutschland und anderen Staaten bereits von pri vaten Unternehmungen erfolgreiche Verhandlungen mit ausländischen Konzernen geführt werden. Anfangs be wegten sich diese größtenteils in den Bahnen der soge nannten Kontinentalpolitik, nahmen aber ebenso früh be sonders das warenhungrige Rußland als Ziel ins Auge. Neuerdings wird davon gesprochen, daß ebenfalls au? privatem Wege eine englisch-deutsche Gemeinschaft ange strebt wird, die wiederum als Objekt ihrer kaufmännischen Pläne Rußland in Aussicht genommen hat. So wenig man verkennen soll, daß augenblicklich jede irgendwie ge artete wirtschaftliche Wiederanknüpfung mit dem Aus lande als Vorbereitung künftiger politischer Ausgleichs möglichkeiten zu begrüßen ist, ebensowenig darf außer acht gelassen werden, daß England als Teilhaber in einem solchen Geschäft doch mit großen Vorbehalten betrachtet werden muß. Die einzige Möglichkeit, die Gefahren eines englisch-deutschen Zusammenarbeitens einigermaßen aus zuschalten, besteht darin, daß von unserer Seite aus, be sonders wenn die wirtschaftlichen Bestrebungen sich auf Rußland richten, eine Annäherung an Amerika gesucht wird. Ein englisch-amerikanischer Konflikt aus diesem Grunde ist um so weniger zu erwarten, als die beiden angelsächsischen Staaten schon mit Rücksicht auf Japan seit längerer Zeit ihre Politik unter gemeinsamen Gesichts punkten orientiert haben. Die Vorherrschaft des Dollars, die von den Entente« staaten mit Rücksicht aus die englisch-französischen Ver schuldungen an Amerika so peinlich empfunden wird, kommt für uns im Falle einer deutsch-amerikanisch-russi schen Wirtschaftsverbindung nicht als Passivum, sondern eher als Aktivum in Frage, und es wird daher dis Auf gabe jeder privaten und ebenso der offiziellen deutschen Wirtschaftspolitik sein, den künftigen Wiederaufbau der deutschen Weltwirtschaft unter starker Berücksichtigung Amerikas in Angriff zu nehmen. Wenn sich die Meldungen bestätigen, nach denen binnen wenigen Tagen ein Beschluß des amerikanischen Kongresses zu erwarten ist, durch den auch sormal endlich der Friedenszustand zwischen Amerika und Deutschland wieder hergestellt wird, so kann man daran wohl die Hoffnung knüpfen, daß dann einer solchen wirtsckaftlichen Entwicklung noch weiter die Wege geebnet werden. Kein Verfahren gegen Erzberger. „Der Verdacht der Eidesverletzung unbegründet". Berlin, 30. Juni. Die zuständigen Justizbehörden haben es abegelehnt, gegen den früheren Reichssinanzministcr Erzberger wegen der Anschuldigung der Eidesverletzung vorzugehen. Auf übereinstimmenden Antrag des Generalstaatsanwalts und der Justizräte Loewenstein und Dr. Werthauer hat die 10. Strafkammer des Berliner Landgerichts I beschlossen, den Abg. Erzberger wegen der Beschuldigung des Mein eids, den er in der Vernehmung beim Helfserich-Prozeß geleistet haben sollte, mangels Beweises auf Kosten der Staatskasse außer Verfolgung zu setzen. In dem Antrag des Generalstaatsanwalts und der Verteidiger ist darge legt, daß die Urteilsfeststellung im Helfferich-Prozeß, so weit sie Erzberger absichtliche Verletzung seiner Eides pflicht in diesem Prozeß vorwirst, keine Stütze gesunden habe, teilweise sogar widerlegt worden ist. Auch die seitens des Staatssekretärs a. D. Helfferich gelegentlich seiner Ver nehmung als Zeuge angesührten Punkte, in denen Helffe rich eine Verletzung der Eidespflicht durch Erzberger fin den zu können glaubte, sind feilens der Staatsanwaltschaft und des Gerichts geprüft und für unbegründet erklärt worden. Rechtfertigung auch im Zentrum. Der Reichsausschuß der Deutschen Zentrumspartei trat zufällig gestern im Reichstage zusammen. Reichskanz ler Wirth gab einen überblick über die gesamte innen- und außenpolitische Lage, wobei er,besonders aufOberMesten