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Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig 28644 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, sür de« Inseratenteil: Arthnr Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 136. Dienstag den 14. Juni 1921. 8V. Jahrgang. Amtlicher Teil. Grumbach. Dienstag den 14 Juni vormittags von 9—12 Uhr auf hiesiger Freibank Kalb fleisch in rohem Zustande. Pfundpreis 6.so Mark. Grumbach, am 13. Juni 1921. «4W Der Gemeindevorstand. j Mr Kuchen haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver zweigten u. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung Kleine Zeitung für eilige Leser. * Ein Aktionsplan zur Räumung des oberschlesischen Ab stimmungsgebietes soll durch die Militärbeiehlshaber der En tente vereinbart worden sein. * Nach zuverlässigen Schätzungen haben insgesamt 6680 Deutsche durch den Polenausstand in Oberschlesieu Heim und Arbeitsstätte verloren, wettere 15 252 sind ihrer Arbeitsstätte verlustig gegangen. * Vor dem Reichsgericht endete der fünfte Kriegsbeschul digtenprozeß mit der Freisprechung des Angeklagten, des Studenten der Rechte, Ramdohr. * Die Generalstreikparole wegen der Ermordung des Ab geordneten Gareis in München ist nur teilweise beachtet worden. * Die vierte Gewinnverlosung der deutschen Sparprämien anleihe findet am Freitag, 1. Juli, und hieran anschließend die zweite Tilgungsauslosung statt. * Der französische Kolonialminister Sarraut hat das ver breitete Gerücht sür unbegründet erklärt, Wonach Frankreich das Mandat, welches es für Kamerun erhalten hat, an Deutschland abgeben werde. s Der Senat in Washington hat sich sür ein stehendes Heer von 150 000 Mann ausgesprochen Zwischen Ost und West. Wir sollen uns durch die heimische Feuersbrunst, die all unser Sinnen und Denken in Anspruch nimmt, den Blick für ferner liegende Vorgänge nicht vollkommen trüben lassen. Insbesondere kann es nicht schaden, wenn wir den Vorgängen im fernen Osten doch ab und zu wenigstens einige Aufmerksamkeit schenken. Bisher ist in Deutschland eine Mitteilung kaum beachtet worden, die doch in hohem Grade auffällig genannt wer den mutz. Danach kündigte der japanische Marineminister vor wenigen Tagen die Zurückziehung aller maritimen und militärischen Kräfte Japans aus dem südlichen, pa zifischen Ozean an, d. h. also, daß Japan seine gesamten militärischen Kräfte in der Heimat konzentrieren und seine Südbesitzungen vorläufig unbeschützt lassen will. In dem Gebiet um die I n s e l H a p befinden sich zurzeit keine ja panischen Seestreitkräfte mehr, was natürlich mit dem energischen Auftreten der amerikanischen Regierung in dem Konflikt um diese Insel und um die Kabelfrage in Verbin dung gebracht wird. Japan, das lange Zeit hindurch in diesen Fragen eine unnachgiebige Haltung einnehmen zu wollen schien, soll neuerdings darin etwas mildere Saiten aufgezogen haben, vielleicht auf die Nachricht hin, daß die Vereinigten Staaten ihre sämtlichen Kampfschiffe unter völliger Entblößung der atlantischen Küste im pazi fischen Ozean zu stationieren im Begriffe seien. Selbst verständlich wurde diese Flottenbewegung mit der Versiche rung begleitet, daß sie sich nicht gegen Japan richte, son dern nur aus allgemeinen und praktischen Gründen erfor derlich geworden sei, die mit der Verteidigung der amerika nischen Westküste zusammenhingen. Aber in Japan weiß man natürlich ganz genau, wie solche Beruhigungspille« zu verstehen sind. Man besitzt in ihrer Anfertigung selber einige Meisterschaft und hat nicht umsonst den Ruf des mißtrauischsten Volkes der Erde gewonnen. In Tokio wird, man sich also schon bei den neuesten Flottcnmaßnahmen der Washingtoner Regierung sein Teil denken. Bevor man indessen weitere Entschließungen fassen kann, wird man gut tun, die am 16. Juni beginnende Ta gung der britischen Reichskonferenz abzuwar ten. Sie wird sich neben anderen wichtigen Fragen auch mit der Verlängerung des englisch-japanischen Bündnisses beschäftigen, das 1920 nur auf ein Jahr erneuert wurde. Nicht umsonst hat die japanische Regierung den Kronprin zen gerade jetzt nach Europa geschickt und ihm allerhand ver trauliche Missionen mit aus den Weg gegeben. Aber das Gewicht seiner Mission soll offenbar auch in der Heimas durch Faktoren von realer Bedeutung unterstützt werden. Es kommt hinzu, daß Japan nach den vielen ärgerlichen Weitläuftigkeiten, die es in den letzten Jahren mit seinen chinesischen Nachbarn gehabt hat, nunmehr endlich mit ihm in Ordnung kommen will und die Politik der gepanzerten Faust, die die Zopfträger in Peking ausländischen Helfern und Freunden immer wieder in die Arme trieb, aufgeben will. Damit würde Amerika seinen beliebtesten Vorwand für Einmischungsversuche in den Gang der ostasiatischen Entwicklungen verlieren; während Deutschland sich dieser Beruhigung im seinen Osten freuen könnte, weil es ja so- wobl von China wie von Japan noch am ehesten Ver ständnis für die unendlichen Fernwirkungen der europäi schen Wirtschaftskrisis und für die Notwendigkeit, ihr von allen Seiten her durch Rückkehr zur wahren Friedenspolitik den Boden abzugraben, erwarten kann. Versöhnung zwi schen Japan und China würde auch aller Wahrscheinlichkeit naa; auf die östlichen Randgebiete des russischen Reiches wohltätige Rückwirkungen ausüben, eine Entwicklung, die auch die Machthaber in Moskau zu ernstlichem Nachdenken veranlassen würde. Viel wird dann freilich sür den weite ren Gang der Dinge von der Haltung abhängen, die Eng land einzunehmen gedenkt. Im Augenblick scheint es auf die Fortbildung seiner freundschaftlichen Beziehungen zu Amerika ungleich größeres Gewicht zu legen als auf die Erhaltung der bisherigen Äündnisbeziehungen zu Japan. In dieser Entscheidung wird die Londoner Regierung ebenso sehr durch die Führung der amerikanischen Politik, wie durch die Vorstellungen der sogenannten Dominien, insbesondere Australiens, bestärkt. Wer geglaubt hat, daß diese auseinanderstreüenden Tendenzen durch die Ge meinschaftlichkeit des Sieges gegen Deutschland eine Ent spannung erfahren würden, sieht sich bitter getäuscht. Das Gegenteil ist der Fall, weil gerade mit dem Deutschen Reich ein Träger zusammengebroÄen ist, der das Erdreich zwischen Ost und West zu halten imstande war. Man steht ja auch: Statt der Abrüstung, von der unmittelbar nach Ausgang des Weltkrieges so viel die Rede war, ist eine neue Periode des Flottenwettbewerbes angebrochen, in der Japan und Amerika an der Spitze marschieren. Jeder Vorschlag der einen Seite, sich zu internationalen Konfe renzen zusammenzufinden, auf denen diesem Rüstungs sieber Einhalt geboten werden könnte, wird auf der ande ren Seite mit ausgesuchter Höflichkeit zwar, aber mit un verkennbarer Verschleppungskunst behandelt, und wer es aufgegeben hat, an Wunderkraft im Völkerleben zu glau ben, kann die Zeichen der Zeit nicht mehr anders deuten, als daß irgendwann und irgendwo einmal abermals „Mars die Stunde beherrschen wird". Nicht heute und nicht morgen, selbstverständlich. Aber das Unwetter, das Deutschland schließlich zu furchtbarem Verhängnis geworden ist, hing auch erst jahrelang über uns, ehe es sich über Europa entlud. Es sieht ganz fo aus, als sollten anderen Erdteilen die gleichen Erfahrungen be- schieden sein. Englischer Fachschub nach Oberschlesieu Le Rond erhält neue Weisungen. Nach einem Bericht aus London, den das „Journal" wiedergibt, erklärte man in dortigen diplomatischen Krei sen, die britische Negierung sei entschlossen, nach Mitteln zu fuchen, um aus der Verwirrung, die augenblicklich in Oberschlesien herrscht, herauszukommen. Die Regierung habe dem General Henniker Blankovoll macht gegeben, um die polnischen Aufständischen aus ge wissen Bezirken, die sie nicht räumen wollten, durch alle Mittel, die er für gut halte, hinauszutreiben. Man füge noch hinzu, daß es für notwendig gehalten werde, neue englischeVerstärkungen nach Oberschlesien zu ent senden. Eine offizielle Notifizierung dieser Absicht an Frankreich sei bereits erfolgt. „Times" meldet aus Oppeln, daß von den Alliierten in Oberschlesien jetzt ein endgültiger Aktionsplan ange nommen sei und bereits in Ausführung gebracht werde. Bewaffnete Deutsche südlich von Gleiwitz haben den Befehl erhalten, sich westlich der Oder zurückzu- ziehen, desgleichen die Polen in demselben Abschnitt bis zur Grenze zwischen den Bezirken Rybnik und Pletz. Darauf soll die weitere Zurückziehung sowohl seitens der Polen, als auch seitens der Deutschen folgen, bis das ge samte Abstimmungsgebiet von bewaffneten Zivilisten frei ist. Der Berichterstatter der „Times" schreibt, die größte Schwierigkeit werde die Frage der Polizei bilden. Ganze Bataillone Insurgenten trügen jetzt den grünen Waffenrock der Abstimmungspolizei. Wenn die deutschen Polizisten, die gemeinsam mit dem Selbstschutz gekämpft haben, ihr Amt wieder antretcn, dann werde sich auf polnischer Seite der Rus erheben, daß das Land den Deutschen ausgeliefert werde. Die Frage der Bildung einer unparteiischen Polizeitruppe ift angeblich eines der ernstesten Probleme, denen sich die Kom mission gegenüber sieht. Die französische Regierung hat jetzt auf das Ersuchen der britischen Regierung, sich England anzuschließen und die alliierten Militärbefehlshaber (die französischen und italie nischen) zu ermächtigen, ihre Truppen, wo und wann dies für notwendig befunden wird, gegen die polnischen Insur genten einzusetzen, beantwortet hat. Die französische Regie rung erklärt, daß General Le Rond Weisungen er halten hat, mit den Engländern und Italienern zu sammenzuwirken. Sie machte jedoch „gewisse Vorbehalte". Nachlassen der Kämpfe. Amtlich wird von Oppeln aus verlautbart: Die Kampf- tätigkeit der Ausrührer hat allgemein nachgelassen. Bei Zem- bowitz nahmen die Polen erneut Sprengungen vor. Im Kreise Oppeln wurden die deutschen Stellungen und der Babnboi Kandrrin von den Aufständischen erneut beschossen. Die Artillerietätigkeit der Polen bei Ratibor ist schwacher ge worden. Die Olsauer Brücke wurde von den polnischen Banden erneut gesprengt. Bei Studzienna kleinere Schieße reien. Die Bevölkerung im Industriegebiet leidet immer mehr unter der Nahrungsmittelknappheit. Mehl, Milch, Zucker, Kartoffeln und Gemüse fehlen fast gänzlich. Die Insur genten führen weiterhin große Mengen der geförderten Kohle nach Polen aus. Die polnischen Truppen an der deutschen Grenze wurden in den letzten Tagen durch sogenannte Zollbataillone ersetzt. politische Rundschau. Deutsches Reich. Wer Entwurf des Arbeitsnachweisgesetzes Zu dem im vorläufigen Reichswirtschaftsrat zurzeit hehandelten Entwurf wird vielfach die Meinung geäußert, :s sei Absicht der Regierung, mit diesem Entwurf eine Zwangswirtschaft auf dem Arbeitsmarkt einzuführen. Es wird behauptet, das Gesetz wolle dem Arbeitgeber vor schreiben, welche Arbeitnehmer er einzustellen, und dem Arbeitnehmer, in welchen Arbeitsplatz er einzutreten habe. Demgegenüber wird betont, daß diese Absicht dem Ent wurf völlig fernliegt. Die freie Entschließung des Arbeit gebers und des Arbeitnehmers soll durch den Entwurf in keiner Weise beeinträchtigt werden. Sein Ziel ist, die vor handene Organisation des Arbeitsnachweiswesens zu festi gen und zu vereinheitlichen und damit sowohl dem Arbeit geber wie dem Arbeitnehmer, darüber hinaus aber auch den allgemeinen Bedürfnissen des Wirtschaftslebens zu dienen. Bedenken gegen die geplanten Fernsprechgebühren. Der dem Reichspostministerium beigesellte Verkehrs beirat hat zwar die Notwendigkeit einer Gebührenerhö hung im Fernsprechwesen anerkannt, aber mit Rücksicht auf Vie unbefriedigende Betriebslage im Fernverkehr Beden ken dagegen erhoben, daß die erhöhten Sätze in Kraft treten, bevor sich der Betrieb ordnungsgemäß abwickelt. Uneinigkeit in der Reparationskommifsion. Aus Paris kommt die Nachricht, daß die Repara tionskommission sich über gewisse Fragen, die den Friedensvertrag betreffen, nicht hat einigen können. Es handelt sich außer um die Festsetzung des Preises der von Deutschland auf dem Wasserwege gelieferten Koh len um die Festsetzung des Betrages der belgischen Kriegsschuld und ferner um die Verteilung der deut schen Zahlungen unter die Kleinstaaten. Die Re parationskommission hat nunmehr die Alliierten Regie rungen ersucht, sich zunächst untereinander zu einigen. Die Auflösung der Organisation Escherich. Amtlich wird eine Darstellung über die Orgesch-Auf- lösungsfrage ausgegeben, worin es heißt: Die Ausfüh rungen des Forstrates Escherich über die Auflösung der Organisation Escherich beruhen auf unrichtigen Annah men. Eine Durchbrechung der Grundsätze des deutschen Vereinsrechtes liegt nicht nur in der Auflösung der Or ganisation Escherich, sondern auch in der Auflösung der bayerischen Einwohnerwehr und der ostpreußischen Wehren, soweit diefe Verbände nach der Entwaffnung friedliche, mit dem Vereinsrecht zu vereinbarende Ziele ver folgen. Zu dieser Durchbrechung ist Deutschland durch dett Friedensvertrag in Verbindung mit der Pariser Note und vem Ultimatum gezwungen und verpflichtet. Daß die Entente die Auflösung der Organisation Escherich, wenn sie nicht auf die Liste gesetzt worden wäre, gar nicht ge ordert haben würde, ist irrig. Fall Gareis und Generalstreik. Der als Entrüstungskundgebung gegen die Ermor-! düng des Abgeordneten Gareis in München angesagte dreitägige Generalstreik trat nur teilweise in die Erschei nung. In den Großbetrieben herrschte Arbeitsruhe, etwa 40 Prozent der Gesamtarbeiterschaft feiern, der Stratzen- bahnverkehr ist gestört, die Zeitungen sind nicht erschienen. Das unabhängige Organ Der Kampf wurde beschlagft nahmt. Bis zum Sonntag war der Attentäter noch mcht entdeckt. Kinderelend im besetzten Rheinland. Ein Appell an einen französischen Vater! In Düsseldorf tagt zurzeit ein Kongreß großer Für sorgekörperschaften zur Linderung des deutschen Kinder elends. Der Düsseldorfer Regierungspräsident Grützner führte aus: Eben hat die Düsseldorfer Handelskammer mit