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Erscheint seit dem Zähre 1S41 Nr. 130 Dienstag den 7. Juni 1921 80. Jahrgang Amtlicher Teil Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage nachmittags S Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis bei Eelbstabholung monatlich 4 Ml., durch unsere Austräger zugeiragen in der Stadt monatlich 4.40 Ml., auf dem Lande 4.SV Ml., durch die Post bezogen vierteljährlich IZ.so Ml. mit Zustellungsgebühr. Aste Postanstalten und Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Zm Faste höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herman« Lässig, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Inscrtionspreis 1 Ml. für die «gespaltene Korpuszeile oder deren Raum, Lolalpreis pfg., Reklamen r.LO Mk. Bei Wiederholung und Fahresauftrag entsprechender Preisnachlaß. Bekanntmachungen Im amtlichen Teil fnur von Behörden) die r gespaltene Korpuszeile Z Mk. Nachweisungs-Gebühr zo pfg. Anzeigenannahme bis vormittags 10 Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabatt anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. KWdmfferÄM« z-rnsprech-r Wilsdruff Nr. S Wochenblatt fÜs Wilsdruff UNd Kmgegend Postscheckkonto Leipzig r»«14 Kesselsdors. Die diesjährigen öffentlichen Impfungen finden für den hiesigen Ort im Saale des oberen Gasthofes Mittwoch de« 8. Juni 1921 nachmittags Uhr und die Vorstellung der in diesem Termine Geimpften zwecks Nachschau am Mittwoch den 15. Juni 1921 nachmittags ^3 Uhr im obengenannten Lokale statt. Die Eltern, Pflegeeltern und Vormünder haben für pünktliche Zuführung der Impflinge Sorge zu tragen. Impflinge aus solchen Häusern, in welchen ansteckende Krankheiten, wie Scharlach, Masern, Diphtherie, Krupp, Keuchhusten, Flecktyphus, rosen- ariige Entzündungen oder natürliche Pocken herrschen, dürfen zum allgemeinen Termine mchr gebracht werden. Auch Erwachsene aus solchen Häusern haben sich vom Impftermine fern uhalten. Die Kind r müssen am Jmpsiermine mit rein gewasch nem Körper und mit reinen Kle dern gebracht werden Kann ein Kind wegen Erkrankung oder weil in dem Hause eine ansteckende Krankheit herrscht, nicht in das Hmpflokal gebracht werden, so haben die Eltern oder deren Vertreter spätestens am Jmpstage die Befreiung von der Impfung vom Impfarzt zu erwirken oder durch ärztliches Zeugnis nachzuweisen. Kesselsdors, am 6. Juni 1921. 4ZZ° Der Gemeindevorstand. Kleine Zeitung für eilige Leser. * In Paris ist eine Abordnung deutscher Sachverständiger «ingetrossen, die über Abschätzung der seit dem Waffenstillstand Von Deutschland ausgeliescrten Handelsschiffe verhandeln soll. * Die Angriffe von Sinnscinern in Irland aus Polizei truppen mehren sich. In den letzten Tagen wurden sechs Poli zisten getötet und zahlreiche verwundet. * In englischen Regicrungskreisen befürchtet man einen bal digen Angriff der türkischen Nationalisten unter Kemal Pa scha aus Konstantinopel. * Der russische Vertreter Krassin hat Pressevertretern gegenüber erklärt, Rußland habe durch den Abschluß des eng- lisck-russtschen Vertrages das Recht erhalten, Kriegsmaterial aus und über England zu beziehen, dessen Ausfuhr aus Eng land nicht verboten sei. In England würde Kriegsmaterial reichlich angcboten. * Polen soll beabsichtigen, demnächst Finnland, Lettland, Estland und Litauen zu einer Konferenz einzuladen, um die Frage einer Entente aller Länder, die früher zum russischen Reiche gehörten, zu erörtern. * Aus Tokio kommt die Nachricht, daß Japan im Begriffe stehe, den Vereinigten Staaten das Kabel Bap—Guam zu über mitteln Der Schlüssel Europas. In Deutschland ist die Furcht vor der Ruhrbesetzung durch die Franzosen nahezu völliger Beruhigung über die sen brennenden Punkt des europäischen Feuerplatzes ge wichen. Wir haben das Ultimatum angenommen, was kann Frankreich da uns noch groß antun? Der Aushebung der völkerrechtswidrigen und vertragswidrigen Mai- Sanktionen, die von England ebenso wie von Italien und von Japan nachdrücklich verlangt wird, widersetzt Frank reich sich zwar mit lendenlahmen Ausflüchten, deren Über windung selbst Lloyd George bisher nicht gelungen ist. Und seine zweimalhunderttausend Mann von der Grenze des RuhrgeDietes zurückzuziehen, trifft er nicht die gering sten Anstalten. Im Gegenteil, jedsn Tag lasten die Briand und Genoffen uns von neuem wissen, daß wir nur den ge ringsten Verstoß gegen das Londoner Ultimatum vom 5. Mai zu begehen brauchten, um die französischen Divisio nen sofort die Ruhr überschreiten zu sehen. Aber, wie ge sagt, in Deutschland glaubt man das Schlimmste nun glücklich überstanden zu haben. Anderswo denkt man anders. Der amerikanische Rheinlandkommiffar Pierpont B. Noyes ist es ge wesen, der in diesen Tagen nach seiner Rückkehr aus Amerika in einem in der holländischen Hauptstadt gehalte nen Vortrag klipp und klar ausgesprochen hat, daß die französische Militärpartei fest entschlossen sei, in das Ruhr gebiet einzurücken. Dieser Beschluß sei schon vor minde stens 18 Monaten gefaßt worden, und man werde schon einen Vorwand finden, ihn auszuführen. „Unsere Rhein armee ist eine Zündschnur, die von dem Punkt, wo die Funken europäischer Militärabenteuer am dichtesten nie- derprasseln, geradewegs zu unserem Zeughaus in Amerika führt. Genau wie im Juni 1919 hat Deutschland auch jetzt nachgegeben, und es werden sich noch eine Menge Gelegen heiten finden, Deutschland Vertragsbruch vorzuwerfen." Der amerikanische Rheinlandkommiffar sprach weiterhin von der ernstlichen Gefahr eines neuen Krieges und von der Gemeinsamkeit der britischen und amerikanischen Interessen, seinen Ausbruch zu verhindern. Was jetzt schon von Amerika getan werden könne, und zwar im Interesse des eigenen Friedens sür die Neue Welt, sei die Einstel lung Ser Verbrüderungen mit den chauvinistischen europä ischen Militärs. Europa müsse verstehen, daß das Rhein land der Schlüssel Europas sei. Mit dem Besitz der Ruhr und Oberschlesiens würde Frankreich die Industrie Ita liens, der Schweiz, Hollands, Skandinaviens und der neuen Staaten im Osten beherrschen. Das gehöre mit zu seinen militärischen Zielen. Die Besetzung der Ruhr gebe Frankreich die Möglichkeit, Deutschland jederzeit zu er drosseln. So sieht der amerikanische Beobachter die Gefahren des französischen Militarismus. Wie würde er erst sprechen, wenn er auch in Oberschlefien Gelegenheit gehabt hätte, den französischen Militarismus zu beobachten. So rührig er sich dort gebärdet, wo er es nur mit dem vollkommen entwaffneten, mit dem ganz und gar machtlosen und des halb friedfertigen Deutschland zu tun hat, so zurückhaltend weiß er sich zu verhalten, wo die ungemein rührige, die vortrefflich bewaffneten, die überaus kriegslustigen und eroberungsgierigcn Polen ihm geaenüberstehen. Aus Wil sons Veranlassung ist die Zukunft Oberschlesiens von dem Ergebnis einer Volksabstimmung abhängig gemacht wor den. Um so mehr ist es zu beklagen, daß die Vereinigten Staaten darauf verzichtet haben, sich aus eigener Anschau ung von den Verhältnissen zu überzeugen, die unter der Herrschaft der Interalliierten Kommission in Oppeln im Abstimmungsgebiete herbeigeführt wurden. Sie hätten den französischen Militarismus dort noch von einer ande ren Seite kennen gelernt, hätten gesehen, wie er sich mit offenkundigen Räubern und Mördern verbrüdert, wie er die dem Schutze der Entente anbefohlenen Bevölkerung des Landes ruhigen Herzens der tiefsten Not überläßt, nur um den Brigantenanschlag Korfantys dem Heitz begehrten Ziele zuzusühren. Sie hätten sich davon überzeugen kön nen, wie gleichgültig französische Offiziere, französische Soldaten bleiben können, auch wenn in ihrer unmittel barsten Nachbarschaft Gewehre losgehen, Handgranaten krachen und polnische Sensenmänner ihr schauerliches Handwerk betreiben. Sie würden dann auch vielleicht sür den tieferen Sinn der Bündnispolitik, die Frankreich vor dem Welt krieg betrieben hat, mehr Verständnis zeigen, als es leider auch jetzt noch immer der Fall ist. Briand beginnt einzulenken. Geneigtheit zu Verhandlungen. Die französische Negierungspresse bereitet darauf vor, l daß Briand angesichts der englischen Hartnäckigkeit seinen I Widerstand gegen eine neue Konferenz der Entente aufge- ' den werde, so daß die Konferenz im Laufe der Woche in Boulogne zusammentreten dürfte. Da Lloyd George nicht nur die oberschlesische Frage lösen möchte, sondern auch eine Aussprache über andere internationale Probleme wünscht, so wäre es unmöglich, den Widerstand gegen die Konferenz länger fortzusetzen. Curzon gegen die Pariser Stechmücken. Lord Curzon sagte in einer Rede zu London vor der konservativen Primrosevereinigung über die europäische Lage, daß sich Symptome bemerkbar machen, die auf eine günstige Veränderung hindeuten. Deutschland habe das Ultimatum angenommen, was ein günstiges Vorzeichen sei, weil man glauben muß, daß Deutschland sein Wort halten werde. Dieses bedeutende Ereignis sei durch die Zusammenarbeit Frankreichs und Englands herbeigeführt worden. In beiden Ländern gebe es überlegene Geister, die diese Einigung wünschen, trotz dem fortgesetzten SummenvonStechmücken, namentlich der Stech- mückeninderPresse. Briand wisse sehr gut, daß es leicht wäre zu brechen, daß aber eine derartige Politik ein Unglück wäre. Alle wünschen ein Deutschland, das bar bezahle, was es verschuldet habe, aber wir wünschen keine Revanche. Neue amerikanische Friedensresolutionen. Der Ausschuß des Repräsentantenhauses für Auswär tige Angelegenheiten beschloß, dem Hause die Resolution Porter zugehen zu lassen, die die Aufhebung des Kriegs zustandes zwischen den Vereinigten Staaten einerseits und Deutschland und Österreich andererseits Vorsicht. Diese Resolution soll an die Stelle der Resolution Knox treten. Porter, Vorsitzender des Ausschusses, erklärte, seine Reso lution werde dem Repräsentantenhause in der nächsten Woche zu sofortiger Beratung unterbreitet werden. Neue Kämpfe in Oberschlesieu. Korfanty beschlagnahmt Kohlengruben. Trotz des Entwaffnungsversprechens von Korfanty und trotz des „Einmarsches" der Engländer geht es in Oberschlefien weiter wie zuvor. Die Polen tun, was sie wollen, und die Franzosen unterstützen sie. Gelegentlich kommt es auch einmal zu einer kleinen Rauferei zwischen F.anzosen und Polen, wie das bei so ungebärdigen Freunden nahe liegt, aber das macht weiter nichts. Atan schlägt sich und verträgt sich wieder, natürlich auf höhere Weisung. Nach den in Oppeln vorliegenden Meldungen ist an der ganzen von den Insurgenten besetzten Linie eine leb hafte Wiederaufnahme der Kampfhandlun gen sestzustellen. Im Kreis Oppeln mußte Turawa von den deutschen Verteidigern geräumt werden, die 4 Tote und 6 Verwundete zu beklagen hatten. Im Kreis Grotz- Strehlitz wurde Slawa durch einen polnischen Panzer zug vom Bahnhof Schimischow aus und durch Artillerie der Aufständischen stark beschossen. Das dem Grasen Strachwitz gehörige Schloß Schimischow bei Groß-Streh- litz wurde von den Polen in Brand gesteckt. Besonders heftige Angriffe, die ebenfalls durch polnische Artillerie vorbereitet und unterstützt wurden, richteten die Insurgen ten gegen die deutschen Verteidiger östlich des Anna- Berges. Die heftigen Nachtangriffe der Aufrührer schei terten völlig. Die Vorstötze wurden am Morgen mit star ken Kräften wiederholt. Sie endeten gleichfalls mit einem Mißerfolge derJ ns urgenten. Lebhafte Kampf- räügkeit herrscht auch im Kreise Cosel. Bei Brzesnitz und Gregorsowitz im Kreis Natibor versuchten die Polen, über die Oder vorzudringen. Sie wurden zurückgeschla- g e n. Im Kreis Rosenberg wird von den polnischen Auf rührern nach wie vor geplündert. Ein weiteres Vorrücken der englischen Truppen bei Stubendors ist immer noch nicht erfolgt. Die preußischen Bergwerke zu Hindenburg. Der amtliche preußische Pressedienst schreibt: Korfanty hat die Staatliche Bergwerksdircktion Hindenburg, welche etwa 30 000 Arbeiter beschäftigt und im Frieden sechs bis sieben Millionen Tonnen Steinkohlen förderte, unter Zwangsverwaltung gestellt. Bei der Interalliierten Kom mission ist von der genannten Verwaltung sofort schrift lich und bei ibrcm zufällig in Hindenburg anwesenden Vertreter mündlich energischer Protest gegen diese uner hörten Maßnahmen und den dreisten Eingriff in die Rechte der Interalliierten Kommission eingelegt worden. Bisher ist dieser Einspruch ohne Erfolg geblieben. Soweit jetzige Meldungen reichen, ist nicht nur die Direktion selbst, son dern sind auch die ihr unterstellten Berginspektionen unter polnische Verwaltung und Kontrolle genommen worden. An die Spitze ist von Korsanty der Pole Ziele wicz gestellt worden. Diese Anordnung verdient besonderes Inter esse, denn Zielewicz war bis zum Aufstand Leiter des polnischen Staatlichen Kohlenamtes in Warschau. Daraus, daß gerade er mit der Leitung der Staatlichen Bergwerksdirektion betraut worden ist, geht deutlich her vor, wie innig und planmäßig das Zusammenarbeiten der polnischen Insurgenten mit dem polnischen Staat erfolgt. Franzosen und Polen. Die Stadt Pleß, die von den Polen besetzt worden .war, ist jetzt wieder der interalliierten Verwaltung unter stellt. Die Vorgänge in Pleß sind so interessant, daß wir sie noch nachträglich wiedergeben wollen: In der Nacht vom 1. zum 2. Juni sind die Insurgenten in Pleß eingerückt. Sie haben die dortige deutsche Apo in der Stärke von etwa 60 Mann gefangen genommen und verschleppt. Auch wurde eine Anzahl deutscher Bürger weggesührt. In einigen Fällen sind hohe Lösegeldcr er. preßt worden. In der Stadt liegt eine Eskadron französi scher Dragoner in der Stärke von etwa 45 Mann. Da berits seit einigen Tagen die Besetzung der Stadt durch Insurgenten zu befürchten war, bemühte sich der italienische Kreiskontrolleur, Oberst Cartcati, die Apo in Sicherheit zu bringen. Er bekam aber in Gleiwitz, wohin er seinen Adjutanten schickte, keine geeigneten Beförderungsmittel. Indes erklärte der französische Beigeordnete des Kreiskontrolleurs diesem ausdrücklich, daß er mit den französischen Truppen sür die Sicherheit der Apo in Pleß einstehe. Die französischen Trup pen haben den einriickcndcn Insurgenten keinen Widerstand entgegengesetzt. Oberst Caricati hat am 2. Juni eine Auffor derung an den Führer der Insurgenten aus sosortige Räu mung der Stadl und Rückgabe der Gewalt gerichtet. Jetzt wird gemeldet, daß die abgezogenen französi schen Alpenjäger wieder ihren Dienst in der Stadt Pleß versehen; die verschleppten deutschen Bürger seien „zum größten Teile" zurückgekchrt. Von den erpreßten Löse geldern verlautet nichts. Etwas weniger gemütlich ist es in Kattowitz zwi schen Franzosen und Polen zugegangen, worüber folgen der Bericht vorliegt: In KaUowiy ist es zu Zusammenstößen zwischen Polen und Franzosen gekommen. Letztere hatten von Bogutschüy her einen großen Ledensmiucltranspon sür die Kauowitzer Be satzung herangejahrcn. An der Barrikade der Insurgenten an der Stadtgrenzc wurde der Transport ausgehalten. Als die Franzosen einige Schreckschüsse abgabcn und damit keinen Erfolg erzielten, griff die Kauowitzer Besatzung durch die Friedrichstraße ein. Die Barrikaden wurden gestürmt, die Franzosen kolgten den Insurgenten und hoben in Bogntschütz das polnische Standguartier aus. Es wurden etwa 20 Insurgenten gefangen und nacy Kattowiy abtransportiert. Diesem Vorfall folgte eine S ä u b e r u n g s a k t i o n in sämt lichen Nebenstrecken an der Grenze von Bogutschütz. Hierbei kam es zu cinemI e b h a f t e n Fe u e rge secht zwischen In surgenten, und Franzosen, in das die Insurgenten von der