Volltext Seite (XML)
WMmfferHWblaü Wochenblatt für Wilsdruff und Llmgegend Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Postscheckkonto Leipzig 28644 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr 125. Mittwoch den 1. Juni 1921. 80. "Jahrgang. Amtlicher Teil. Mit Wirkung vom 1. Juni 1921 werden nachfolgende Bekanntmachungen des Kommunalverbandes Meitzen-Stadt und -Land aufgehoben: Die Bekannt machung vom 20. September 1916 über die Neuregelung des Verkehrs mit Milch, Butter und Eiern, Bekanntmachung vom 9. November l916 über den Verkehr mit Mich, Be kanntmachung vom I2. Februar 1917 über den Verkehr mir Butler (Einführung der Landesfettkarle), Bekanntmachung vom 12. Mai 1917 über die Regelung des Verkehrs mit Magermilch, Quark und Käse, Bekanntmachung vom 1. März 1919 über den Verkehr mit Ziegenmilch und Ziegenkäse, Bekanntmachung vom 26. August 1919 über die Ein führung von wöchentlichen vereinfachten Milchaußweisen, Milchkontroüe, Bekanntmachung vom 9. März 1921 über die Höchstpreise für Vollmilch, Butter- und Magermilch, Butler, Molkeneiweth, Quark- und Magerkäse, Bekanntmachung vom 14. Aprrl 1921 über die Höchstpreise für Ziegenmilch und Ziegenkäse. Weiterhin werden die noch nicht belieferten Abschnitte der Landcsfeltkarte und der Landessperrkarte für Magermilch gleichfalls mit Wirkung vom 1. Juni 1921 für un gültig erklärt. irre Nr. 455110. Meißen, am 30. Mai 1921 Kommunakverdand Meitzen-Stadt u. -Land. Jie MWreiMMigW siir Minderbemittelte LLLL Stadt und -Land muß mit der Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung der Butter vom 1. Juni 1921 ab in Wegfall kommen. Die Müchgutscheine vom 1. Juni 1921 ab weiden für ungültig erklärt. Meißen, am 30. Mai 1921. «re? Nr. 454 11 0. Kommunalverband Meißen-Stadt und -Land. Donnerstag den 2. Juni 1921 abends 7 IDr öffentliche Sitzung der Stadtverordneten. Die Tagesordnung hängt im Verwaltungsgebäude aus. Wilsdruff, am'31. Mai 1921. 4?.ss Ter Stadtverordnetenoorsteher. Grumbach. Donnerstag, den 2. Juni nachmittags von 2—5 Uhr Zuckerkarttn-Busgabe rm Gemeindeamt. irr« Grumbach, am 31. Mal 1921. Der Gemeindevorstaud. Keffelsdorf. Zuckerkartenausgabe Mittwoch den I. Juni !92I vormittags von 16—12 Uhr im Gemeindeamt. Die angesetzte Zett ist unbedingt inne zu hallen. 4224 Kesselsdorf, am 31. Mai 1921. Der Gemeindevorstand. Blankenstein. Mit Genehmigung der Amrshauptmannschaft wird der Kommunitalionsweg von Blankenstein nach Helbigsdorf vom 2. bis 4. Juni gesperrt. Der Verkehr wird über Lembach verwiesen. 4,29 Blankenstein, am 31. Mm. I V.: Ranft, Gemeindc-Aeltester. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die deutsche Regierung hat die Verpflichtung erfüllt, bis zum 31. Mai 1921 eine Milliarde Goldmark an die Repa- rationskommission zu zahlen. Es wurden dreimonatige Schatzwechsel mit Sicherheitsleistung deutscher Banken über sandt. * Der Reichskanzler beabsichtigt, sich nach München zu be geben, um mit der bayerischen Regierung direkt über die Ein wohnerwehren usw. zu verhandeln. * Dr. Walter Rathenau ist vom Reichspräsidenten zum Wiedsraufbauminister ernannt worden. * Die sreiwillige Abstimmung über den Anschluß an Deutsch land in Salzburg ergab in 85 Gemeinden eine Mehrheit von zirka 68 060 Stimmen für den Anschluß, denen noch nicht 1000 ablehnende Stimmen gegenüberstanden. * In amtlichen englischen Kreisen soll der Wunsch sott- bestehen, daß der Oberste Rat sich noch im Lause dieser Woche versammle. Frankreich sei von diesem Wunsche unter richtet. * Die englische Regierung hat beschlossen, das Standrecht über den ganzen Süden von Irland zu verhängen. * In den letzten Tagen wurde in Prag die Gründung der Internationalen Kuliurliga vollzogen, die sich die Ausgabe gestellt hat, die geistigen und physischen Arbeiter der ganzen Welt einander näher zu bringen. * In Syrien sollen ernste Unruhen ausgebrochen sein. Französische Truppen seien gegen die Aufständischen entsandt Worden. * Präsident Harding äußerle sich in Washington zu stimmend zu der Einleitung der Maßnahmen zur allgemeinen Entwaffnung zu Wasser und zu Lande. Wiedefaufbaummister Rathenau. Sofortige Amtsübernahme. Die Ernennung des Präsidenten der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft Dr. Walter Rathenau zum Mi nister für Wiederaufbau ist erfolgt. Die Ernennungsur kunde ist vom Reichspräsidenten in Mergentheim unter zeichnet worden. Der neue Minister wird sofort seine Amtstätigkeit anfnchmen. Wolter Rathenau war der Mann, der 1914 nach Aus bruch des Krieges zur Organisierung der Rohstoffquellen und zur Einstellung der Industrie auf die Kriegsnotwen digkeiten berufen wurde. Jetzt wird er im entgegengesetz ten Sinne damit beauftragt, die gleichen Gebiete wieder nutzbringend und ergiebig für den Aufbau der Wirtschaft nach der Katastrophe zu gestalten. Der neue Minister ist im öffentlichen Leben Deutschlands eine der markantesten Persönlichkeiten, weniger durch bestimmte politische Po sitionen als infolge der Eigenart seines Denkens in all gemein-staatskulturellen und volkswirtschaftlichen Fra gen. Seine reiche journalistische und literarische Betäti gung ist bekannt. Ter neue Minister für Wiederaufbau steht im 54. Lebensjahre. Er wurde als Sohn des Begründers der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft am 29. September 1867 in Berlin geboren. Nach Vollendung seiner^ Studien war er mehrere Jahre technischer Beamter einer Alumi niumgesellschaft in der Schweiz, von 1893 bis 1899 leitete er die elektrotechnischen Werke, für die er große Anlagen in Deutschland, in Rußland und in Frankreich baute. Später trat er in die A. E. G. ein, 1902 wurde er Mitglied der Direktion der Berliner Handelsgesellschaft, 1907 bis 1908 bereiste er mit Staatssekretär Dernburg die deutschen Kolonien. Seit mehreren Jahren ist Dr. Rathenau Präsi dent des Verwaltungsrates der A.^E.-G. Der Wirrwarr m Oberschresien. Eine volle englische Division in Sicht. Die ersten britischen Truppen sind bereits in Oppeln eingetrosfen. Neuerdings wird angekündigt, daß eine ganze britische Division nach Oüerschlesteu abgehen soll. Sie wird unter dem Kommando des DivisiouSgenerals Henniker stehen, der sich im Kriege sehr ausgezeichnet hat. Die Division wird mit Artillerie, Pionieren und Tanks voll ausgerüstet sein. Fragen an Le Nond. Wie das „Echo de Paris" mitteilt, hat die Botschafier- konferenz dem General Le Rond in Oppeln folgende Fra gen gestellt: 1. Welche Maßnahmen schlägt General Le Nond vor, um die Besetzung einer verbindenden Zone zwi schen der deutschen und polnischen Front durch alliierte Truppen sicherzustellen? 2. Kann General Le Rond zur so fortigen Besetzung dieser Zone schreiten, ohne die englischen Verstärkungen abzuwarten? 3. Entspricht der Vorschlag Percival de Marini der angcnblicklichen Lage und kann er angesichts de Ereignisse nützlich sein? 4. Ist Korfanty und das Exekutivromitee, dessen Präsident er ist, wirklich Herr der polnischen Bewegung, oder herrscht Disziplinlosigkeit unter seinen Anhängern und seinen Kämpfern? In manchen französischen Kreisen rechnet man bereits mit dem Rücktritt Le Rands, der allerdings in den letzten Tagen noch einige seltsame Kundgebungen erlassen hat. Das Rote Kreuz. Aus Gens wird gemeldet: Aus Ersuchen des Generals Le Rond, Vorsitzenden der Interalliierten Kommission, und der Präsidenten des deutschen und des polnischen Roten Kreuzes hat das Internationale Rote Kreuz in Gens zwei Delegierte nach Oberschlesien gesandt zu einer Untersuchung über das Schicksal der Geiseln und der Gefangenen sowie zur Hilfe leistung für die Zivilbevölkerung. Dies ist die erste Durch führung der aus dem 10. Kongreß des Internationalen Roten Kreuzes angenommenen Resolutionen über die Intervention des Roten Kreuzes im Bürgerkrieg. Die Kämpfe. Trotz des Versprechens Korfantys, die Waffen nieder zulegen, ist die Ruhe im Aufstandsgebiet durchaus noch nicht eingetreten. Manche nehmen das Angebot Korfan tys überhaupt nicht ernst und sprechen von einem Bluff, andere sind der Ansicht, daß die einzelnen polnischen Ban den auf eigene Hand vorgehen, ohne sich um Weisungen von Warschau oder sonstwoher zu kehren. Schwerere Ge fechte werden aus den letzten Tagen gemeldet aus der Gegend von Rosenberg, Hindenburg, Groß Stein, Kreuzen ori (Kr. Ratibor) usw. Verschiedentlich wurden Eisen bahnzüge angehalten und ausgeplündert. - Bewaffnete Insurgenten haben aus dem Bahnhof Kattowitz 30 Personen-, Pack- und Güterwagen gestohlen und nach Jdaweiche abgeschleppt. Die Wagen standen auf den Gleisen innerhalb des Stadtgebietes, das nach Verein barung der Franzosen mit den Insurgenten von diesen nicht betreten werden durste. Die französischen Wachen verhinderten den Diebstahl nicht, obwohl sie rechtzeitig durch das Eisenbahn-Aufsichtspersonal verständigt worden waren. Mehrere hundert Insurgenten, mit polnischen Apo-Be- amten an der Spitze, drangen in das Flüchtlingslager im Lyzeum zu Hindenburg. Die französische Wache, die kurz vorher verdoppelt worden war, ließ sich zurückdrängen. Die Insurgenten schlugen die Türen ein und drangen unter dauerndem Feuern in die Unterkunftsräume. Zwei deutsche Apo-Beamte fielen unter den ersten Schüssen. Die übrigen Flüchtlinge wurden unter Kolbenstoßen auf die Straße getrieben und nach Bielichowitz aescklsvvt. 17 demfcye Flüchtlinge wurden getötet. Tie Frau des Land jägers Briske erlag einem Schlaganfall, als sie erfuhr daß ihr Mann durch Mißhandlungen bis zur Unkenntlichkeit verunstaltet worden sei. Gegen 3 Uhr morgens kamen drei französische Panzerwagen aus Gleiwitz an und ver trieben die Insurgenten aus dem Stadtinnern. Die Ver handlungen zweier hoher französischer Offiziere über die Auslieferung der Flüchtlinge sind ergebnislos geblieben. Die polnischen Anführer erklärten dem französischen Kreis- kontrolleur in Gleiwitz, daß ihre Leute den Angriff auf das Lyzeum ohne Befehl ausgeführt hätten, ein Beweis dafür, daß die polnischen Führer die Gewalt über die In surgenten verloren haben. Die oberschlrsischcn Landwirte. Der Vorsitzende des Oberschlesischen Wirtschaftsbun des, Graf Garnier-Turawa, hat an die Interalliierte Kommission in Oppeln einen scharfen Protest gerichtet, der darin gipfelt, daß die Kommission ihre Versprechungen, die Bevölkerung beider Nationalitäten gleichmäßig zu schützen, nicht eingelöst habe. „Unsere Häuser und viele Herrensitze sind größtenteils geplündert, liegen teilweise in Schutt und Asche, unsere Pferde sind zu Tausenden gestoh len, unser Vieh weggetrieben, unsere Beamten verjagt, mißhandelt, teilweise erschossen." Dazu kommen noch die indirekten Verluste durch die Schädigungen der Frühjahrs bestellung. Gegen die falschen Behauptungen Briands in der französischen Kammer wird Einspruch erhoben, und auf die Gefahr anarchistischer Zustände hingewiesen. Das Schreiben schließt mit der Frage, ob die Interalliierte Kommission, die uns Schutz, Frieden, Sicherheit ausdrück lich zugestchert hat, bereit ist: 1. dem zerstörten oberschlesischen Grundbesitz inner halb des besetzten Gebietes einen sofortigen zinslosen Kredit zu gewähren, der in einem Prozentverhältnis zum entstandenen, durch neutrale Kommission zu taxierenden Schaden steht? Dies ist unbedingt und sofort zur Auf nahme der Produktion erforderlich. 2. Ob die hohe Interalliierte Kommission den ent standenen Schaden innerhalb der besetzten Gebiete dem ge- schädigten Grundbesitz in deutscher Währung zu erstatten sich bereit erklärt? Ein Reichstagsabgeordneter verschleppt. Der deutschnationale Abgeordnete Hartmann, leiten der Arzt des Knappschastslazaretts KönigShütte, ist von den Polen gesangengenommen und nach unbekanntem Otte Ver schleppt worden. Es handelt sich um einen 65 Jahre alten Herrn. Der Reichspräsident hat über das Auswärtige Amt Schritte getroffen, um die Interalliierte Kommission zur Er mittlung und Befreiung des Abgeordneten zu veranlassen. „Heikle" Aussichten. Laut „Times" ist die Lage hinsichtlich des Zusammen wirkens zwischen britischen und französischen Truppen in Oberschlesien sehr heikel. Tie Franzosen haben bisher, wie das Blatt hervorhebt, der polnischen Besetzung so gllt wie keinen Widerstand entgegengesetzt. Es kann nach der „Times" kaum erwartet werden, daß die britischen Trup pen dieselbe Haltung einnebmen. Wenn die Franzosen ihre Politik nicht änderten, bestehe daher die „ernste Ge fahr" eines Zusammenstoßes zwisck>en den geringen briti schen Streitkräften und den polnischen Aufständischen. Während nach einer Reutermeldung General Le Rond berichtet, Daß bewaffnete Deutsche weiter in Oberschlesien einrücken, erklärt der „Times"-Bcrichterstatter in Oppeln, daß die Grenze an der deutschen Sette jetzt so befriedigend, wie nur irgend möglich, geschlossen sei. Die Disziplin der Leute des Generals Höfer sei gut, und es bestehe keinZwei- scl daran, daß General Höfcr sie fest in der Hand hat.