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MsdmfferNMatt sa«m>r N,.« Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend PE«N«X-!-»,««r»«i4 Vt-fes Bla« enthält -i- amtlichen Bekanntmachungen -er «mtchanptmannfchast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats r» Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt »«»««««»» D rx«»«: Arthur Aich««»« in WUrdrxff. ««antwortlich« Schriftleiter: Herma«« Lässig, für de« Inseratenteil: «rthxr 8sch««»e, beide ft, WU^nch. Nr. 108. Mittwoch den 11. Mai 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. Bei uns sind eingegangen vom Sächsischen Gesetzblatt das 1. bis 7. Stück vom Jahre 1921, vom Reichs-Gesetzblatt Nr. 27 bis 44 vom Jahre 1921. Diese Eingänge, deren Inhalt aus dem Anschläge in der Hausflur des Verwaltungs gebäudes ersichtlich ist, liegen 14 Tage lang in der hiesigen Ratskanzlei zu jedermanns Einsicht aus. Wilsdruff, am 9. Mai 1921. 3«7r Der Stadtrat. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Frist des an Deutschland gerichteten Ultimatums der Alliierten läuft am 11. Mai um Mitternacht ab. * Die für den 9. Mai angesetzte Vollsitzung des Reichs tages fiel nach dem Beschluß des Altestenausschusses aus. * Die Interalliierte Kommission für Oberschlesien soll die Stadt Oppeln verlassen haben. * Das Berliner Kommunistenorgan die „Rote Fahne" ist erneut beschlagnahmt worden. * Der Landrat von Sangerhausen, der unabhängige Sozia list Kasparek, ist auf Veranlassung des Sondergerichtes ver haftet worden. * Der Prinzgemahl der Niederlande hat dem Grab der Kaiserin Auguste Viktoria in Potsdam einen Besuch abge- ftattet. * Der japanische Kronprinz ist in England eingetrofsen und hat eine Proklamation an das englische Volk erlassen. * Zum Präsidenten von China wurde Suniatsen erwählt. Handelsvertrag mit Rußland. Den Verträgen mit England und Polen hat Rußland, das Rußland Lenins und Trotzkis, nunmehr auch einen Vertrag mit Deutschland folgen lassen. Nicht den ersten freilich, den wir feit dem in Versailles für nichtig erklärten Friedensschluß von Brest-Litowsk mit den Nachfolgern der ehemaligen Zarenregierung geschlossen haben. Aber die früheren Abmachungen waren eng begrenzter Natur und ließen die allgemeine Gestaltung unserer Beziehungen zu Sowjetrußland immer noch offen. Der jetzt von beiden Seiten unterzeichnete Vertrag dagegen ruht schon auf ziem lich breiter Basis, wenn er auch noch keine volle Wiederauf nahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern bedeutet. Er knüpft an die um der Kriegsgefan genen und Zivilinternierten willen vor Jahresfrist ge schaffenen Fürsorgestellen in Moskau und Berlin an. Die Leiter dieser Behörden hatten schon bisher die Befugnis zur Anbahnung von Gelegenheitsgeschäften mit Vertretern der Handels- und Jndustriekreise, und auf diese Weise sind bereits in Deutschland sowohl wie in Rußland verschie dentlich mehr oder weniger umfangreiche Warenlieferungs verträge zustande gekommen. Auf die Dauer aber konnte dieser Notbehelf den Bedürfnissen nicht genügen. Hüben wie drüben drängte alles auf Erweiterung der Einzelbe ziehungen hin, und da England sowohl wie die Vereinig ten Staaten in diesen Punkten schon seit langem alle Be denken hatten fallen lassen, so kamen auch die deutsch russischen Verhandlungen darüber mehr und mehr in Fluß. Bis im Februar dieses Jahres in Moskau ein Protokoll unterzeichnet werden konnte, das nunmehr die Zustimmung beider Regierungen gesunden hat. In Zukunft sollen danach die genannten Fürsorge stellen für Kriegsgefangene die Interessen ihrer Staats angehörigen wahrnehmen und durch besondere Handels vertretungen die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern pflegen dürfen. Zu diesem Zweck werden ihnen gewisse konsularische Befugnisse verliehen. Die russische Regierung verpflichtet sich, das Eigentum der auf Grund des Abkommens nach Rußland einreisenden deutschen Staatsangehörigen durch besondere Schutzbriefe sicherzu stellen, was bei den augenblicklich in Rußland zurzeit maß gebenden Rechtsbegriffen gewiß keine überflüssige Vor sichtsmaßnahme ist. Ebenso notwendig war die ausdrück liche Übernahme der Verpflichtung, sich jeder Propaganda gegen die Staats- und Rechtsverhältnisse im andern Lande zu enthalten. Man möchte glauben, daß in Zukunft sogar auch auf Innehaltung dieser Verpflichtung von feiten der russischen Beamten und Agenten bis zu einem gewissen Grade wenigstens gerechnet werden darf. Den beiderseiti gen Vertretungen wird auch die Befugnis zur Legalisation und Beglaubigung von Urkunden beigelegt, da nur auf diese Weise unendlich zeitraubende Schwierigkeiten im Nachbarverkehr überwunden werden können. Materielle Wichtigkeit besitzen die Artikel 12 und 13 des Abkommens, in denen der Versuch gemacht wird, die grundsätzliche Ver schiedenheit des russischen Wirtschaftssystems mit dem in Deutschland herrschenden freien Handel in Einklang zu bringen. Noch ist ja dieser freie Handel in Rußland grundsätzlich verboten, so daß nur der russische Staat als Gegenkontrahent des deutschen Kaufmanns für abzuschlie ßende Rechtsgeschäfte in Frage kommt. Die russische Re gierung erkennt nunmehr ihre Verbindlichkeit für alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen ihrer Vertreter in Deutschland ausdrücklich an und unterwirft sich in dieser Beziehung den deutschen Gesetzen, der deutschen Gerichts barkeit und der deutschen Zwangsvollstreckung, sofern die Handelsgeschäfte auf Grund dieses eben zustandegekom- menen Abkommens in Deutschland abgeschlossen worden sind. Sind sie in Rußland abgeschlossen, so wird die Auf nahme einer Schiedsgerichtsklausel in die Verträge zuge standen, deren näherer Inhalt Sache jedes abschließenden Einzelkaufmanns ist. In Zukunft können danach Klagen aus solchen in Deutschland vorgenommenen Rechtsgeschäf ten in Deutschland angestrengt und der hiesigen russischen Vertretung zugestellt werden, was bisher angesichts de, Exterritorialität dieser Agenturen nicht möglich war. Soweit in großen Umrissen der Inhalt des Abkom mens. Man kann gegen ihn natürlich all die Einwendun- gen erheben, die gegen jeden gleichviel wie gearteten Ver trag mit der Sowjetregierung aus bekannten Gründen sich einstellen. Immerhin muß anerkannt werden, daß diese Sowjetregierung unser vorjähriges Abkommen, soweit es die Heimsendung deutscher Kriegsgefangener und Inter nierter betraf, im großen und ganzen eingehakten hat. Be denklich bleibt allenfalls die Propagandafrage; doch bleibt sie das ebenso sehr im Falle von Vertragsbindungen wie von Nichtbindungen. Das Entscheidende ist und bleibt die Aufmerksamkeit unserer Grenz- und Jnlandsbehörden, die unter keinen Umständen erlahmen darf. Und was die Stärkung der Stellung der Moskauer Gewalthaber anbe- trifft, so ist das ein Gesichtspunkt, der für uns gewiß nicht ausschlaggebend sein kann, gegenüber der Notwendigkeit, die Interessen der deutschen Staatsangehörigen mit allen uns verbliebenen Kräften wahrzunehmen. Das inter nationale Ansehen der Sowjetregierung hängt ungleich mehr von anderen Faktoren ab, auf die wir gar keinen Einfluß haben. Aber zu warten, bis die Geschichte ihr endgültiges Urteil über die Lenin und Trotzki gefällt hat, dazu sind wir denn doch nicht in der Lage. Eben in die sem Augenblick scheinen sich in Moskau sehr weittragende Ereignisse abzuspielen. Der Rücktritt von Sinowjew so wie der Hauptleitung der außerordentlichen Kommissionen deuten auf eine schwere Ktisis hin, in der Lenin sozusagen als Träger der gemäßigten Richtung Sieger zu bleiben scheint. Man sieht danach, daß auch für Sowjetrußland das letzte Wort noch lange nicht gesprochen ist. Schöne Worie Lloyd Georges. Deutschland möge nur unterschreiben. Der englische Ministerpräsident Lloyd George hielt wieder einmal eine große Rede über die allgemeine Poli tische Lage. Er streifte dabei den englischen Streik, die Lage in Oberfchlesien und kam dann auf Deutschland zu sprechen. Dabei gab er — ähnlich wie in Spa — der Hoff nung Ausdruck, daß „die Klugheit in Berlin das Überge wicht erhalten" würde, und sagte weiter: „Es ist dies nicht nur für Europa, sondern auch für Deutschland selbst von großer Wichtigkeit. Wenn Deutsch land gemäß dem Versailler Friedensvertrag die Entwaff nung durchgeführt habe, so habe es auch das Recht, von den Alliierten zu fordern, daß auch Polen seine Truppen entwaffne. Großbritannien ist der Ansicht, daß man Deutschland als Unterlegenen mit k-rir pW)? behandeln solle. Denn, wenn der Friedensvertrag von ihm durch- gesührt werden soll, so müssen notwendigerweise auch alle andern die Bedingungen erfüllen." Lloyd Georges Reden — soweit sie Deutschland be treffen — stehen meist im Widerspruch zu seiner Hand lungsweise. Auch diesmal werden sich Wohl nur wenige Leute finden, die Vertrauen zu der Eerechtigkeitsliebe des englischen Premiers haben. Schnellste Besetzung des Ruhrreviers Der französische Hetzapostel Pertinax schreibt im „Echo de Paris": „Für uns bleibt die bedeutendste Angelegen heit die Besetzung des Ruhrgebiets in möglichst kürzester Frist, was immer auch die Entscheidung sein möge, die die Minister des Deutschen Reiches von heute bis zum 12. Mai treffen werden. Wenn die Ereignisse, die jetzt im Laufe sind, sich entwickeln, ohne daß wir dieses unerläßliche Pfand ergreifen können, dann muß die Partie, die Mi nisterpräsident Briand eingeleitet hat, als verloren be trachtet werden. Denn alles wird noch einmal von neuem zu machen fein; es kann uns doch nur zu Enttäuschungen führen." Eine warnende Stimme. Dis „Baseler Nachrichten" wenden sich entschieden gegen die Londoner Beschlüsse, durch die die von den Versailler Signatarmächten übernommene Verpflichtung, Deutsch lands Vertretern nach Billigkeit Gehör zu geben, einfach aufgehoben worden sei. Nach Ansicht des Blattes steht der Unterzeichnung viel mehr als die Höhe der geforderten Beträge das Zusatzprotokoll über Deutschlands Lieferun gen von Materialien und Arbeitskräften entgegen. Diese Bestimmung enthalte den Schlußstein zum Werk der abso luten Versklavung Deutschlands, die Arbeiterdeportationen im ganz großen Stil ermögliche. Der Fewzug gegen Oberschlesien Korfanty auf den Spuren von Hölz. In den überfallenen Gebieten ist die Lage andauern? gefährdet. Die Linie des von den Aufständischen besetzten Gebiets verläuft vom Norden des Kreises Rosenberg be ginnend östlich Seichwitz, östlich Bankau, westlich Wendrin, östlich Turawa und Kraschewo, östlich der Malapane und Tarnau, westlich Leschnitz, östlich Kandrzin, sodann längs der Oder bis zur Grenze. In der rein deutschen Stadl Kattowitz ist das Standrecht verhängt worden. Jeder Zivilist, der mit Waffen angetroffen wird, wird nach dem Befehl der Interalliierten Kommission erschossen. Die Stadt Königshütte befindet sich in den Händen der Aufständischen. Die Franzosen sind abgezogen. Die im „Reichshof" unlergebrachte französische Kommandantur er klärt, die Polen seien eingezogen, um Ordnung zu schaffen. Auf den Straßen und Plätzen der Stadt ist folgende Veröffentlichung zu lesen: „1. Die Arbeit kann in vollem Umfange am Montag wieder ausgenommen werden. 2. Die Straßenbahnen und Eisenbahnen werden Tag und Nacht wieder verkehren. 3. Die irregulären Truppen sol len sich so schnell wie möglich zurückziehen. Die Truppen der Interalliierten Kommission werden in vollem Maße den Schutz der ruhigen Bürger übernehmen. 4. Ruhe, Ordnung und Sicherheit kann nur aufrecht erhalten wer den, wenn die Bürgerschaft sich von allen Demonstratio nen fern hält. Volksgenossen, haltet die Straßen frei, unterstützt eure bewährten Führer in der Aufrechterhaltung der Ordnung." Die Unterzeichner sind die deutschen Ge- werlhhaftsführcr, die am Sonnabend zur Interalliierten Kommission nach Oppeln gefahren waren. Der Aufruf ist vom französischen Kreiskontrolleur genehmigt. Keine Hilse der Alliierten. Wie der Pariser „Demps" mitteilt, hat das militä rische Komitee von Versailles die Vorschläge der englischen Regierung, in Oberfchlesien die Aufrechterhaltung der Ord- nnng dadurch sichcrzustcllcn, daß man das strittige Indu striegebiet durch interalliierte Truppen besetzen lasse, die übrigen Gebiete dagegen Polen refp. Deutschland schon jetzt übermitteln solle, abgelehnt. Die militärischen Sach verständigen seien der Ansicht, daß die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht ergriffen werden sollten, da sich im übri gen auch die Lage in Oberschlesien zu bessern scheine. Es scheint also, als wenn die Entente die Dinge lassen will, um nachher, wenn nichts mehr zu helfen ist, die ge gebenen Tatsachen zum Schaden Deutschlands als unab änderlich anzuerkennen. In verschiedenen Gegenden haben sich die Deutschen zur Bekämpfung der polnischen Auf rührer zusammengeschlossen und versuchen der deutschen Sache zu helfen. Leider ist die deutsche Regierung nicht in der Lage, irgendwie helfend einzugreifen. Kandrzin wird trotz schwerer Kämpfe auch weiterhin behauptet. Die Ver luste der Insurgenten sollen dort gegen sechzig Tote be tragen. Die Stadt Kosel wurde von den Polen überrum pelt. Man hört Artillerie- und Minenfcuer. Die Eisen bahnbrücke über die Oder zwischen Kosel und Kandrzin wird unter polnischem Feuer gehalten. Auch Leschnitz wird von den Ausständischen stark angegriffen. In das Oppelner Krankenhaus wurden etwa dreißig Verwundete eingeliefert. Die Schutzpolizei wird dauernd verstärkt, ist jedoch noch völlig unzureichend. Freiwillige können nur zu einem geringen Teil Aufnahme finden. Laurahütte wurde wieder von polnischen Banden besetzt. In Laband wurden die deutschen Beamten ohne jeden Widerspruch der französischen Bedeckung von polnischen Ausständischen auf dem Bahnhof aus dem Zuge geholt, bis aufs Hemd ent kleidet und in eine Scheune gesperrt. In dem Lazarett von Pitschen, Kreis Kreuzburg, sind verwundete Insurgen ten untergebracht, die Angehörige des 6. und 13. Grenz regiments sind. Hierdurch ist die aktive Teilnahme regu lären polnischen Militärs an dem Aufstand wiederum klar erwiesen. Am Sonntag nachmittag sanden in Katto- witz mehrere Konzerte sowie Umzüge mit polnischen Fah nen statt. Die Umzüge wurden von Hallersoldaten in Uniform begleitet. Auf der Straße Zalenze— Marthahütte marschierten ebenfalls mehrere Züge, in denen man fast ausnahmslos junge bewaffnete Burschen sah, die fortgesetzt „Hoch lebe Polen" und andere Rufe er tönen ließen. Französische Soldaten sorgten für Ruhe und Ordnung, als die Umzüge die äußersten Straßen der Stadt passierten. Hindenburg ist in den Händen der Auf ständischen. Patrouillen durchzieh, n die Straßen der Stadt und nehmen zahlreiche Haussuchungen vor. Briand für die Polen. Auf die deutsche Note über Oberfchlesien hat der fran zösische Ministerpräsident eine Antwort gegeben, in der zunächst Deutschland die Schuld an dem Aufstand gegeben wird, da die falsche Meldung von der Verteilung Ober schlesiens Deutschland zur Last gelegt wird. Bekanntlich