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Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig 28614 Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Nr. 56. 80. Jahrgang Dienstag den 8. März 1921. Amtlicher Teil 30a IV Kl Ministerium des Inner« Dresden, 2. März 1921. ' Zu beziehen vom Verlag Julius Springer, Berlin 9, Link-Straße 23/24. Wochenblatt für werden in der Sächsischen Staatszeitung bekanntgegeben. § 8. Diese Verordnung tritt am 1. Juni 1921 in Kraft. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Für den Bau von Bergmannswohnungen verlangt der ReichsarbeilsminisLer anderthalb Milliarden Mark. * Der neue preußische Landtag tritt am 10. März zusammen. * Der ungarische Gras Karolui, der frühere Minister präsident, wurde als des Verkehrs mit Bolschewisten verdächtig aus Italien ausgewiesen. * Der Sowjetvertreter Krassin ist wieder in London eingetrossen und wird die Handelsverhandlungen sortsetzen. * Als letzte Amtshandlung verweigerte Präsident Wilson vor seinem Rücktritt die Unterschrift für das Auswanderer und Heeresgesetz. Er hat also sein gesetzliches Einspruchsrecht aeaen diese Gesetze einaeleat. Zm letzten Augenblick. Wieder einmal sollen die Märztage entscheidende Be- deutung für uns gewinnen. Vor einem Jahre erhob der Kapp-Putsch sein Haupt und stürzte uns in neue Unruhen und Bürgerkrieg. Diesmal holt die Entente wieder zum zum Schlage aus. Sie hat den Eindruck, daß der Früh ling bei uns ins Land ziehen wolle, daß Handel und Wandel sich von den furchtbaren Verlusten der Kriegs- und Revolutionszeit zu erholen, und daß namentlich der nicht tot zu machende deutsche Unternehmungsgeist sich auch am Auslande wieder zur Geltung zu bringen beginn^ Das will, das kann sie nicht ruhig mit ansehn. Zwar ver sichern ihre Wortführer so oft, wie der öffentliche Anstand es ihnen zu gebieten scheint, daß sie Deutschland nicht un glücklich machen, daß sie ihm sogar helfen wollen, damit es sich wieder aufrichten und im Gesamtspiel der wirtschaft lichen und geistigen Kräfte diejenige Nolle zurückgewinne, die seiner hohen Begabung, seinen geschichtlichen Verdien sten entspreche. Aber sie selber stecken noch so tief in den üblen Nachwirkungen ihres Sieges, daß sie die Gefühle der Furcht, des Neides, der Eifersucht nicht loswcrden, so oft sie über unsere Grenzen blicken. Deshalb wollen sie uns an die Leine legen. Wollen sie uns mit Tributen belasten, daß wir vielleicht gerade noch vegetieren, nicht aber als freies Volk mehr leben können, wollen sie unseren Außen- handel jeden Augenblick strangulieren können, damit wir nur ja nicht wieder übermütig werden, wollen sie uns auf Menschenalter hinaus zu Sklavenarbeit verdammen, wie sie ja durch ihre Hungerblockade dafür gesorgt haben, daß unser Nachwuchs schon von Kindesbeinen an gegen die normale Entwicklungsfähigkeit im Rückstand bleibt. Also abermals Ultimatum und Sanktionen — auf Deutsch: Friß Vogel oder stirb! Nun, das deutsche Volk scheint sich diesmal nicht ein schüchtern lassen zu wollen. Ist doch die Handelskammer von D u i s b u r g so ziemlich als erste auf den Plan getreten mit dem Ruf an die Regierung, nicht nachzugeben, obwohl man natürlich gerade in dieser vom Einmarsch unmittel bar bedrohten Industriestadt nur zu genau weiß, was kommen wird, wenn im letzten Augenblick nicht noch ein Wunder geschieht. Diesem rühmlichen Beispiel folgt die Handelskammer von Hamburg. Sie fordert ihre Ange hörigen aus schleunigst in eine Prüfung der Frage einzu treten, welche Wirkungen die von den Alliierten be schlossene Einbehaltung eines Teiles des Kaufpreises für die aus Deutschland eingesührten Waren auf schwebende Verträge haben müßte, ob insbesondere der deutsche' In dustrielle und Exporteur verpflichtet sei, Waren zu liefern, wenn er weiß oder wenn auch nur die Gefahr droht, daß er nur einen Teil des vertragsmäßig ausbedungeuen Kaufpreises erhalten soll, ob sich bei dieser unsicheren Rechtslage der Abschluß neuer Verträge über Warenlieke- varan mttwirkten. Die Versuche zur Bildung einer Ein - heitsfront scheinen endgültig begraben, nachdem die mchrheitssozialdemokratische Reichstagsfraktion ihre Mit wirkung abgclehnt hat, da sie sich von dieser Art der Ne- gicrungsbildnng im gegenwärtigen Moment keinerlei außenpolitischen Nutzen verspricht. Englische Äußerungen. London, 5. März. Die liberalen Blätter heben immer noch hervor, daß Llohd George eine Verständigung einer Anwendung der Strasmaßnahmen vorziehen würde, während die nationa listischen Zeitungen sich mehr damit beschäftigen, die An klagen gegen Deutschland hervorzuheben. Sehr interessant ist der Hinweis des „Manchester Guar dian", daß die gedachte Besetzung der Rheinstädte sich gegen die Großindustriellen, namentlich gegen Hugo S t i n n e s richte, der als der eigentlich Schuldige dafür bezeichnet wird, daß die deutsche Regierung „nicht ein so gutes Angebot gemacht hat, wie sie es sonst getan hätte" Auch eine deutsche Stelle sagte, daß die Mitteilung, wonach die angedrohte Besetzung von Düsseldorf, Ruhrort und Duisburg sich in erster Linie gegen Stinnes richten soll, aus Nichtigkeit beruhe. Die Kluft noch überbrückbar. Tas große, unser der früheren liberalen Regierung amtliche Blatt, die „Westminster Gazette" meint, daß Llovd George und seine Kollegen die Tür für ver nünftige Gegenvorschläge noch offen halten, und daß es ihnen äußerst widerstrebe, Strasmaßnahmen aufzuerlegen, von denen sie wohl wüßten, daß sie das Wirtschafts problem, das über der Welt schwebt, noch verworrener machen würden. Das Blatt führt weiterhin aus, bisher habe kein Staatsmann der Alliierten gezeigt, wie man etwas Wesentliches aus Deutschland in seiner augenblick lichen Lage herausbekommen wolle. Kein Mensch glaube ernstlich au große Zahlungen, die über 42 Jahre verteilt seien. Niemand, der die Lage in Deutschland kenne, wage auf irgend eine große Steigerung der Beträge zu rechnen, die Deutschland augenblicklich für das Besetzungsheer, in Kohlen, in Vieh und in sonstigen Abgaben auf Grund des Vertrages von Versailles bezahle. Was Deutschland viel leicht zahlen könne, wenn seine Industrie wiederhergcsteltt sei, und wenn es mit Rohstoffen versorgt werde, sei not wendigerweise eine Spekulation, die der Zukunft Vorbe halten fei. Es sei absurd, Beträge zu fordern, die nur er reicht werden könnten, wenn der deutsche Außenhandel die Weltmärkte überschwemmt, und zugleich genaue Vorsichts maßnahmen zu treffen, um deutsche Waren fernzuhallen und den deutschen Außenhandel an der Ausbreitung zu verhindern. Das Blatt schließt: Wenn die Alliierten und Deutschland die Frage in dieser praktischen Weise erörtern wollen, dann werden sie die Kluft überbrücken und eine Lösung erreichen, wenn nicht, dann werden sie vielleicht weiter schreien und weiter streiten, aber eine Wiedergut machung wird dann nicht stattfindcn, und die Finanzen Europas werden sich noch weiter verschlechtern. Nie Stimmung in Berlin. L Berlin, 8. März, nachm, Aus London sind bis zur Stunde keine bestimmten Nachrichten eingetrossen. Zwischen der deutschen Delega tion und den hiesigen Regierungsstellen besteht andauernde telephonische Verbindung, deren Ergebnis sich natürlich der Öffentlichkeit entziehen. Jedenfalls ist die Delegation eifrig mit der Aufstellung der für Montag zu erwarten den Vorschläge oder Entscheidungen beschäftigt. Vorläufig darf man von einer Einigung oder einer Hoffnung auf Einigung nicht sprechen, über die Haltung der politischen Parteien verlautet, daß die Deutsche Volkspartei und die D e u t s ch n a t i o n a l e n auf dem Standpunkt stehen, daß der Entente keinerlei Nachgiebigkeit gezeigt werden dürfe. Nach ihrer Ansicht käme ja nur ein un wesentliches Nachgeben in der Form in Betracht. Die Demokratische Partei uno das Zentrum Wei chen in ihrer Ansicht davon insofern ab, als sie für Prestigefragen kein Verständnis zeigen. In der Sache selbst stehen sie gleichfalls aus dem Standpunkt, daß ein Hinausgehen über das bisherige Angebot praktisch un möglich ist. Doch neigen sie der weiteren Ausnutzung von Verhandlungsmöglichkeiten zu. Die Mehrheilsso zialisten und die Unabhängigen bestehen noch bestimmter darauf, daß sämtliche Verhandlungsmöglichkei- ten erschöpft werden. Die Mehrheitssozialdemokratie be tont besonders, daß sie mit der bisherigen Verhandlungs taktik nicht zufrieden ist und fordert, daß bei der Formu lierung der letzten Vorschläge der deutschen Regierung und der deutschen Delegation nicht freie Hand gelassen würde, sondern daß der Reichstag oder der Auswärtige Ausschuß Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen -er Amtshauptmannschaft Meißen, -es Amtsgerichts Wilsdruff, -es Sta-trats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger Mt» Drucker: Arthur Zschunke tu Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. rungen mit alluerten Ländern überhaupt noch empfehle, und ob nicht schließlich bestehende Guthaben von den alli ierten Banken fortgezogen und in neutrale oder amerika nisch Valuta umgewandelt werden müßten. Das sind Fragen, für die man in der Tat in London ein feines Ohr haben dürfte. Schon wird gemeldet, daß die vorgeschlage- ncn Sanktionen, d. h. Zwangsmaßnahmen, auf die City, das Handelsviertel in London, einen niederschmetternden Eindruck gemacht hatten. Das deutsche Geschäft sei sofort zum Stillstand gekommen, denn so viel man auch versuche, die Öffentlichkeit über den wahren Sinn der wirtschaft lichen Sanktionen zu täuschen, in Wirklichkeit kämen sie doch auf eine Beschlagnahme deutschen Privateigentums hinaus — mitten im Frieden! In diesem Punkte ist selbst der englische Kaufmann einigermaßen empfindlich. Und die weitere Absicht, die rheinische Industrie zugrundc- zurichien, kann ihm auch nicht gerade zur Freude ge reichen, denn er vermag ganz und gar nicht einzusehen, wer von dieser Zerstörung höchstentwickelter Unternehmun gen, deren Erzcugungskrast ja durchaus nicht nur deut schen Interessenten zustatten kommt, einen Nutzen haben soll. Man nimmt, bis auf weiteres, an, daß Lloyd George wieder einmal Briands Überredungskunst erlegen sei, ohne freilich in dieser Erklärung einen Trost finden zu können gegenüber dem neuen Unheil, vor dem wir stehen. Und Deutschland? Hier sind sich alle sachverständigen Leute nach wie vor in der Überzeugung einig, daß wir recht beraten waren, als wir die Pariser Beschlüsse ablehn- ten, und daß unsere Negierung dabei auch nach dem Ulti matum beharren müsse. Der Reichskanzler hat alle in Frage kommenden Gutachter abermals gehört, bat auch namentlich die berufenen Vertreter der bedrohten Gebiets teile im Westen und Süden des Reiches zu Rate gezogen, und so viel man hört, ist ihm von keiner Seile empfohlen worden, vor Lloyd Georae zurückruweicben Präsident Hardings politische Meinung Für den Weltfrieden. In seiner Antrittsbotschaft bei Übernahme der Präsi dentschaft erklärte Harding, die neue amerikanische Regie- rung beabsichtige eine Politik der Nichteinmischung in die Angelegenheiten Europas zu befolgen. Sie lehnt es ab, an irgend einer dauernden militärischen Allianz teilzunebmen oder irgendwelche ausländischen Verordnung, die Ausführung -er Wafsermauuscheu Reaktiv« «ud die Herstellung und de« Verkehr mit Extrakte« und Ambozeptoren, die für die Wassermannsche Reaktion bestimmt find, betr.; vom 2. März 192l. Auf Grund des 8 2 Absatz 1 und 2 der „Vorschriften über Krankheitserreger" (Be kanntmachung des Reichskanzlers vom 2l. November 1S17, RGBl. S. 1069) m Ver bindung mit der sächsischen Verordnung über Krankheitserreger vom 13. Dezember 1917 (GVBl. S. 173) wird verordnet: Z 1. Die Erlaubnis zur Vornahme der Wass-rmannschen Reaktion ist Nichtärzten grundsätzlich zu versagen. 8 2 Aerzte bedürfen zur Ausführung der Wassermannschen Reaktion der Erlaubnis der nach 8 2 Absatz 1 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 21. November 1917 fRGBl. S. 1069) zuständigen Polizeibehörde (Stadtrat in Städten mit revidierter Städte- vrdnung, im übrigen die Amtshauptmannschafl), Keiner besonderen Erlaubnis bedürfen Aerzte, welche die Wassermannsche Reaktion nur bei Kranken ansteüen, die in ihrer Behandlung stehen und Aerzte an öffentlichen Krankenhäusern und Anstalten der in 8 2 Absatz 3 a und d der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 21. November 1917 (RGBl. S. 1069) bezeichneten Art. 8 3. Die Erlaubnis ist nach Gehör des Bezirksarztes und stets nur widerruflich und nur an solche Aerzte zu erteilen, die nachweislich die erforderliche Ausbildung in der Ausfüh rung der Wassermannschen Reaktion besitzen und sich schriftlich verpflichten, bei Ausführung der Reakiion den Bestimmungen des 8 4 nachzukommen. Vor Erteilung der Erlaubnis ist dem Ministerium des Innern Bericht zu erstatten. 8 4. Aerzte, denen die erforderliche besondere Erlaubnis zur Vornahme der Wassermannschen Reaktion erteilt worden ist, haben die Reaktion noch der amtlichen „Anleitung für die Ausführung der Wassermanschen Reaktion" Veröffentlichungen des Reichsgesundheitsamtes, XUV. Jahrgang, 1920, Nr. 46, Sonderbeilage i vorzunehwen. Dabei dürfen nur soche Personen als Unterpersonal beschäftigt werden, die sich nach weislich mindestens rin Jahr lang unter ärztlicher Leitung mit bakteriologischen und sero logischen Untersuchungen befaßt und hierbei mit dem Wesen und der Ausführung der Wassermanschen Reaktion völlig vertraut gemacht haben. 8 k>. Als staatlich geprüft (Ziffer 1 der amtlichen „Anleitung") gelten zur Zeit nur die Extrakte und Ambozeptoren, die in dem Institute für die experimentelle Therapie in Frankfurt a. M. geprüft sind. 8 6. Für die Herstellung von Extrakten und Ambozeptoren, die für die Wasser mannsche Reaktion in den Verkehr gebracht werden sollen und für diesen Verkehr selbst gelten die „Vorschriften über die bei der Wassermannschen Reaktion zur Anwendung kommenden Extrakte und Ambozeptoren" (Veröffentlichungen des Reichsgesundheitsamles, XI.lV. Jahrgang, 1920, Nr. 46. Sonderbeilage) i 8 7. Die Namen derjenigen Aerzte, denen^chie erforderliche besondere Erlaubnis zur Ausführung der Wassermannschen Reaktion erteilt oder wieder entzogen worden ist,