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Wilsdruffer Tageblatt : 11.03.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192103113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19210311
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19210311
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-03
- Tag 1921-03-11
-
Monat
1921-03
-
Jahr
1921
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 11.03.1921
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o Frankreich. „HmnanitS" schreibt, 21 Monate nach Ab schluß des Friedensvertrages von Versailles und 28 Mona e nach Unterzeichnung des Wassenstillstandes bcsänden sich d: > Völker aufs neue vor fürchterlichen Konsliktsdrohungen. Dll' Diktatfrieden von 1919 und 1920 führten unfehlbar zu den schlimmsten Abenteuern. „Journal du Peuple" sagt, jede, müsse jetzt seine Verantwortung übernehmen, von heut ab au a das Proletariat. Da die bürgerliche Diplomatie Schissbru zelitten habe, müsse es die Völler vor Abenteuern warnen, d? ihnen drohten. Der Vormarsch der Truppen werde den frm tösischen Chauvinisten nur eine platonische Genugtuung geben, kenn er werde in die leeren Kassen der Entente nicht eine Sou bringen. Dunoulin spricht in „Le Peuple" die Hoffnun g aus, daß wir nicht mehr in den Hinterhalt der Überfälle ge lockt werden, um schließlich zur geheiligten Union und zum geheiligten Massakre zu kommen, denn der französische Mili tarismus tritt jetzt als Angreifer auf. Er ist in ein Land ein- zedrungen, das nicht das unsrige ist, um die Lasten zu ver mehren, ohne einen Rutzen daraus zu ziehen. Wir werden also gerade heraus uns weigern, in den Krieg zu ziehen. Schweiz. Der „Berner Bund" meint, die Eile, in der tue Repressalien in London beschlossen wurden und in die Tat umgesetzt werden sollen, kommt überraschend, zumal, da die rechtlichcn Grundlagen für eine solche Aktion durchaus nichl klar sind. Wenigstens über das zweite deutsche Angebot hätte verhandelt werden können. Den Alliierten schien dieser Ans weg unannehmbar. Der Lasso sollte um den Kops des Gegners geworfen werden, damit er nicht mehr entweichen könne. Wahrscheinlich haben die Ententcstaatsmänncr eine solche Haltung hauptsächlich aus innerpolitischcn Gründen ihren Völkern gegenüber als notwendig erachtet. Auch die Genfer „Suisse" spricht ziemlich deutlich aus, daß vertrags mäßig mit Sanktionen bis zum 1. Mai gewartet werden müsse. Holland. „Handelsbladct" schreibt: Für uns Holländer isi das Ergebnis aus mehr als einem Grunde betrübend. Wird man in der Friedenszeit in Holland das gehässige englische Spionagesystcm dulden? Werden englische Bücherrevisoren die Bücher und Vorräte holländischer Kaufleute revidieren? Wir hoffen, daß unsere Negierung sich mit aller Kraft gegen eine neue Auseinanderrenkung der durch deu Krieg bereits so sehr aus der Form gebrachten Handels- und Jndustrieverhältnisse widersetzen wird. In Paris wird man jauchzen. Aber in Paris, London und in den andern alliierten Hauptstädten werden noch viele kommen, welche einsehen, daß der einge- schlagene Weg nicht richtig ist. Der moralische Kater wird wahrscheinlich dann nicht ausbleiben. Italien. Dem Mailänder „Sera" telegraphiert sein Lon doner Berichterstatter: Um die Wahrheit zu sagen, sind die Franzosen mit dem, was sie erreicht haben, nur wenig zusrie- dcn. Im Gegensatz dazu scheinen die Deutschen erreicht zu haben, was sie erreichen Wollten. Die Lage scheint aber aus beiden Seiten vom Übel zu sein. Dänemark. „Politiken" fragt: Wird diese umfassende Re pression, die Deutschland unzweifelhaft schwer trifft, die En- lenteländer nicht ebenso schwer treffen? Wenn Mitteleuropa in dieselbe Lage kommt wie Rußland, so werden die durch die Sanktionen hervorgerufenen Wirkungen auch in den alliierten Ländern gesteigert. Die Arbeitslosigkeit in England wird wachsen. Auf vielen Gebieten sind außerdem England, Frank reich und Amerika auf die deutsche Einfuhr angewiesen. Werden die Interessen der Ententeländer in der Lage zu- ^aMinenfallen? Treffen die Sanktionen am schwersten die jenigen, die sie ins Werk setzten, oder diejenigen, gegen die sie gerichtet sind? Schweden. Branting schreibt in dem Blatt „Sozialdemo kraten" unter der Überschrift „Eine Politik des Irrsinns": Der Völkerhatz wird in unserm unglücklichen Europa neue Nah rung erhalten. Mit welchen Gefühlen ein großes Volk nach mehr als sechs Jahren grausamer Leiden den Einmarsch dieser Exekutionstruppen in fein Land ansehen wird, das sollte jeder verstehen, der nicht panz verblendet ist, und die Nemesis der Geschichte hat während des Weltkrieges und nachher sich gegenüber Unterdrückern früherer Zeiten so stark geltend ge macht, daß ihre Spuren wahrhaftig abschrecken dürsten. Ge wisse Anzeichen deuteten an, daß man in London in letzter Stunde noch zauderte; aber schließlich nahm man dock di« furchtbare Verantwortung aus sich. Was wird der nächst« Schritt solcher Politik des Irrsinns sein? Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Regierungsbildung in Preußen. Die sozialdemokratische Fraktion deS Preußischen Landtages trat zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Mit Ausnahme der Oberschlesier waren die Abgeordneten voll zählig erschienen. Die Fraktion erörterte die Frage der Regierungsbildung in Preußen sowohl im Hinblick auf den Wahlausfall wie auf die gesamte deutsche und inter national Lage. Es ergab sich völlige Übereinstimmung, und es wurde einstimmig der folgende Entschluß gefaßt: „Die sozialdemokratische Fraktion des'Preußischen Land tages ist bereit, die alte Regierungskoalition sor^zusetzen und lehnt einmütig d i e. E i n b e e - ^WMWXWWWWWW <WWIWWWWMWWWWWWM»»«W»WW!»A»>u-. '« Gräfin Pia. Roman von H. Courths-Mahler. «s. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) „Als ich um Pia warb, war sie ein Kind — ich wußte nicht, was mich zu ihr zog. Das Gefühl, was ich für sie empfand, war so ungleich der stürmischen Leidenschaft, die ich vorher empfunden, daß ich für das, was mich zu Pia zog, keinen Namen fand. Je länger ich von ihr getrennt war, je stärker empfand ich, daß sie von meinem Herzen Besitz er griffen hatte. Und als ich sie dann wiedersah, als ich fühlte, daß ich ein junges, erwachendes Weib vor mir hatte — da brach es wie ein starker heißer Quell in meinem Innern auf. Ich liebe Pia — reiner und tiefer, als ich je eine Frau ge liebt habe. Sie ist meiner Seele Höchstes geworden. Und der höchste Wunsch, der sich an diese Liebe inüpst, ist, Pia glücklich zu sehen, um jeden Preis — auch um den meines eigenen Glückes!" Graf Buchenau strich sich schwer atmend über die Stirn. „Nun schmerzt es mich doppelt, daß ihr auseinander gehen sollt. Da zeigst du mir einen Blick in das gelobte Land. — Es gibt kein vollkommenes Glück auf der Welt." „Vielleicht doch — aber nur für wenig Auserwählte. Aber nun laß uns erst von der anderen Angelegenheit sprechen." Der Graf zog die Stirn düster zusammen. „Du hast „sie" wiedergesehen?" „Ja — gleich nach meiner Ankunft in Baden-Baden. Sie kam — um Pia zu besuchen, und ich bestimmte Pia, mich mit ihr allein zu lassen. Pia hat sie nicht wiedergefehen. An demselben Abend noch ist sie abgereist." „Nun — und?" „Zunächst war sie fassungslos, mich zu sehen — und gar als deinen Bevollmächtigten und Pias Verlobten. Aber sie faßte sich schnell — und ich hatte in jener Stunde erst recht eingesehen, wohin sich meine Gefühle verirrt hatten." yung der Deutschen Volkspartei invie rne- f gierung ab. Ebenso einmütig lehnt die sozialdemo kratische Fraktion ab, irgendeine bürgerliche Minderheits regierung zu unterstützen; sie würde vielmehr eine solche mit aller gebotenen sachlichen Schärfe bekämpfen." Deutsche Hanoelsbevollmächtigte in Wien. Vertreter der deutschen Regierung sind in Wien ein- getroffen, um wegen verschiedener Anstände, die sich in den letzten Monaten bei der Abwicklung d^s Handelsverkehrs zwischen Österreich und dem Deutscher Reiche ergeben haben, eine Aussprache mit den beteiligten Bundesministe rien zu pflegen. Dcutsch-französisch-englische Sozialistenkonferenz. In einer Besprechung des Zentralkomitees der Unab hängigen Partei Deutschlands mit Vertretern der franzö sischen Partei in Berlin wurde in Ausführung eines Vor schlags des Nationalrats der sozialistischen Partei Frank reichs, der von der Wiener Internationalen Konferenz aus genommen worden war, beschlossen, in nächster Zeit eine deutsch-französisch-englische Konferenz einzubsrufen, die sich ausschließlich mit der Wiederherstellungsfrage be fassen soll. Das Einreiseverbot für Oberschlesien. Das Verbot ist so Zu verstehen, daß die Einreise für Personen, außer den Abstimmungsberechtigten, die außer halb Oberschlesiens wohnen, grundsätzlich gesperrt ist. Per sonen, die in Oberschlesien wobnen, kann in Ausnahme fällen Genehmigung zur Aus- und Einreise von den zu ständigen Kreiskontrolleuren gegeben werden. Sämtliche Sichtvermerke, die vom französischen Konsulat außerhalb Oberschlesicns gegeben worden sind, sind ungültig. Amerika. X Anknüpfungsversuche Hardings bei den Alliierten? Der Berichterstatter der „Daily Mail" telegraphiert aus Newyork: Ich glaube zu wissen, daß Präsident Harding endgültig die Entsendung eines Ausschusses von 7 Mit gliedern nach London beschlossen hat, um mit den Regie rungen, mit denen die Vereinigten Staaten während des Krieges „assoziiert" waren, zu prüfen, unter welchen Be dingungen die amerikanische Regierung sich ihnen auch im Frieden anschließen könnte. Elihu Root wurde ein geladen, diesem Ausschuß beizutreien. Falls er die Ein ladung annimmt, dürfte er den Vorsitz fuhren Deutscher Reichstag. (79. Sitzung.) <7L. Berlin, V. März. Ten ersten Punkt der Tagesordnung für die heutige Sitzung bildete eine Interpellation der Unabhängigen wegen der Preissteigerung und der Arbeitsverhältnisse in der K a l i i n d u st r i e. Die Interpellanten fordern die Soziali sierung dieser Industrie. Der Reichswirtschaftsminister ließ dazu erklären, daß er die Interpellation innerhalb der gtz- schüftsordnungsmäßigen Frist beantworten werde. WeiLerbcratung des Reichshaushalts. Beim Haushalt des Reichsschatzministeriums begründet Abg. Hammer (Deutschn.) einen Antrag auf ein Reichsgesetz, wonach bei Vergebung von Lieferungen durch das Reich oder die Länder Grundsätze aufgestellt werden, die sich namentlich auch auf die Vergebung solcher Aufträge an Handwerker und deren Vereinigungen beziehen. Abg. Lange-Hagermann (Zentr.) erklärte den Antrag als unannehmbar, weil das nicht durchzuführen sei, da die Länder sich nicht daran kehren würden. Abg. Havemann (D. Volksp.) bemerkte, das Submissions wesen sei nicht gerade zweckmäßig. Man soll nicht nach dem Billigsten suchen, sondern die Hauptsache müsse sein, die beste Arbeit zu erlangen. Abg. Simon-Franken (Soz.) nahm die Arbeiter-Produk tionsgenossenschaften gegenüber der Unterstellung in Schutz, als ob sie den Handwerkern Schwierigkeiten machen wollen. Daraus wurde der Antrag Hammer bei Auszählung des Hauses mit 202 gegen 54 Stimmen abgelehnt. Ein großer Teil des Haushalts des Reichsschatzministeri ums wurde alsdann genehmigt. Nachdem verschiedene Redner allerlei Forderungen vorgebracht hatten, nahm der Reichssckatz- uünistcr Dr. v. Raumer das Wort. Der Abgeordnete Kah mann, erklärte er, will alle wirtschaftlichen Fragen nach po litischer Weise regeln. Ich gehe aber an solche Fragen heran unter dem Gesichtspunkt, wie man am besten die Erzeugung steigern kann. Das hat mich geleitet bei der Angelegenheit der westfälischen Elektrizitätswerke und bei meinem Eingrei fen zum Kahn-Vertrage. Gegen die Deutschen Werke Hege ich leine Abneigung. Ich habe gerade in der Kahn-Angelegenheit ihr Gedeihen gefördert. Von der Notwendigkeit eines gesunden Handwerker- und Mittelstandes bin ich so überzeugt, das; der Mittelstand meiner Förderung sicher sein darf. Ich bemühe mich auch nach Kräften, die Tech niker mehr als bisher zur Verwaltung heranzuziehen. Die -ilitärbäckercien dürfen nicht an Private liefern. Wo mir uvergrtfse angeze-gt werden, schreite ich ein. ^te Klage« über unzureichende Arbeitsentlohnung sind unberechtigt. Die Entlohnungsgrundsätze sind vom Arbeitsministerium aus gestellt. Das Elektrizitätswirtschaftsgcsetz läßt sich bis zum 1. April d. I. nicht feststellen. Hierauf brachte der Abg. Hoch (Soz.) einen Fall zur Sprache, bei dem Verschiebung von Heeresgut stattgefunden haben soll. Der Ort dieser Verschiebung sei Hanau gewesen, und die Frankfurter Mctallgesellschast sei daran beteiligt. Rcichsschatzminister Dr. v. Raumer erwiderte darauf, daß dieser Fall sich vor seinem Amtsantritt zugetragen habe. „Jeder, der mich kennt", so suhr er fort, „wird mir glauben, daß ich gegen jede Korruption unnachsichtig einschreite." Wei ter gab der Minister seinem Erstaunen darüber Ausdruck, daß der Abgeordnete Hoch Anschuldigungen gegen einen hohen Be amten vorgebracht habe, für die er keine Beweise Vorbringen könne. Hieran schloß sich eine lange Auseinandersetzung zwischen dem Abg. Hoch (Soz.) und dem Reichsschatzminister über den Hanauer Fäll. Die weiteren Beratungen zogen sich noch eine geraume Zeit bin. Hierauf wurde der Bericht des Haushaltes des Reichs- schatzminifleriums genehmigt und man ging zur Beratung des Hansbaltes des ReichsminiOerinms des Innern über. Hier trat der Dbg. Dr. Braun (Soz.) dafür ein, daß man bei aller Sparsamkeit nickt die kulturellen Forderungen des Deutschen Reiches vernachlässige. Alsdann sprach der Abg. Dr. v Delbrück (Deutsch«.). Er hatte an den gegenwärtigen Zuständen mancherlei auszusetzen und trat namentlich dafür ein, daß die Zahl der Reichs ministerien eingeschränkt und die Reichsverwaltnng vereinfacht und verbilligt werde. Die Verhandlungen zogen sich dann noch längere Zeit hi«. Die Kämpfe in Rußland. GeneralKolotschinFührerdesAufstandes. Mehr und mehr tritt zutage, daß die Stellung der Räteregierung stark erschüttert ist. Der schwedische Bericht erstatter der „Times" meldet, daß General Kolotschin an die Räteregierung ein Ultimatum gerichtet habe, dessen Inhalt noch nicht bekannt ist. Die Führung des Auf standes in Kronstadt hat nicht der bekannte Mathematiker und General der zaristischen Armee Kolotschin inne, son dern ein sünfunddreißigjähriger Mann gleichen Namens, der während des Krieges Oberst wurde und von Kerenski wahrscheinlich den Generalsrang erhielt. Straßenkämpfe in Petersburg. Kalonin, Präsident des Exekutivausschusses von Pe tersburg, hat eine Proklamation erlassen, in der er von den schweren Unruhen in Rußland spricht. Der Belage rungszustand ist in Petersburg proklamiert worden. Auch in Moskau sind Unruhen ausgebrochen, die sich weiter ausdehnen. In Tarnow haben sich die Roten Truppen erhoben. In Petersburg haben wieder Stratzenkämpfe be gonnen. Die Seeleute aus Kronstadt haben den Arbeitern Kanonen geschickt, mit denen diefe das Feuer auf die von den Sowjetbehörden herbeigeführten Baschkiren eröffnet haben. Das Bombardement. Die Kommunisten in Petersburg stellten den Kron- städtern Bedingungen für die Einstellung des Kampfes. Die Antwort war die Aufforderung, Petersburg zu über geben. Als dies verweigert wurde, begannen acht Kriegs schiffe von Kronstadt her die Beschießung von Peters burg. Die Beschießung rief eine große Panik unter den Roten Truppen und den Kommunisten hervor. Die ganze Garnison besteht aus fünf Regimentern. Eine Anzahl Kommunisten wurde erschossen. Rah und Fern. O Heimkehrlagcr für Flüchtlinge. Zur vorläufigen Unter bringung der über die Grenze flüchtenden ziellosen Fa milien und ziellosen ledigen weiblichen Personen sind Heimkehrlager in Altengrabow, Zossen, Jüterbog, Lock stedt, Heilsberg, Zeithain, Zittau, Neiße und Kolonie Ris- loh eingerichtete worden. Dort können auch ziellose männ liche Personen Aufnahme finden, wenn sie infolge hohen Alters oder Krankheit arbeitsunfähig sind. Die Verteilung der Flüchtlinge erfolgt durch den Reichskommissar für Zivilgefangene und Flüchtlinge in Berlin, Potsdamer Straße 13^ O Australien und das deutsche Buch. Australien scheint gegen das deutsche Buch einen Sonderkneg führen zu wol len. Noch jetzt kommen dort deutsche Bücher einfach nicht an, weil sich die australische Regierung immer noch als im Krieg mit Deutschland befindlich betrachtet. Kürzlich hat sie eine Sendung deutscher Kirchenliederbücher einfach ver brennen lassen. Er berichtete nun ausführlich von dieser Unterredung und von dem, was er dann noch über Lianes und Brenkens Abreise erfahren hatte. Mit finsterem Ausdruck hörte Graf Buchenau zu. Als Hans geendet hatte, sagte er rauh: „Es ist gut so — ich danke dir, daß du mir das ab genommen hast.' Ich hätte nicht so mit ihr verhandeln können. Hoffentlich führt sie nun wirklich ein anderes Leben." „Sie weiß ja, was davon abhängt. Ich glaube, du kannst ruhig sein. Und wie willst du dich nun in dieser Angelegenheit zu Pia stellen? Soll sie erfahren, daß ihre ehemalige Stiefmutter mit dieser Frau von Brenken identisch ist?" „Vorläufig nicht — vielleicht später einmal. Jetzt ist Pia ohnedies zu erregt, um sie noch mehr zu belasten. Er fahren muß sie ja einmal alles — für den Fall meines Todes. Sie muß doch wissen, für wen ich diese Rente aus gesetzt habe. Ist es nicht wie ein Hohn des Schicksals, daß ich diesem Justus Brenken, der mein Weib verführt und mich zum Krüppel geschossen hat, mit meinem Gelbe ein sorgloses, ruhiges Leben schaffe? Die Welt ist doch ein großes Narrenhaus." Er lachte schneidend auf. Hans sah ihn teilnahmsvoll an. „Ja, du hast schlimmer an dem zu tragen, was diese Frau über dich gebracht hat, als ich. An Pias frischem, wahrhaftem Wesen bin ich von dieser Wunde genesen." „Und nun schlägt dir Pia selbst eine neue Wunde. Aber sie kann nicht dasür, Hans. Bedenke, daß sie selbst in tiefer Bedrängnis darüber ist. So dringend hat sie es mir ans Herz gelegt, ich soll dich bitten, daß du ihr nicht zürnst. Darf ich ihr sagen, daß du ihr verzeihst?" Hans lächelte, aber seine Augen brannten. „Ich habe ihr nichts zu verzeihen. Und ich sehne mich danach, sie um Verzeihung zu bitten, daß ich sie durch meine vorschnelle Werbung in einen solchen Zwiespalt brachte. Ich hätte warten müssen, bis sie draußen in der Welt ge wesen war, bis sie sich selbst erkannt hatte. Sie wußte ja nicht, was ich von ihr forderte. Bitte, sage ihr, daß ich sie herzlich bitte, mir zu gestatten, daß ich ihr Freund bleibe. Sie soll mir ihr Vertrauen wieder schenken, soll mir ge statten, wie früher in ihrer Nähe zu weilen. Es ist mir schon ein Glück, wenn ich sie sehen und sprechen darf. Und sie soll mich nicht zu lange aus ihrer Nähe verbannen." Ernst und prüfend sah der Graf in sein Gesicht. „Wird es dir gut sein, sie zu sehen, Hans? Wirst du es über dich vermögen, ihr ruhig zu begegnen?" „Ja, ich will immer bedenken, daß sie nicht noch mehr betrübt werden darf. Das wird mir Kraft geben, mich zu beherrschen. Und — ich kann noch nicht alle Hoffnung auf- geben. Solange Pias Herz noch frei ist, kann ich noch hoffen, daß es für mich so gut wie für einen anderen entscheiden kann. Und du — entziehe du mir nicht, was du mir an Zu neigung geschenkt hast in der Voraussetzung, daß ich dein Sohn würde. Bleibe mein väterlicher Freund." Bewegt schloß ihn Graf Buchenau in seine Arme. „Was ich Pia gestern sagte, will ich dir heute wieder holen — ich habe dich lieb gewonnen, wie einen Sohn. E» betrübt mich sehr, daß du es in Wirklichkeit nicht wcrden sollst. Niemand würde sich inniger freuen als ich, wenn sich dir Pias Herz dennoch zuwenden sollte. Hoffnung kann ich dir leider nicht machen, aber meine Gefühle für dich bleiben dieselben." Sie schüttelten sich fest die Hände. * Voll Unruhe hatte Pia gewartet, bis der Vater vo» Riedberg zurückkehrte. Als er endlich kam, lief sie ihm enft gegen und hängte sich an seinen Arm. „Haft du Hans gesprochen, Papa?" fragte sie leise. „Ja, Pia — er läßt dich herzlich grüßen." Sie traten in ein Zimmer. „Ist er böse?" fragte sie zaghaft, ihn unruhig ansehend- „Nein, dazu hat er dich viel zu lieb." Sie zuckte zusammen, und es rann wie ein Zittern uve sie bin. Er bemerkte das (Fortsetzung folgt.)
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