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MdmfferTageblatt Fernsprecher Wil-Vruff Nr. 6 Wochenblatt fÜl WUsdmff UNd ilMgLgeNd poMcheckkonto Leipzig 28614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke tu Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 47. Freitag den 25. Februar 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil Bienenzucker. Die Versorgung dec Imker in k Zucker zur Bienenfütterung erfolgt auch in diesem Jahre wieder ausnahmslos durch Vermnielung der Bienenzüchteivereine. Auch die jenigen Imke , die keinem Bienenzüchtervereiu angehöreu, Haden sich wegen Bestellung und Inempfangnahme des Zuckers an den für ihren Ort zuständigen Bienenzüchtervereiu zu wenden. Doppelbesteüung von Bunenzucker (bei mehreren Vereinen) wird mit voll« ständiger Zuckerentziehung bestraft. Meißen, am 23. Februar 1921. Dienstag den I. März 1—4 Ubr m der neuen Schule. Bezahlung ha: vormittags 9—1 Uhr im Verwaltungsgebäude — Zimmer Nr. 2 — zu erfolgen. Wilsdruff, den 23. Februar 1921. ssn Der Stadtrat. — Kriegswirtschaftsabt. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die deutsche Abordnung für London, etwa 60 Personen unter Führung von Dr. Simons, wird am Sonntag abreisen. * Durch die Reichstagsnachwahlen ist die Zahl der Reichs- tagsmitgueder von 466 aus 469 gestiegen. . * Die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland ist aus zwei Millionen gestiegen. * Nach den endgültigen amtlichen Feststellungen setzt sich der preußische Landtag aus 428 Abgeordneten zusammen. * Die Ententekommission in Oppeln bestätigt, daß die Ab- Kimmung in Oberschlesien am 20. März stattsindet. * Zum zweiten Vorsitzenden des Retchswirtschaftsrates Wurde der Arbeitnehmer Adols Cohen gewählt. Die Einheitsfront. Sie ist aus dem Marsch, wenn auch in anderer Weise, M ihre lautesten Befürworter es sich gedacht hatten. Nicht alle Parteien sollen, weil und solange wir in Not sind, von einem Bande vaterländischer Arbeits- und Opferbereit- schast umschlungen werden — das geht nicht, scheint beim besten Willen auch jetzt nicht möglich zu sein, denn rechts und links scheiden sich in Deutschland, wenigstens wenn man die äußersten oder auch nur die äußeren Flügel in Betracht zieht, immer noch wie Feuer und Wasser. Wohl sagen die Deutschnationalen, sie würden mit den Sozialdemokraten zu einer gemeinsamen Regie rungsfront zusammentreten, wenn man nur Gewähr da für leisten wolle, daß diesmal in London unter allen Um ständen festgeblieben würde. Aber Scheidemann und seine Freunde bekreuzigen sich heute vor den Deutschnationalen genau ebenso, wie deren Vorgänger, die Konservativen, es dereinst vor Bebel und Singer getan hatten. Nein, so kommen wir nicht weiter, jetzt noch nicht weiter; da muß die alles heilende Zeit erst noch ganz gewaltige Versöh- uungsarbeit tun. Die erste bürgerliche Partei, die aus -dieser Sachlage entschlossen die Folgerungen zog, war das Zentrum, im Reichstag also wie in dem neugewählten preußischen Landtag nach den Mehrhcitssozialisten die stärkste Partei. Sie erklärte ganz offen, daß für sie eine rein bürgerliche Regierung in Preußen, obwohl deren zahlenmäßige Vor aussetzungen durch die Schwächung des sozialistischen und das Anwachsen des rechten Flügels durchaus gegeben sind, nicht in Frage komme. Sie hätte die völlige Beseitigung der Sozialdemokratie aus ihren gegenwärtigen sehr starken Machtstellungen in Preußen zur Grundlage, und daß diese nicht ohne schwere Kämpfe, nicht ohne im höchsten Grade bedenkliche Erschütterungen des inneren Friedens zu er reichen wäre, kann wohl von keinem ernsten Politiker be stritten werden. Also bleibt nur die Heranziehung der DeutschenVolksparteizur Teilnahme an der bis herigen Koalition. Diese gewönne damit eine sichere zah lenmäßige Mehrheit, da ja für die Demokratische Partei kein Grund ersichtlich ist, sich schmollend oder gar grollend zurückzuziehen. Wohl aber müßten die Mehr heitssozialisten aufhören, der Deutschen Volkspartei die kalte Schulter zu zeigen, müßten auch bereit sein, der Schwächung ihrer Gesamtposition im Landtag entsprechend einen Teil ihres bisherigen, nahezu allein ausschlaggeben den Einflusses nach rechts hin abzngeben und — sollten für diese Einbuße in Preußen durch Wiederaufnahme in die Neichsregierung entschädigt werden. Dann hätten wir endlich im Reich und in Preußen die gleiche Front, der unerträgliche Zustand, daß die preußische der Reichsregie rung fortgesetzt in wichtigen Fragen Opposition macht, wäre beseitigt und wir hätten endlich eine Stellung ge wonnen, die nach innen wie nach außen einige Dauer ver spräche. Die Bemühungen, eine Verständigung unter den Parteien in diesem Sinne herbeizuführen, haben sofort vom Reiche mit aller Kraft eingesetzt, und wenn nicht alles täuscht, besteht einigermaßen begründete Aussicht, daß sie -um Ziele führen. Erleichtert werden sie auf der einen Seite durch die Tatsache, daß die Bildung einer rein sozialistischen Regie rung, wie sie kürzlich in Sachsen trotz des überraschend großen Wahlsieges der bürgerlichen Parteien zustande kam, für Preußen unmöglich geworden ist. Zum Überfluß hat sich der „Vorwärts" die Abgeneigtheit der Unabhängigen, das Kriegsbeil zwischen den beiden „Bruderparteien" end lich zu begraben und an der Herstellung einer bürgerlichen Negierungskoalition mitzuwirken, noch ausdrücklich be stätigen lassen; wobei natürlich eine Beteiligung der Deut schen Volkspartei ganz und gar nicht in Frage käme. Haben die Mehrhcitssozialisten »och im vorigen Sommer aus Furcht vor den Unabhängigen die Zusammenarbeit mit dem „Stall Stresemann" im Reich abgelehnt, so braucht diese Angst sie jetzt nicht mehr sonderlich zu schrecken: dazu ist ihren unmittelbaren Nachbarn zur Lin ken die Wahlniederlage vom 20. Februar denn doch zu gewaltig in die Glieder gefahren. Bleibt nur die Frage, wie die Rechtsparteien sich zu der Sache stellen werden. Die Deutsche Volkspartei will, daß diesmal unter allen Umständen auch mit den Deutschnationalen verhandelt wird. Diesen Gefallen wird man ihr wohl schließlich tun müssen; aber daß es hier lediglich bei einem Versuche blei ben wird, darüber werden alle Beteiligten sichwohl von vorn herein keiner Täuschung hingeben. Es bleibt nur die Wahl zwischen Ausschließung der Sozialdemokratie und Aus schließung der Deutschnationalen von der Regierungsbil dung. Welche von diesen beiden Möglichkeiten von der Mehrheit des Reichstags sowohl wie von derjenigen des Landtags als das kleinere Übel angesehen werden wird, kann keinen Augenblick zweifelhaft fein. So wird die Deutsche Volkspartei sich auch diesmal wieder den Forde rungen der parlamentarischpolitischen Lage anpassen, und die Deutschnationalen werden in der Opposition bleiben was schließlich unter den heutigen Verhältnissen er tragen werden kann. Schöner wäre es schon, wenn auch diese Partei nicht abseits zu stehen brauchte; dann wäre es so ziemlich das ganze preußisch-deutsche Volk, das sich in einer achtung gebietenden Einheitsfront zusammengesunden hätte, zur Verteidigung gegen Raubgier und Knechtschaft wie zum Wiederaufbau. 428 preußische Abgeordnete, Das amtlich festgeftellte Ergebnis. Nunmehr liegen die amtlichen Berechnungen des Lan- ! oeswahlleitcrs für die Wahlen zum neuen preußischen ! Landtag vor. Danach hat sich die Zahl der Abgeordneten noch um sieben vermehrt, so daß sich der Landtag nicht aus 421, wie zuerst bekanntgegeben, sondern aus 428 Mit gliedern zufammensetzt. Die Verteilung auf die Parteien ist folgende: Mchrheitssozialdemokratcn 114 Zentrum 81 Deutschnationale 75 Deutsche Volkspartei 58 Bereinigte Kommunisten 30 Unabhängige 29 Demokraten 26 Deutsch-Hannoveraner 11 Wirtschaftspariei 4 zusammen 428 Aus die Mehrheitssozialdemokraten entfallen dabei 97 Mandate aus den Kreiswahlvorschlägen, 10 aus der Ver rechnung der Reststimmen, 7 aus Oberschlesien (nicht neu gewählt, sondern aus der früheren Landesversammlung übernommen). Für das Zentrum sind die entsprechenden Zahlen, 64, 6 und 11, die Deutschnationalen 62, 12 und 1, die Deutsche Volkspartei 48 und 10, die Kommunisten 20 und 10, die Unabhängigen 18, 9 und 2, die Demokraten 14, 11 und 1, die Deutsch-Hannoveraner 9 und 2, die Wirtschaftspartei 1 und 3. Oie parieiverhältmffe im Reichstag. Endergebnis der Nachwahlen. Auf Grund der Neichstagswahlen in Ostpreußen und Schleswig-Holstein ergibt sich unter Berücksichtigung der noch nicht verwendeten Reststimmen vom 6. Juni 1920 folgende Verschiebung innerhalb der Parteien des Reichs tags: Zahl der Abgeordneten bisher: künftig: Deutsche Volkspartei 62 65 Deutfchnationale Volkspartei 66 71 Hannoversche Landespartei 5 5 Zentrum 67 68 Bayerische Volkspartei 21 21 Bayerischer Bauernbund 4 4 Deutsch-Demokratische Partei 45 40 Mehrheitss ozialdemokrate» 113 108 Unabhängige 59 61 Kommunisten 24 2« 466 469 Gewonnen haben demnach Mandate: Deutsche Volks« Partei 3, Deutschnationale 5, Zentrum 1, Unabhängige und Kommunisten je 2. Verloren haben Demokraten und Mehrheitssozialisten je 5 Sitze. Amerika gegen -ie Man-atsverteilung Verletzung der Völkerbundsfatzung. Der amerikanische Botschafter in Paris hat dem Rate des Völkerbundes in einem Schreiben eine Note der Ver einigten Staaten angekündigt, in der gegen die Zuteilung der Mandate in Kleinasien und im Pazifik Einspruch er hoben wird. Der Botschafter ersuchte den Rat des Völker bundes, vor Eingang der Note keine endgültige Entschei dung über irgendeinen Punkt der Mandatsfrage zu treffen. 1. Der Oberste Rat, der die früheren alliierten und assoziierten Mächte vertritt, hat durchaus nicht das Recht, dem Völkerbund irgendeine Mandatsfrage zu unterbreiten, ohne vorher die Vereinigten Staaten befragt und ihre Zu stimmung erhalten zu haben, da diese rechtlich begründete Ansprüche auf alle früheren deutschen Kolonien haben, die sämtlichen fünf Großmächten zusammen gehören. 2. Der Völkerbund hat nicht das Recht, diese Mandate ohne die Zustimmung der Vereinigten Staaten zu ver teilen, und die Vereinigten Staaten behalten sich das Recht vor, derartige Maßnahmen des Völkerbundrates nicht an- zuerkenncn. 3. Was die Insel Map anbelange, so liege eine Ver letzung der Völkerbundssatzung vor, da man sie Japan zu erkannt habe. Diese Verletzung sei sowohl vom Obersten j Rat als auch vom Völkerbund begangen, als sie sür die j Interessen Japans eintraten. In den Kreisen der Mitglieder des Völkerbundes wird - diese Note so ausgelegt, daß die Mandatsfrage neuerdings ; aufgerollt werden soll, und zwar in einem Augenblick, wo ; die Alliierten die finanzielle Unterstützung der Vereinigten f Staaten suchen. Großbritannien und Japan stehen in der ! Mandatsfrage zusammen. Dagegen werde Frankreich j keinerlei Einspruch dagegen erheben, daß die ganze Änge- ! legenheit neuerlichen Beratungen unterzogen und die Ein- ! sprüche der Vereinigten Staaten berücksichtigt würden. ; Or. Hermes über die Ernährungslage Auswärtige Hilfe nötig. In München empfing nach Abschluß der Ernährungs- konfcrenz der Reichsernährungsminister Hermes einige Pressevertreter. Der Minister führte dabei u.a. aus: „Gegenwärtig ist zweifellos eine gewisse Erleichte rung eingetreten, aber die Verbesserung ist nur dann auf- ! recht zu erhalten, wenn die Londoner Konferenz uns nicht ! zurückwirft. In Spa war es gelungen, die Mitwirkung ! oer alliierten Mächte bei der Lösung der Ernährungsfrage sicherzustellen. Nur mit Hilfe der alliierten Mächte kön nen wir weiterkommen. Wenn wir in der Ernährung auf eigene Füße gestellt werden sollen, so fürchte ich, daß auch die bescheidensten Ansprüche unmöglich erfüllt werden könnten, umsoweniger, wenn etwa das Verhältnis Deutsch lands zu den bisherigen Feinden auf der Grundlage der Pariser Beschlüsse geregelt würde. Dann würde Deutsch land in einen Zustand starker Unterernährung zurückgeworfen werden. Deshalb muß das größte Ge wicht darauf gelegt werden, in London erneut den Beweis zu erbringen, daß wir die Hilse des Auslandes dringend benötigen. Wir müssen unzweideutig erklären, Laß wir anderenfalls unseren Verpflichtungen nicht nachkommen können. Es wird eine sehr wichttge Aufgabe der deut schen Delegation sein, aus diesen Punkt hinzuweisen. Ich persönlich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, daß es ge lingen wird, auf der Gegenseite diese Überzeugung wach- zurufcn." Mehr Zucker — keine Brotverteuerung. Minister Hermes erklärte weiter, daß die deutsche Zuckercrzeugung sich um ungefähr 50 Prozent gegenüber dem Vorjahre gehoben habe. Auch in der landwirt schaftlichen Erzeugung sei in diesem Jahre ein Schritt nach vorwärts zu erwarten. Die Steigerung der Jnlands- erzeugung in der Landwirtschaft hängt zum großen Teil von der Lösung der Kunstdüngerfrage ab. Unsere Stick stoffindustrie ist in guter hoffnungsvoller Entwicklung und bewegt sich mit ihrer Produktion aus einem Stande von 270 000 bis 300 000 Tonnen reinen Stickstoffes. Was das bedeutet, ist daraus zu ermessen, daß 1913 die deutsche Landwirtschaft einschließlich der abgetretenen Gebiete nmd