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MdmfferZagebla« Wochenblatt für Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 «rschetn« ILgNch mH «»«nähme der Sonn, und Festlage nachmittag« 5 Uhr für den folgenden Tag. Dezugexrei« del Nribttabholung monaMch 4 IM., durch unsere AuÄräger zugelragen in der Sladi monatlich 4.« Ml., auf dem Lande 4^lv IM., durch die Post bezogen dierieljährlich 1Z.SV Ml. mit Zustestung«gebühr. Alle Postanffalien und Postboten sowie unsere «»«träger und Seschäft«flcNe nehmen sederzeil Bestellungen entgegen. Zm Falle höherer Sewall, Krieg oder sonstiger Brtrtebostörungen Hal der Bezieher seinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung de« Bezugspreise«. Erscheint seit Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig L86114 dem Zähre Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtühauptmannschafi Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt Verleger mrd Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schrtstleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide iu Wilsdruff. Nr. 35 Freitag den 11. Februar 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil Maul- und Klauenseuche. Nachdem in Knufdach l>. W. und Grumbach die Maul- und Klauenseuche erloschen ist, werden beide Gemeinden nunmehr von der Sperre und Beobachtung befreit, e-ss K.e2.v. Meißen, den IO. Februar 1921. Die Amtshauptmannschafl. Wnr -nrchm haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver zweigten u. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Ms Vertreter der Neichsregicrung gehen zur Londoner Konferenz Reichsminister Dr. Simons und Reichsfinanz- ministcr Dr. Wirth, begleitet von zahlreichen Sachverständigen. * Der Reichsernährungsministcr erklärt die Nachricht von einem Abbau der Zwangsbewirtschastung der Milch für irrig. * Der deutsche Städtetag wird Ende Mai in Stuttgart zu- fammcntreten. * Der Rcichseisenbahn-Bcirat wird am 15. d. M. zusammen- treten, um zü der Frage der Tariferhöhung, insbesondere zu Lem Ausmaß der Erhöhung, Stellung zu nehmen. * Das Reichsarbeitsmintsterium hat beschlossen, die Er- werbslofenunterstützung von 10 auf 12 Mark täglich zn er höhen, und zwar mit Rückwirkung vom 1. November v. I. ab. * In Nom ist ein Dekret über die Freigabe deutschen Eigen tums in Italien veröffentlicht worden. Nord und Eüv. Neben dem großen Ringen um die endgültige Lösung bei Entschädigungsfrage, vor das Deutschland durch die Pariser Beschlüsse gestellt worden ist, läuft in Deutschland selbst ein kleinerer Ringkampf einher, in dem indessen auch schon hier und da Töne angeschlagen werden wie zwischen zwei Gegnern, die sich auf Tod und Leben gegcnüber- stehen. Dabei sind es deutsche Brüder, die von der gleichen Vernichtung bedroht sind, die schon vielen tödlichen Ge fahren in gleichem Schritt und Tritt die Stirn geboten haben. Auf der Ministerpräsidentenkonserenz in Berlin hat Bayern mit seiner Auffassung, daß wie die Entschädi- gungs- auch die Entwaffnnngsforderungen der Entente in einem Zuge abzulehnen seien, weil jene wie diese weit über die Bestimmungen des Versailler Friedensver trages hinausgehen, allein gestanden, und in München find nun alle Geister in Bewegung, um bei dieser Sachlage noch einmal die Möglichkeiten und die Notwendigkeit der zu fassenden Entschließungen ernstlich zu überprüfen. Bis letzt gewinnt man den Eindruck, daß nichts überstürzt, nichts durch Entfesselung nationaler Leidenschaftlichkeiten verdorben werden soll, wo nur ruhige Besonnenheit und klarer, entschlußkrästiger Wille zum Ziele führen kön nen. Um so dringlicher wird man fordern dürfen, daß auch außerhalb Bayerns nicht gesagt oder getan wird, was zu einer unnötigen Verschärfung der Lage führen muh. Freilich wird im nördlichen Bayern schon zum Sturm geblasen. Die sozialistische Partei Frankens veröffentlicht einen Aufruf, in dem gesagt wird, das Interesse Nord bayerns liege nicht bei den Separatisten, womit die über wältigende Mehrheit des bayerischen Volkes mit der gegenwärtigen Koalitionsregierung an der Spitze gemeint ist — sondern in der Einheit des Deutschen Reiches. Die .Werktätige Bevölkerung Nordbayerns halte eine Zer splitterungspolitik für verhängnisvoll und katastrophal. Komme die Regierung in München erst in letzter Stunde zur Besinnung, lasse sie es auf den Bruch mit dem Reich ankommen, so werde die arbeitende Bevölkerung von Nordhayern ebenso wie die Bevölkerung von Württemberg und Baden das Tischtuch mit München zerschneiden und sich auf die Seite des Reiches stellen. Das ist eine Kriegs ansage in aller Form — gegen die Regierung des Mi nisterpräsidenten v. Kahr, hinter der doch die übergroße Mehrheit des bayerischen Landtages steht, und die bisher nicht um Haaresbreite von dessen Instruktionen abge wichen ist. Auch jetzt tut sie keinen Schritt, ohne alle irgend wie maßgebenden Parteien und Führer der Volksvertreter zu befragen, so daß an der demokratischen Korrektheit ihres Verhaltens auch nicht der leiseste Zweifel gestattet ist. Ebenso wäre es geradezu frivol, die reichstreue Gesinnung der gegenwärtigen Machthaber in München oder gar der Landtagsmehrheit zu verdächtigen; man könnte unseren Feinden in London und Paris keinen größeren Gefallen tun, als mit solchen Vorwürfen zu arbeiten, die unfehlbar dazu führen müssen, daß unsere Abwehrfront zerrissen, und damit der Entente ausgeliesert wird. Schon hat diese erreicht, daß bei uns über die Entwaffnungsforderungen überhaupt kaum noch gesprochen wird, obwohl uns auch in dieser Beziehung Dinge zugemutet werden, die ebenso sinnlos wie brutal sind, und zu denen wir uns unter gar keinen Umständen hergeben dürften, solange wir noch eine Spur von Selbstgefühl besitzen. Die Bayern kommen über diesen Punkt nicht so leicht hinweg, wie man das ander wärts fertig bringt, und wir wissen ja alle, daß sie Grund genug dazu haben, sich nicht auf die friedfertige Gesinnung innerer oder äußerer Feinde ihres Staatswesens zu ver lassen. Den eigentlichen Grund ihres Widerstandes gegen ttde Möglichkeit eines Selbstschutzes in reaktionären, in konterrevolutionären Absichten zu suchen, ist sehr bequem und erleichtert Franzosen wie Engländern ihr Spiel «nge- mern, aber inan übersieht dabei nur das eine, daß in München genau dieselben Parteien am Ruder sitzen wie in Berlin und daß es doch also gar keinen Sinn hat, Gespen ster zu züchten, die, sobald man ihnen ernsthaft zu Leibe geht, in nichts zerrinnen. Der deutschen Volksgesamtheit wird jedenfalls mit solchen Kampfmethoden ein schlechter Dienst erwiesen. Wir schüren das Mißtrauen unter den deutschen Stämmen und stumpfen so den WiderstandSgeist ab, der sich mit ungeteilter Kraft gegen die Pariser Be schlusse wenden müßte. Auf diese Weise liefern wir uns selber dem Henker aus. Noch ist in München die Entscheidung nicht gefallen so lange wenigstens sollten alle berechtigten Empfindun gen unserer bayerischen Volksgenossen im Norden mit liebevoller Vorsicht geschont werden. Fach London! Wortlaut der deutschen Note. Die deutsche Reichsregierung hat die Einladung zur bevorstehenden Konferenz in London bekanntlich ange nommen. Die entsprechende von Dr. Simons gezeichnete Note lautet wörtlich: „Die deutsche Negierung nimmt unter Hinweis auf die Unterhaltung, die zwischen Seiner Exzellenz dem fran zösischen Botschafter nnd dem Reichsminister des Äußer» stattgefundcn hat, die Einladung, die Seine Exzellenz mir bestätigt hat, an, und wird am 1. März bevollmächtigte Vertreter nach Loudon schicken. Sie setzt dabei voraus, daß bei den Verhandlungen auch die Vorschläge besprochen werden, deren Unterbreitung aus der Konscrenz die deutsche Regierung sich vorbehält." Reuter meldet dazu, in englischen und französischen Kreisen werde die Antwort Deutschlands auf die Einladung zur Teilnahme an der Londoner Konferenz für befriedigend angesehen. Der Ton der deutschen Antwort sei versöhn licher, als ursprünglich erwartet worden sei, und dies werde dahin ausgelegt, daß Dr. Simons sich in seiner Haltung von bedachtsamen und einsichtsvollen Erwägun gen habe leiten lassen. Sachverständigen-Beratung in Berlin. Unter dem Vorsitz des Reichsministers des Aus wärtigen Dr. Simons wird sofort eine große Zahl von Sachverständigen zur Beratung über die Ententenoten, vornehmlich über die Wiedergutmachungsnote, zusammen treten. An ihr werden nicht nur Sachverständige aus den beteiligten Ministerien, sondern auch hervorragende Per sönlichkeiten aus allen Gebieten der Privatwirtschaft teil nehmen. Es ist wahrscheinlich, daß aus den Kreisen der Sachverständigen selbst Vorschläge zurWiedergutmachungs, frage gemacht werden, doch kann und wird die letzte Ent scheidung nur von der Regierung getroffen werden. Lieber Einmarsch als unterschreiben. In einer Unterredung mit einem Berliner Berichter statter der „Daily News" erklärte Prinz Max von Baden, die Staatsmänner der Alliierten wüßten Wohl, daß die in Paris aufgestellten Forderungen unerfüllbar seien. Unmögliche Bedingungen würden Deutschland auf erlegt, damit die angedrohten Sanktionen zur Durchfüh rung gebracht werden könnten. Diese Sanktionen sollten das Ziel der Franzosen, den Zerfall Deutschlands, be wirken. Durch die Ausführung der Sanktionen solle der Ruin Deutschlands vollendet werden. Prinz Max sagte: Die Regierung Fehrenbach und Simons wird nicht unter schreiben. Wir sind eher bereit, uns in die Katastrophe, die der Einmarsch französischer Truppen und die Besetzung des Ruhrgebiets nach sich ziehen wird, zu schicken, als mit eigener Hand unseren Kindern und Enkeln die Ketten an- zulegcn, die uns jetzt fesseln. Verletzung des Zriedensvertrages. Französierung des Saargebiets. Wie von zuständiger Stelle in Berlin erklärt wird, Hat die Regierungskommission des Saargebiets vor einiger Zeit den Beitritt des Saargebiets zu den drei großen internationalen Verkehrsgemeinschaften, dem Weltpost verein, dem Welttelegraphenverein und der durch das Ab kommen über den internationalen Eisenbahnfrachtverkehr gebildeten Union beantragt. Diese Anträge widersprechen dem Friedensvertrag, weil nur Staaten Mitglieder der internationalen Verkehrsgemeinschasten sein können, das Saargebiet über kein selbständiger Staat, sondern ein für beschränkte Zeit der Regierung des Völkerbundes unter stellter Teil Deutschlands ist. Als Teil Deutschlands hat das Saargebiet auch nicht aufgehört, zu dem Geltungs bereich der internationalen Verkehrsabkommen zu gehören. Sein Beitritt zu den Vexkehrsgemeinschaften ist also weder praktisch erforderlich noch rechtlich zuläMa. Er würde d« Gnmdlagen der im Versailler Vertrag niedergelegten Rechtsordnung für Las Saargebiet verschieben und die Rechte Deutschlands beeinträchtigen. Aus diesen Gründen hat die Ncichsregierung in meh reren Noten bei den zuständigen Stellen gegen den Bei tritt des Saargebiets zu den internationalen Verlchrs- gemcmschasten Einspruch erhoben und erklärt, daß sie ihn Nicht anerkennt. Ostpreußens fchWierige Lage. FurchtvoreinemNusseneinfall. Reichswehr-Minister Dr. Geßler sprach in Tilsit über „Das nationale und innerpolitische Ideal unseres Wieder aufbaues". Er sagte u. a.: „Es ist für mich keine Frage, daß die überaus schwierige Lage Ostpreußens vor allem auch für Len Reichswehrminister eine ganz besondere Sorge ist. Alle meine Bemühungen sind darauf gerichtet, unter allen Umständen Ostpreußens Perbindung mit der großen deutschen Einheit zu erhalten. Ostpreußen muß vor allem das Schicksal eines neuen Einfalls erspart bleiben. Möge der Einfall kommen, woher er mag, ich bin überzeugt, das deutsche Volk wird eins sein mit Ostpreußens Willen unv alles tun, um ihre schöne Heimat sicherzustellen. Auch ich weiß wohl, was an unserer Grenze vorgeht. Wir wissen, daß Polen an der ganzen Grenze Truppen zusammenzieht und daß es die größere und nicht schlechtere Hälfte seiner Truppen gegen die deutsche Grenze vereinigt. Wir er warten vom Völkerbund, daß er die uns gemachten Zu sagen wahrmacht, daß er uns schützt vor Einfällen. Ich sage es aber auch ganz offen, daß, wenn wider Erwarten sich dies nicht erfüllen sollte, wir unter allen Umständen alles durchsetzen würden, um den deutschen Boden in Ost preußen mit allen Mitteln zu verteidigen. Ich hoffe, daß der Völkerrat, der uns gegenüber fo rücksichtslos wie mög lich die Enkwaffnungsbestimmungen durchführen will, und der für militärische Bestimmungen des Friedensvertrages in Versailles das hohe Ideal dieser Entwaffnung für den Völkerfricden gepriesen hat, alles daran setzen wird, um nun auch uns in dieser Gefahr nicht zu enttäuschen. Unser Land, das bedroht ist, sehnt sich nach dem Frieden für den Wiederaufbau seiner Wirtschaft." Loucheurs phaniasieziffern. RededuellBriand-Klotz. i Die französische Kammer hat ihre Beratungen über die Beschlüsse Ler Pariser Konferenz fortgesetzt. Als erster Redner sprach Magallone, der ausführte, daß das Pariser Abkommen auf einem Irrtum beruhe. Man könne nicht ein Volk von 60 Millionen 20 Jahre oder noch länger unter Aufsicht stellen. Es sei auch eine Illusion, wenn man anuchme, Deutschland werde jahrelang Milliardenzah lungen leisten. Als einzige Sicherheit gelte die Besetzung des Ruhrgebietes und die Loslösung des Rheinlands von Preußen. Nach ihm ergriff der frühere Finanzministcr Klotz, der als solcher an der Friedenskonferenz tcilge- nommen hat, das Wort. Er erklärte, das Pariser Ab kommen fei nichts anderes als ein Anhang zum Versailler Vertrag, der als solcher von den beiden Kammern rati fiziert werden müsse. Das Pariser Abkommen stelle ein Konkordat dar, das die Gläubiger diskontierten, ehe sie die Unterschrift des Schuldners in Händen hätten. Klotz bemängelte weiter, daß die vorgesehenen Zwangsmaß- nahmn den deutschen Schuldnern nicht mftgeteilt worden feien. Darauf erklärte Ministerpräsident Briand, die Zwangsmaßnahmen feien ureigenste Angelegenheiten der Alliierten. Nur das, was beschlossen wurde, werde Deutsch land mitgeteilt. Darüber sei den Deutschen eine Bemer kung erlaubt. Aber hätte man Deutschland die Zwangs maßnahmen unterbreitet, so hätte man ihnen ja gleichzeitig Gegenäußerungen gestattet; das aber erlauben die franzö sischen Interessen nicht. Im Anschluß an diese Äußerungen entspann sich ein heftiges Rededuell zwischen dem Ab geordneten Klotz und Briand, in dessen Verlauf Briand die Vertrauensfrage stellte. Klotz antwortete, es handle sich hier nicht um eine einfache Vertrauensfrage. Es scr nicht möglich, daß die Kammer Lie neuen Steuervorschlags prüfe, bevor nicht das deutsche Budget in einer der Repa rationsfragen entsprechenden Weise umgestaltet ser. Wah rend der französische Steuerzahler 30 Prozent zahle, haoe der deutsche nur 15 Prozent zu entrichten. Die Kammcr müsse über die Mobilisierung der französischen Forderun gen Klarheit verlangen. Loucheur, der an den Fr,e- dcnsverhandlungen aktiv und an der Pariser Konferenz beratend teilgcnommen hat, verteidigte das Panier Ab kommens. Er erklärte, daß die 12^ l gTaxe aufdi icke Ausfuhr den französischen Steuerpegel entlasten u erve. Jin übrigen trat Loucheur für vollständige Leistung der Wiedergutmachung ein.