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KwmfferAM« Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt sÜs Wllsdmsf UNd ^MgegMd Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Blatt enthalt die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannfchaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger mrd Drucker: Arthur Zschunke tu Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide tu Wilsdruff. Nr. 33. Mittwoch den 9. Februar 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. GmerSMWSWhlen. l. Für daS Gemeinsame Gewerbegsricht für Gemeinden im Bezirke der Amrshaupt- Mannschaft Meißen finden d,e Wahlen der Beisitzer Sonntag -en 13. März 1921 statt, und zwar für die Arbeitgeber vormittags von 9—11 Uhr und für die Arbeit nehmer vormittags von 11 bis nachmittags 1 Uhr. 2. Die Arbeitgeber wie die Arbeitnehmer haben je 20 Beisitzer aus ihrer Mitte zu wählen. 3. Die einzelnen Gemeinden find den aus der nachstehenden Liste O ersichtlichen Wahlbezirken zugeteilt. Das Wahlrecht wird in den dort bezeichneten Wahlstellen aus- geübt. Es darf nur an einer Wahlstelle ausgeübt werden, und zwar an derjenigen, in deren Bezirk der Wähler zur Zeit der Wahl seine Wohnung oder seine gewerbliche Nieder lassung hat, oder wo er in Arbeit steht. Zwischen mehreren hiernach zulässigen Wahl stellen hat der Wahlberechtigte die Auswahl. Das Stimmrecht ist in Person und durch weiße Stimmzettel ohne wesentliche äußere Merkmale auszuüben. 4. Die Wähler haben sich vor dem Wahloorstand auf Erfordern über ihre Persön lichkeit und Wahlberechtigung auszuweisen. Hierzu genügt für Arbeitgeber die Bescheini gung über die Anmeldung des Gewerbebetriebes, für die Arbeiter ein Zeugnis, wie solche von der Polizeibehörde des Wohnorts oder von den Arbeitgebern ausgestellt werden. Vordrucke für die Zeugnisse können die Arbeitgeber von den Herren Gemeindevorständen der zum Gewerbegericht gehörigen Gemeinden in der erforderlichen Anzahl unentgeltlich beziehen. Den Arbeitern wird dringend empfohlen, sich einige Tage vor der Wahl diese Zeugnisse zu verschaffen. Die als stimmberechtigt vom Wahlvorstand Anerkannten legen ihre Stimmzettel zusammengefaltet in die Wahlurne. b. Stimmberechtigt sind u) als Arbeitgeber: selbständige Gewerbetreibende, welche mindestens einen Ar beiter regelmäßig das Jahr hindurch oder zu gewissen Zeiten des Jahres be schäftigen. Von mehreren persönlich haftenden Teilhabern eines Gewerbe unternehmens übt jeder das Stimmrecht füc sich aus. Den Arbeitgebern stehen die mit der Leitung eines Gewerbebetriebes oder eines bestimmten Zweiges desselben betrauten Stellvertreter der selbständigen Gewerbetreibenden gleich, sofern sie nicht nach d) als Arbeiter gelten. b) als Arbeiter: Gesellen, Gehilfen, Fabrikarbeiter und Lehrlinge, auf welche der 7. Titel der Gewerbeordnung Anwendung findet (also auch solche in der Binnenschiffahrt, dem Gast- und Schankwrrtschaftsgewerbe, dem Maurer- und Zimmerergewerbe, in Steinbrüchen), ferner Betriebsbeamte und mit höheren technischen Dienstleistungen betraute Angestellte, deren Jahrcsarbeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 30000 Mark nicht übersteigt; auch solche zur Zeit der Wahl erwerbslose Personen, die bis zum Eintritt ihrer Erwerbslosigkeit in der fraglichen Berufsgruppe tätig gewesen sind, es sei denn, daß sie den Willen, in Zukunft in eine andere B-rufsgruppe überzugehen, bereits in einer Zweifel ausschließenden Weise zu erkennen gegeben haben. Weibliche Personen sind, sofern bei ihnen die Voraussetzungen unter va »der b gegeben sind, zur Teilnahme an den Wahlen berechtigt. (Richt wahlberechtigt sind insbesondere land- und forstwirtschaftliche Arbeiter, Hausgesinde, Arbeiter in Eisenbahnbetrieben, Berg- sowie Tonarbeiter. Auch Gehilfen und Lehrlinge m Apotheken und Handelsgeschäften sowie Arbeiter, welche in den unter Militärverwaltung stehenden Betrieben beschäftigt sind, haben nicht mitzuwählen.) 8. Voraussetzung für das Stimmrecht der Arbeitgeber sowohl als auch der Arbeiter ist, daß sie s) das 20. Lebensjahr vollendet haben, tt) im Gewerbegerichtsbezirke Wohnung oder gewerbliche Beschäftigung haben, c) zum Amte eines Schöffen fähig sind. (Nach e sind insbesondere Personen von der Wahl ausgeschloffen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben). 7. Wählbar ist jeder Stimmberechtigte, der das 30. Lebensjahr vollendet hat. 8. Die Wahl ist unmittelbar und geheim. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Dieses Wahlsystem setzt sowohl auf Seiren der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer das Vorhandensein von mindestens zwei Wählerparteien voraus, deren jede ihre Wahlkandidaten in einer sogenannten Vorschlagsliste zu benennen Hal. Die Stimmabgabe erfolgt für die Wählerpartei bez. für deren Vorschlagsliste, indem von den zu vergebenden 20 Sitzen aus jede Vorschlagsliste soviel Sitze entfallen, als dem Verhältnis der auf die Liste entfallenden Stimmenzahl zur Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen entspricht. Jede Vorschlagsliste hat die sämtlichen zu wählenden 20 Beisitzer unter Angabe von Vor. und Zunamen, Stand und Wohnung zu enthalten und muß auch von mindestens 20 wahlberechtigten Arbeitgebern bezw. Arbeitnehmern unterzeichnet sein. Auf Erfordern haben die Unterzeichner ihre Stimmberechtigung nachzuweisen. 9. Eine gültige Stimme kann nur für eine eingereichte Vorschlagsliste abgegeben werden. Der Stimmzettel darf nur Namen aus einem einzigen Wahlvorschlage enthalten. Ein Name genügt. 10. Die Wahlberechtigten werden daher hiermit aufgefordert, bis spätestens zum 27. Februar 1921 Vorschlagslisten, getrennt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, bei dem unterzeichneten Gewerbegericht unter Benennung eines für weitere Verhandlungen bevollmächtigten Ver treters einzureichen. Die eingereichten Vorschlagslisten werden vor der Wahl in dem Meißner Tageblatt, in der Volkszeitung für Meißen usw. und in dem Wilsdruffer Tage blatt unter Weglassung der Unterschnftcn veröffenilicht. Wird bis zum Ablaufe des 27. Februar 1921 von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern nur eine Vorschlagsliste ein gereicht, so kommt für dis betreffende Wählergruppr die Wahl in Wegfall, und es gelten die in der eingereichren Liste gültig Bezeichners» als gewählt. Meißen, am 3. Februar 1921. «z? Der Vorsitzende des Gemeinsamen Gewerbegerichts für Gemeinden im Bezirke der Amtshauptmanvschaft Meißen. O Liste der Wahlbezirke und Wahlstelle« 1. Weinböhla (Sitzungssaal in dortigen Rmhause) mit Niederau, 2. Kötitz (Gasthof Kölitz) mit Wildberg, . 3. Coswig (Ratskeller) mit Neucoswig, 4. Brockwitz mit Ciieben (Gasthof zu Brockwitz) mit Sörnewitz, 5. Fiichergaffe (Restaurant Fnedenshain) mn Hintermauer, Obermeisa, Niedermsisa, Klosterhäuser, 6. Garsebach (Gasthof Garsebach) mit Dobritz, Robschütz, 7. Schletta (Restaurant Ziegelei Schletta) mit Niederjahna, Korbitz. Löchain, 8. Zehren (Gasthof Zehren) Mit Schieritz, Keilbusch, 9. Zadel (Gasthof Zadel). Bei uns sind eingegangen vom Gesetz- und Verordnungsblatt für den Freistaat Sachsen das 30. und 31. Stück vom Jahre 1920 vom Reichsgesetzblatt Nr. 228 bis 237 vom Jahre 1920. Diese Eingänge, deren Inhalt aus dem Anschläge in der Hausflur des Ver- waltungsgebäudes ersichtlich ist, liegen 14 Tags lang in der hiesigen Ralskanzlei zu jedermanns Einsicht aus. Wilsdruff, am 7. Februar 1921. -rse Der Stabtrat. Maul- und Klauenseuche. Nachdem die Maul- und Klauenseuche in Wilsdruff erloschen ist, wird der Stadtbezirk nunmehr von der Beobachtung befreit. Wilsdruff, am 7. Februar 1921. ess? Der Stadtrat. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Brüsseler Sachverstöndigcnkonferenz findet erst nach der Londoner Besprechung statt. * Das Jahr 1920 schließt für die Stadt Berlin mit einem Defizit von dreihundert Millionen Mark ab. * Frankreich und Polen haben ein gegen Deutschland ge richtetes militärisches Abkommen geschlossen. Vsrsicht! Die Antwort auf die einmütige Kundgebung des Deutschen Reichstages, aus die entschiedene und würdige Zurückweisung der Pariser Beschlüsse durch den deutschen Außenminister Dr. Simons hat die französische Öffentlich keit, lenkbar wie sie ist, dem britischen Ministerpräsidenten überlassen. Man wußte, daß Lloyd George am Wochenende zweimal in Birmingham sprechen würde, und hatte daraushin offenbar den Wink erhalten, so lange zu schwel ten. Mit bewunderungswürdiger Disziplin wurde diese Weisung befolgt und nun erst, nachdem das Oberhaupt der englischen Regierung Vas Stichwort ausgegcbeu hat, wird es auch von der Pariser Presse in allen Tmmrteu aukaenommen. Wie immer^eLen steh auch die Birming- harner Reden des britischen Ministerpräsidenten aus Bru talität und Schlauheit zusammen. Je nach Neigung kann man die eine oder die andere Seite seiner Sprechübungen mehr oder weniger auf sich wirken lassen. Wir Deutsche haben aber vor allen Dingen Veranlassung, ein scharfes Ohr zu haben für die Versuche, die eben erst wieder neu gewonnene Einheitsfront zur Abwehr der Pariser Be schlüsse von außen her zu unterwühlen. Lloyd George bedient sich dazu genau der gleichen Mittel, die ihm während des Weltkrieges zur Riederzwingung unseres Kampfgeistes zur Hand waren. Mit unverkennbarer Ab sicht spricht er von dem Deutschland von 1914, das auch setzt noch immer nicht der Vergangenheit anzugehören scheine. Man sage zwar, die deutschen Herrscher hätten allein deu Krieg verursacht, während das deutsche Voll nicht hinter ihnen gestanden habe, aber selbst die deutschen Sozialisten hätten doch ihre Regierung während des Krieges nach Kräften unterstützt und sich gern an der Beute beteiligt, die man im Falle eines Sieges dem Feinde auf erlegt hätte. Und bei den Besprechungen mit Dr. Simons könne er Vas nnangenehme Gefühl nicht los werden, als stünden hinter diesem Manne, für den er im übrigen ein paar lobende Bemerkungen nicht verschmähte, immer noch die Männer von 1914. Flugs sind nun die Pariser Blätter bei der Hand, um nun auch ihrerseits in Vic gleiche Kerbe zu schlagen. Sie machen die Entdeckung, daß die Rechtsparteien irr Deutschland von Bayern aus einen deutlich erkennbaren Druck auf Berlin ausübten im Gegen satz zu gewissen Linkselementen in Norddeutschland und in Westfalen (gemeint sind die Kommunisten), die sowohl in der Entwaffnung, als auch in der Wiederherstellungs frage nachgeben wollten. Aus diese Weise drohe ein ge fährlicher Geisteszustand in Deutschland um sich zu greifen, und man müsse befürchten, daß die Offiziere der Kontroll kommission das Opfer neuer Angriffe werden könnten, wenn die deutsche Regierung nicht einschreite, was zu tun sie nicht gewillt scheine. Wie man sieht, sollen also die lieben Deutschen wieder einmal munter aufeinander ge hetzt werden, weil man gegen ihre einmütige Entschlossen heit die famosen Pariser Beschlüsse denn doch für undurch führbar hält. Das Gespenst der Männer von 1914 wird heraufbeschworen, um diejenigen Deutschen, die das Er gebnis der Pariser Konferenz sehend gemacht hat, wieder zu blenden. Selbst der maßvolle und in seiner uner schütterlichen Besonnenheit so ziemlich allen Deutschen gleich sympatische Dr. Simons wird in eine herabsetzende Ver bindung mit dem Deutschland von 1914 gebracht, als wenn er auf dem besten Wege wäre, ei« gleiches Weltverbrechen zu verursache», wie dasjenige, «m dessen Urheberschaft noch lange nicht das letzte Wort gesprochen ist.