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Wilsdruffer Tageblatt : 25.01.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192101250
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19210125
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19210125
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-01
- Tag 1921-01-25
-
Monat
1921-01
-
Jahr
1921
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 25.01.1921
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Landtagsauflösung in Mecklenburg. Da sich bei der Regierungsbildung in Mecklenburg herausgestellt hat, daß eine tragfähige Mehrheit weder aus den bürgerlichen Parteien noch aus einer bürgerlich sozialistischen Koalition gebildet werden kann, haben sich alle Parteien für Annahme des Antrages der Deutsch- nationalen auf Auflösung des Landtages ausgesprochen. Auch die neue Regierung hat in der Aussprache über ihre Programmerklärung sich mit der Abhaltung von Neu wahlen einverstanden erklärt, die voraussichtlich 'am 13. März stattsinden werden. Der Antrag auf Auflösung des Landtages dürfte mindestens die erforderliche Zivei drittelmehrheit erhalten, vielleicht iogar einstimmig ge faßt werden. Abschnürung des Saarlandes. Der Referent für Wohnungswesen bei der Saarregie rung, Betz, teilte in einer Versammlung mit, daß dem nächst durch eine Verordnung der Regierungskommission den Gemeinden des Saargebietes werde verboten werden, fernerhin Unterstützungen von Reich, Staat und Kreis für Wohnungsbauten anzunehmen. Verständigung über die Sozialisierung Der Verständigungsausschuß der Sozialisierungskom mission des Reichswirtschaftsrates, der seit einigen Tagen in Essen seine Beratungen wieder ausgenommen, hat seine Verhandlungen abgeschlossen. Die Verhandlungen haben, wie verlautet, zu einer Verständigung auf der Grundlage des von Direktor Krämer ausgearbeiteten Entwurfs, mit dem auch in der Hauptsache das Programm des christlichen Bergarbeiterführers Jmbusch übereinstimmt, geführt. Das Ergebnis der Verständigungsverhandlungen wird dem nächst den Neichswirtschaftsrat beschäftigen. Verbot der Nothilfe im Rheinland. Die Ententekommission im besetzten Rheinland hat be schlossen, die Einrichtung einer Technischen Nothilfe im be setzten Gebiet angesichts des allgemeinen Charakters dieser Einrichtung abzulehnen, deren Betätigung durch ein Ber liner Zentralbureau erfolgen und so der Kontrolle der Be satzungsbehörden entzogen sein würde. Großbritannien. X Lloyd George gegen die französische Politik. Um der englischen Industrie zu helfen, die augenblickliche Krisis leicht zu überwinden, beabsichtigt Lloyd George auf der Pariser Konferenz die sofortige Finanzhilfe für Österreich und die Klärung der Ententepolitik gegenüber Sowjet- rutzland mit in erster Linie zu erörtern. Dem Verlangen nach einer Verständigung wird Lloyd George entgcgen- kommen, vorausgesetzt, daß dadurch Sowjetrußland ge zwungen wird, seine Propaganda in Mittelasien und In dien einzustellen. In London herrscht auch eine starke Ab- Neigung gegen die von Frankreich begünstigten kriege rischen Abenteuer der Weißgardisten in Rußland. Lloyd George ist der Ansicht, daß die Propaganda der Roten und die französischen Angriffsversuche mit Hilfe mon.- chisti- scher Generale Europas Genesung in gleicher Weise ge fährden. Oeuischer Reichstag. lS4. Sitzung.- Berten. 22. Januar. Vor einem schwach besuchten Hause wurde heute die No velle zum Einkommensteuergesetz in erster Lesung verhandelt. Zuerst sprach der Abg. Keil (Soz.). Er bemerkte unter anderem: In einer Zeil, in der infolge der schwierigen Lage Deutschlands die Steuergesetze mit großer Hast zustande gebracht werden mußten, ist es kein Wunder, daß schon sehr bald Änderungen dieser Gesetze sich als dringend notwendig ergeben. Notwendig ist vor allem die Verme'dung der doppel ten Besteuerung des Einkommens aus den« Kalenderjahre 1920. Namens seiner Fraktion erklärte der Redner, daß seine Parteifreunde unbedingt aus dem Boden der Vorlage stehen. Der Vorschlag der Regierung, den steuerfreien Betrag für Familienangehörige von 500 auf 1000 Mark zu erhöhen werde von seinen Parteifreunden gebilligt. Dieser Vorschlag, fuhr der Redner fort, ist aber bei weitem nicht genügend. Was soll außerdem mit den Steuerschuldrechten werden. Beitreiben kann man sie nicht. Am besten wäre es, bis zu einem Ein kommen von 30 000 Mark alle Steuerrcchte oder Steuerreste zu streichen. Wo tatsächlich so viel Kräfte am Werke sind, den Be sitz zu schonen, können wir es nicht verantworten, gerade die wirtschaftlich Schwächsten bis zum Zusammenbruch bluten zu lasten. Wo bleibt, so fragte der Redner, die entschiedene Durchführung der Besitzsteuer. Die Regierung wandelt schon fast in Helfferichs Fahrwasser. Wenn die übermäßige Begün stigung des landwirtschaftlichen Besitzes, fügte der Redner hin zu, durch das Gesetz nicht aufhört. wird der Ertrag des Rcicbs- noropsers in Frage gestellt. Wenn nun gar noch weitere Be- s günstigungen durchgesetzt werden, ist es kein Wunder, wenn s Industrie und Privatkapital ähnliche Vorteile für sich er streben. Lebhafte Unruhe im Hause entstand wiederholt, als der nächste Redner, Abg. Dr. Helfferich iDeutschnat.) begann. Starke Kundgebungen der Linken unterbrachen ihn wiederholt. Er führte aus, der ganze Weg der Steuerveranlagung sei zu umständlich. Wenn es gelingt, überall die Steuer gleich an der Quelle zu fasten, wird sich der Apparat viel einfacher gestalten. Die Linke sollte sich doch freuen, wenn an dieser Kulturaufgabe möglichst alle Parteien nütarbeiteten. Als hier die Zwischenrufe der Linken besonders zahlreich wurden, erklärte der Redner, daß er sich auf derartige Geschmacklosigkeiten. nicht einlasse. Weiter rechtfertigte Dr. Helfferich seine Amtsführung als Neichsschatzsekretär. Was das Neichsnotopfer anlaugt, so ist die Veranlagung noch gar nicht erfolgt. Gerade die kleinen Leute und der Mittelstand müssen geschützt werden. Ferner verteidigte sich der Redner gegen den Vorwurf der Kriegshetze und bemerkte dabei, daß starke Steuerlasten bevorständen, ganz gleich, wie der Krieg ausgehen würde, habe er schon 1915 erklärt. Der Redner schloß mit den Worten: „Die Bürgerschaft und die Arbeiterschaft sind aufge klärt genug, um zu wissen, wem sie die neuen Steuern zu ver danken habend (Abermals großer Lärm links.! Reichsfinanzminister Dr. Wirth trat einigen Ausführungen des Abg. Dr. Keil und verschiedenen Ausführungen des Abg. Helfferich entgegen. Solange er, der Minister, an seinem Platze stehen werde, werde es dem Abg. Helfferich nicht ge lingen, den Besitz von den Lasten zu befreien, die ihm das Reich in seiner tiefsten Not habe auserlegen müssen. Entgegenkommen in der Einkommensteuerfrage sicherte der Minister für die Ausschußberatung zu. Weiter schil- rerte der Minister das Zustandekommen des Reichsnotopfer- aesetzes. Er babe sich dabei von einer genaueren Individuali sierung bei der Veranlagung des landwirtschaftlichen Grund besitzes einverstanden erklärt, und alles das stehe in den Ent würfen. Die Auflehnung gegen die hier ausgesprochenen Grundsätze beruhe auf einer Mache. Hoffentlich würden die Ausschutzberatungen bald Klarheit schaffen. Ein großes Finanzprogramm zu geben, wäre zurzeit durch- aus töricht. Bei der Beamtenvorlage sei nicht gezögert wor den, die steuerpolitischen Notwendigkeiten hervorzuheben. Wir müssen, so schloß der Minister, die Wege erösfnen, die notwen dig sind, um ein weiteres Finanzelend zu ersparen. Der Abg. ten Hompel (Zentt.) wies daraus hin, daß man schon bei Erlaß der Steuergesetze gewußt habe, daß sic manches Unzulängliche ergeben würden. Besonders müsse die Frage des Existenzminimums und die Frage der Verhältnisse der kleinen Rentner berücksichtigt werden. Abg. Dr. Hertz (U. Soz.) leitete seiye Ausführungen mit der Behauptung ein, daß die Besitzsteuer zum größten Teil aus dem Papier stehe, und daß man sie trotzdem noch abbauen wolle. Der Redner verlangte Niederschlagung der Steuerrück stände im Interesse der kleinen Existenzen und genaueste Durch führung der Besitzsteuer. Abg. Becker-Hessen (D. Volksp.) appellierte an das Haus, die Beratungen rasch und sachgemäß zu führen, damit man endlich wieder einmal zu einer ordent lichen Etatsberatung komme. Die Beseitigung der Doppel besteuerung von 1920 sei eine Notwendigkeit. Nach einigen weiteren Bemerkungen wurde die Vorlage einem Steueraus- jchuß überwiesen. Der Abg. Dvwell (Komm.! richtete heftige Angriffe getz«« die Mebrbeitssozialisten und erklärte, daß diese ganze Ande- rung des Steuergcsetzes nicht nötig gewesen Ware, Wenn man seinerzeit auf die Anträge seiner Partei gehört hätte. Abg. Pohlmann (Dem.) stellte sich im allgemeinen auf den Boden der Vorlage. Er hakte aber Bedenken wegen der „kul- inrfördernden Beiträge", die nach der Vorlage jetzt auch ver steuert werden sollten. , , Zum Schluß sprach der Abg. Dr. Heim von der Bayeri schen Volkspartei, der ebenfalls seinen Bedenken wegen der Be steuerung der „knltursördcrnden Beiträge" Ausdruck gab. Die gesamte Vorlage wurde schließlich dem Steuerausschuß überwiesen. Schwere Stürme m Her Nordsee. Schiffe und Mannschaften vermißt. Auf der Nordsee herrschte in den letzten Tagen wieder schweres Unwetter, mit dem etwa hundert Fischereifahr zeuge zu kämpfen hatten. In schwere Seenot geriet auch der amerikanische Dampfer „Defiance", der infolge eines Maschinenbruches ein Spiel der Wellen wurde. Ausge sandte Schleppdampfer konnten das Schiff wegen des hohen Seeganges nicht erreichen. Bei Groß-Vogelsand, zwischen den Inseln Trischen und Neuwert, wurde der Dampfer „Nordstern" auf Strand geworfen. Von Cux haven fuhren große Schlepper zu seiner Rettung aus, konnten aber an das fortwährend Notsignale gebende Schiff nicht herankommen, so daß sie es seinem Schicksal übeAassen mußten. Der Dampfer ist nach 24 Stunden ge sunken, seine aus fünf Mann bestehende Besatzung er trunken. Auf See treibend wurde eine schwer havarierte norwegische Bark anactroftcn. von der alles über Bord gespült War; das Schiff ist von der Mannschaft verlassen worden, doch ist diese noch nirgends gelandet, hat als» wohl den Tod in den Wellen gesunden. Auch werden eine Anzahl kleinerer Fischereifahrzeuge und zwei Küstenschiffe, die nördlich der Otzumer Balje gefischt haben, vermißt. Ebenso ist der Fischdampfer „Senator Michaelis" über fällig und gilt mit der Mannschaft als verloren. Die Führung des Schiffes hatte Kapitän König, der mit dem Führer des Handelsunterseebootes „Deutschland" identisch sein soll. Mehrere Fischdampfer haben in der Nordsee Schiffstrümmer treibend angetroffen, was auf weitere Opfer des schweren Sturmes auf See schließen läßt. Wichtigkeit Hes Flachsanbaues. Drei hochwertige Erzeugnisse. Es ist unter den deutschen Landwirten noch immer nicht bekannt, zu welch' großer Bedeutung der Anbau von Flachs für unser ganzes Wirtschaftsleben ist. Leidet doch die deutsche Volkswirtschaft unter dem Mangel an Leinen waren so sehr, daß z. B. nach einer Feststellung über das Elend in München bei 45?S der unbemittelten und mäßig bemittelten Familien keine Leinentücher vorhanden sind. Durch den Flachsanbau gewinnt man aber außer dem Ll und Futter für das Vieh. Auch an diesen beiden Erzeugnissen leiden wir empfindlichen Mangel. Konnte doch z. B. neulich bei den Verhandlungen über die Vieh- ablieferung ein französischer Vertreter behaupten, daß die Alliierten den Deutschen mit der Abnahme von Rindvieh nur einen Gefallen tun, weil es sonst durch Mangel an Futter doch zugrunde gehen müßte. Die Einfuhr von diesen drei Warenarten können wir uns nur in sehr ge ringem Maße leisten, da wir kaum das einzuführende Brotgetreide bezahlen können. Die deutsche Flachsbau gesellschaft ist sogar der Meinung, daß der Leinsamenan bau soweit gesteigert werden kann, um die Einfuhr von Leinenerzeugnissen zu erübrigen. Auch darf die Wirkung ans den Arbeitsmarkt nicht unterschätzt werden. Eine große Anzahl von Arbeitern würde bei der Verarbeitung des Flachses Beschäftigung finden. Abgesehen von diesen rein volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten lohnt der Leinanbau für den einzelnen sehr, was sich auch daraus ergibt, daß man drei yoch- wertige Erzeugnisse rualeich gewinnt. Volkswirtebaftiicdes. Der Stand der Mark. Die nachstehende Tabelle besagt, wieviel Mark für 100 Gulde», 100 dänische, schwedische, norwegische, österreichische, ungarische oder tschechische Kronen, 100 schweizerische, belgische und französische Frank, IVO italienische Lire, sowie für 1 Dollar und 1 Pfund Sterling gezahlt wurden. („Brief" — angeboten: „Geld" --- gesucht.! Neueste Meldungen. Börsenplätze 22. 1. Geld ! Brief 21. 1. Geld § Brief Stand 4. 8. 14 Doiland. . . . Gulden 1988,00 1992,00 2035,45 2039,55 170 Mk. Dänemark . . Kronen 1168,80 1171,20 1193,80 1196,90 112 , Schweden . . Kronen 1288,70 129 l,30 1318,65 1321,35 112 , Norwegen . . K-onen 1143,85 1146,15 1171,30 1173,70 112 . Schweiz. . . . Frank — — 964,00 966,00 72 „ Amerika. . . . Dollar 60,18 60,32 61,18 61,32 4,48. England . . . Pfund 226,12 226,62 230,75 231,25 20,2». Frankreich . . Frank — — 402,05 402,95 80 . Belgien . . . . Frank 432,05 432,95 422,55 423,45 80 . Italien . . . . Lire 2! 8,75 219,25 222.25 222,75 8» . Di.-Lsterrcih Kronen !ö,98 16,02 13,48 13,52 85 . Unanrn . . . 7 i'rvi' 10,5 1 10,57 10.48 10,52 85 . Tictzechi.-n . . K nicn 79.85 8», 15 8i >,65 80,85 85 . Der übergangene Neichswirtschaftsrat. Berlin. Im Neichswirtschaftsrat ist folgender Antrag ge stellt worden: Der Reichswirtschaftsrat wolle beschließen: Der Neichswirtschaftsrat gibt der Auffassung Ausdruck, daß uver wirtschaftspolitische Maßnahmen von w grun dsalil>cher Be deutung wie die beschleunigte Einziehung des Rclchsnoiopsers und die Auflegung einer Zwangsanleihe der R.?lchswlrtjchafts- rat vorher gutachtlich gehört werden muß. Arbeit für Erwerbslose. Berlin. Im Hauptausschuß des Reichstags wurde eine Entschließung des Abgeordneten Hoch (Soz.) einstimmig an- gcnomen, wonach das Arbcitsministerium und tue übrigen be- iciligten Ministerien ersuchi werden sollen, ml dem Verkehrs- ministerium und dem Rcichsschatzministcrium über Beschaffung nutzbringender Arbeitsgelegenheit zu verhandeln, damit demeW- sprechcud die Arbeitslosenunterstützung erspart wird. Gräfin Pia. Roman von H. Courths-Mahler. 44. Fortsetzung. -- (Nachdruck verboten.) Mit Lebhaftigkeit fuhr Hans von Ried fort: „Ich wünsche, daß Pia lernt, sich elegant und ge schmackvoll zu kleiden, sich zu bewegen, wie es in der guten Gesellschaft nölig ist. An Grazie und Anmut fehlt es ihr nicht, es muß nur alles in die rechte Bahn geleitet werden. Graf Buchenau wird dir natürlich in allem freie Hand lassen und dir ein entsprechendes Konto bei einer Bank eröffnen. Ge spart braucht in keiner Weise zu werden. Graf Buchenau ist ein sehr reicher Mann und Pia seine einzige Erbin. Dir soll auch kein Schaden erwachsen in pekuniärer Beziehung. Ich weiß, daß du dich einrichten mußt, und bitte dich, mir Zu gestatten, daß ich dich durch eine Anweisung an meinen Bankier in die Lage setze, jeden Aufwand zu bestreiten. Pia soll möglichst viel von der großen Gesellschaft sehen, und Baden-Baden ist ja der Platz, wo sie so ziemlich alles haben kann. Auch ist es nötig, eine perfekte Zofe für sie zu engagieren, die sie dann mit nach Hause nehmen kann. Bis her hat ein ziemlich ungeschicktes Bauernmädel Zofendienste bei ihr verrichtet. Von Eleganz und Schick hat Pia keine Ahnung, und doch lege ich auf beides großen Wert bei einer Frau. Ich möchte es am wenigen bei meiner Frau missen. Du würdest bei ihr auf gute natürliche Anlagen und auf guten -Willen und Lerneifer rechnen können. Es wird dir auch nicht schwer fallen, das kleine Komteßchen lieb zu ge winnen. Sie ist ein sehr liebenswürdiges Geschöpf ohne Unarten und Launen. So, liebste Tante — nun weißt du alles — und nun sage mir, ob ich dir Pia bringen darf." Mit einem Lächeln, in dem noch viel Anmu tund Charme lag, reichte ihm die Gräfin/ihre Hand. „Bringe mir deine Braut, mein lieber Hans, und sei gewiß, daß ich mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln versuchen will, dein Vertrauen zu reckttertiaen. Ich baffe. die mir gestellte Aufgabe zu deiner und des Grafen Buchenau Zufriedenheit zu erfüllen. Da ich selbst eine Tochter groß gezogen habe, wird es mir nicht schwer fallen, Komteß Pia wie eine Mutter beizustehen. Jedenfalls freue ich mich sehr, dir einmal meine Dankbarkeit beweisen zu können. Nein, werde nicht ungeduldig — du kannst ja gar nicht ermessen, wie tief ich in deiner Schuld bin. Dir danke ich das Glück meines Kindes. Und was ich nun tun kann, um zu deinem Glück beizutragen, das soll mit Freuden geschehen. Ich be dauere fast, daß du mir keine schwierigere Aufgabe ge stellt hast." Hans Ried lachte. „Warte nur erst ab, Tante Maria, gar so leicht wird ,es dir nicht werden, meinen kleinen Wildling in eine elegante junge Dame zu verwandeln. Und erschrick nicht, wenn du sie siehst. Für ihre Garderobe hat bis jetzt die brave und tüchtige, aber doch sehr schlichte Haushälterin des Grafen gesorgt. Man hat sich da unglaublich an dem guten Ge schmack versündigt. Das Notwendigste wird sein, daß du sie erst einmal gayz neu equipierst. Man hat Pia in einer unerhörten Gleichgültigkeit gegen ihre äußere Erscheinung aufwachsen lassen." „Nun, das wird sich alles finden, mein lieber Hans. Sie wird sich schnell genug daran gewöhnen, ihr Aeußeres wichtig zu nehmen. Das liegt uns Frauen im Blut. Ich freue mich darauf, aus der häßlichen Raupe einen schönen Schmetterling zu machen. Das ist jedenfalls der leichteste Teil meiner Aufgabe, zumal, wie du sagst, Geld dabei keine Rolle spielt. Sobald ich sie dann ein wenig gedrillt habe, werde ich sie gleich in die Gesellschaft einführen. Wenn sie mit anderen jungen Damen zusammenkommt, wird sie ihnen viel absehen können. Ich lebe hier in einem auserwählten Kreise, und im Frühjahr und Sommer trifft sich außerdem hier die ganze elegante Welt. Da hat die Komtesse die beste Schulung unter meiner Leitung und Aufsicht." „Das ist mir sehr lieb. Pia muß sich einige Sicherheit im Verkebr aneianen. ebe sie meine Frau wird, denn ich muß sie gleich nach der Hochzeit unseren höchsten Herrschaften vorstellen, und bei Hofe, das weißt du, gibt es scharfe, kritische Augen, wenn auch der Herzog und die Herzogin gütig über manches hinwegsehen würden. Ich werde ja wohl auch in Zukunft meinen dauernden Wohnsitz in Ried berg beibehalten, aber ab und zu muß ich mich doch bei Hofe und in der Gesellschaft sehen lassen mit meiner jungen Frau, und da soll Pia sicher und ungezwungen sich bewegen können. Ich denke, bei ihrem lebhaften Auffassungs vermögen wird es dir nicht zu schwer werden, das in kurzer, Zeit zu erreichen. Wir haben ihr gesagt, daß sechs Monate genügen werden zu ihrer gesellschaftlichen Ausbildung. Sollte diese Frist zu kurz bemessen sein, kann man immer noch zugeben. Wenn sie erst die Trennung von zu Hause verwunden hat, fügt sie sich gewiß auch in eine längere Lehrzeit. Die Gräfin nickte lächelnd. „Ich will schon dafür sorgen, daß es ihr bei mir ge fällt. Ich freue mich wirklich auf das kleine Menschen wunder. Es ist sicher eine sehr dankbare Aufgabe, solch ein junges Geschöpf mit dem Leben vertraut zu machen." Hans von Ried besprach nun noch allerlei Einzelheiten mit seiner Tante und verabschiedete sich dann, um in sein Hotel zurückzukehren. * « * Zwei Tage später kam Graf Buchenau mit Pia m Baden-Baden an. Hans von Ried war auf dem Bahnhof. Ein wenig beiäubt von den Eindrücken dieser ersten Reise sprang Pia aus dem Kupee und hing sich aufatmend an den Arm ihres Verlobten. „Ach, Hans — mir wirbelt der Kops — ich weiß gar nicht, wo ich zuerst Hinschauen soll! Was gibt es bloß für eine Menge Menschen auf der Welt. Und der Zug hat ge rattert und geschaukelt, und alles flog an meinen Augen vorbei, ehe ich es nur richtig ansehen konnte." lFortieüuna kalottl
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