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suchen beantwortet. Laß er auf seinem Voßen bleibe. Dieser eindringlichen Bitte wollte Dr. Mayer nicht widerstehen und hat daher sein Rücktrittsgesuch zurückgezogen. 4- Aufhebung des Orgcschvcrbotcs in Schlesien, Der Breslauer Polizeipräsident hatte am 22. Oktober v. Js. gegen den Heimatschutzoerband verfassungstreuer Ober- schleüer — Organisation Escherisch e. V. ein Verbot erlassen, well seine Tätigkeit gegen die Vereinsgesetze verstoße. Aus die von Ler Provinzialleitung der Organisation dagegen er hobene Klage hob der Breslauer Bezirks-Ausschuß nach formalen Feststellungen ohne sachliche Verhandlungen das Verbot auf. Der Polizeipräsident wird gegen die Ent scheidung Berufung beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Bis zu dessen Entscheidung ist nunmehr die Tätigkeit der Orgesch in Schlesien frei. » Gefährdung der Sicherheit in Bremen. Von der Bremer Bürgerschaft waren kürzlich Beschlüsse gefaßt worden, - wonach erstens bei der Ordnungspolizei der größere Teil der Führerstellen gestrichen und zweitens die Stadtwehr fristlos aufgehoben werden sollte. Durch diese Beschlüsse wurden Lie Sicherheitszustände in Bremen empfindlich berührt. Der Reichsminister des Innern hat daher auf Grund einer kommissarischen Prüfung der Verhältnisse ein Schreiben an den Senat in Bremen gerichtet, in dem er nach Darstellung der dortigen Verhältnisse zu dem Ergebnis kommt, er erachte durch die getroffenen Beschlüsse der Bürger- l schäft die öffentliche Ordnung in Bremen für gefährdet und ersuche, bei dem überwiegenden finanziellen und allgemeinen Interesse, das das Reich an der Ordnung der Sicherheits verhältnisse habe, diese Beschlüsse einer Revision zu unter ziehen. * Frankreich verzichtet auf die Besetzung des Ruhr gebiets. Die französische Regierung übersandte der Re gierung der Vereinigten Staaten eine Erklärung, in der cs heißt, daß sie nicht die Absicht habe, das Ruhrgebiet zu be setzen oder die deutsche Besatzungszone auszudehnen. Sie müsse sich aber das Recht vorbehalten, zu verlangen, daß Deutschland seinen Verpflichtungen in der Entwaffnungsfrage im Sinne des Friedensvertrages nachkomme. Im Anschluß daran veröffentlicht das amerikanische Staatsdepartement eine Erklärung, in der es heißt, daß gegenwärtig keine Mitteilungen über die Haltung der Vereinigten Staaten in dieser Angelegenheit erfolgen könnten. Derrtsch-Österreich. rr Das Ende mit Schrecken. In den Wiener politischen Kreisen erhält sich das Gerücht, daß die Wiener christlich soziale Regierung sich mit der Absicht trage, falls es ihr nicht noch im letzten Augenblick gelingen sollte, eine aus giebige Kredithilfe von den Ententemächten zu erhalten, zurückzutreten und die gesamte Staats- und Regierungs gewalt der Reparationskommisfion zu übergeben. Der wirt- ichaMche Zerfall Österreichs hat einen bisher unerreichten Tiefstand erreicht. Fast täglich werden neue Streiks gemeldet, die abzubauen nur auf Wochen hinaus gelingt. Im Parla ment sind bisher alle Versuche, eine bürgerliche Regierungs- mehrheit herzuslellen, ergebnislos verlaufen. Ems MrogrammrsSe Trimborns. Zentrum, Monarchie und Sozialdemokratie. Auf der Jubiläumsfeier der Zentrumspartei in Essen hat Ler bekannte Zentrumsführer Trimborn eine Rede ge halten, in der er in bemerkenswerter Weise zu einigen wichtigen politischen Fragen Stellung nahm. Unter anderm sagte er: „Die Zentrumspartei hat die Staatsumwälzung vom 9. November 1920 stark verurteilt, weil sie eine gewalt same war. Wir haben die Revolution hinnehmen müssen, well nur so ein blutiger Bürgerkrieg vermieden werden tonnte. Nicht als wenn das Zentrum jetzt die Republik als die beste Staatsform halten würde, über diese Frage sind die Meinungen innerhalb der Zentrumspartei geteilt. Ich persönlich vertrete den Standpunkt, daß die heutige republi kanische Staatsform erst einmal beweisen soll, daß sie der monarchischen vorzuziehen ist. Jedenfalls stelle ich am heutigen Abend fest, daß wir vom Zentrum der Monarchie bis zum allerletzten Augenblick treugeblieben sind. Freilich widerstrebt es uns innerlich, mit Sozialdemokraten, die unsere Todfeinde sind, die Regierung zu teilen, aber in der Politik entscheidet nun einmal nicht das Gefühl, sondern der Verstand. Den sozialistischen Staat bekämpfen wir mit aller Entschiedenheit, denn wir haben die Über zeugung, daß der sozialdemokratische Klassenstaat naturnot wendig zur Rätediktatur führen mutz." Im Anschluß daran führte Trimborn auch einiges über die neuen Parteipläne des Ministers Stegerwald aus, zu denen er sich wie folgt äußerte: „Einstweilen erscheint es noch nicht aenüaend ae. klärt, auf welchem Wege Stegerwald sein Ziel erreichen will. Solange diese Klarheit nicht geschaffen ist, können wir zu dem Plane Stegerwalds und seiner Freunde keine Stellung nehmen. Das Zentrum ist fest entschlossen, fortan mit der christlichen Arbeiterschaft zusammenzuarbeiten wie bisher. AVer wir lehnen es grundsätzlich ab, uns in eine Arbeiterpartei umzuwandeln. Wir wollen sein und bleiben eine alle Klassen umfassende christlich-nationale Volksvartei." Die BergarbsLisrverHäKde gsgsn Sire-k. Stillegung der Thyssenhütke. Duisburg, 8. Januar. Der Teilstreik auf den Thyssenwerken in Hamborn hat weiter um sich gegriffen. Da von den Arbeitswilligen sich nur noch wenige zur Arbeit meldeten, hat die Verwaltung der „August-Thysfen-Hütte" das ganze Werk stiügelegt und gab dies durch Flugblätter bekannt. Notstandsarbeiten werden nicht mehr verrichtet. Freitag bewegte sich ein großer Demonstrationszug am Werk vorbei nach Duisburg, wohin man den Streik zu übertragen sucht. Die vier großen Bergarbeiterverbände erlassen folgenden Ausruf an die Bergarbeiter des Ruhrreviers, in dem es heißt: „Unverantwortliche und gewissenlose Elemente ver suchen augenblicklich die Bergarbeiter in einen Sympathie streik zu Hetzen. Die Arbeiter Ler Thyssen-Hütte sind schon durch unverantwortliche Personen in den Streik getrieben worden, der von den maßgebenden Gewerkschaften nicht an erkannt wird. Jetzt sollen ihnen die Bergarbeiter folgen. Not und Elend sollen in noch größerem Maße in die Arbeiterfamilien einziehen, nur um die politischen Ansichten jener Leute zu ersüllen. Die unglaublichsten Gerüchte werden von jener Seite verbreitet, um mit Gewalt die Bergarbeiter in den Ausstand zu treiben. Bald sollen die gesamten Eisenbahnen stilliegen, bald soll die Einführung einer längeren Schichtzeit im Bergbau beab ichtigt sein; ja, es wird sogar behauptet, daß die Bergarbeiternerdände einer Verlängerung der Schichtzeit zugestimmt hätten. Das ist unwahr! Kame raden, laßt euch nicht täuschen! Die Absichten jener dunklen Ehrenmänner find zu durchsichtig. Nicht auf die wirtschaft liche Besserstellung der Arbeiter kommt es ihnen an; diese praktische Arbeit überkäßt man recht gern anderen. MH. 4- Wachsende Unsicherheit in Oberschlesien. In Ober- schtesisn wurden 1919 vor Len ordentlichen Gerichten ge zählt: 23 Morde, 518 Fälle von Körperverletzung, 217 Falle von Raub, 4525 Fälle von leichtem, 3775 von schwerem Diebstahl, 105 Bedrohungen und 40 Fälle von Widerstand gegen die Staatsgewalt. 1920 stehen dem gegenüber: 79 Morde, 892 Körperverletzungen, 390 Fälle von Raub, 4979 leichte, 4900 schwere Diebstähle, 189 Fälle von Be drohungen und 80 Fälle von Widerstand gegen die Staats gewalt. Dabei sind alle vor dem besonderen Gericht in Oppeln abgeurieilten Fälle nicht miigezählt, ebenso fehlen alle diejenigen, in denen die Täter nicht ermittelt wurden, die unter Amnestie fielen oder aus dem Augustaufstand folaerlen. Fehreubachs Nenjahrsgrus? an das Handwerk. Karlsruhe. Die erste Jcmuarnummer des Bundesorgans der deutschen Handwerksmeister enthüll einen Neujahrsgruß des Reichskanzlers Fehrenbach an das deutsche Handwerk, rn dem es beißt: „Das Handwerk, ehedem der Stolz des mittel alterlichen Städtelebens hat im Laufe der wirtschaftlichen Umwälzung schweren Schaden gelitten, aber daß es zu den Strebepfeilern unseres wirtschaftlichen Wiederaufbaues gehört und noch immer imstande ist, die tüchtigen Meister zu er nähren, hat es gerade in den schwersten Zeiten des Vater landes gezeigt. Meine besten Wünsche gelten dem ehrbaren deutschen Handwerk." Die Verhandlungen zwischen Danzig «nd Polen. Danzig. Die am 5. Januar in Warschau begonnenen Polnisch-Danziger Wirtschaftsverhandlungen sollen jetzt für einige Zeit ausgesetzt werden, nachdem man ein Provisormm vereinbart hat. Die eingehenden Verhandlungen zum Ab schluß des endgültigen Wirtschaftsvertrages sollen unter Teil nahme des Völkerbundskommissars für Danzig demnächst ausgenommen werden. Warnung der Entente an Ungarn Wien. Die Vertreter der hiesigen Ententemission haben dem ungarischen Gesanden, Dr Gratz, eine Note übergeben, in welcher die Entente Ungarn vor Matzregeln gegenüber Österreich im Zusammenhang mit der westnngarischen Frage warnt und erklärt, daß sie jede derartige Maßnahme als einen unfreundlichen Akt gegen die Entente selbst, betrachten wurde, aus Sen auch sie mit Maßregeln gegenüber Ungarn vorgehen müßte. Zur Abstimmung in Litauen. Wilna. Von polnischer Seite wird gemeldet: Wie die vorläufige Regierung bekannt gibt, wird der Abstunmungs- termin infolge der Ausdehnung des Plebiszits auf das Gebiet von Lida und eines Teiles von Grodno auf den 15. Februar d. Js. vertagt. Die demokratisch-jüdische Partei Zentral litauens bat beschlossen, an den Wahlen teilzunehmen. Das Erdbeben in Albanien. Nom. Nach den lebten Nachrichten aus Tirana sind die durch das Erdbeben verursachten Verheerungen bedeutend größer, als man erst annahm. Elbasian ist fast vollkommen dem Erdboden gleichgemacht. In Cepeiani fanden große Erd rutsche statt. Die Zahl der Toten beträgt 80, die der Ver wundeten 800. Verschiedene Ortschaften wurden vollkommen zerstört. Die Zahl der Obdachlosen beträgt etwa 80 000. D'Annnuzio noch in Fiume. Nom. Wie die „Tribuna" erfährt, wird d'Anmmzio Fiume vorläufig nicht verlassen. Er will ein Buch schreiben, um seine Gattung im Laufe der letzten Ereignisse zu erklären, i Später will der Dichter nach Rom gehen, wo er eine Föde- j deralion der fiumanischen Exlegionäre gründen will und ein ! Journal, das ihre Sache vertreten soll. Letzte DrahLberichLs des «Wilsdruffer DAgeblaLtes*. Dis Stssinog Amerikas. Washington, 1V. Januar, (tu.) Als Antwort auf eine neue, dem Staatsdepartement überreichte Anfrage Frankreichs, welche französische Maßnahmen die amerika nische Regierung für berechtigt halte, falls Deutschland weiterhin seinen Verpflichtungen nicht nachkommen sollte, wird, wie in Regrerungskreissn verlautet, mitgeteilt, daß nach Ansicht der amerikanischen Regierung jede gewalt same Durchführung der Beschlüsse von Spa durch Frank reich als völlig inopportun betrachtet werde, insbesondere die Besetzung des Ruhrgebietes. Im übrigen wünsche die amerikanische Regierung Lie Entwicklung der ganzen Augelegerheit als Unbeteiligte abzuwarten und habe des halb beschlossen, von der EKtssndnng eines Delegierten an Ser Pariser Konferenz am 19. Januar abzusehsn. 7 Bergleute »WgekomMSK. München, 1V Januar, (tu.) In der Oberbayrischen Kohlengrube Hausham bei Schliersee brach in der Nacht zum Sonntag gegen 2 Uhr vermutlich durch Kurzschluß ein Brand aus, des in kurzer Zeit eine große Ausdehnung annahm. Dis unmittelbar eingefahrens Nachtschicht konnte sich in Sicherheit begeben. Dagegen kamen bei den Rettungs- und Löfcharbeiten 7 Männer um, während noch eine größere Anzahl mit schweren und leichteren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Aus Stadt und Land. Min Li »UNK cn skr diese Rubrik wir isrs-t-r ÄsrtLdM: Wilsdruff, am 10. Januar 1921. — Frie-eusvertrag zu Versailles. Der Gewerbe verein zu Wilsdruff ladet nochmals seine Mitglieder und alle Bewohner des Ortes und der Umgegend zu dem Lichtbildervorrrage ein, der am Mittwoch den 12.Januar 1921 ab 1/28 Uhr abends im „Goldenen Löwen" stattfindet. Der Vortrag will im besonderen Aufklärung schaffen inbezug auf die Bedingungen über: die Wehrlosmachung Deutsch lands, die Beraubung Deutschlands (Land und Leute, Kolonien, deutsche Rechte und Interessen im -Auslände, Handelsflotte, Kabel usw ), dis Ausplünderung Deutschlands, („Wiedergutmachungen"), dis „Kommissionen". Nus all den Bedingungen werden die wirtschaftlichen Folgerungen gezogen. Wer den Drehpunkt unserer künftigen inneren und äußeren Politik — falls uns die Feinde überhaupt noch so etwas ähnliches genehmigen — erkennen will, muß sich mit dem „Friedensvertrage" eingehend beschäftigen. Einen Anfang mache er mit dem Besuche dieses Vortrages. — Zum Besten der Schulmilchpflege (Reichsfecht schule) führte am Sonnabend im „Adler" der Männer gesangverein „Brudergruß" das Volksstück „Die Else vom Erlenhof" von Siegsned Staak auf. Der Verfasser dieses auf Wanderbühnen viel gespielten Zugstückes ist ein sehr geschickter Bühnentechniker; von kräftigem, volkstümlichem Humor führt er zu schweren Erschütterungen und leitet dann wieder über zu lächelnder Rührung. Dis stärkste Gräfin Pia Roman von H. Courths-Mahler. 00. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Langsam ritt Hans von Ried nun weiter, sorglich ver meidend, daß er von drüben gesehen werden konnte. In Gedanken weilte er noch bei der eben belauschten Szene. Und er lächelte. „Sie ist noch das reine Kind — ein liebes, herziges Kirst, lauter und rein im Herzen. Ich glaube, der Mann, der sie erringt, wird es in der Hand haben, das aus ihr zu machen, was er gern haben will." So dachte er. Und dann sah er wi/ster im Geiste den herrlichen, ge schmeidigen Mädchenkorpe: in Ler Lust schweben — er dachte auch an Pias schönen, rosigen Fuß. Und der Gedanke an ihre ungeschickten Kleider, die all diese Reize verhüllten, er füllte ihn mit Aerger. „Ich möchte sie einmal nach meinem Wunsch gekleidet sehen," dachte er. Langsam ritt er bis zur Brücke, die über den Fluß führte. Es war dieselbe, auf deren Geländer Pia damals voltigiert war. Drüben mußte er dann ein Stück rückwärts reiten, am Flußufer, um den Weg nach dem Buchenauer Schloß ein- zuschlagen. Fast bis zum Badehäuschen mußte er reiten, ehe er auf die Straße kam, die direkt zum Schlosse führte. Und als er an der Wegkreuzung angelangt war, sah er Pia vom Badehäuschen her auf sich zukommen. Sie trug eines der weißen Leinenkleider, die Frau Dornemann damals für sie bestellt hatte. Es fiel in etwas steifen Falten an ihr herab und war so wenig kleidsam als die übrigen Kleider, Ais Frau Dornemann hotte schicken lassen. Man merkte, daß sein ungeübter, wenig guter Geschmack diese Auswahl getroffen hatte. Außerdem hatte wahrscheinlich das betreffende Mode- ^agazin hier seine unvorteilhaftesten Kostüme angebracht. Momentan war freilich von diesem weißen Kleid nur wenig zu sehen, denn Pia hatte ihr feuchtes Haar zum Trocknen darüber gebreitet. Es fiel wie ein schwerer Mantel um sie her. Selbst in diesem feuchten Zustande war es reich gewellt, erschien aber viel dunkler als sonst. Nur hie und da spielten im Sonnenschein die goldenen Lichter darauf. Pia hatte Hans von Ried schon entdeckt und winkte ihm jubelnd zu. Erst hatte sie im schnellen Lauf auf ihn zueilen wollen mit ihren wilden, jungenhaften Sprüngen. Aber gleich besann sie sich und bremste auffallend, daß der junge Mann lachen mußte. Er ließ sie herankommen und hielt sein Pferd so lange an. Ganz gesittet und damenhaft schritt sie auf ihn zu. „Guten Morgen, Herr von Ried! Wollen Sie nach Buchenau?" rief sie ihm schon von weitem entgegen. „Ja, Komteß Pia, ich bin auf Lem Wege dahin." „O, fein — reiten Sie bitte langsam, damit ich mit Ihnen Schritt halten kann," bat sie, ihm die Hand reichend. Ein wenig länger als sonst hielt er ihrs Hand in der seinen und sah ihr lächelnd in die Augen. „Darf ich nicht absteigen und zu Fuß mit Ihnen gehen?" fragte er scherzend. Sie nickte lebhaft. „Natürlich, das ist ja noch netter." Er sprang ab. Und es war eine frohe, heitere Stim mung in ihm. Seine Jugend kam ihm wieder zum Bewußt sein, er fühlte sich leicht und frei, wie lange nicht. Den Zügel seines Pferdes um den Arm schlingend, trat er neben sie. Mit einer mutwilligen Bewegung schüttelte sie das Haar. „Geben Sie acht — ich bin wie ein nasser Pudel," lachte sie. „Welch ein Vergleich — sagen Sie doch lieber, wie eine Wassernixe," neckte er. „Also schön — wie es Ihnen besser gefällt, aber naß bin ich jedenfalls gründlich geworden," meinte sie gleich mütig. „Ich habe nämlich wieder mal meine Badekappe beim Schwimmen verloren. Und Lina ist der Verzweif lung nahe." „Warum denn, Komteßchen?" fragte er, sich dem er frischenden Eindruck hingebend, den ihre Person ausstrahlte.' „Weil sie sich fürchtet vor der schauderhaften Arbeit,- mein Haar auszukämmen und zu bändigen. Wenn es ge löst gewesen, ich das immer eine große Plage, zumal wenn es noch feucht war. Dann geht es so kraus und wild durch einander. Aber wenn ich es nicht auflöse, dann trocknet es ewig nicht wieder. Und es ist ein so unbehagliches Gefühl, das nasse Haar herumzutragen. Schon aus diesem Grunde möchte ich keine Wassernixe sein. Sonst ist das vielleicht ganz nett. Heute war es jedenfalls herrlich im Wasser, ich wäre am liebsten drin geblieben. Aber ich habe Hunger — es ist Zeit zum Frühstück. Wir kommen, glaube ich, gerade zu recht. Sie frühstücken doch mit uns, Herr von Ried?" Sie plauderte so fröhlich. „Wenn ich darf, halte ich natürlich mit. In Gesell schaft schmeckt es besser," antwortete er. Sie wickelte das ganze Haar fest zusammen und schüttest« die nassen Enden kräftig aus. „So trocknet es schneller," sagte sie, eine Weile das nasse Haar durch die Luft schlagend. Die Wassertropfen sprühten wie feiner Regen zu ihm herüber und netzten fein Gesicht. Er hatte ein wohliges, erfrischendes Gefühl unter diesem Sprühregen. Sie bemerkte es gar nicht, daß sie ihn dabei in Mit leidenschaft zog. „Ich möchte Pia wohl einmal in einer kleidsamen, eleganten Toilette sehen, das wundervolle Haar zu einer hübschen Frisur aufgesteckt, ich glaube, sie würde sich zu einer ganz reizenden jungen Dame entwickeln," dachte Hem von Ried. Pia plauderte weiter, harmlos und unbefangen, schlenkerte ab und zu einmal achtlos das heruntersickernde Wasser aus dem Haar und bemerkte gar nicht, daß ihr KleM völlig durchnäßt wurde. (Fortsetzung folgt.)".