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ilOrufferTageblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 sÜs UNd ^MgLgLNd Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Mott enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Gtadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Herman» Lässig, sür den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 8. Dienstag den 11. Januar 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil Drotabgabe. 1. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß nach der Verordnung des Reichs- ministkrs für Ernährung und Landwirtschaft über die Bereitung von Vackware vom 14. Oktoder 1920 das Brot erst an dem auf den Herfiellungstog folgenden Lage an die Verbraucher abgegeben werden darf und mit dem Stempel des Tages seiner Herstellung versehen werden muß. 2. Zuwiderhandlungen werden auf Grund der Reichsgetreidcordnung vom L1. Mai 1920 bestraft. 3. Die Bekanntmachung des Kommunalverbandes Meißen-Stadt und -Land vom 27. April 1917 — 768 IIL — gilt als aufgehoben. Meißen, am 5. Januar 1921. Nr. 881 II L. Kommunalverbond Meißen-Stadt und -Land. IM (Die Amtshauptmlmnschast.) Maul- und Klauenseuche. Unter dem Viehbestände des Gutsbesitzers Rudolf von Koch in Blankenstein Nr. 44 ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrocherr. Als Sperrbezirk wird nunmehr der untere Ortsteil Blankenstein bis zur Straße Blankenstein—Helbigsdorf bestimmt. Das Bsobachtrmgsgebiet bildet der übrige Orts- und Flurbereich Blankenstein neben den bereits bekanntgegebenen umliegenden zurzeit seuchenfreien Gemeinden. Erloschen ist die Seuche in Rothschönberg-Perne, Neukirchen, Groitzsch, Lampersdorf und Helbigsdorf. Dis genannten Gemeinden mit den dazugehörigen Gutsbezirksn werden nunmehr unter Beobachtung gestellt. Meißen, am 10. Januar 1921. Nr. 21 b V. 1737 Die Amtshauptmanuschaft. für Dezember und für 3. Vierteljahr 1920 sind bis 11. d. M. an die Stadtkasse — Zimmer Nr. 1 — zu bezahlen. Nach Ablauf einer 8 tägigen Frist erfolgt zwangsweise Beitreibung. Für die Giroteilnehmsr erfolgt die Abhebung der Beträge durch die Stadtkasse. Wilsdruff, am 10. Januar 1921. 1717 Der Stadtrat. Ortskrankenkaffe Wilsdruff-Stadt. W-gen Umbau Dienstag »nd Mittwoch geschlossen. i7so Paul Neumann, Vorsitzender. Kleine Zeitung für eilige Leser, * Der deutsche Botschafter in Paris, Dr. Mayer, hat sein Rücktrittsgesuch zurückgezogen und bleibt auf seinem Posten. * Lloyd George und Lord Curzon werden England auf der Konferenz der alliierten Premierminister am 19. Januar in Paris vertreten. * In einer Note an Amerika erklärt die französische Re gierung, sie habe nicht die Absicht, das Ruhrrevier zu besetzen. * Lord Milner ist, wie amtlich bekanntaegeben wird, von seinem Posten als englischer Kolonialminister zurückgetreten. * Der Bau der englischen Handelstonnage ist im letzten Vierteljahre um 22 132 Tonnen zurückgegangen. * Der polnische Staatshaushalt für 1921 weist ein Defizit von 80 Milliarden Mark auf. * Das 18. bolschewistische Regiment in Witebsk hat ge meutert. Ein chinesisches Bataillon, das gegen die Meuterer entsandt war, wurde niederaemetzeÜ. Abermals neue Wege? Das Ergebnis der Verhandlungen der Reichsregierung mit den BeamtenverbLnden war die Verständigung auf der Grundlage der im Reichsverkehrsministerium mit deu Eisen- Lahnerorganisationen getroffenen bekannten Vereinbarungen bis auf einen Punkt, in dem der Deutsche Beamtenbund glaubte, seine Be denken nicht zurückstellen zu können. Dazu wird uns geschrieben: Dem Reichkstnanzministcr Dr. Wirth ist sein kurzer Weihnachtsmlaub übelbekommen. Vor der Vertagung des Reichstages wußte er seinen Willen in der Frage der Neu regelung der Teuerungszulagen für die Beamten in der Hauptsache dmchzujetzen: es blieb im wesentlichen bei einer Erhöhung der Kinderzuschläge, die weitergehenden Wünsche mußten fallen gelaffen werden, weil Dr. Wirth sonst einfach nicht mehr mitgespielt hätte. Inzwischen blieb es aber draußen im Lande nicht so ruhig, wie man sich das wohl gedacht hatte. Als Stoßtrupp für die weitcrgehenden Forderungen der Arbeiter setzten sich noch vor Neujahr die großen Eisenbahneroerbände in Be wegung. Bald war man wieder einmal „einig*, d. h. die berühmte mittlere Linie zwischen den beiderseitigen Stand» puntten war gefunden. In Abwesenheit des Finanz- "berdings, der sich wohl lieber vor vollendete Tat sachen neuen lassen wollte, da es ihm sonst einigermaßen schwer gefallen wäre, seine vorweihnachtlichen Erklärungen mit den neuen Bewilligungen in Einklang zu bringen. Aber dafür durste er nach seiner Stückkehr in den Dienst nunmehr Lie Verhandlungen mit den allgemeinen Beamtenverbänden persönlich eröffnen. Was blieb ihm hier anderes übrig, als ohne weiteres sich den in seiner Abwesenheit geschaffenen neuen Verhältnissen anzupaffen? Nur über einen Punkt, so läßt er der Öffentlichkeit milteilem man sei »och nicht völlig in Ordnung, weil der deutsche Beamtenbund in dieser Frage — um welche es sich handelt, wird verschwiegen — seine Bedenken nicht zurücksiellen zu können glaubte. Nun würden Verhandlungen mit den Länderregierungen zu führen und danach die letzten Entscheidungen durch Finanzminister und Neichskadinett zu fällen sein. Soweit klingt alles ganz schön und gut — viel schöner und bester, als es tn Wirk lichkeit ist. Denn kaum hatte sich Dr. Wirth von den Verhand lungen mit den Beamtcnvertretern fretgemacht, da wechselte er zur Erholung aus den geheiligten Räumen des Reichsfinanzministeriums hinüber in den Reichswirtschaftsrat. dessen finanzpolitischer Ausschuß schon seit langem mit ihm ein Hühnchen pflücken wollte wegen der finanziellen Gesamt- laae des Reiches. Hier stellte er zunächst fest, daß das Kabinett aus politischen Gründen während seiner Ab wesenheit beschlossen habe, den Eisenbahnern neues Ent gegenkommen zu zeigen. Der Erfolg? Eine weitere Mehrbelastung von etwa sechs Milliarden Mark, ungerechnet die anderweitigen Nachforderungen, die sich aus der neuen Sachlage von selbst ergeben. Was solle er dabei tun? Er erinnerte sich wohl, im Kreise der Sach verständigen, von denen er sich an dieser Stelle umgeben sah, der feierlichen Erklärungen über die Notwendigkeit äußerster Sparsamkeit, mit denen er früher nicht gekargt und den Ruf eines sozusagen starken Mannes erlangt hatte; und so fügte er denn hinzu, er werde seine Stellung gegen über den neuen Zugeständnissen an die Beamten davon abhängig machen, daß zugleich auch die erforderlichen Deckungen sichergestellt würden. Also? Nun, was bleibt übrig: abermals Tariferhöhungen, abermals Erhöhung der Postgebühren neben verschiedenen Steuern, deren Namen uns sicherlich, wenn sie erst deutlicher genannt, auch schon verteufelt bekannt an muten werden. Nur jo viel betonte der Minister, daß ein weiterer Ausbau der direkten Steuern unmöglich sei, worin er indessen vielleicht auch wieder anderer Meinung f werden wird, ivenn, sagen wir in der Osterpause, der i politische Druck sich entsprechend geltend machen wird. Aber s im übrigen könnten die endgültigen Bedürfnisse des Reiches nach der bisherigen Steuermethode überhaupt nicht mehr gedeckt werden, dazu müßten neue Wege Angeschlagen werden. Fragt sich nur, wie und wo? Der Minister schwieg sich über diese kitzlichste aller Fragen aus, nur die eine An deutung glaubte er noch riskieren zu dürfen, daß letzten Endes eine neue Wirtschaftspolitik werde betrieben werden müssen, und daß dann die große Stunde des Retchswirt- schasisrales mit seiner großen Sachkenntnis in allen Fragen des Wirtschaftslebens gekommen fein werde. Womit wohl das große Kapitel der Sozialisierung, der Planwirtschaft und was damit alles zusammenhängt, gemeint sein soll. Ein neuer, aber auch ein weiter Weg! Glaubt Herr Dr. Wirth wirklich in der bisherigen Weise fortwirtschaften zu können, bis die Sozialisierung ihm frisches Gold in den Kasten bringt? Dann soll er doch nur lieber gleich ganz offen Herausfagen, daß er am Ende seiner Weisheit ange langt ist. Der Reichswirtschaftsrat faßte den Eindruck der Dar legungen des Finanzministers dahin zusammen, daß mehr noch als die hohen Ziffern des Bedarfs die parteipolitischen Schmierigkeiten, die allen Steuerplänen im Kabinett und im Reichstage bereitet würden, das schwerste Hindernis einer wirklichen Sanierung der deutschen Finanzen seien. Man r wird dieses Schlußurteil angesichts der Begleitumstände, unter denen sich die letzten Veränderungen unserer finanziellen Lage vollzogen haben, noch als reichlich milde bezeichnen müssen. * Die Beschaffung der fehlenden Milliarde». Dem Vernehmen nach wird sich das Reichskabtnett io- fort mit der Frage beschäftigen, in welcher Weise die durch die Bewilligung der Besoldungserhöhungen für die Beamten verursachten Mehrausgaben in Höhe von etwa 6—7 Mil liarden Mark gedeckt werden sollen. Da das Sperrgesetz den Einzelstaaten verbietet, ihre Besoldungssätze über die Sätze der Reichsbeamten hinaus zu erhöhen, so wird es als recht und billig erachtet, die Finanzminister der Einzelstaaten zu hören, bevor das Reichskabinett seine Beschlüsse saßt, die eine Erhöhung der Gehälter der Reichsbeamten herbeiführen und den Reichsetat von neuem so erheblich belasten. Zum Zwecke dieser Aussprache hat der Reichsfinanzmtnlster Dr. Wirth die einzelstaatlichen Finanzmiwsier nach Berlin eingeladen. Diese Konferenz wird ebenfalls in den nächsten Tagen gattstnüen. Danach erst wird das Retchskablnett seine endgültigen Be schlüsse fassen. Der Todesstoß für Deutschland. Italienische Kritik an Frankreichs Borgehen. Der italienische General Beucivegna unterzieht in aller Öffentlichkeit Oie französischen Entwaffnungsforderungen einer vernichtenden Kritik. Er erklärt: Hätte Deutschland die Entwaffnung nach dem Buchstaben durchgeführt, so stünden heute Deutschland und ganz Westeuropa unter kommunistischer Herrschaft. Auch ein weit größeres als das vom Versailler Vertrag erlaubte bewaffnete Kontingent bilde keinerlei Gefahr für Frankreich mit seinem 800 000 Mann starken Heer. Es sei sinnlos, zu glauben, daß Einwohner wehren für das schutzlose Ostpreußen oder die bayerischen Einwohnerwehren Frankreich angreifen könnten. Frankreich fühle, daß es unter der übertriebenen Milttärlast nieder breche. Deutschland aber erstehe wieder auf und Frankreich suche deshalb unter allen möglichen Vorwänden, ihm den Todesstoß zu versetzen. Die Besetzung des Ruhrgebietes solle nur eine Etappe auf dem Vormarsch nach Berlin sein. Frankreich, welches allein nichts aussühren könne, wünsche die Beteiligung der Verbündeten. Diese aber seien wenig geneigt, mitzumachen. Schöne Wotte Le Ronds. Polnische Drohungen. Der Präsident der EntentekommWon in Oppeln, Generäl Le Rond, erklärte einem Pressevertreter in einer Unter redung, die Ausfassung der Kommission über ihre Pflicht gelle dahin, daß sie Unparteilichkeit und Gerechtigkeit zu üben und für die Abstimmung die Bedingungen der Frei heit, Gleichheit und Undeeinflußbarkeit durchzuführen habe. Der General zeigte darauf einen soeben herausgekommenen Appell Korfantys an seine Landsleute, worin diese auf gefordert werden, jede Ausschreitung und Torheit zu ver meiden. Es sei für Korfanty ein Gebot der Klugheit, die Grenzen zu wahren, und er glaube, daß der Appell eine günstige Wirkung ausüben werde. Le Rond erklärte weiter, er könne die im Abstimmungsreglement noch nicht geregelten Fragen nicht bekanntgeben, und meinte gegenüber Bedenken, daß die polnische Taktik dahin gehen werde, in der Nähe der Abstimmungslokale Abschreckungsmanöoer zu inszenieren: „I-a IsMlitä sst proteZee* (Die Gesetzmäßigkeit ist gewahrt). Beide Parteien müßten die Ehrfurcht vor dem Recht erhalten. Wer eine Störung ins Werk fetzt, lade die Verantwortlichkeit vor aller Welt auf sich. Es sei zu wünschen, daß auch in Deutschland alles vermieden werde, was die Erregung noch erhöhen könnte. Im Gegensatz dazu verbreitet die polnische Telegraphen- Agentur eine Meldung aus Lemberg, derzufolge bei einer Sitzung aus Anlaß der dort veranstalteten oberschlesischen Woche der Geographieprofessor Romer eine Entschließung eindrachte, die auch angenommen wurde, nach der Polen im Falle unvorschriftsmäßiger und gefälschter Volksab stimmung sich sein Recht gegebenenfalls mit Gewalt holen werde. politische Rundschau. Deutsches Reich. 4- Botschafter Dr. Mayer bleibt in Paris. Wie man an zuständiger Stelle 'm Berlin erklärt, wird der deutsche Botschafter in Paris, Dr. Mayer, auf seinem Posten bleiben. Er hatte' vor kurzem erneut darum gebeten, abgelöst zu werden, da er sich gleich bei seiner Ernennung zum Geschäfts träger ausdrücklich nur für kurze Zeit, höchstens für ein Jahr, zur Leitung unserer diplomatischen Vertretung in Frankreich bereit erklärt batte. Die Reichsregierung bat aber das Rücktrittsgesuch Maners mit dem dringenden Er-