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Wochenblatt für Wilsdruff und Ilmgegend Fernsprecher Wilsdruff 7!r. 6 Postscheckkonto Leipzig LS 614 dem Jahre ftS4i' Erscheint feit Nr. 2. Dienstag den 4. Januar 1921. 89. Jahrgang Äßkch m« »»««ym« der «-NN. imd A«<Nax, r u-r stf den fslzenden Tag. Le;«s«pici< bei ! K«Ä,r^k,!»n« m»a-Kch 4 Mk., durch unlere AuÄra--r 'ugmasin k> der S««d! monaMch 4.40 M!., auf dem Laud, > »Ld Mi-, durch die past dessen rierieijShrttch ir Ml. ohne Zustei!uu,ezebShr. AN« pastan,lallen und postbvvn sowie : «str, An4irLgrr und «eschL»4stelle nehmen jeder,,ii 2esieNun,en enigracn. Im Falle HSHerer Sewall, Krieg oder - k«B>,ee »-triedaftdeunren ha« der Aezieher leine» Anspruch auf L-feruu« der Zettun, oder Kürzung de« Bezugspreise«. Attests Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen »er Amtshauptmannfchast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Gieger «»d Drucker: Arthur Zschunke tu Wilsdruff. Derantwortlicher Schriftleiter: Herman» Lässig, für des Inseratenteil: Arthur Zschunke, deide in Wilsdruff. InsenionsxreiS Pfg. für die »gefpaüene KorpuSzeile oder deren Raum, LokaipreiS Pfg., ReNamen Mk. Bei Wiederholung und IahreSaufirag enisprrchender Preisnachlaß. Belannimachungcn im amilichen Teil snur non Behörden) dle r gespaltene KorpuSzeile Ml. Nachweisungs-Gebühr so pfg. Anzeigenannahme bis »ormitiagS 10 llhr. Für die Rlchiigleii der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Zeder Rabatt« anspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden muß oder der Auftraggeber tu KonlurS gerät. Amtlicher Teil Fettverteilung. Auf den Abschnitt k der Landeßfettkarte und auf die Krankenbutterkarten werden auf die Zeit vom 3. bis S. Januar !92t 50 x Butter ausgegeben. Meißen, am 31. Dezember 1920. Nr. 1341II O. iS»- . Kommuualverbaud Meißeu-Lanv. M-MrsNM haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver zweigten u. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung. Kleine Zeitung für eilige Leser, * Die Fraktion der Rechtsunabhängigen ersucht den Reichs- lagspräfidenten um schleunige Einberufung des Reichstages. * Der vorläufige Entwurf einer Provinzialautonomie wird nunmehr auszugsweise bekannt gegeben. Danach erhalten die preußischen Provinzen künftig auch gewisse Gesetzgebungs rechle. * Der Generaldirektor des Norddeutschen Lloyd, Philipp Heineken, ist am 1. Januar von seinem Posten zurückgetreten. * Die Übergabe Westungarns an Österreich wird im Februar elfchg.'N. Nottets Neujahrsbrief. Eigentlich müßte man von einem Weihnachtsbrief sprechen, denn die Note des Generals Rollet wegen sofortiger Auflösung der Sicherheitswchr trägt schon das Datum des 23. Dezember. Aber unsere Regierung bat sie, mitsamt ihrer ersten, vorläufigen, bereits am Tage darauf abgegangenen Antwort erst sozusagen zum Silvesterfest ver» öffentlich!, als eine Art Vorgeschmack der neuen Erlebnisse, nuf die wir uns im Jahre 1821 mit den Gebietern der Entente gefaßt zu machen haben. Und in der Tat, man muß schon sagen: der Anfang ist gut, sehr gut sogar. Also General Rollet, der Vorsitzende der Interalliierten Militärkontrollkommisston, setzt sich, drei Monate nachdem mit seinen Beauftragten ein vollkommenes Einvernehmen über die Neubildung der früheren, militärisch organisierten und bewaffneten Sicherheits- in eine rein bürgerliche Ord nungspolizei erzielt worden ist, hin und schreibt dem Direktor der Fliedensabteilung im Auswärtigen Amt, daß er noch immer nicht im Besitz aller Verfügungen sei, die die be- - leiligten Länder, also die deutschen Einzelstaaten, für die Auf- s läsung der Sicherheitspolizei zu erlassen hatten. Außer- I dem habe er keine Kenntnis davon erhalten, daß irgendeine Ausführungsmaßnahme zur Anwendung der ihr mitgeteilten Verfügungen getroffen worden wäre. An keiner Stelle des Reiches habe die Kontrolle festgestellt, daß die Aufhebung der Sicherheitspolizei durchgeführt oder auch nur im Gange wäre. Im Gegenteil habe sie festgestellt, daß die gegenwärtige Ordnungspolizei nichts anderes sei als die Sicherheitspolizei, verstärkt um einen Teil der früheren „blauen Polizei-, sowie daß die Stärke der Polizei in Zivil kleidung eine Vermehrung erfahren habe, die sich nach den Bestimmungen des Artikels 161 des Friedensvertrages nicht rechtfertigen lasse. Es werde also Akt genommen von der Verletzung des Frtedensvertrages und der Note von Boulogne, und es werde das Verlangen gestellt, die Sicher heitspolizei sofort vollständig aufzulösen, und die Gesamt stärke der Beamten und Angestellten der verschiedenen Arten von Polizei auf das Matz zurückzuführen, das sich aus der Anwendung der Bestimmungen des Friedensvertrages ergebe. Schrieb's — und setzte sich auf die Bahn, um dem Bot- fchafterrat in Paris mündlichen Bericht zu erstatten. Die .vorläufige" Antwort, die unser Minister des Aus wärtigen auf dieses Schreiben ungesäumt erteilt hat, ist unten im Wortlaut nachzulesen, sie spiegelt unverkennbar die Entrüstung eines ehrlichen Mannes wider, der sich in den elementarsten Voraussetzungen für die Möglichkeit auf richtiger Vertragserfüllung im Verkehr mit den uns auf die Nase gesetzten militärischen Aufpassern der Entente getäuscht ficht. Für jeden Kenner der zielbewußten Pretzkampagne der letzten Tage steht es völlig außer Zweifel, daß es Genera! Rollet darum zu tun, ja daß er von Paris her ganz be stimmt beauftragt war, den Fall einer »Verletzung des Friedensoertrages" zu schaffen, um jeden Preis und unter allen Umständen, da man ihn in Paris unbedingt nötig hatte — für Zwecke, über die wir ja nun wohl sehr bald näheres erfahren werden. Zunächst mutz es für uns von Interesse sein zu erfahren, ob General Rollet mit seinem Auftreten wirklich die ganze interalliierte Militärkontrollkommisston und damit auch alle Re gierungen, die in ihr vertreten find, hinter sich hat; ob insbesondere auch England sich einem Ver fahren anzuschließen vermag, das offensichtlich darauf ge richtet ist, neue Verwicklungen auf dem europäischen Kon tinent heroorzurufen, aus einem Anlaß überdies, der doch wirklich kaum der Schreibereien wert ist, die man um seinet willen verschwendet. Oder sollte die militärische Sicherheit der Westmächte etwa davon abhängen, daß in Deutschland nur Polizisten in blauer und nicht auch in grüner Uniform herumlaufen, oder darum, ob wir drei- oder fünfhundert von diesen Wächtern der öffentlichen Ordnung mehr oder weniger im Lande haben? Nein, wir sollen eben .vertrags brüchig" gemacht werden, damit Frankreich »handeln" kann — und die Neaieruna dieser Revubltk scheut selbst den Nor. wurs mcht, oatz sie sicy lacyerucv macht vor. der ganzen Welt, wenn sie nur hoffen kann, mit ihren Methoden ans Ziel zu kommen. Dasür sind es Franzosen, mit denen wir es zu tun haben. Aber, wie gesagt, schließlich gibt es neben diesen ja noch einige andere Nationen in Europa. Werden auch Engländer und Italiener das Spiel mitmachen, das hier wieder einmal mit uns getrieben wird? Ör. * Oer deutsche Protest. Die vom deutschen Auswärtigen Amt sofort erteilte Antwort lautet nach den Einleitungsworten: Im Namen der deutschen Regierung protestiere ich gegen die Feststellung, daß Deutschland die Bestimmungen des Vertrages von Versailles und der Note von Boulogne über die Polizei verletzt habe. Die deutsche Regierung er hebt Anspruch auf eine gerechtere Beurteilung. Eine eingehende Beantwortung der Note behalte ich mir vor. Ich bemerke heute nur folgendes: Die Deutsche Ne gierung hat erst Anfang Oktober nach langwierigen Ver handlungen mit den von Ihnen beauftragten Offizieren Klarheit darüber erhalten, was nach Ansicht der Kontroll kommission zu geschehen hätte, uni den Anforderungen der Note von Boulogne zu genügen. Erst dann konnten die grundlegenden Verfügungen erlassen und die Durchführungs bestimmungen ausgearbeitet werden. Die getroffenen An ordnungen entsprechen in jeder Hinsicht dem Friedensoertrag und der Note von Boulogne. Selbstverständlich erfordert die Umbildung eines so großen Veamtenkörpers, wie es die deutsche Polizei ist, eine gewisse Zeit, so daß es nur natür lich ist, wenn das Ergebnis noch nicht überall für die Kon trolle erkennbar wurde. Denkschrift über die Sicherheitspolizei. Dem Reichsministerium des Auswärtigen ging elm Denkschrift des preußischen Ministers des Innern Severing zu. In der Denkschrift wird der Nachweis geführt, daß die gegenwärtige Organifation der Sicherheitspolizei den in Versailles, Boulogne und Spa gefaßten Beschlüssen und Vorschriften in jeder Hinsicht entspreche. Alle Maßnahmen zur Neuorganisation des Polizeiwesens, wie es jetzt durch geführt wurde, seien im engsten Einvernehmen mit Offizieren der Entente vorgenommen worden. Das Ministerium des Innern habe, als in den Septembertagen die Grundzüge der Neuorganisation mit den Vertretern der Entente durchgesprochen und festgestellt wurden, die Entente- osstziere ausdrücklich gebeten, jeden Fall der Verletzung oder Nichtaussührung der getroffenen Vereinbarungen dem Ministerium zur Kenntnis zu bringen. Bis zur Stunde sei kein einziger solcher Fall von der Entente dem Ministerium mitgeteilt worden. Sollte, was ja immerhin möglich ist, die Entente Veranlassung haben, Einzelheiten noch zu beanstanden, so könnte es sich nur um unbedeutende Dinge handeln, denn es ist kaum anzunehmen, daß be deutende Unstimmigkeiten gegenüber den mit der Entente kommission vereinbarten Organisaiionsbedingungen nicht schon längst den die Entwaffnung überwachenden Eniente- osfizieren bekannt und gemäß der Bitte des Ministeriums des Innern der Regierung zur Kenntnis gebracht worden wären. Der Inhalt der Denkschrift soll der Entente- kommisston zur Kenntnis gebracht und diese ersucht werden, ihre Beanstandungen der Regierung mitzuteilen, da die Note nur Allgemeinheiten ohne Anführung von Tatsachen enthält. Eine im preußischen Ministerium des Innern abgehaltene Besprechung mit den Vertretern der Schutz-, Ordnungs- und Verwaltungspolizei hat ergeben, daß der einmütige Wille besteht, sich strenge an die Vereinbarungen der Entente über die Polizeiorganisation zu halten, soweit dies etwa nicht schon bisher geschehen sein sollte. Einfuhr französischsr Weine. Gefährliche Versuche. Die französische Regierung will mit allen Mitteln die Ausfuhr einer größeren Menge französischen Weines nach Deutschland durchsetzen. So sehr man auch den Kranken und Schwachen bei uns kräftigenden Oualitätswein gönnen kann, so darf man sich auf der anderen Seite doch nicht verhehlen, daß die Öffnung unserer Grenzen für die französische Weinausfuhr auch vom Standpunkt der Franzosen schwere Bedenken hat. Für uns — mit unserm so reformbedürftigen Wirtschafts- und Finanzsystem — kommt es darauf an, nur das einzu- sühren, was unsere Wirtschaft unbedingt braucht; nur dann können wir auf eine Gesundung hoffen. — An dieser Gesundung haben aber nicht nur wir, sondern alle dieieniaen Nationen, deren Schuldner wir sind, das größte Interesse. Zu diesen Nationen gehören in erster Linie die Franzosen, die bekanntlich die an uns zu stellende Forderung nicht hoch genug schrauben können. Wer erwartet, daß wir die Zahlungen leisten sollen, darf uns aber nicht hindern, zu sparen und die geforderten Tribute herauszuwirtschaftcn. Frankreich glaubt, ein Interesse daran zu haben, uns militärisch und politisch zu schwächen; ein sehr viel größeres Interesse hat es jedenfalls daran, daß unsere Wirtschaft und unsere Finanzen gesund werden. Haroon hängt natürlich auch die Gesundung Frankreichs in sehr hohem Maße ab. Vom Standpunkt der französischen Wcinindustrie aus mag daher die Ausfuhr französischer Weine nach Deutschland erwünscht sein; vom Standpunkt des allgemeinen französischen Wirtschaftslebens hätten die französischen Politiker selbst bestrebt sein müssen, die Ausfuhr französischer Weins nach Deutschland einzuschränken. Diese Angelegenheit hat grundsätzliche Bedeutung in sofern, als sie die kurzsichtige Politik der französischen Re gierung in Wirtschaftsdingen kennzeichnet. Die deutsche Re gierung muß in solchen Fällen ein energisches Nein aus- sprcchen; es gilt hier, gefährlichen Anfängen zu widerstehen. Österreichs wirtschaftliche Rettung? überreiche Bodenschätze aufgefunden. Aus dem österreichischen Bruderlande kommt eine hoch erfreuliche Nachricht. Es handelt sich um einen Fortschritt, der Österreich in kurzer Frist aus allen Nöten reißen kann. Die Hilfe kommt aus einer Quelle, die wohl kein Mensch vermuten konnte. Wir entnehmen darüber der »Umschau" einige Mitteilungen: Die Alpen Österreichs find ungemein reich an Höhlen. Die Höhlen wurden schon immer von Touristen gern besucht, aber es war' doch mehr eine Kuriosität. Während der Kriegszeit ist nun in aller Stille der Höhlensport besonders durch zwei Männer, Alexander v. Mörk und Karl Schoß» seltner, so gefördert worden, daß man fast von einer neuen Wissenschaft sprechen kann. Österreich besitzt den größten be kannten Höhlenkomplex der ganzen Weit, voll der wunder barsten Erscheinungen. So findet sich dort ein unterirdischer Eissee, auf dem man im Sommer Schlittschuh läuft. Man erwartet natürlich den Zuzug von Vergnügungsreisenden ous der ganzen Welt, die Geld mit hoher Valuta mitbringen sollen. Doch das ist lange nicht alles. Es hat sich heraus gestellt, daß zahlreiche dieser Höhlen ungeahnt reiche Schätze bergen — Schätze allerdings von eigener Art. DiePeggauer Höhle in Steiermark und große erst neuerschlosscne Höhlen im Salzburgischen, sowie viele andere besitzen einen fast un erschöpflichen Reichtum an Dungstoffen, an denen die Tier welt von Jahrtausenden sich verewigt hat. Meterhohe Schichten eines Guanos» der von Fledermäusen herrührt, decken große Lager an anderen Resten, auch Knochen vor geschichtlicher Tiere. Zu Peggau besteht bereits ein Höhlen» Laboratorium, das die einzelnen Schichten auf ihre chemische Zusammensetzung und die Verwendbarkeit hin prüft. In den salzburgischen Höhlen sind die Lagen besonders reich an Phosphorsäure, welche bekanntlich neben dem Kali bas wichtigste der sogenannten künstlichen Düngemittel ist. Der Weltbedarf an Phosphorsäure wird gegenwäitig auf fast 4 Millionen Tonnen im Jahre geschätzt, wovon zurzeit nur etwas übsr die Hälfte zur Verfügung steht. Es herrscht also ein Riesendefizit an Phosphorsäure. Man braucht nicht weiter zu erörtern, welche Hoffnungen sich an die Guano- gmde Österreichs knüpfen. Noch sind bei weitem nicht alle neu entdeckten Höhlen Österreichs genügend erforscht, aber das läßt sich schon jetzt lagen, daß selbst bei Förderung eines geringen Bruchteils des Höhienguanos die gesamte Kriegsschuld Österreichs ge tilgt werden kann. Eine einzige kleinere Höhle, die Drachen höhle bei Mixnitz in Steiermark, wird auf 7Vo Millionen Kilogramm an reiner Phosphorsäure geschätzt, gleich L2S Millionen Kronen. Österreich hat aber mehr als tausend Höhlen von größerem und kleinerem Umfang, die ausgebeutet werden können, und dazu gewiß noch ebenso viel, die man nur noch nicht kennt. Dis österreichische Negierung plant, das gesamte Vor kommen des wertvollen Stoffes als Staatseigentum zu er- llärcn, und es durch eine besondere Behörde, die Höhlen lommisston, verwalten zu lassen. Allerdings hat man zurzeit bereits einzelne Teile an Gesellschaften verpachtet» die dafür eine Abgabe zahlen und außerdem die Reklame in der weiten Welt besorgen sollen. Es werden Wegeverdesserungen u. Lergl. vvrgenommen, Hotels errichtet, Werbebücher in fremde Sprachen verbreitet, um das Interesse der Sponwelt nach Österreichs Höhlen zu lenken.