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eine» Pr»1eßschretvr«S, »«» Ad«tr«l »enier im Oktober «n Lkoyb Ge»r>e »ertchtet h«t »»b ««» bem kl«r hervor, «ehr, batz Stenler bte deutsche» Schiffe unr deHholb ver- senken ließ, «xU er den Waffenstillstand fiir abaelaufen hielt. Im Anschluß hieran weist die Regierung noch einmal auf den Rechtsstandpunkt hin, um auf das Bestimmteste dagegen Verwahrung einzulegen, daß der englische Lord kanzler in der Sitzung des Oberhauses vom 9. November d. I. erklärt hat, wir bestritten unsere Verantwortlichkeit in demselben Augenblick, wo England die Instruktion entdeckt habe, die die Versenkung der Flotte zur Folge hatte, wir wären Lügner, jo wie wir während des ganzen Krieges gelogen hätten. Demgegenüber wird auf die den Gegnern nachgewiesenen Entstellungen Bezug genomnien. Vielleicht hält es der Lordkanzler nicht für überflüssig, sich auch hierzu zu äußern. Die deutsche Regierung ist nicht in der Lage gewesen, ihren Rechtsstandpunkt zur allgemeinen Richtschnur ihres Handelns zu machen. Die Stellungnahme der Alliierten, die Angelegenheit unter liege als ein Kriegsereignis ihrem Machtspruch, hat uns gezwungen, den äußersten uns möglichen Ersatz anzu- bieten. Die Regierung erwartet aber, daß unser Ent gegenkommen in der materiellen Frage die Wirkung auf die Beschleunigung der Rückkehr der Besatzungen (gegen 9000 Mann, davon 1774 Scapa Flow-Leute) haben wird, die die bereits seit Anfang September erfolgten mehr fachen Anträge der deutschen Friedensdelegatton nicht ge habt babew poMsche Rundschau. v<utich«s Reich. 4- Regelung des Ausfuhrhandels. Der Volkswirt- schaitsausschuß der Nationalversammlung beriet den Ent wurf einer Verordnung über die Außenhandelskontrolle in der Form, die die Verordnung im Reichsrat erhalten batte. Ein Antrag der Sozialdemokraten auf Wieder herstellung der ursprünglichen Regierungsfassung wurde abgelehnt und die Verordnung im wesentlichen nach den Beschlüssen des Reichsrates angenommen. Die Ver ordnung ermächtigt den Reichswirtschaftsminister zum Verbot der Ausfuhr von Waren jeder Art mit der Wirkung, daß die Ausfuhr nur mit Bewilligung des Reichskommifsars für Ein- und Ausfuhr oder der sonst zuständigen Stellen erfolgen darf. Der Neichskommissar kann sein Befugnisse auf Außenhandelsstellen übertragen; die bestehenden Zentralstellen werden in Außenbandels- stellen umgeivandelt. Diese sind als paritätisch aus Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Verbrauchern zusammen gesetzt gedacht. Zur Bestreitung ihrer Unkosten können sie für die Bearbeitung von Angelegenheiten Gebühren fest setzen. Bei der Ausfuhrbewilligung wird zugunsten der Reichskafse eine Abgabe erhoben, deren Ertrag zur Förderung sozialer Aufgaben verwandt werden soll. Für Zuwiderhandlungen werden Geld- und Gefängnisstrafen vorgesehen. 4- Helfferichs Geldstrafen. Der zweite Unterausschuß des parlamentarischen Untersuchungsausschusses der Nationalversammlung hat auf die Beschwerde des Staats sekretärs a. D. Helfferich beschloßen, daß in beiden Fällen, in denen eine Strafe wegen Zeugnisverweigerung fest gesetzt ist, eine ZeugniSoerweigerung oorliegt, daß jedoch in dem zweiten Falle nicht eine Geldstrafe, sondern nur die Zwangshaft zulässig gewesen wäre, eine solche nach träglich aber nicht festgesetzt werden kann. Daher bat der zweite Ausschuß den folgenden Beschluß gefaßt: l. Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die am 16. November 1919 festgesetzte Geldstrafe richtet, da auch Gründe nicht vorliegen, die Strafe zu ermäßigen. 2. Die am 17. November 1919 verhängte Geldstrafe wird aufgehoben. — Der Beschluß ist gefast mit vier gegen zwei Stimmen bei einer Stimmenthaltung. 4- Die Polen gegen die Wahlen in Danzig. Bei stattgefundenen Danziger Stadtverordneten- wählen (Wahlen für den Freistaat Danzig) sind die Polen die m dieser rein deutschen Stadt nur einen sehr kleinen Prozentsatz ausmachen, natürlicherweise sehr schlecht wea- gekommen. Von 66 Mandaten sind ihnen nur fünf zuge fallen. Darüber sind sie jetzt dermaßen erbost, daß sie von Vas kulenvaus. 22) Roman von E. Marlitt. Es wurde neun Uhr, bevor Klaudine die Erlaubnis er hielt, heimzufahren. Als sie, von der Kammerfrau der Her zogin geleitet, die breite, wohlbekannte Treppe hinunterschritt, begegnete ihr ein Diener mit zwei silbernen wappengeschmück ten Champagnerkühlern. Sie wußte, daß Seine Hoheit kleine Spielpartien liebte mit sehr viel Sekt und sehr viel Zigaretten; man saß dort ost, bis der Morgen graute. — Gott sei Dank, daß es auch heute so war! Auf leisen Sohlen huschte Klaudine vollends die mit einem Purpurteppich belegten Stufen hinunter; am Eingang stand der alte Diener ihres Vaters, Friedrich Kern, jetzt in herzog- Lcher Livree, und sein ehrliches Gesicht zog sich vor Freude in tausend Falten. Sie nickte ihm freundlich zu und eilte hin aus. Mit einem erleichternden Aufatmen sank sie in die sei denen Kissen des Wagens; sie hatte sich gefürchtet wie ein Kind, es könne ihr noch jemand auf dem Korridor, auf der Treppe entgegentreten, jemand! Nein, Gott sei Dank; sie saß allein in dem fürstlichen Wagen, und der Wagen trug sie ihrer Hei mat zu, ihrer eigensten Heimat! O, niemals hatte sie eine solche Sehnsucht nach dem einfachen kleinen Stübchen empfun- ven wie heute. Eine Weile überließ sie sich dem Gefühl, ohne zu denken; dann öffnete sie plötzlich das Fenster und fuhr sich über dis Stirn, dieser Duft der parfümierten Wagenkissen machte alte peinvolle Erinnerungen aus der Residenz lebendig. Es war das Lieblingsparfüm des Herzogs: der schwere süß liche Geruch Pflegte aus all seinen Kleidern zu strömen, ihn stets zu umgeben wie eine Wolke; es hatte ihr oft Schwindel verursacht, wenn Seine Hoheit mit ihr imTanze über das Parkett geflogen war. Sie ballte plötzlich die Haiw, und alles Blut strömte ihr zum Kopfe. Nichts in der Welt macht Ver gangenes so lebendig wie der Geruch. Sie ösfnete auch noch das andere Fenster und saß im Zugwind, den die rasche Fahrt schuf, die Lippen aufeinander- gepreßt und tränenfunkelnden Auges. Sie war doch wieder über diese Schwelle gegangen, gezwungen worden, darüber hinwegzutreten! Was hatte ihr die Flucht genützt? Nichts! Gar nichts! Wollte er sein Wort wahr machen, er werde sie überall zu finden wißen? Die Gedanken verwirrten sich hinter ihrer Stirn; sie kam sich schlecht, kam sich gesunken vor; hätte sie nicht die Hand der fürstlichen Frau^urückweisen müssen, so schroff, wie Beate es getan? — Ach, Beate! Wie schritt die so eben und klar ihren Weg! Und da schimmerten eben die Fenster des Neu häuser Wohnhauses aus dem Geäste der Linden; eine plötzliche Sehnsucht nach der aufrichtigen, schlichten Weise ihrer Cousine erfaßte sie — nur ein Wort von ihr zu hören, nur aus ihren Augen zu leien, ob sie denn wirklich etwas io Unrechtes getan? der Snient« unter heMa« Nnariff« «f tzE Danziger Bürgermeister und mit der Begründung, baß >000 polnisch« Wähler nicht wählen durften, die Ungültigkeitserklärung dieser Wahlen fordern. Aber auch eine von der Entente anberaumte Neuwahl dürfte kein andere- Ergebnis herbeiführen, denn Danzig ist eine deutsche Stadt. Krankreich. x Kein Erfolg der Londoner Besprechungen. Zahl reiche Blätter versichern, die Londoner Besprechungen hätten keine greifbaren Ergebnisse gehabt. England sei keinerlei Verpflichtungen eingegangen, weder für ein Ver teidigungsbündnis mit Belgien, noch für eine stärkere Sicherung Frankreichs gegen Deutschland oder die Ein haltung des Abkommens über Syrien, auch nicht über die Hebung des französischen Wechselkurses oder vermehrte Kohlenlieferung. Ebenso wenig habe daS Adriaproblem Fortschritte gemacht. Spanien. x Verbrüderung mit Südamerika. Die lange ge- plante Reise AlfonS XIU. zum Besuch der stammver wandten südamerikanischen Republiken wird demnächst zur Ausführung kommen. Der Haushofmeister deS Königs ist bereits in Buenos Aires eingetroffen und vom Präsi denten der Republik Argentinien empfangen worden. Die Reise deS Königs von Spanien dient jenen politischen, in letzter Zeit stark aufgetretenen Bestrebungen, die eine nähere Verbindung der Staaten spanischer Nation zum Ziele haben. Großbritamrirn. X Attentat auf den Bizekönig von Irland. In Dublin wurden auf den Vizekönig von Irland, Lord French, mehrere Schüsse abgegeben, die diesen aber nicht trafen. Die Angreifer waren 1S bis 20 Mann. Um seinem Automobil den Weg zu versperren, batten sie einen Wagen in die Mitte der Straße gestellt. Als das Auto mobil ankam, wurde ein wahre Salve abgegeben. Der Chauffeur kannte sehr geschickt den Wagen umfahren und daoonkommen. Der Wagen, der dem Automobil deS Marschalls folgte, wurde durch eine Bombe fast völlig zer stört. Immerhin blieb der Chauffeur, der allein aui dem Wagen war, heil. Im dritten Wagen waren Soldaten, die das Feuer der Angreifer erwiderten. Im Unterbause erklärte der Staatssekretär für Irland über den Anschlag gegen Lord French, daß hinter einer Hecke hervor vier Bomben geworfen wurden. Einer der Angreifer schoß auf der Straße, die Lord French passierte. Er wurde von der Militäreskorte auf der Stelle erschaffen. Die Verhandlungen in Paris. Der Ersatz für Scapa Flo«. Der Oberste Rat hat einen Bericht deS Marine ministers George Leygues und de- WiederaufbamninisterS Loucheur angehört. Er oerlangte von den aus Berlin geschickten Sachverständigen zu hören: 1. Über die Zahl ihrer Schwimmdocks, ihre Zahlen stimme«, besonders, was Jentzig anbetrifft, nicht mit denen der Alliierten überein. 2. Über die Schnelligkeit, mit der die deutschen Werften .Kriegsschiffe, als Ersatz für die fünf leichten Kreiner und die Schwimmdocks Herstellen können. Die Verhandlungen wurden vertagt, da es notwendig ist, diese Abweichungen aufzuklären und im übrige« die Ansicht der fremden Regierungen, besonders deS britischen Kabinetts abzu- warien. «Eine weitere Sachverständigenkommission. Zur Regelung der mit dem Inkrafttreten deS Friedensvertrages erforderlich werdenden technischen Übergangsbestimmungen hatte die Note Tlemenceaus vom 3. November zur Entsendung vo« bevollmächtigten deut schen Vertretern nach Paris aufgefordert. Die Kom mission dafür ist gebildet worden. Die militärischen Mitglieder dieser Kommission sind zuerst abgereist, die übrigen haben jetzt gleichfalls Berlin verlassen. Tie Auslieferungsfrage. Wie aus französischer Quelle verlautei, erregt die in der Deutschen Rationaloeijammlung angenommene Ge setzesvorlage über die Verurteilung von Kriegs , er gehen in Pariser politischen Kreisen lebhafte 2 ufmermmfeit. TM HM GesetzM-WucseS M E da« deut»c»sn Delegierte«, Frßr. o. LerS««, de« Sekretariat dar Friedenskonferenz überreicht worbe«. Wen« man indesse« auch in jranzöfischen Kreisen dos Vorgebe« der deutsche» Regierung anerkennt, so hebt man dennoch hervor, dich durch diese Aktion die Forderung der Verbündeten nicht beeinflußt werden könne. Der Oberste Rat, der in einer seiner letzten Sitzungen sich mit dieser Angelegenheit be faßte, soll sich bereits in dem oben angedeuteten Sinne entschlossen und hierbei auch den Entschluß gefaßt haben, daß die Liste der von Deutschland aus,uliefernden Schuldigen, die übrigens heute noch nicht genau feststeht, unabhängig von den eventuell in Deutschland durch- geführten Verfahren ausgestellt werden soll. KUÄer cier Heimat. Bon Fritz Roßberg, Wilsdruff. (Nachdruck »erboten.) XIV. Schnee. Rot blinkte sonst bas Schulbuch über bie Häuser bes Stäbtchens im Tal, unb sattgrün leuchteten bie Wipfel bes Parkes, bes Schloß-artens bem Wanderer, ber, über die Höhe von Aesselsborf her schreitend, bie umbuschten Giebel zu seinen Füßen erschaute. Nun ist nichts als weicher, weißer, knirschender Sammet auf Dächern und Gartenzäunen. Scharf schneidet, ein schwarzer Strich, der Nikolaikirch- turm in den bleigrauen Himmel. Unb brunten im Tal stechen gelb und fahl Reihen erleuchteter Fensterscheiben in den späten Tag. Schlote steigen steil auf, an benen gewellte Rauchfahnen hängen. Tine pfeif« schrillt. Hinter ben Fenstern sirrt bas scharfe Ulesser ber Schneidemaschine. Bretter «andern, ächzen hart »nter stählernen Zähnen. Auf einem Hofe schlagen un geduldige Pferde bas Pflaster vor einem Wagen, ber, hoch- getürmt, bann zum Bahnhof rollt. Fernab vom Strom der Welt schafft ein Volk, bienen emsig; schwingt sein Schifflein, nicht rastend, im lvebstuhl ber Zeit. Um ben Kirchturm von Sankt Nikolai wirbelt weißer Flockenreigen. Dichter unb voller wirb ber Schleier, ber sacht, unaufhörlich auf bie Dächer unb auf bie Fluren rieselt. Unb zwischen ben Masten, bie sonst die Ferndrähte tragen, biegen sich feine weiße Girlanden. Sonntaysst'll im Abendfrieben schimmern die Fluren, weißer wie Blüteninseln der Kirsche. Nun klingt aus beu verschneiten Dörfern ein Glockenruf, schwingt christnachtselig, kinberherzenrein aus träumenden Gründen, singt von wunsch- losem Frieden, geborgener Ruhe am Herdfeurr. Tin weißes Wunder ist der Wald; ragen die Bäume, weihevoll still, tragen gewichtig schimmernde Silberkronen; mit weißem Plüsch sind alle Zweige verkleidet. Tin geheimes Wehen ist im Wald zur IDinternacht, als sänge eine Grgel, «eit, unnahbar «eit, von ungründ- daren Wundern, bie auch bas ruheloseste Herz mit einem Flügclschlag des Friebens streifen. Ein Ruch ist im Wall von Altarkerzen, Thristbaum- lichtern. von ber Straße, bie nach Sora, nach Klipphausen führt, schallt Schlittengeläut. Unb hinter dem Busche, besten Ivipfel sich scharf in ben schneeoollen Himmel zacken, ist Robelbahn. Leichte Schlitten — übermuthelles, glückheiteres Mädchenlachen klingt von ihnen — «irbeln ben Abhang hinunter, springen über Dellen, liegen im kühlstäubenben Schnee oder verlaufen sacht im Tal in dichter Schneewehe. Rotblühende Dangen, winterfrisch blitzende Augen sind da, sieghafte, unbekümmerte, — die Zugend, die unsre Zukunft ist. Ueber dem Waltz steht klar und scharf ein Stern. Sie zog die seidene Schnur, die um den Arm des Diener? be festigt war, und befahl, nach dem Neuhäuser Schlosse zu fahren. In dem weiten Hausflur kam just Beate daher, das flir rende Schlüsselbund in der Hand und hinter sich ein Mädchen, das einen Stoß frisch aus dem Spinde genommenen Leinen zeugs trug. „Wie, du bist das?" rief Beate mit ihrer lauten Stimme, daß es sich schallend an den Wänden brach. „Herr des Him mels, wo kommst du denn heute abend noch her?" Klaudine stand unter der schwankenden, schmiedeeisernen Hängelampe; aus dem schwarzen Spitzentuch, das sie um den ^opf trug, sah ihr Gesicht saft marmorbleich hervor. „Ich wollte dir guten Abend sagen im Borüberfahren," sprach sie. „Ei, da tritt ein! Woher kommst du? Sicher aus Alten stein, deiner feierlichen Kleidung nach? Ich hatte eigentlich die Absicht, euch heute aufzusuchen; aber da begegnete mir in der Nähe eures Hauses die Berg mit der Kleinen, und rate, wer noch im Wagen saß? Herr von Palmer! Na, das machte mich neugierig, ich pfiff dem Kutscher und bat um die Erlaub nis, bei dem schlechten Wetter gleichfalls unsere Kutsche be nutzen zu dürfen. Die beiden Herrschaften waren natürlich sehr entzückt, wie mir schien. Höre, Klaudine, auf Liebes geschichten verstehe ich mich schlecht, mir fehlt jegliche Erfah rung, aber — hier, ich lasse mich köpfen, die werden ein Paar." Sie hatte während dieser Erzählung die Cousine in die Wohnstube geleitet und in einen der steifen, mit braunem Rips bezogenen Lehnstühle gerückt. „Aber, sag doch," ries sie von der anderen Ecke des Zimmers her, wo sie am Nähtischchen Schere, Zwirn und Nadel suchte, „kommst du von Altenstein? Und ist der herzogliche Wagen etwa draußen? Ja? — Aber, mein liebes Kind, dann schicken wir ihn doch fort? Unser Lorenz macht sich ein Vergnügen daraus, dich nachher hinüberzufahren." Sie warf einen Blick auf die Uhr über dem Sofa, die zwischen den Bildern ihrer Eltern hing. „In fünf Minuten halb zehn; bis zehn Uhr kannst du doch bleiben?" Und schon war sie am Glocken- zug neben der Tür und rief ihre Befehle dem herbeieileitden HauSmädchen zu. „Hast du Lothar nicht gesehen?" fragte sie dann; „der Jäger des Herzogs war hier, um ihn nach Alleu- stein zu bitten. Dich haben sie wohl auch holen lassen?" Klaudine nickte. „Du Machst ja ein recht erbauliches Gesicht dazu, Schatz!" sagte Beate lachend und setzt« sich zum Nähen zurecht. „Ich bin nicht ganz wohl; ich wäre lieber daheim ge blieben." „Warum sagtest du das nicht ehrlich?" Klaudine wurde rot. „Ich glaubte es nicht' sagen zu dürfen — die Herzogin schrieb so liebenswürdig." „ . „Na, jv, Klaub buchen, eigentlich kannst du es auch s« nicht," erwiderte Beate und wichste den Faden, mit dem sie oben «ine« abgerissenen Henkel an ei« grobes Laitehandtuch nähte. „Sie sind doch immer sehr gütig gegen dich gewesen," fuhr sie fort, „und diese kleine Herzogin ist trotz ihres aufge regten Wesens doch «ine Sdele von einer Frau — unb s» krank! Nein, weißt du, es wäre geradezu eine Unart, wolltest du ihr nicht ein so geringes Opfer bringen. Wenn du dir etwa Sorgen machst, daß eure Wirtschaft unter deiner Ab wesenheit leide, so beruhige dich nur, Kindchen, Las über nehme ich." Sie stand bei diesen Worten auf und machte sich wieder am Nähtisch zu schaffen, als wollte sie Klaudine nicht ansehen. „Du böst so freundlich," murmelte das Mädchen. Auch die Ausrede, daß sie ihre Pflicht daheim nicht lassen könne, ward ihr genommen. Es war als ob sich alles gegen sie verschwöre. „Aber du Hast mir noch nicht gesagt, war Lothar in Alten- stein?" fragte Beate zurückkommend. „Er spielt mit seiner Hoheit L'hombre." „O jemine, das soll immer sehr lange dauern! Wer sind denn bie anderen Mitspieler?" „Vermutlich der Adjutant über der Kammerherr und — irgendeiner, vielleicht Palmer." „Ah — der! Richtig! Er sagte er habe es eilig, als er sich von mir im Wagen verabschiedete. Ich bot ihm an, nach Altenstein zu fahren, aber er dankte, er sei gerade auf einem Spaziergang begriffen gewesen — bei diesem Regen, Klau dine — als er Frau von Berg getroffen habe. Er ziehe es vor zu gehen. Auch gut, sagte ich und ließ ihn laufen. Mir machte nur bas Gesicht der guten Berg Spaß, als ich in Len Wagen schneite; würde sie zufällig einen Schierlingsbecher statt der Milchflasche des Kindes bei der Hand gehabt haben, ich hätte Lvan glauben müssen. Kutscher und Kinderfrau er zählten mir nachher, Herr von Palmer fei schon öfter „zu fällig" mit Frau von Gerg zuifmnmengetvoffen, und die letztere fügte hinzu: „Dann sprechen sie ja wohl WÄsch," — womit sie „Französisch" meint — „Donn ich verstehe kein Wort." Aber mein Gott, La kommt ja Lothar schon! Sieh doch den Hund!" Der prachtvolle Hühnerhund hatte sich erhoben und stand nun wedelnd vor der Stubentür; ein rascher, elastischer Schritt näherte sich, und gleich darauf trat der Baron ein. Er sah einen Augenblick ganz bestürzt auf Klaudine, die sich erhoben hatte und ihr Spttzenduch wind er über den Kopf band. (Fortsetzung folgt.)