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Oer Streik in Berlin. -Noch keine Einigung.— Vor dem Vollzugsausschuß fanden am Freitag un verbindliche Besprechungen statt, über die der Vollzugs ausschuß eine Darstellung verbreitet, die den Schluß zu- läßt, als sei eine Einigung und damit die Wieder aufnahme des öffentlichen Verkehrs in Sicht. Demgegen über wird vom Arbeitgeberverband festgestellt, daß die Verhandlungen vor dem Vollzugsrat solange als gescheitert angesehen werden müssen, bis die Arbeitnehmer die von dem Arbeitgeberverband gestellten Bedingungen, nämlich: sofortige Wiederaufnahme der Arbeit und An erkennung eines neuen Schiedsspruches des Hauptausschusses ohne nochmalige Besragung des gesamten Personals, er füllt haben. Emonts entflohen. Der aus den Debatten der letzten Tage sattsam be kannte Spartakist und Bankbeamtenführer Emonts, der aus der Untersuchungshaft zur Teilnahme an den Ver handlungen im Schlichtungsausschuß des Bankgewerbes oorgeführt wurde, hat die Gelegenheit benutzt, am Freitag nachmittag ^6 Uhr, aus der Sitzung zu verschwinden und flüchtig zu werden. Die Verhandlungen mußten infolge dessen abgebrochen werden. Die ausländischen Lebensmittel. Grundsätze für Kleinverkaufs-Höchstpreise. Der Reichsernäbrungsminister hat folgenden Erlab an die Freistaaten, Kommunaloerbände und Gemeinden gerichtet: Um die Absichten, die mit der Verbilligung der aus ländischen Lebensmittel verbunden find, zur vollen Durch führung zu bringen, bedarf es einer bereitwilligen Mitarbeit der Gemeinden und Kommunalverbände. Auf Grund dessen wird folgendes bestimmt: Die Gemeinden bezw. Gemeinde oerbände haben für die ausländischen Lebensmittel, insoweit die Preise nicht mit den bereits geltenden Kleinoerkaufshöchst- vreisen für inländische Lebensmittel überetnstimmen, Örtliche Klein Verkaufs Höchstpreise festzusetzen. Hierbei wird die Be achtung folgender Grundsätze dringend empfohlen: Bei Reis: Abgabepreis der Reichsstelle an die Kommunal- verbände 3,50 Mark je Kilogramm: Zuschlag für Gemeinde und Grobhandel einschließlich Fuhrkosten bis zur Geschäfts stelle des Kleinhändlers zusammen je Kilogramm 20 Pfennig: Zuschlag für den Kleinhandel höchstens 30 Pfennig je Kilo- namm. So ergibt sich ein Pfundpreis im Kleinoerkauf von höchstens 2 Mark. Lei Hülsensrüchten: Abgabepreis der Reichsstelle an die Kommunaloerbände 2 Mark je Kilogramm: Zuschlag für Gemeinde und Großhandel einschließlich Fudrkosten bis zur Geschäftsstelle des Kleinhändlers zusammen je 20 Pfennig: Zuschlag für den Kleinhandel höchstens 30 Pfennig je Kilo gramm. So ergibt sich ein Pfundprets im Kleinverkauf von höchstens 1,25 Mark. Bet Mehl: Abgabepreis der Reichsstelle an die Kommu naloerbände 1,30 Mark je Kilogramm: Zuschlag für Gemeinde und Großhandel einschl. Fuhrkosten bis zur Geschäftsstelle des Kleinhändlers zusammen 20 bis höchstens 22 Pfennig: Zu schlag für den Kleinhandel 14 bis höchstens 10 Pfennig je Kilogramm. So ergibt sich ein Pfunüpreis im Kleinverkauf von 82 bis höchstens 84 Pfennig. Für Fleisch und Speck sind die gemäß den Richtlinien der NeichSfleischstelle aufgestellten Kalkulationen zugrunde zu legen. Sie werden in der Regel ermöglichen, daß in kleineren und mittleren Städten das Fleisch, welches zu 7,00 Mark je Kilogramm abgegeben wird, zu 9 Mark je Kilogramm in den Verbrauch abgegeben werden kann, in größeren Städten, ins besondere wenn Pökelfleisch hinzukommt, zu höchstens SLO Mark je Kilogramm. — Bei Speck, welcher zu 0,80 Mark je Kilogramm abgegeben wird, wird der Verkaufspreis im Klein handel überall mit 8 Mark je Kilogramm ausreichend be messen sein. Für Speisefett, welches zu 9 Mark je Kilogramm aus- gegeben wird, sind höchstens die Zuschläge zu berechnen, welche durch die Reichsfettstelle (Verordnung vom 11. 9. 1918 und Ausführungsbestimmungen vom 20. S. 1918 und 25. 10. 1918) zulässig sind. Kondensmilch, welche zu 1,50 Mark je Büchse abge geben wird, wird zu 1L0 Mark in den Verbrauch gegeben werden können. Bei ausländischen Kartoffeln, bei welchen für alte Kar- löffeln d^r Abgabepreis an den Kommunaloerband 20 Pfennig je Pfund und Frühkattoffeln 30 Pfennig je Pfund beträgt, sind die Zuschläge für Gemeinde und Handel nach denselben Grundsätzen zu berechnen, nach denen am 1. Juli diejenigen für Jnlandskartoffeln berechnet wurden. Wo bisher Misch preise für ausländische und inländische Kartoffeln bestanden, hat eine entsprechende Ermäßigung einzutreten. Bei den Kommunalverbänden und Gemeinden dürfen Überschüsse aus der Verteilung der ausländische» Lebens mittel nicht erzielt werden. Vie polarhexe. Roman aus Spitzbergen, von Anny Mothe. Nachdruck verboten. L-P,rigbt „IS b? Lnn, Woche, Leipzig. Und Lhristab«! schmiegte ihre braune Wange gegen den weichen Schnee, und ihre heißen Tränen netzten das stille Grab, in dem Nils so friedvoll schlummerte. Als sie dann zum letzten Male mit scheuer Hand lieb kosend darüber hinstrich, sah sie plötzlich Ekke Sörnsen an ihrer Seite stehen. Sein« großen, grauen Augen ruhten voll Ernst auf ihr, und mit seinen beiden Händen ihre Rechte fest um schließend, sagte er innig: „Das Schicksal hat es gut mit uns gemeint, Frau Thristabel. wir dürfen hoffen, die Heimat wiederzusehen. Und wenn uns auch noch schwere Tag« bevorstehen, ganz leise dämmert uns doch die Hoffnung, daß das Leben unser sein wird, das schwer erkaufte Leben. Er aber, der hier ruht, wird aller Erdenpein entrückt, segnend auf uns her- ntederschauen, die wir jetzt auf immer von ihm Abschied nehmen. Er wird glücklich sein, daß seinem Rinde die Mutter erhalten bleibt." „Es ist das schwerste, daß ich Nils hier lassen muß," sprach Thristabel müde. „Prinz Harald hat sich zwar er beten, Nils sterbliche Ueberreste nach drr Adventbai und von dort in die Heimat zu überführen, aber ich habe das großmütige Vpfer abgelehnt. Die Tapferen, die ihr Leben für uns wagen, werden ohnehin harte Schwierigkeiten zu überwinden haben, die ihre ganze Rraft erfordern, und es wäre «in Frevel von mir, wenn ich den Transport zuließe." „Sie haben recht, Frau Thristabel. Ein solches Wag nis wäre nicht ohne Gefahr für die ganze Expedition. Sie würde ein Gelingen unseres Vorhabens bedenklich in Frage stellen. Prinz Harald natürlich möchte Ihnen die Sterne vom Himmel herunterholen. Und wer möchte das nicht?" schloß Ekke Sörnsen leise. Christabel sah schnell zu ihm auf. Sie gewahrte den Kampf in seinem jetzt auch so hageren, braunen Gesicht, Politische Rundschau. Deutsche- Reich. * Nationalversammlung und Friedensvertrag. AuS Weunar wird gemeldet, daß Ministerpräsident Bauer Mitte der Woche bei der Vorlage der Friedensvorlage zur Ratifikation in der Nationalversammlung in einer pro grammatischen Rede Stellung besonders zu den Fragen der inneren Politik nehmen und das Aktionsprogramm des Kabinetts mitteilen wird. Nach ihm wird der Reichs minister . für Auswärtige Angelegenheiten, Hermann Müller, über die äußere Politik sprechen und bei dieser Gelegenheit auf die Rede des englischen Ministerpräsidenten Lloyd Georges im Unterhause antworten. 4- Die Beratung der Verfassung. In Weimar wird mit aller Eindringlichkeit die Verfassung beraten. Am Freitag war das Wahlrecht an der Reihe. Zunächst wurde im Hammelsprung über die Dauer der Legislaturperiode abgestimmt. Die Dauer von fünf Jahren wurde gegen die Stimmen der beiden sozialdemokratischen Parteien und weniger Demokraten angenommen. Dagegen war der Antrag, das wahlfähige Alter von 20 auf 24 Jahre hinaufzusetzen, abgelehnt worden. Der Rest der Sitzung wurde mit der Erörterung von wahltechnischen Fragen und des Verhältnisses zwischen Reichspräsident und Volks vertretung ausgefüllt. * 15V Millionen für unsere Kriegsgefangenen. Um den Kriegsgefangenen, die so Schweres erduldet haben, bei ihrem Übertritt in das bürgerliche Leben eine Hilfe zu leisten, hat sich die Reichsregierung aus eigener Ent schließung bereit gefunden, 150 Millionen Mark auf An trag des Reichsministers der Finanzen zur Verfügung zu stellen. Diesen Betrag erhält die Kriegsgefangenen heimkehr, eine sich über ganz Deutschland bis in die kleinsten Orte erstreckende Organisation, als Reichszuschuß zu ihren eigenen, durch Sammeltätigkeit aufgebrachten Mitteln, um sie in zweckmäßiger Weise hilfsbedürftigen beimkehrenden Kriegsgefangenen nutzbar zu machen, ins besondere durch Beschaffung von Arbeitskleidung und Arbeitsgerät. 4- Der Wiesbadener Regierungspräsident im Ge fängnis. Beim französischen Kriegsgericht in Wiesbaden wurde der stellvertretende Regierungspräsident Svringorum zu drei Monaten Gefängnis Und mehreren Tausend Frank Geldstrafe verurteilt, weil er versucht hat, einen für die Berliner Regierung bestimmten, übrigens ganz harmlosen Brief durchzuschmuggeln. Die Regierung in Wiesbaden ist nun ohne Leitung. 4- Zur Erhöhung der Post- und Telegrammgebuhren. Die Postscheck- und Telegraphenordnung werden am 10. Juli verschiedentlich geändert. Im Landbestellbeztrk können Zahlungsanweisungen mit dem Gelbe bis zum Betrage von 1000 Mark statt 800 Mark bestellt werden. Bei höheren Beträgen wird nach wie vor nur die An weisung bestellt. Die Bestellgebühr für Anweisung und Geld wird in Stadt und Land bei Beträgen bis zu 1500 Mark von 5 auf 10 Pfennig, bei Beträgen von 1600 bis 3000 Mark von 10 auf 15 Pfennig erhöht. Auch für Zahl karten, die man dem Landbriefträger mitgibt, sind statt 5 Pfennig 10 Pfennig zu zahlen. Telegramme mit dem Vermerk „postlagernd' in der Adresse werden 14 Tage aufbewahrt. Für die Zustellung eines Telegramms durch Eilboten an Empfänger außerhalb des Ortsbestellbezirks der Bestimmungs-Telegraphenanstalt können vom Absender mit 1 Mark vorausbezahlt werden. Die Telegramm gebühren erfahren ebenfalls eine Erhöhung und zwar um 20°/», während die Telephongebühren um 100°/» erhöht werden. Auch die Erhöhung für Wertbriefe, Wertsendungen und Pakete wird bedeutend sein. Wie wir ferner hören, soll der Preis der Postkarte von 10 auf 15 Pfennig er höht werden: das Briefporto soll 20 Pfennig betragen. 4- Gegen die Internierung Posener Deutscher. Die Neichsregierung hat an die Entente einen ganz energischen Protest gegen die Massen-Internierung von Deutschen in Posen gerichtet. Die deutsche Erklärung teilt mit, die Verhaftung von Deutschen in Polen habe unter den Grenz- sckutztruppen und der Bevölkerung eine solche Empörung entflammt, daß es größter Mühe bedürfe, um dort die Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten. General Dupont wird gebeten, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln dafür sorgen zu wollen, daß die Polen die Internierten und nach Russisch-Polen verschleppten Deutschen unverzüglich in ihre Heimat zurückführen. In der Erklärung beißt eS und sie wußte plötzlich, -aß -i«s«r Alaun da an ihrer Seite sie mit der ganzen Rraft seiner Seele liebte. Erschauernd schloß sie di« Augen. Wie zur Abwehr hob sie beide Hände empor. Und der Norweger sagte leise: „Aus Schnee und Eis keimt -er Lenz. Aus Nacht und Finsternis wächst -as Licht. So gewiß, wie alle Jahre -er Frühling einkehrt, selbst hier in -ie starren Lisregionen, so gewiß weiß ich, -aß eine Zeit kommt, wo es auch in Ihrem Herzen wie-er keimt und Frühling wird.' „Mein Leben ist ausgelebt, Ekke Sörnsen. Wer könnte je wie-er vergessen, was ich erlebt? Mein bißchen Leben gehört nur noch meinem Rinde un- -em An-euken -es Toten." „Auch dann noch, wenn dieser Tote Ihr Schicksal und das Ihres Rindes noch vor seinem Ende vertrauend in eines Freundts Hand gelegt, und wenn dieser Freund gelobt hätte: „Ich will sie hüten und schützen, beide, mit aller Rraft meiner Seele? Würden Sie dann nicht neuen Lebensmut fassen und sich sagen, daß einem Menschen alles zu sein wohl eines Lebens wert ist?" Ein Zittern lief durch Lhristabels Gestalt. „Nein, lieber Freund! Ich weiß, Lie meinen es gut mit mir, und so tief mich auch der Gedanke beglückt, daß Nils so lieb bis zuletzt an mich und das Rind und an unsere Zukunft gedacht, ich muß meinen weg allein gehen — ich — kann nicht vtrgessen." „Das sollen Sie ja auch gar nicht, Frau Thristabel. Glauben Sie doch nicht, daß ich hier am Grabe Ihres Galten, dem ich in die Hand gelobte, über Ihr Glück zu wachen, irgendein Zugeständnis von Ihnen erwirken will. Nur wissen sollen Sie, daß einer in Ihrer Nähe, der bereit ist, sein Leben freudig für Sie und Ihr Rind dahin zugeben, ein Mann, der nichts begehrt und erhofft als Ihnen nahe sein zu dürfen, Sie zu schützen und Sie, ganz von sern, anbeten- zu — lieben." Hatte er das letzte Wort wirklich gesprochen? Thristabel war es, als klänge ein Sausen und Brau sen um sie her, dann aber senkte es sich wie leiser, heiliger zum Schluß: „Das Verhalten der Polen ist um so un verständlicher, als es letzten Endes aus klarliegenden Gründen in ihrem eigenen Interesse läge, wenn sie die tu dem ihnen durch die Friedensbedingungen zugefprochenen Gebiete wohnenden Deutschen von vornherein als gleich berechtigte Bürger behandelten.' Großbritannien. X Britische Berichte über Deutschlands wirtschaft liche Lage. Den englischen Blättern zufolge hat die Re gierung am 1. Juli ein Weibpapier mit weiteren Berichten britischer Offiziere über die wirtschaftliche Lage in Deutschland veröffentlicht. In diesen Berichten wird die politische Ruhelosigkeit hauptsächlich auf die Unterernährung und den Hunger zurückgeführt, die unvermeidlich zum Bolschewismus führten. Über Schlesien berichtete die britische Kommission, daß es eine wundervolle Provinz mit ordnungsliebender, hart arbeitender und moralisch ge sunder Bevölkerung sei. Das ganze Laud bis zur Grenze sei rein deutsch, und es sollte ihm gestattet werden deutsch zu bleiben. Amsterdam. Dem „Newyork Herold" zufolge werden die Annetten aus den Brief Bethmann Hollwegs ant worten. Rom. Durch einen Erlab der Negierung sind sämtliche Bervegungsbeschränkungen der bisher feindlichen Aus länder aufgehoben worden, mit Ausnahme der Bezirke der Seehäfen und der im Kriege eroberten Gebiete. Madrid. Die spanischen Behörden, die Lie Flucht des Kommandanten des U-BooteS 48 befürchteten, haben nach einer Meldung des „Temps" den Kommandanten in der Festung Serrol interniert. Bern. Der Wunsch des Papstes auf Aufhebung der Blockade und Zurückgabe der Gefangenen findet in der Ualte- Nischen Presse überall Zustimmung. Zm Lande, das den Krieg gebar. .Verstimmungsbilder' auS Serbien. In wenigen Wochen jährt sich zum fünftenmal der Tag, an dem der Weltkrieg, der Deutschland so furchtbar gedemütigt nnd bis nahe an den Rand der völligen Ver nichtung gebracht hat, zum Ausbruch kam. Zu den Siegern in diesem Kriege gehört auch das einst so kleine und jetzt so unheimlich große Serbien, das Land, das als der Mutterschoß, als die Wiege all des Unheils, das über die Welt gekommen ist, bezeichnet werden darf. Ungetrübte Freude am Siege hat man aber gerade hier nicht, und ein neutraler Berichterstatter, der kürzlich in Belgrad geweilt hat, schildert die Stimmung, die daselbst herrscht, als grau in grau. Es spannt sich eine Art chinesischer Mauer um das Reich der Serben, Kroaten und Slowenen. Wenn man die ehemalige österreichisch-serbische Grenze überschritten hat, glaubt man, daß die Welt zu Ende sei und eine ganz neue anfange. Was der mitteleuropäische Geschmack ge meiniglich mit „Kultur' zu bezeichnen pflegt, ist voll ständig vergessen. Mit dem letzten Zeitungsblatt, das die gierig nach Trinkgeldern schnappenden Zollwächter konfi« zieren, bleiben auch europäische Gesittung und inter nationaler Anstand zurück. Balkanisches Wesen ist Trumpf. Den Ton dieser ganzen merkwürdigen Welt bestimmt Belgrad, wo sich jetzt jede Extravaganz zurechtfindet und das Ungewöhnlichste als die natürlichste Sache von der Welt erscheint. Wenn die Belgrader, und vor allem die Belgraderinnen, in ganz unwahrscheinlich schäbiger Eleganz über die Straßen ziehen, wenn ein Minister auf dem Feldbett seiner Kanzlei Lie Amtsstunden verschläft, so ist Las etwas so Selbstverständliches, Alltägliches, daß es kaum noch auffällt oder überrascht. Belgrad jubilierte natürlich auch im Siege; doch der monatelange Triumph sank bereits zum Alltag herab. Die Fahnen, die noch immer wehen, sind schmutzig und reif für die Wäsche, das Feldbraun der Soldaten wirkt unzeitgemäß, und Stabsoffiziere werden kaum mehr be achtet als Dienstmänner oder Droschkenkutscher. Wenn jemand den Frieden ersehnen durfte, so waren dies die Serben. Fast sieben Jahre war der Krieg ihr täglicher Gast. Der Hunger nach Ruhe und Ordnung ließ sich kaum noch bändigen. Müde schleichen die alten Soldaten in ihr Zioiloerhältnis hinüber. Aber unter 38 Jahren gibt es keine Demobilisierung, und die Jugend muß weiter dienen. Alles ist unzufrieden, und Mißmut verdüstert die Mienen. Den einen sperrt Spionenfurcht in den Kerker, Frie-e in ihr Herz. Noch einmal umfing sie -en kalten Schnee von Nils Hügel, -ann sagte sic -em Norweger groß, fast feierlich in -ie Augen blicken-: „Au -ieser heiligen Stätte, Ekke Sörnsen, gelobe ich, mich Ihrer "Freundschaft immer wert zu erweisen, mehr aber -ürfen Sie nie, nie von mir sordern." „Es sei, wie Si« «s wollen, Thristabel. Ich werde nie wieder von meinen Gefühlen für Sie reden, es s«i denn, Sie selber können mir aus freiem Antriebe sagen, -aß Sie mich ti«ben." „Das wird und kann nie geschehen. Alles, was mir an Glück beschieden, das liegt hier unter dem kalten Schnee begraben. — Nun aber lassen Sie uns eilen, Doktor, die Freunde warten auf uns." Sie schritten still, Seite an Seite, der Hütte zu. Neber dem weißen Schnee hinter dem Grabhügel, aus dem -as mächtig«, schwarze Rr«uz ragt«, kroch «in -unkl«s Etwas. Ittzt richt«te es sich langsam auf. Maud, die drohend di« braun« Faust hob und mit glührndrn Augen den beiden nachstarrte, di« so einträchtig dahinschritten, war es. Scheu spähte Maud jetzt um sich, und dann griff sie zu der heimlich mitgebrachten Schaufel. Mit übermenschlicher Anstrengung begann sie, den harten Schnee fortzuschaufeln. Sie mühte sich unverdrossen, aber sie kam kaum weiter. Hier, so sagte man ihr, hatte man den guten Mister Herdegen eingebuddelt, hier sollt« er liegen. Sie aber wollte ihn seh«n, bei ihm sein, bei ihm, dem Ersten und Einzigen, der außer ihrem toten Pa gut und lieb zu der armen, klei nen Maud gewesen. Mau- schaufelte weiter un- weitcr. Sie konnte sich kaum vor Erschöpfung noch ausrecht halten, aber sie merkte es gar nicht. plötzlich spürte si« einen harten Druck an ihrer Schulter, gleichzeitig schlug ein Gewirr von Stimmen an ihr Ghr. Lautlos brach si« in die Rnir. (Fortsetzung folgt.)