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Wilsdruffer Tageblatt : 03.06.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-06-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-191906039
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19190603
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19190603
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-06
- Tag 1919-06-03
-
Monat
1919-06
-
Jahr
1919
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 03.06.1919
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k. unr k. Armeeoberkommando bekannt gewesen. Auch sei VvotokÄlarssch festgestellt, daß deutscherseits die Mitwirkung vo« k. >md k. Truppen in möglichst großer Zahl freudig begrikht »erden würde. Daß später für die Entscheidungs- kämp^e k. und k. Artillerie, aber nicht Infanterie zur Ver füg»», gestellt wurde, sei nicht Deutschlands Schuld. Geverai Cramon widerlegt ferner die Behauptung, daß das Friedensangebot Osterreich-Ungarns am 14. Septeniber 1948 nicht gegen den Willen Deutschlands, sondern unter de« Zwange der Verhältnisse im vollsten Einverständnis, wer« nicht auf Geheiß Deutschlands, erfolgt fei. Diese Ausführungen stellten geradezu die Dinge auf den Kopf. Zutreffend sei wohl, daß die k. und k. Regierung seit der deutschen Rückwärtsbewegung auf das Friedensangebot drang, w»d dies in Form einer Anregung in gemeinsamen Besprechungen in die Welt senden wollte. Deutscherseits habe man aber anfänglich den Zeitpunkt für diesen Fühler für noch nicht gekommen gehalten, ganz besonders aber ein eiuseitiges Vorgehen Osterreich-Ungarns geradezu für verbcmgnisooll erklärt und aufs entschiedenste davon ab- ger^e», weil für die Öffentlichkeit die Divergenz zwischen den beiden Staaten zu offenkundig und die Ablehnung des Angebotes infolgedessen absolut sicher erschien. Man glaubte in Wien des Erfolges sicher zu sein, und das Angebot wurde durchaus gegen den Willen aller maß gebenden Persönlichkeiten in Deutschland der Öffentlichkeit übergeben. ' Zur rheinischen LostssungsHestreSung. Rücktritt der Abgeordneten Kaftert und Kuckhoff. Köln, 31. Mai. Die Führer der rheinischen Loslösnngsbestrebungeu, die Zentrumöavgeordneten Kasteri und Kuckhoff, haben ihre Mandate zur preußischen Landesversammluna niedergelrgt. Eie erklären, sie täten das in der Erwänuny, daß über allen persönlichen Fragen die Einheit und Geschlossenheit der Zcutrumspartet stehen muß. In den Kreisen der rheinischen Verwaltungsbehörden ist man der Ansicht, daß eine Ausrufung der rheinischen Republik nicht mehr zu erwarten ist. Jedenfalls stehen die Hauptvertreter derjenigen Kreise, die früher Lie rheinische Republik betrieben haben, auf dem Standpunkt, daß zur zeit alle Bestrebungen zur Losreißung der Rheinlands von Preußen aufs schärfste verurteilt werden. Die rheinische Verwaltungsbehörde vertraut darauf, daß auch die rheinische Bevölkerung ihren Stolz darein fetzen wird, das Vater land ur der Zeit feiner höchsten Not nicht im Stiche zu lasten. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Neichsregierung an die Ostmark! Die Reichs reg urung hat an die Deutschen im Osten einen Ausruf erlas-en, in dem es heißt: „Deutsche im Osten! Bewahrst das Reich vor dieser Lebensgefahr durch Rube und Disziplin! Laßt keine unruhigen Köpfe das Schicksal Deutschlands und vor allem des deutschen Ostens ge fährden! Verhandlungen, nicht Kampf! Das muß jetzt die Parole sein! Werden unsere Gegenvorschläge ab- selehnt, so wird die Reichsregierung ihre Entschlüsse für Reich und Deutschtum so fassen, wie es für das Leben Les ganzen Volkes notwendig ist! Wir kennen nufere Verantwortung für die Gegenwart und die Zukunft!" Ter österreichische Gesandte über die Anschluß» frage. Der deutsch-österreichische Gesandte Professor Hari- Mann hielt in Berlin eine Rede, in der er erklärte, jeder Deutsche müsse die Forderungen des Gewaltfriedens der Entente als unerfüllbar anseben. Von einer „Donau- födemrion" wollen die Deutschen in Österreich nichts wissen: sie wäre auch für Deutschland eine große Gcfahr. I» den sechs Staaten dieser Föderation würde ständige Unruhe herrschen. Deutschland habe nicht nur in nationaler, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein Interests am Anschluß Deutsch-Österreichs, denn es könne später viele deutsche Auswanderer aufnehmen. An Italien haben wir einen eifrigen Förderer des Anschluß gedankens. Trotz der Arbeit der gegenrevolutionären Elemente des alten Österreichs, die in der Schweiz ihr Wesen treiben, werden wir doch zusammen kommen. Und wenn die Welt voll Teufel wär', es wird uns doch ge lingen. In Versailles und St. Germain wird darüber noch sicht das letzte Wort gesprochen werden. * Nachklänge zum Liebknecht - Luxemburg - Prozeß. Der im Prozeß wegen Tötung Liebknechts und der Rosa Luxemburg zu längerer Freiheitsstrafe verurteilte, aber aus dem Moabiter Untersuchungsgefängnis entflohene Ober leutnant Vogel soll sich, wie die Berliner Freiheit meldet, im Haag in Holland aufhalten und die Absicht haben, von dort nach Argentinien zu entweichen. — Seitens der Re gierung find sofort alle Schritte getan worden, um fest zustellen, inwieweit die Angaben auf Wahrheit be ruhen und alle etwaigen Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. 4- Verbotene Streiks im besetzten Gebiet. Der Direktor des Krefelder Elektrizitätswerkes, Baurat L., hatte sich angesichts einer Streikdrohung feiner Arbeiter schaft an den Kommandanten der belgischen Besatzungs truppen um Vermittlung gewandt. Dieser erklärte, daß Re Lohnforderungen geprüft würden, daß aber keinerlei Streik geduldet würde. Sollten die Elektrizitätsarbeitsr trotzdem in den Ausstand treten, so werde er sofort dreißig von ihnen an die Wand stellen und erschießen lassen, und »war zunächst Mitglieder des Ausschusses. Daraufhin ist der geplante Ausstand unterblieben. Polen. x Kämpfe an der galizische» Front. Die polnischen Truvpen halten jetzt die Eisenbahnlinie Lemberg—Brody— Eablace. In Weißrußland sollen Abteilungen die Stuckla überschritten haben. Die Truppen des Generals Koltschak stürmten nach der gleichen Quelle Orenburg und stehen an der Kasanfront in der Offensive bis zur Wiatcka, das heißt WO Kilometer von Kasan entfernt. In Südrußland er- Wien die Bolschewisten eine heftige Niederlage bei Manisch, dagegen haben sie sich in den Besitz der Donez- Kohlengruben setzen können. Rah und Asrn. o Tie Ausländer auf der Leipziger Messe. Nach dem Polizeibericht befanden sich unter den 24 015 Fremden, ,je in der Meßwoche in Leipzig angemeldet wurden, 1773 Ausländer, nämlich: 648 Österreicher, 333 Holländer, W4 Dänen, 132 Polen, 116 Schweizer, 74 Schweden, Schechen, 51 Russen, 44 Ungarn, 22 Norweger, w Balten, 17 Ukrainer, 17 Türken, lO Kurländer, 10 Rw- ?^en, je 9 Engländer und Amerikaner, 6 Griechen, je Belgier. Argentinier und Spanier, je 3 Italiener, Knauer. Serben und Finnländer, je 2 Georgier. Bulgaren und Japaner, sowie je 1 Luxemburger, "Ve«eMeka«er, Brasilianer, Chinese, Isländer und Franzose. o Kei« besonderer Ausweiszwaug für Ostseeböder. Mit der Aufhebung des Belagerungszustandes für das Reichsgebiet sind, wie halbamtlich mitgeteilt wird, auch die Anordnungen der Generalkommandos usw. über Ausweise für die Ostseebäder ungültig geworden. Wer für Inland- reifen außer sonstigen im allgemeinen ausreichenden Aus weispapieren, wie Steuerguittungen, Standesamtspapiereu, polizeilichen An- und Abmeldungen, noch einen besondere» Reiseausweis zu erhalten wünscht, muß sich einen Reise paß besorgen. Doch wird dringend geraten, zur Entlastung der Paßstellen auf Jnlandspäsfe zu verzichten. o Die erste» polnischen Kartoffeln. Wie von zu ständiger Stelle mitgeteilt wird, haben nunmehr in Aus führung der Bestimmungen des Danziger Vertrages über Kartoffellieferungen seitens der Polen an die deutsche Re gierung die ersten Kartoffelprooiantzüge die Stadt Lissa passiert. Es handelt sich bei genanntem Vertrage um die Lieferung von 90000 Tonnen Kartoffeln für die von Deutschland gestattete Durchfuhr großer Kartoffelmengen nach Tschecho-Slowakien. 0 Augenkranke hungernde deutsche Kinder. An der Greifswalder Universitäts-Augenklinik herrscht zurzeit ein solcher Andrang von Augenkranken, wie er noch nie ge sehen worden ist. Besonders sind Kinder davon betroffen, die zur Skrophulose neigen. Von dem Direktor der Augen klinik Professor Dr. Römer, wird der Anblick der vielen kranken Kinder als ein schauerliches Elend bezeichnet, das durch die Unterernährung hervorgerufen worden ist. o Die Brandkatastrophe in Ludwigshafen hat erfreu licherweise nicht so viel Opfer gefordert, als nach den ersten Meldungen zu berichten war. Die Zahl der Opfer ist nunmehr festgestellt. Es werden 5 Soldaten vermißt, 35 Soldaten sind schwerverletzt. 0 Die Brandkatastrophe in Ludwigshafen. Bei der Brandkatastrophe in den pfälzischen Lagerhallen in Ludwigshafen, die als Kaserne für die französischen Kolonialtruppen dienten, konnten viele marokkanische Sol daten nur durch einen Sprung aus dem Fenster in den Rhein ihr Leben retten. Wie nunmehr feststeht, werden 80 Soldaten vermißt. Große Mengen von Nahrungs mitteln der französischen Besatzung sind verbrannt. Der Schaden beträgt einige Millionen. Die Mannheimer Feuer wehren beteiligten sich auf Wunsch der französischen Be hörden an den Löschungsarbeiten. O Unter fremder Herrschaft. In den letzten Tagen haben französische Patrouillen in den Ortschaften, die dem besetzten Gebiet benachbart sind, aber zur neutralen Zone gehören, umhergestreift. In verschiedenen Orten haben die Franzosen hierbei eine Anzahl Deutsche, die Uniform trugen, aber keine Entlaffungspapiere bei sich hatten, fest genommen und nach Höchst gebracht. Inzwischen hat das französische Kommando weitere Streifen durch Patrouillen im neutralen Gelände auf Beschwerde der deutschen Be hörde unterlagt. Die gesamte Bevölkerung von Höchst vom 16. Lebensjahre an mußte sich auf Befehl des fran zösischen Oberkommandos einer Pockenjchutzimpfung unter ziehen, weil im Krankenhaus in Höchst ein Pockenfall vor gekommen war. O Postverkehr mit Südtirol, Nach einer Mitteilung der deutsch-österreichischen Postoerwaltung sind fortan ge wöhnliche uud eingeschriebene offene Briefe und gewöhn liche und eingeschriebene Postkarten aus Deutschland nach dem von den Italienern besetzten Gebiet Südtirols auf Gefahr des Abfonders zugelassen. Die Sendungen werdest ausschließlich über Feldkirc^(Vorarlberg) geleitet und sind den für Deutsch-Osterreich m Betracht kommenden Aus-s landstellen zuzuführen. Neueste Meldungen. Versailles, 1. Juni. Mehrere Pariser Blattes teilen mit, daß die Antwort der Entente auf die deutschen! Gegenvorschläge allerschnellstens, wahrscheinlich schon Mitte dieser Woche, erfolgen werde. Berlin, 1. Juni. Die Alliierten haben in Spa eine Note über die deutschen Truppen in Lettland und Litauen überreicht, in der gefordert wird, daß die deutschen Truppen in den baltischen Provinzen zu belassen sind. Es wird eins Linie festgelegt, bis zu der sie sich zurückziehen können. Der deutsche Kommandeur, General Graf von der Goltz, erhält Befehle von Deutschland, nach denen er die Bildung einer Koalitions-Regierung fördern soll. In ihr sollen sämtliche lettischen Parteien vertreten sein. An die lettischen Truppen sind die Waffen zurückzugeben. Die neue lettische Regierung soll vollständig frei in ihren Handlungen sein. Zur An nahme dieser Bedingungen wird eine Frist von 15 Tagen gestellt. Amsterdam, 1. Juni. Der Pariser Korrespondent des Dailv Gerald meldet: Hier neigt man zu der Ani sicht, daß die Alliierten die deutschen Gegen- Vorschläge als Grundlage für ernste Be sprechungen annehmen dürften. Er erfahre, daß! drei Mitglieder des Viererrats Willens sind, mündliche Be sprechungen zuzulassen. Nur Clemenceau bleibt halsstarrig und wird dabei anscheinend von Pichon be- einflußt. Es besteht also jede Aussicht auf weitere Verhand lungen, und es ist sehr gut möglich, daß Deutschland in der Frage der östlichen Grenze wichtige Zugeständnisse gemacht werden. Amsterdam, 1. Juni. Algemeen Handelsblad schreibt zu den deutschen Gegenvorschlägen: jTas neue demokratische Deutschland zeigt damit, daß es mit dem Militarismus und Imperialismus vollkommen brechen will. Die Werbekraft des deutschen Beispiels wird in Zu kunft einen starken Einfluß auf die Völker ausüben. — Nieuws van den Dag schreibt: Der Kern der deut schen Gegenvorschläge sei der, daß sie den Ententeentwurf mit Nachdruck verwerfen. Eine Friedensabordnung oder eine Regierung, die sich auf diese Weise über den Friedens- Vorschlag ausläßt, kann ihn nicht mehr annehmen. Wird aber die Entente die deutschen Gegenvorschläge annehmen, wenn auch nur als Grundlage für neue Unterhandlungen? Wir fürchten nein! Vielleicht wird sie aber einen Mittelweg zu finden wissen. — Het Vaderland schreibt, daß die entgegenkommende Haltung der deutschen Gegenvorschläge die Aussicht auf eine Annäherung der Gegenpartei an den deutschen Standpunkt vermehrt. Die Verantwortung der deutschen Regierung, schreibt das Blatt, ist groß gewesen. Sie hätte, wenn sie die Forderungen der Gegenpartei ohne weiteres zurückgewiescn hätte, sicher einen großen Teil der Bevölkerung mit sich fortreißen können. Aber das würde vielleicht die Besetzung des Landes und den Bürgerkrieg be deutet haben und der Neigung zur Lostrennung, die sich hier und da verrät, in die Hände gearbeitet haben. Jetzt ver leugnet das Zentrum diejenigen seiner Mitglieder, die nach der Bikdusg eixer rheinische« Regierung Krebs», uaS sie ne» gebildete bayerische Negierung erklärt, a» der Mustek des Reichs feschalten z« wollen. Das sind, was die mn«e Politik betrifft, die ersten Erfolge der Haltung der deutschen Regierung. Letzte Drahtberichte d« »Wilsdruffer Tageblattes-. Voraussichtliche Matzuahmen der Alliierte«. Versailles, 2. Juni, (tu.) Wie der Demps mitteilt, ist es wahrscheinlich, daß die Antwort der Alliierten auf die deutschen Gegenvorschläge Ende dieser Woche über geben wird. Daily Mail glaubt, daß der Vertrag vor Ende Juni unterzeichnet werden kann und deutet an, daß den Deutschen eine Frist von 10 bis 14 Tagen zum Meinungsaustausch über einige Punkte der Gegenvor schläge gelassen werden soll. Nach dieser Frist würde ei« Ultimatum gestellt werden. Die Leiche Rosa Luxemburgs gesunde« Berlin, 2. Juni 1919. Die Leiche Rosa Luxemburgs ist vorgestern im Landwehrkanal gefunden worden. Sie war offenbar durch ein Wehr festgehalten worden, sodaß fie bis jetzt trotz vielfacher Nachforschungen, auch durch Taucher, noch nicht hatte entdeckt werden können. Gras Bernstorff als Botschafter in Washington vorgesehen? Rom, 2. Juni, (tu.) Journal d'Jtalia, das Orga» Sonninos, will erfahren haben, daß Graf Bernstorff, der frühere deutsche Botschafter in Washington, für den deut schen Botschafterposten in Washington vorgesehen fein soll. Einziehung der Jahrgänge 1891 bis 1991 in Posen. Graudenz, 2. Juni, (tu.) Nach zuverlässigen Nach richten aus Posen find die Jahrgänge 1895 bis 1999 ein gezogen. Die Jahrgänge 1891 bis 1894 und 1901 sind in der Einziehung begriffen, und zwar ohne Rücksicht auf die Nationalität. Knndgebnnge« gegen Lsslösungsbestrebuuge« im Rheinlands Düsseldorf, 2. Juni (tu.) In machtvollen Kund gebungen gab das Kölner Bürgertum am Sonntag im Reichshallentheater seiner Entrüstung über die Loslösungs bestrebungen vom Reiche Ausdruck. Mit Empörung wurden alle Versuche, die Rheinlands von Preußen oder sogar vom Reiche zu trennen, als Landesverrat zn- rückgewiesen. Aus Stadt und Land. Wilsdruff, 2. Juni 1919. Der Rosenmonat, -er Monat Zuni, hat seinen Anfang nun genommen. Mit ihm ist die Zeit -er Naturköstlichkeiten erwacht. Lieblicher gestaltet sich nun das Zahr nicht mehr, als in dem Monat, den wir nun begonnen haben. Lin zitterndes Glück um flirrt sein« Tage und Nächte. Die Blüt-n schimmern und hauchen ihre süßesten Düste. Alles Getier ist zu seiner vollsten Lebendigkeit erwacht. Das Licht will der Dunkel heit überhaupt keinen Raum mehr gewähren. So reiht sich Tag an Tag, goldumsponnen, düsteüberhaucht. Das pflanz liche Leben feiert jetzt-, da es gewissermaßen zwischen Blüte und Reife steht, sein« höchsten Triumphe. Nun find auch die langen Tage, die so überreich an Sonnenglanz zu sein pflegen, gekommen, doppelt wohl, frisch, froh, fühlt sich der Mensch in dieser Jahreszeit, die ihm die liebste von allen des ganzen Jahres ist. Seine Tatkraft wächst, sein« Hoff nung gewinnt an Zuversicht. Die Triebkräfte der Natur teilen sich auch ihm mit, spornen ihn an, wecken seinen Lhr- geiz. Frohen Auges schaut «r in di« Zukunst und erfr«ut sich an all den Herrlichkeiten, die um ihn herum in bunter Blüte stehen. Er lauscht dem schmetternden Singen der Vögel, er läßt sich von Aäfern und Schmetterlingen um- gaukeln und lebt ganz in sommerlichem Wohlgefühl, das er gar nicht mehr missen möchte. Doch das Blühen geht bereits allgemach in ein Reifen über. Die Entwicklung steht eben niemals still, auch in d«r Natur nicht und auch der Mensch weiß, daß er nicht stillestehen darf, will er nicht seelischen oder körperlichen Schaden erleiden. Und gerade nun hat es unser Volk ja so recht nötig, nicht stille zu stehen, sondern mutvoll vorwärts zu streben, unermüd lich zu wirken und zu schaffen, auf daß all das Furchtbare, das uns betroffen, überwunden, auf daß wirklich Wahrheit werde das Dichterwort: „Das Alte stürzt, es ändern sich die Zeiten und neues Leben blüht aus den Ruinen." — Lohnarbeiter und Einkommensteuer. In Ar beiterkreisen ist es beim Empfang der diesjährigen Staats- einkommensteuerzettel vielfach als Unbilligkeit empfunden worden, daß Arbeiter, die gegenwärtig unter den gleichen Lohnverhältnissm arbeiten, verschieden hoch zur Staatsein kommensteuer veranlagt worden sind, je nachdem sie Kriegs teilnehmer waren oder nicht. Da seit dem Jahre 1917 die Löhne wohl durchgängig erheblich gestiegen sind, sind die Arbeiter, die nicht zum Heeresdienst eingezogen waren, in folge der Zugrundelegung ihres Lohnes vom Jahre 19 l 7 niedriger eingeschätzt, als ihre mit ihnen jetzt unter den gleichen Lohybedingungen arbeitenden Mitarbeiter. Das Finanzministerium hat sich der Erkenntnis nicht verschlossen, daß die Ungleichheit der Einschätzung, obwohl sie durchaus den gesetzlichen Bestimmungen und an sich auch dem Willen des Gesetzes entspricht, von den Beteiligten als un- billig empfunden wird, und hat daher, dem Vernehmen nach, die Steuerbehörden angewiesen, Erlaßgesuche dieser Art wohlwollend zu prüfen und bestehende Härten durch Gewährung eines entsprechenden Steuer-Erlasses zu beseitigen. Den Beteiligten ist hiernach anheimzugeben, sich mit gehörig begründeten Erlaßgesuchen an die Steuerbehörden zu wenden, soweit sie nicht bereits im Reklamationsverfahren eine ihren Wünschen entsprechende Ermäßignng des Steuersatzes zu erreichen vermögen. — Ablehnung der geforderten Erhöhung der Fleischpreise in Sachsen. D«r Bezirksverband Sachsen im Deutschen Fleischerverband« hatte bei d«r Landesfleisch stelle eine Erhöhung der Verdienstspesen für die Fleischer gefordert. Begründet wurde diese Forderung damit, daß -er Verdienst infolge der immer geringer werdenden Fleiscd-
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