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Es wurde beschlossen, Deutschland eine Liste von 48 Namen 1« überreichen. Wenn die Probeverfahren in gehöriger Weise durchgeführt werden, so wird die Liste der 800 Kriegsverbrecher möglicherweise vermindert werden. Stellung des Obersten Rates zur Ernährungslage in Deutschland London,1.März.(tu.)DieSonnabend stattgefundenen Erörterungen des Obersten Rates ergaben ein überaus trauriges Bild der Ernährungslage in Deutschland, in dem die angestellten Ermittelungen erwiesen, daß Deutsch land weniger als die Halste der normalen Ernährungs kalorien erhält, die von dem Obersten Wirtschastsrat als unerläßlich für die menschliche Gesundheit erachtet werden. Die Engros-Preise i« feindliche» Staaten. London, 1. März, (tu.) Die Teilversammlung des Obersten Rates stellte fest, daß die Engros-Preise in Frank reich um 300»/o, in Italien um 300°^, in Großbritannien um 170°/,, in Japan um 160°/», in Amerika um 120°/» gestiegen sind. Aus Stadt und Land. Wilsdruff, den 1. März l920. Die WVmsimr des 8es«iWercins AMD. Das 7Sjährige Bestehen seines Vereins konnte am vorigen Freitag bei zahlreicher Beteiligung der hiesige Gesangverein Liedertafel feiern. Festlich geschmückt war di« Bühne des Löwensaales. Mitten im Grün der Pflanzen prangte das Bild des Gründers des Vereins, des unvergeßlichen Kantors und Komponisten August Zedtler. weihevolle Stimmung tat sich allenthalben in Worten, Spiel und Gesang kund. Lin Iubiläumsmarsch, komponiert von Musikdirektor Römisch und mit Schneid gespielt von der Stadtkapelle,- leitete zu der in herzliche Worte gefaßten Begrüßung seitens des Vorstehers der Liedertafel, des Herrn Tapezierermeister Lohse, über. Ls folgte nun, mächtig tönend und wirkend, «in Männrrchor mit Hornquartrtt, betitelt „Deutsche Hoffnung", wozu der Sangesbruder Herr Kaufmann Glt» Wehner den Text verfaßt und Herr Musikdirektor Römisch die Komposition geliefert hatte. Der Wortlaut des der Liedertafel zum Jubiläum gewidmeten und von einem Herzen voll Liebe und Hoffnung getragenen Gedichtes zu dem Männerchor ^„Deutsche Hoffnung" ist folgender: Ls stehen die deutschen Lichen, vom Sturme das Haupt zerzaust, die stolzen Töne,' sie schweigen, die einst aus Arsten und Zweigen so machtvoll emporgebraust. Lin Vöglein singt ganz leise ein Liedchen in dem Gezweig. Ls ist «ine traurige weise, den toten Helden zum Preise. Lin Lied vom sterbenden Reich. Da kommt der Frühling mit Singen, der Lichbaum treibt frisches Grün. Aus seinen Zweigen erklingen di« hoffnungsseligsten Stimmen durch deutsche Lande dahin. Linst schmückt auch der Frühling wieder der deutschen Lich« Gezweig. Laßt wecken ihn durch die Lieder, die deutschen, so fromm und bieder, die Lieder, an Liebe so reich. Hieran reihte sich die vom Vorsitzenden vollzogene Festansprache. Den Inhalt derselben gekürzt wiederzugeben, sei den lieben Lesern nicht vorenthalten. Sie lautet: Liebe Liedertäflerl Hochverehrte Gäste! An die Spitz« meiner kurzen Ausführungen stelle ich «in vitlen bekanntes Dicht«rwort, «s heißt: »Hab ein Lied auf den Lippen mit fröhlichem Klang — Und macht auch des Alltags Gedränge Dich bang, hab ein Lied auf den Lippen, dann komm, was mag, das hilft Dir verwinden Vie cochte»' ller heimatlosen. 5) Kriminalroman von A. Ostland. 2. Kapitel. Am Scheidewege. Das Wasser rauschte nieder, einförmig, gleichmäßig. Das Gewitter vergrollte allmählich, aber der Regen strömte fort und fort. Es war durch viele Tage heiß und trocken gewesen. Nun schien der längst erwartete und ersehnte Umschwung eingetroffen zu sein. Hans Lechner und Max Langmann waren durch die Schlucht, welche links von dem schmalen Waldwege tal wärts führte, abgestiegen. Sie hatten ein mühseliges Wandern, denn ein Pfad war nicht vorhanden, dichtes Gebüsch und Gestrüpp hemmte sie öfters, und unter ihren Füßen kollerten schwere Steine. Zudem war die Last des jungen Körpers, der keine Bewegung mit- machte, eine schwere. Langmann fluchte leise. „Hätten wir das Mädel liegen lassen I" murrte er. Hans Lechner antwortete keine Silbe, aber er hob sekundenlang den Kopf und sah den anderen an mit einem drohenden Blick, welcher Max Langmann den Mund verschloß. Na ja — der Lechner, das war einer, mit dem man nicht spaßen durste! Ein ganz Wilder, Unberechenbarer, wenn er gereizt wurde. Freilich: auch ein Kamerad bei gefährlicher Arbeit, wie's keinen besseren, verläßlicheren gab. Wenn man ihn wieder zurückgewinnen könnte für'- „Geschäft"! Dafür konnte man sich schon einmal ein wenig plagen mit dem Frauenzimmer, von dem man nicht recht wußte, ob überhaupt noch ein Funken von Leben in ihr mar. „Rechts abbiegen l" sagte Langmann befehlend. „Da hinüber geht's! Tummeln müssen wir uns tüchtig I Der Gendarm dürft' uns net finden I" Sie schritten eiliger vorwärts. Es war mehr ein Stolpern und Gleiten auf dem nassen, tannennadel-über- säten Boden, als ein Gehen. Hans Lechners Augen hatten sich jetzt an die Finsternis schon besser gewöhnt. Er sah, daß neben ihnen Wasser rann in einer dünnen Ader. „Da müssen wir durch!" jagte Langmann. „Vor wärts! So! Und jetzt da zwischen die zwei großen Felstrümmer hinein! Da, wo die Birke so weiß her überschaut! So! Und nun wieder abbiegen nackt links." -en einsamsten Tag! Hab ein Lied auf den Lippen, ver lier nie den Mut, hab Sonne im Herzen und alles wird gut!" Ja, habt Sonne im Herzen, seid fröhlich und ver geßt für heute des Tages Mühen und Sorgen; denn es gilt, freudigen Herzens das 75 jährige Stiftungsfest unsrer lieben Liedertafel zu feiern! Mir wissen alle, daß an unserem politischen Himmel trübe und dunkle Molken ziehen, daß unser gesamtes Wirtschaftsleben darniederliegt, ja unser geliebtes großes Deutschland seine dunkelsten und schwersten Zeiten durchlebt — wir wissen aber auch, daß mit Kopfhängertum nichts zu bessern ist, daß nur nruer Mut, neue Hoffnung, neue frische Arbeit Aller uns aus tiefster Lrniedrigung emporbringen kann! Auch der Dichter -es soeben verklungenen Liedes, unser Sangesbruder Herr Gito Mehner, welchem hiermit für die Midmung herzlichst gedankt ist, bringt in seinem Liede die Hoffnung für ein Miederaufblühen des deutschen Vaterlandes zum Ausdruck. Darum rufe ich auch zum heutigen Stiftungsfeste Allen, die sich hier eingefunden haben, nochmals zu: vergeßt für Stunden frohen Beisammenseins alles Schwere, laßt Sonne und Frohsinn in Luch Vberhand gewinnen und feiert untereinander das 75jährige Bestehen unsrer Liedertafel so, daß dieser Abend noch lange, lange im Gedächtnis aller fortlebt. — 75 Jahre sind eine schöne Reihe von Jahren, ja «in g«s«gnetes Menschenalter; durch Sturm und Metierzeiten ist unsere Liedertafel gezogen — aber alles ging gut! — Und nun steht sie auf sonniger Höhe, und es liegt so nahe, von dieser stolzen Marte einen Rück blick in ihr« Jugendzeit zu halten, wo sie als zartes Pflänzchen noch sorgsam gepflegt werden mußte und auch wurde, sonst würde sie heute nicht so tiefeingewurzelt im heimatlichen Boden unsrer lieben Vaterstadt und so allseitig beliebt dastehen. — Ls war im Minter (8HH—H5, als sich zwei Milsdruffer Lehrer bemühten, einen Gesang verein in Milsdruff zu gründen — die damaligen Lehrer August Zedtler und Hermann Merner. Da ihre Be mühungen viele Zustimmungen fanden durch «inen be geisterten schriftlichen Aufruf an Milsdruffs Bürger — 58 Herren hatten sich schriftlich bereit erklärt, davon H5 aus Milsdruff, (3 aus der näheren Umgebung — wurden alle für den 25. Januar (8H5 nach dem Gasthof zum goldenen Löwcn zur ersten Beratung zusammengerufen und nach längerer Tagung auf Grund der Statuten des Gesangvereins (Orpheus zu Dresden der Männergesang- verein Liedertafel zu Milsdruff von ihnen aus der Taufe gehoben, als Vereinslokal der goldene Löwe und als Uebungsabend der Freitag bestimmt. — Da in einer zweiten Versammlung am 2^. Februar (8H5 noch ver schieden« Aenderungen an de« Vereinssatzungen vorge- nommen wurden, bezeichnete man diesen Tag endgültig als Stiflungstag der Liedertafel. — So können die Gründer mit uns, als ihre Nachfolger und Mitglieder des Vereins, vollauf zufrieden sein, wenn sie sehen würden, daß wir nach 75 Jahren ihnen Treue und den Verein lebensfähig gehalten haben, den von ihnen zum Uebungsabend f«st- gelegten Freitag als den unsrigen noch beibehielten und uns in denselben Mauern zur geselligen frohen Feier und ernster fleißiger Sangesarbeit noch jetzt einfinden, wo die ersten Lieder unsrer Ahnen des Vereins zum ersten Mal« erklangen! — Im Jahr« wurd« nun am 20. Februar das erste Stiftungsfest gefeiert unter großer Beteiligung der Mitglieder und deren erwachsenen Familienangehörigen durch Tafel und Ball. — Und es wird uns ganz besonders interessieren zu sehen, was der heutige Herbergsvater, der uns heute bewirtet, für ein längliches Gesicht bekommen wird, wenn er hört, daß das Kouvert des ersten Stiftungs festes (0 Neugroschen kostete und dafür Suppe — Fisch — Braten sowie ein Teil des Nachtisches geliefert, wurd«, und am zweiten Stiftungsfeste (2 Neugroschen für Suppe — Fisch — Braten und Nachtisch bezahlt wurden. — G schöne Zeit, wie liegst du fern, wie liegst du weit! — Auch die Festtage des goldenen Jubiläums im Jahre (895 rufen in uns schön-, vnvergtßlicheHLrinnerungen wach. — Leider weilt aus dieser Zeit nur noch eine kleine Schar Sänger unter uns. Der Zeitraum von 25 Jahren hat so Wie ein ganz schmaler Gang war's, der zu einem massigen, stark überhängenden Stein führte. „Duck' dich!" sagte Langmann. „Und gib acht aus Las Mädel! Ich glaub', die rührt sich jetzt. Meinst net?" „Ich weiß net", stieß Lechner rauh hervor. Es würgte ibn etwas im Hals. So ein sonderbares Gefühl, als ob er laut hinausschreien sollte vor lauter Seligkeit. Wenn sie am Ende doch nicht tot war, die Mariel Sie schleiften den Körper nun mehr als sie ihn trugen, denn der Weg zwischen den Felsen war eng und von oben durch überhängendes Gestein noch verfinstert. Aber plötzlich weitete sich der schmale Gang. Man ver- mochte wieder aufrechtzustehen. Freilich: stockfinster war's hier. „Leg' das Mädel nur nieder!" sagte Langmann. „Da ist ein Haufen Heu. So. Und jetzt mach' ich gleich Licht!" Ein Funke flammte auf, und eine Sekunde später warf die kleine Taschenlampe einen unsicheren Schein auf die nächste Umgebung. Eng aneinandergerückte, dunkle Felswände, eine Steinwölbung über dem Kopf, hoch genug gespannt, daß man bequem aufrechtstehen konnte. Heu, Stroh in großen Bündeln. Das war der Zufluchtsort, den Max Langmann seit langem kannte und schon oft als Aufenthalt benütz! hatte, wenn er es wieder einmal gut und nützlich fand, für eine Weile aus dem Weltgetriebe, in dem es so viele unbequeme Aufpasser gibt, zu verschwinden. „Du kannst die Tür schließen!" sagte Langmann rasch. „Dort — die Bretter vorschieben, siehst — ich schau' derweil nach dem Mädel." Hans Lechners Knie zitterten, aber er ging ge horsam und nahm eines der schweren Holzbretter nach dem anderen und verbarrikadierte das dunkle Loch, durch das sie eben erst hereingeschlüpft waren. Er hatte gar keinen klaren Gedanken, aber eines dämmerte ihm doch: man müßte alle Vorsichtsmaßregeln gebrauchen, damit dis Marie ihre Ruhe endlich haben konnte, wenn sie überhaupt noch lebte Er wandte sich jäh zurück. Was war das? Klang da nicht ein leises Stöhnen uno Aechzen durch die Stille, welche sie hier umfing? Dort am Boden hockte Langmann neben dem be wußtlosen Mädchen. Er hatte den blonden Korff des- manchen lieben Sangesbru-er uns entrissen! — Liebe Lieder- täfler un- Gäste! In meinen Worten will ich nun auf Einzelheiten unseres Vereins nicht weiter eingehrn, -as würde uns bei -er sür -as heutige Fest -och so kurz be messenen Zeit zu weit führen. Nur kann ich nicht umhin, -er Herren zu ge-enken, welche seit -em 25jährigen Jubiläum, weiter will ich nicht zurückgreifen, -enn -ie früheren Leiter -es Vereins sin- nur wenigen von uns -em Namen nach bekannt, den Verein als Vorsteher, so wohl wie als Lieiermeister geleitet haben. Zunächst zu -er Zeit dieses ersten Jubiläums im Jahre (870 als Lieder- meister Kantor Zedtler, welcher seit -er Vereinsgründung di« Liedertafel leitete. (»70—7 ( Kantor Mauersberger, 7(—78 Kantor Reh, 78—82 Kantor Töpfer UN- »2-9- unser allseitig beliebter Schul-irektor Gerhardt. — Als Vorsteher zur Zeit -es ersten Jubiläums im Jahre (870 Grrichtsassessor Dürisch, von (872—74 Kaufmann Lngel- mann, von 76—79 Kaufmann Gerlach, von 79—8S wiederum Kaufmann Lngelmann, von 86—92 Aktuar Schwiebus, von 92—96 Fabrikant Wilhelm Krippenstape!, von 9s—(900 Kürschnermeister Ru-olf Lpringsklce, von (900—(9(2 Kaufmann Louis Mehner und von (9(2— (9(H Sekretär Meiß. — Von allen diesen Herren ist es unser geschätztes Lhrenmitglied Herr Stadtrat Louis Wehner, welcher noch als alleiniger in alter Treue un- Liebe zum Vereine unter uns weilt. — (2 Jahre lang hat Herr Stadtrat Wehner den Verein als (. Vorsitzender in vor bildlicher weis« grl«it«1. Hoffen wir, daß Herr wehn«r bei voller Gesundheit seine Anhänglichkeit zur Liedertafel noch lang« bewahrt! - Unsere Liedertafel war ja von jeher eine pflegestätte des Gesanges un- es wur-e immer fleißig geübt — vom ersten Liedermeister, -er -urch seine Tätigkeit als Komponist weit über die Grenzen des engeren Vaterlandes bekannten und unver geßlichen Kantors Zedtler und seinen Nachfolgern bis zum jetzigen allverehrten nimmermüden und vor keiner schwie- rigrn Arbeit zurückschreckenden Liedermeisters Dberlehrer Kantor Hientzsch. Der liebe Verein ist mit uns gegangen durch Freud und Leid, hat einesteils uns erfreut un- ist andernteils stiller Lri-tragen-er gewesen, wie vielen von Luch hat er zum Geburtstag, zur Hochzeit, zur silbernen Hochzeit, zum Berufsjubiläum -urch Gesangesgaben den Tag verschönt; aber auch mancher unserer Lieben Hal er draußen über stillem Hügel ein letztes Lied exklingen lassen! — 75 Jahre! Lin reicher gesegnetes Menschenalter ist unsre Liedertafel mit Wils druffs Söhnen un-Töchtern gegangen! — Und nun unser Wunsch: Du, liebe Liedertafel, lebe so weiter in ferne Zu- kunft hinein! — Die Zukunft aber liegt in den Händen unsrer Jugend. — Darum liebe Jugend! Halte mit uns festzusammen, daß unser Verein noch viele ungezählte Stiftungsfeste feiern kann, pflege deutschen Sang, daß, wenn wir Alten nicht mehr sin-, von Luch das (00. Stiftungs fest gefeiert werden kann. — Und so schließe ich denn meine Ausführungen mit -em Wunsche: „Du, liebe Lieder tafel, wachse und blühe so fort. Sei deutschem Lied ein treuer Hort!" Der gehaltreichen Festansprache des Vorstandes wurde reicher Beifall gezollt. Im Anschluß an die Festrede brachte dann -er Bundesvorsitzende vom Sängerbünde -es Meißner Lan-es, Herr Stadtrat Gerstenberg aus Lommatzsch, -em Iubelverein unter Ueberreichung eines Fahnennagels die wünsche des Bundes -ar. Herr Lehrer Gerhardt beglückwünscht« -i« Liedertafel namens -er bei-en Bru-ervereine Sängerkranz und Anakreon. Außer- dem kamen Glückwunschschreiben von dem hiesigen Geselligkeitsverein Lrholung, dem Arbeitzeberschutzver- band der Industriellen von Wilsdruff und Umgegend und von früheren Mitgliedern und Freunden des Vereins zur Verlesung. Die Frauen un- Jungfrauen des Vereins stifteten «in« prachtvoll« Fahnenschltif« mit Widmung, di« von Fräulein Gertrud Schlichenmaier überreicht wurde. Zu Ehrenmitgliedern wurden ernannt die Herren Malermeister Theodor Lindner und Musikdirektor Römisch. Von der Vortragsfolge, die nunmehr ununterbrochen zu Lnde ge- felben höher gebettet und setzte nun eine Flasche an den blaffen Mund. „Schnaps!" sagte er erläuternd. „Ein echter! Wenn sie auch nicht trinken kann — schon der Geruch macht einen Toten lebendig I" Das Lämpchen warf seinen trüben Schein über das liebliche junge Frauenantlitz, über die schwere Haarpracht. Seltsam huschten Lichter und Schatten darüber hin. Hans beugte sich tief über das schöne Gesicht. „Marie!" Eine Fülle von Liebe lag in dem rauhen Ton. Ueber die Züge des Mädchens lief ein Zucken. Ein tiefer Atemzug hob ihre Brust. „Sie lebt!" sagte Max Langmann, und sorgfältig träufelte er ihr ein weniges von dem starken Schnaps ein. Sie schien einen Widerwillen zu empfinden und fast war es, als biege sie den Kopf weg. Aber er zwang sie, zu trinken. „Marie l" Hans Lechner hatte sich über den hingestreckten Körper geworfen und schrie seine Glückseligkeit hinaus in das große Schweigen, welches hier herrschte. Sonderbar brach sich der Ton an den engen Wänden. „Schrei net so." sagte Langmann grob. „Ueber- haupt: benimm dich vernünftig! Der Herr hier bin ich! Du siehst es ja: das Mädel lebt! Und sie wird weiter leben, mein' ich, wenn sie Ruh' hat und ihr anständiges Essen und so. Ich hab' Geld genug. Und da in mein' Rucksack is auch allerhand, was einer gut brauchen kann, der nicht erkannt sein will. Damit kannst dich heraus staffieren, und morgen früh gehst und kaufst ein, was wir brauchen. Denn darauf müssen wir uns schon g'fabt machen, daß wir da ein paar Tag' im Luartier bleiben. Ich erwart' auch noch einen Freund. Und es kann sein, daß wir einen ordentlichen Fang machen, der Spieler- Poldl und ich — und du — das heißt: wenn du mit halten magst! Wir brauchen noch einen Helfer —" „Ich mag nicht!" sagte Lechner schwer. „Ich Hab an dem einen Mal genug." Max Langmann lachte, daß sein starkes, weißes Raubtiergebih zwischen den schmalen Lippen auf schimmerte. (Fortsetzung folgt)