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Wilsdruffer Tageblatt : 03.01.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192001031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19200103
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19200103
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-01
- Tag 1920-01-03
-
Monat
1920-01
-
Jahr
1920
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 03.01.1920
- Autor
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Im neuen Jahr. . Der Abschied ist uns nicht schwer gefallen, wahrhaftig nicht. Mit Sehnsucht schweifen die Gedanken in den neuen Zeitenabschnitt, Lessen Schwelle wir soeben überschritten haben: wird sich der Horizont ringsum nun endlich wieder etwas aushellen, wird die Seele, todwund und flügellahm, wieder den Mut finden sich aufzurichten, wird unserer daniederliegenden Tatkraft ein frischer Auftrieb beschicken sein, auf daß wir hoffen können, aller Ungunst der Ver hältnisse zum Trotz Verlorenes wieder einzuholen, Zu sammengebrochenes wieder aufzurichten? Nicht viel ist, gar nicht viel, wonach wir verlangen — nur daß wir den Willen zum Leben, zum Schaffen, zur Arbeit zurück- gewinnen, der unter dem ungeheuren Schutt der letzt- oergangenen Jahre begraben wurde. Dürfen wir soweit wenigstens hoffen und daraufhin wieder etwas ruhigeren Blickes in die Zukunft blicken? Wir horchen umher: wie ist die Stimmung im Volke? Die ewig Finsteren, die, ins Tieiste getroffen von Krieg und Revolution, zuerst empörten Herzens laut aufgeschrieen hatten, sie sind mit der Zeit immer stiller und stiller ge worden. Kaum daß sie noch die Kraft haben über unser Unglück zu sprechen; von stumpfer Gleichgültigkeit über mannt, lassen sie die Dinge laufen wie sie wollen, tun mechanisch noch ihre alltägliche Pflicht und finden es kaum noch der Mühe wert, über Leben und Sterben nachzu denken. Sie sind fertig, mit sich und der Welt, und wenn heute die neue deutsche Herrlichkeit versänke, ebenso plötz lich, ebenso grundlos, wie wir es mit der allen schaudernd erlebt haben, sie würden darum keinen Finger mebr rühren; für sie ist das Maß des tragbaren Erdendaseins erschöpft, von ihnen kann uns keine Hilfe, keine Rettung mehr kommen. Ebenso wenig natürlich von den Über lauten, den Lärmoollen, denen immer und überall eine Mühle sich drehen muß, damit sie das Klappern hören, die nur auf äußerliches Geräusch, - auf schwungvollen Betrieb eingestellt sind, von einer Sensätion zur andern taumeln und dabei nicht den geringsten Unterschied machen, ob diese wenigen Neroenaufpeitschungen ihrer Volksgesamt- heit zum Verderben gereichen oder was sonst für Folgen von ihnen ausgehen müssen. Und wenn wir den Blick auf unser teuerstes Gut richten, auf die Jugend, so mag uns auch in ihren Reiben manche Enttäuschung, manches Nachlassen himmelstürmender Kräfte ängstigen, auf ihrem rechten wie auf ihrem linken Flügel. Auch für sie scheint die Zeit der Hochspannung vorüber zu sein, sie hält sich wieder mehr abseits der Dinge, die uns quälen, und sieht vielfach in Tanz und Spiel, in Belustigung und Mummenschanz Ablenkung, die Sorgen des Tages der älteren Generation überlassend, die sich nur noch mühsam fortzuschleppen vermag unter der alle Kräfte ertötenden Friedenslast. Aber der Teil der Jugend, Ler noch nicht durch die Schrecken des Krieges gegangen ist, er strebt dafür um so ungestümer vorwärts. Man braucht sich nur einmal nach ihm umzutun, und wird wieder belebenden Balsam verspüren; ob er, um einen geliebten Lehrer geschart, in Feld und Wald einher marschiert, ob er, mit glänzenden Augen, musikalischen oder dichterischen Genüssen sich hingibt oder voller Be geisterung für diese oder jene schön« Sache „demonstriert". Mit ihr fühlen, auf sie bauen die vielen Stillen im Lande, die mehr als jemals davon überzeugt sind, daß nur Ler Geist es ist, der alle Schmach und alles Unglück dieser Welt überwinden kann. Die Triebkraft ihrer Seelen hat aus dem allgemeinen Zusammenbruch nur noch höheren Schwung angenommen, und bleibt, was sie schaffen und schöpfen, zumeist auch unter der Oberfläche des Lebens verborgen, es wird doch zu gegebener und unwiderstehlicher Gewalt ans Tageslicht heraufdrängen und sich sieghaft den Mächten der Finsternis entgegenwerfen, die uns heute zu ersticken drohen. . Daneben können wir aber auch heute schon wieder Einzelstimmen vernehmen, von denen ein Hauch von Hoffnungsfreudigkeit ausgehen will. Da meint ein Kauf mann, der in diesen schweren, für viele allerdings auch sehr leichten Jahren den Dingen nahe genug gestanden hat, um vor allzu einseitiger Betrachtungsweise geschützt zu sein: langsam gehe es doch schon wieder vorwärts mit Vas kulenhaus. 29) Roman von E. Marlitt. 'Da wandte er Las Pferd, und langsam ritt er zurück; die Dunkelheit verschlang aufs neue seine Gestalt; nur der Huf schlag klang noch lange in den Obren des zitternden Mäd chens nach,' bis sie sich endlich in das Haus zurückschlich. Sie dachte nicht mehr an den verlorenen Brief; sie konnte überhaupt nicht mehr denken; ihre Augen brannten, und ihre Lippen waren trocken; es bohrte ihr schmerzend in den Schläfen. „Ruhe! Ruhe!" flüsterte sie und barg die heiße Stirn in die Kissen, als sie hastig ihr Lager ausgesucht und die Lampe gelöscht — „Ruhe! Schlaft" Kapitel 13, Äuf Neuhaus herrschte am anderen Tage ein gang unge wöhnliches Leben. Zu ebener Erbe, neben dem Wohn zimmer, links von dem großen Flur, stand in dem hohen geräumigen Speisesaal sine Tafel, die wesentlich abstach von derjenigen, an welcher gewöhnlich hier gegessen wurde. Während sie sonst mit einem blendend weißen, aber doch ziemlich derben Drelltischtuch nebst Servietten von gleicher Qualität gedeckt war, breitete sich heute schimmernder Damast darüber aus und hing bis auf den getafelten Fuß- iboden hernieder, der wahrhaft beängstigend glatt gebahnt erschien. Das einfache Geschirr von gewöhnlichem Steingut mit blauen Rändchen war durch köstliches altes MeißnM Porzellan verdrängt, dos schon seit langer Zeit den Stolz des Neuhäuser Geschirrschrankes ausmachte; reizend ge formte Tafelaufsätze, deren Platten Früchte und Back werk trugen, hatten die Blechkörbchen ersetzt, in denen Beate kür gewöhnlich den Nachtisch herumreichen ließ; Mochte derselbe in Frühbirnen oder Winteräpfeln oder in kleinem Gebäck bestehen, und die sehr handfesten Solinger Messer und Gabeln mit Griffen von Hirschhorn waren den SiWerbestecken gewichen, die glänzend, wie eben aus dem Laden gekommen, blinkten und Wappen, Namenszug der Gerolds und eine Jahreszahl trugen, welche Las hohe Wer verriet, wenn es ihre schöne Form nicht bereits getan. Die Arme des mächtigen Kronleuchters aus Bergkristall über der Tafel, die übrigens nur sieben Gedecke zählte, waren mit gelblichen Wachskerzen besteckt, ebenso die zahl reichen Wandleuchter. Auf dem riesigen eichenen Kredenz tische aber funkelte und blitzte es von silbernem Gerät und prächtigem Kristall; verwundert lugte Lie Sonne, die täg lich um diese Zeit hier herein einen Blick tat, auf diese Pracht, ließ farbige Lichter aufsprühen und streifte das braune Haar über der weißen Stirn Beates, die beschäftigt war, auf einem Tischchen Daumen in ein vaar Vasen zu setzen. uns. Die äußere Ordnung sei nun schon ein gndeS halbes Jahr nicht mehr gestört worden, das hab« doch wesentlich zur Beruhigung der Geister beigetrageu und so die Vor bedingung geschafft für einen ergiebigeren Gang unserer Arbeit. Die Vernunft müsse schließlich doch einmal die Oberhand behalten; dann werde auch das Vertrauen des Auslandes wieder mehr und mehr zu uns zurück kehren. Und da erklärt Ler päpstliche Nuntius Pacelli, der curs München nach Berlin gekommen ist, um mit der Reichsregierung über wichtige, beiden Mächten ge meinsame Interessen zu verhandeln, er habe das Vertrauen zum deutschen Volke nicht verloren, es werde sich schon wieder aus der Trostlosigkeit dieser Tage zu neuer Blüte emporarbeiten. Sollen wir, dürfen wir hoffnungsloser sein als dieser ausländische Würdenträger, der doch wahr lich in der bayerischen Hauptstadt Lie allerschrecklichsten Dinge miterlebt hat? Es ist keine Kunst, heutzutage in Pessimismus zu versinken; es erfordert aber gewiß auch keine geringe Seelenstärke, auszuharren in diesem Meere von Elend, das uns umgibt, und von dem niemand wissen kann, ob es nicht noch immer höher anschwellen wird. Trotz dem; nur dem Mutigen gehört die Welt. Wir brauchen nicht zu verzagen, wenn wir uns selbst nicht verlieren. Hören wir auf die Stimmen, die stark sind im Glauben — und das neue Jahr wird uns ein anderes Gesicht zeigen, als viele von uns es beute noch zu hoffen wagen. politische Nunbschau. Deutsches Keich * Das Betriebsrätegesetz. Der Nationalversammlung ist jetzt der Bericht des Ausschusses für soziale Angelegen heiten über den Entwurf eines Betriebsrätegesetzes zuge gangen. Der Ausschuß beantragt hiernach: die National versammlung wolle beschließen, dem Entwurf des Betriebs rätegesetzes in der Kommissionsfassung die Genehmigung zu erteilen; ferner folgende Entschließungen anzunehmen: 1. die Reichsregierung zu ersuchen, umgehend einen Gesetz entwurf über einen erhöhten Schutz der Bergarbeiter und die Sicherung einer wirksameren Aufsicht unter geordneter Mitwirkung der Arbeiter oorzulegen, 2. die Reichsregierung zu ersuchen, tunlichst bald einen Gesetzentwurf oorzule.gen, durch den den Arbeitnehmern in Betrieben der Aktien gesellschaften die Beteiligung an der Unternehmung durch den Erwerb von kleinen Vorzugs-(Arbeiter-)Aktien er leichtert wird. 4- Anrechnung von Nebenverdienst ans die Pensionen. Halbamtlich wird mitgeteilt: „Durch die Presse ist kürzlich eine Notiz gegangen, daß ein Gesetzentwurf in Vorbereitung sei, durch den die Pensionen reduziert werden sollen, wenn Nebeneinkünfte der in den Ruhestand getretenen Beamten und Offiziere vorhanden sind. In den Reihen der Pensionäre ist dadurch eine gewisse Unruhe entstanden, be sonders durch die Form, in der die Mitteilung verbreitet wurde. Wie wir hören, trifft es zu, daß man im Reichs finanzministerium daran arbeitet, gewisse Nebeneinkünfte in Beziehung zu der gezahlten Pension zu bringen, zumal in vielen Fällen die Pension weit geringer ist als die sonstigen Einnahmen. Es wird sich nicht umgehen lassen, daß auch kleinere Nebeneinkommen in eine gewiss- Relation zur Pension gebracht werden, aber in solchen Fällen will man sich mit einem ganz minimalen Abzug begnügen." * Kein deutscher Botschafter i« Wie«. Wie die französischen Blätter melden, hat der Oberste Rat der Alliierten die deutsch-österreichische Negierung wissen lassen, daß er es nicht dulden werde, daß das Deutsche Reich in Wien weiter durch einen Botschafter vertreten sei. Da die Vertreter der alliierten Mächte nur Gesandtenrang be kleiden würden, müßte sich auch Deutschland mit einem Gesandten in der österreichischen Hauptstadt begnügen. * Französische Werber in Deutschland. Die An werbung Deutscher für den Söldnerdienst im Auslande steht trotz angestrengtester Bemühungen und Warnungen der deutschen Regierung in voller Blüte. So wurde in Frankfurt a. M. eine Werberzentrale bei einem Auto mobilhändler entdeckt. Unter anderen wurd« ein dem Namen nach nicht bekannter früherer Angestellter des -Marinesicherkeitsdienstes" als Werber ermittelt. Infolge „Werdet ihr gleich stehen!" murmelte sie ärgerlich vor sich hin, als ein paar Levkojen immer wieder zur Seite sielen. „So, nun gcht's." Und sie steckte in die bunte Pracht eine rote Rose, und den ziemlichen Ausbau be trachtend, reichte sie ihn dem Stubenmädchen, das neben ihr stand. „Trag es zur Frau von Berg, Sophie; sie soll es in das Zimmer der Prinzessin Thekla setzen; der Herr habe es befohlen. Dann bist du gleich wieder unten und wischest noch einmal Staub von allen Stühlen und schließest die Läden; eben kommt die Sonne." Nun ging auch Beate noch einmal an der Tafel hin unter und blieb kopfschüttelnd vor dem Platz stehen, den sie, nach der Bestimmung Lothars, neben Ihrer Durch laucht der Prinzessin Thekla einnehmen sollte; heute abend zum erstenmal und dann täglich vier Wochen lang. Wie würde sie Das nur aushalten? — Da lag die Suppenkelle, das Symbol ihrer Haussrauenwürde; Lothar hatte ge wünscht, daß sie dieses Amt wie immer verwalten möge; „denn wir sind auf Rittergut Neuhaus, meine beste Beate, und nicht bei Hofe, und nichts in der Welt ist mir un angenehmer, als ein Umhertragen der gefüllten Suppen teller, sie haben so leicht überlaufenDe Ränder. " Dies war aber auch so ziemlich das einzige, was in Hinsicht seines hohen Besuches von ihm angeordnet worden; alles übrige hatte er vertrauensvoll ihrem klugen Kopf und ihren geschickten Händen überlassen und allen Fragen gegenüber nur geantwortet: „Wer du wirst es ja so gut machen; tue ganz nach deinem Gefallen." Nun. war sie auch dieser Riesenarbeit Herr geworden. Sie hatte ein weißes Tuch über ihre glänzend braunen Haare gebunden und war in Hauskleid und Wirtschasts- schürze, mit Schlüsselbund, Staubtuch und Besen im Haufe umhergezogen, hatte dem Dienstpersonal „Beine gemacht", wie sie sich ausdrückte, Möbel rücken, Vorhänge aufstecken, Teppiche auf Treppen und Gängen ausbreiten lassen und Truhen urtd Spinden das Feinste und Beste entnommen. Und eben war das letzte getan; sie konnte sich noch ein Paar Stündchen ausruhen, ehe sie ihren Gästen als Hausfrau gegenübertreten mußte. Das ganze obere Stockwerk hatte man für die durchlauch tigste Schwiegermutter und die Schwägerin Lothars herge- richtet; der Hofdame war ein nettes Zimmer neben Frau von Berg eingeräumt, der Kammerhcrr nebst Diener im Gartenpävillon untergebracht worden und die Kammer frau Ihrer Durchlaucht in der Nähe ihrer Damen. Lothar behielt sein Zimmer rechts vom Hausflur; das liebe alte Wohnzimmer und die Schlafstube Beates sollten ganz und gar abgeschieden bleiben; einen Zufluchtsort wußte man dock habsn. Proteste der Zeitungen wurde ein OMrlec der veutiwen SahnhofskommanLantur zum französischen Verbindungs offizier beschieden und ihm dort mitgeteilt, daß die Nack richten über französische Werbungen große- Ärgernis in Frankreich heroorgerufen haben. Laut Friedensoertrag hätten die Franzosen das Recht, im besetzten Gebiet Werbungen vorzunehmen. -I- Ermittlungsverfahren gegen Scheidemann. Der Abgeordnete Sckeidemann hat bei der Staatsanwaltschaft in Berlin den Antrag gestellt, ein Verfahren gegen ihn selbst wegen Ler Beschuldigung einzuleiten, daß er — Scheidemann — eine Belohnung auf den Tod Liebknechts und Rosa Luxemburgs ausgesetzt habe. Die Staats anwaltschaft hat dem Ersuchen stattgegeben und ein Er- mittlungsverfahren gegen Scheidemann eingeleitet. 4- Militärische Amnestie. In dem neuen Gesetz entwurf über die Erweiterung der militärischen Amnestie vom 7. Dezember 1918 ist zum Ausdruck gekommen, daß alle vor dem 12. Dezember 191S wegen Fahnenflucht, un erlaubter Entfernung oder Ungehorsams gegen Gestellungs befehle erkannten Strafen zu erlaffen sind, ebenso noch anhängige Untersuchungen als niedergeschlagen zu gelten haben. Dir Begnadigung hängt auch nicht von einer Meldung des Fahnenpflichtigen innerhalb einer bestimmten Frist ab. Diese Bestimmungen beziehen sich auch auf im Auslande oder in Gefangenschaft befindliche Deutsche. Knebelung der Presse im Sackrgebiet. Kurz vor Weihnachten wurde dem Hauptschristleiter der Saarzeitung, Josef Scherer, morgens 8 Uhr eröffnet, daß er bis mittags 12 Uhr Saarlouis verlaffen haben muß. Seine Aus weisung erfolgte wegen eines Artikels, der von Ler Zensur unbeanstandet im Saarlouiser Journal erschien. Auch der Vorgänger Scherers, Redakteur Lillig, war ausgewiesen worden, nachdem ihn daS französische Militärgericht zu zwei Monaten Gefängnis und 4000 Mar! Geldstrafe ver urteilt hatte. Bis zum Eintritt Scherers wurde dann die Redaktion der Saarzeitung von einem Mitglied des französischen Propagandabureaus, dem Agenten Lang, ge leitet. Rußland. Trotzki ermordet? Die Bolschewisten unternahmen aus der gesamten Front heftige Angriffe, die Trotzki an der Narwa persönlich leitete. Gefangene berichten, daß in der Rätearmee gegen Trotzki gerichtete Unruhen aus gebrochen seien, an denen sich fünf Regimenter beteiligten. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll Trotzki ermordet worden sein. Die estnische Regierung widerruft die Ge rüchte über die Entsendung einer französischen Militär« Unternehmung nach Estland. Berlin. Die Antwort der deutschen Regierung auf die Note Clemenceaus über Eupen und Malmedy ist in Paris überreicht worden. Paris. Venizelos verlangt von der Friedenskonferenz, Vak Griechenland das Mandat zur Verwaltung von Konstantinopel erhalte. Ratifizierung am 6. Januar! -Die Einigung über das Zusatzprotokoll.' Aus Paris wird amtlich gemeldet: Dutasta halte eine weitere Uuterrednng mit Freiherr« v. LerSner über die Inkraftsetzung des Versailler Ber- traycs. Falls nicht UsxortzeryrsrheneS «iniritt, wlrv dir Zeremonie des Austausches d«r Ratifikationsurkunden am V. Januar 4 Uhr SO Minute« nachmittags im Ministerium des Austern stattfinden. Der 6. Januar 1920 wird also in der Weltgeschichte als der Tag zu gelten haben, der den formellen Abschluß des Friedens gebracht hat. Besetzung der Abstimmungsgebiete. Weiter wird aus Paris gemeldet, daß sich unmittel bar nach der Unterzeichnung die diplomatischen Vertreter Frankreichs auf ihre Posten in Deutschland begeben werden. Die Abfahrt Ler mit Ler Besetzung der deutschen Abstimmungsgebiete beauftragten alliierten Truppen be ginnt am 1S. Januar. Ferner erklärt der Oberste Rat: Beate war eben den Mur entlang geschritten und näherte sich 'Ler Tür ihrer Wohnstube; ein humoristischer Zug flog einen Augenblick um ihren vollen Mund; dann nahm sie ein Kreidestückchen aus dem Schlüsselkorb, schrieb auf die braune Täfelung „Verbotener Eingang!" und trat nun, noch immer lächelnd, in ihr Reich. Sie saß ein Wefl- chend ruhend im Lehnstuhl; dann sprang sie auf und eilt« in die Schlafstube. Nach ein paar Augenblicken kam sie zurück, sie hatte einen großen braunen Strohhut aufgesetzt und einen leichten Umhang nm die Schnittern geworfen. Im Hinausgehen zog sie ein paar Leinwandhandschuhe an und trat, noch an denselben knöpfend, in die Küche, wo die Mamsell mit rotem Kops vor dem Backofen stanid und Mürbkuchen herauszog. „Gut, Nikchen, daß «in paar fertig sind," sagte Beate und nahm ein halbes Dutzend des zierlichen Gebäckes, „gebt etwas Papier — so — ich mache noch einen Spazier gang und bin pünktlich zurück. Begeht nur keine Dumm heiten mit den Kücken und setzt die Schoten nicht zu früh an; Den Rchrücken knapp eine Stunde im Ofen! — Ich ag's Ihnen noch einmal, ich habe keine Zeit, danach zu ehen, wenn ich bei Tische sitze, und Daß nur die Forellen chön blau und krumm sind und im Grünen serviert werden. Es kommt alles auf Sie, Nikchen." Sie nickte noch einmal und ging raschen Schrittes direkt aus der Küche, einen Seitenweg durch den Park nehmend, auf die Landstraße. Eigentlich war's nicht zu rechtfertigen, daß sie davonlief, honte, wo ihr Ruf als Hausfrau geprüft wewen sollte. Wie, wenn irgend etwas mißlang? „Auch gleich!" sagte ihr eine innere Stimme, „Denn wenn die ganze Hatz hier erngezogen ist, komme ich fürs erste nicht wieder nach dem Eulenhause zu — zu Klaudine und zu der Kleinen." Sie ging im wahrem Sturmschritt und nahm allerhand Richtwege; LunkÄrot glühte ihr Gesicht, als nach einer halben Stunde das Eulenhaus aus grünen Wipfeln auf- tauchte; es war fast drei Uhr nachmittags. Im Schatten der alten Mauer spielte die Kleine mit ihrem Puppenwagen; sie kam mit wehenden Locken aus die Tante zugestürmt, und diese hockte sich an die Erde und fing das Kind mit beiden Armen auf. „Es war gar nicht hübsch, Tante Beate," klagte es; „immerzu hat es geregnet und Tante Klandine ist so oft fortgefahren." „Aber heute scheint die Sonne und du kannst wieder im Garten ivielen — aelt. das aeiällt dir?" (Fortsetzung folgt.)
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