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Wilsdruffer Tageblatt : 10.05.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-05-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-191905102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19190510
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19190510
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-05
- Tag 1919-05-10
-
Monat
1919-05
-
Jahr
1919
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 10.05.1919
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IHtM. Daz« müßt Ihr Deutschen Euch zur Freiheit und zur Demokratie bekennen, wie wir Angelsachsen und Amerikaner sie von jeher in Erbpacht haben. Die alten Machthaber werden bestraft und das deutsche Volk soll «inen .billigen" Frieden. Also sprach im vorigen Jahre der Menschheitsapostel und Professor Wilson, und auf diesen Ton waren die ungezählren Millionen Flugblätter ubgestimmt, die an der Front aus den feindlichen Flug leugen auf uns herabrieselten. Wir Deutschen haben das dei unserer Empfänglichkeit für alles Fremde natürlich prompt geglaubt und haben nun auch unseren „billigen" Frieden. Billig ist er aber nur — für die anderen! Der Etraßenräuber ist ein anständiger Kerl gegenüber der Entente. Er nimmt dem Objekt seiner Arbeit Uhr. Geld und Kleider, läßt ihm dafür aber wenigstens seine eigene schäbige Gewandung. Die Entente-Raubgenossenschaft tut auch das nicht einmal, sie zieht uns nackt aus und läßt uns stehen mit dem weiteren Befehl, zu einer bestimmten deit mit einem neuen Anzug zu erscheinen, um auch diesen abzuliefern und so lustig fort. Beschlagnahme des ganze» Vermögens Deutschlands. Betrachtet man mit kritischem Auge die „finanziellen Und wirtschaftlichen Klauseln", wie es recht verschämt und bescheiden in dem Vertrage des Friedens der Gerechtigkeit beißt, dann sieht man zunächst vor lauter Bäumen den Wald nicht! Ein einziger Satz aber zeigt mit er schreckender Klarheit, was eigentlich los, ist und er lautet: „De« gesamte Besitz und alte Einnahmen Deutschlands wwie der deutschen Gliedstaaten hafte» an erster Stelle für Bezahlung der Koste» der Wiederherstellungen sowie aller anderen Lasten, die sich aus vorliegendem Vertrag oder irgendwelchen sonstigen Abmachungen zwischen Deutschland und de« alliierten und assoziierte» Mächte» seit Abschluß des Waffenstillstands ergeben." Daß zu dem „gesamten" Besitz auch jeder Privatbesitz Mu gerechnet wird, erscheint außer Zweifel, da sich die Entente das Verfügungsrecht über das Eigentum aller Deutschen im besetzten Gebiet in einem Sonderartikel Vor behalten hat. Dawider, daß das übrigbleibende Rumpf- Deutschland die ganzen Schulden nickt aufbringen kann, bt man sich sogar an Paris klar geworden, weshalb die Mächte, die deutsches Gebiet erhalten, einen Teil der ^ieichsschuld zu übernehmen haben, allerdings bloß nach bem Stand vom 1. August 1914. Sie kommen also recht »billig" z» ihrem Raub. Ausgenommen ist das edle Frankreich, das Elsaß-Lothringen völlig kostenlos erhält. Dieses erhält zudem noch das in den ehemaligen Reichs anden befindliche Privateigentum Wilhelms II. und Mtiger Fürstlichkeiten. Des edlen Frankreichs Magen rann auch ungereKtes Gut vertragen. In bezug auf frühere deutsche Gebiete — lies Kolonien — heißt es: »In den früheren deutschen Gebieten, die durch Beauf- Mqte für den Völkerbund verwaltet werden, übernimmt weder dieses Gebiet, noch die verwaltende Macht irgend einen Teil des deutschen Schuldendienstes; zugleich gehen alle in diesen Gebieten gelegenen Besitzungen des Deutschen Deiches oder dSk» deutschen Staaten an die beauftragte Macht über, ohne daß hierfür eine Entschädigung geleistet wird." Aus gut Deutsch: Die Kolonien nimmt man uns und ihre Schulden läßt man uns! Ebenso selbstverständlich haben wir die Unkosten für die am Rhein stehende Niesen de atzungsarmee zu bezahlen. Ei» Verbot der Zollerhebung. Das Rückgrat der Reichsfinanzen sind von jeher die Einnahmen aus Zöllen und indirekten Steuern gewesen. Wo sich nun bei den Deutschen überhaupt noch etwas -Ngt, was wie Rückgrat aussieht, muß es gebrochen werden, weshalb bestimmt wird: Deutschland verpflichtet sich, die Einfuhr aus sämt lichen alliierten und assoziierten Staaten mit keinerlei Zöllen oder Lasten einschließlich innerer Steuern zu be legen, die die Sätze übersteigen, welche irgendwelchen "lideren Staaten auferlegt werden; ferner darf es solche Einfuhr nur verbieten oder beschränken, wenn dieselbe Maßregel für alle anderen Staaten gilt. Deutschland ver pflichtet sich ferner, die Einfuhr aus den alliierten und soziierten Staaten nickt indirekt in diskriminierender Weise zu erschweren, ebenso gesteht Deutschland den Eierten und assoziierten Regierungen das Recht der Meistbegünstigung bei der Ausfuhr zu. Alle Vorrechte im Eßen- und Transithandel, die Deutschland irgend einem Staate einräumt, fallen automatisch den alliierten und assoziierten Ländern zu. Zölle dürfen danach so gut wie keine mehr erhoben Werden, aber auch nicht einmal mehr „innere" Steuern. Frankreich z. B. darf uns, da wir ja auch keine Einfuhr- perbote mehr erlassen dürfen, mit seinem Schund und Wen Luxuswaren (Wein, Seide, Parfüms und sonstigen Bachen) überschütten, ohne daß uns das Recht zusteht, in Merem eigenen Lande eine Luxussteuer darauf zu legen. Aer verlästerte „Gewaltmensch" Bismarck fügte dem Frankfurter Frieden mit Frankreich die sogenannte Meist- °egünstigungsklausel ein. Diese gewährte aber nicht ein- 'Eg uns, sondern auch unserem damaligen Gegner das Weiche Recht. In dem von ihr besetzten Gebiet behält och die Entente dagegen das Reckt der Zollerhebung vor Mrd wird gewiß recht ausgiehjgen Gebrauch davon "rachen. Bis znm letzten Pfennig! Wenn wir geglaubt haben, wenigstens das eine Recht behalten, nämlich unsere Steuern selbst festsetzen zu dürfen, M erweist sich auch das als ein beklagenswerter Irrtum. Ee Entente glaubt nämlich, daß es uns trotz alledem "och zu gut, möglicherweise besser als einem ihrer Unter- Mnen gehen könne, und bestimmt daher: „Sie kann sich aller Einkünfte Deutschlands bemächtigen, Nlch derjenigen, die für die Bezahlung der übrige» Schulden "Klimmt sind, und wird dafür sorgen, daß jeder deutsche Steuerzahler mindestens ebenso hohe Steuern zu zahlen »K, wir die höchste Steuer in den alliierten Ländern." ,, Wieviel wir eigentlich insgesamt bezahlen sollen, weiß Entente immer noch nicht genau, „sie wird Deutschland Ms zum 1. Mai 1921 die Höhe der zu bezahlenden Schuld M>ßen lassen". Damit wir uns aber bis zu diesem Zeit punkt keinerlei Illusionen hingeben, wird uns eine Teil- rechnung schon jetzt präsentiert. Es ist nicht gerade viel, Mr etwa doppelt soviel, als wir überhaupt noch besitzen. Zunächst die Pensionen für militärische Opfer des Krieges und Hinterbliebenen auf der Grundlage des franw- Uschen Tarns. Diese Summen allein betragen jährlich v'er Milliarden. Kapitalisiert man diese vier Milliarden, so dürften Krschläglich 100 Milliarden herauskommen. Ferner Ent- Mudignngen, die während des Krieges den Familien der Moilistertcn gezahlt wurden, in Höhe von zwölf Mil- urden, Wiederherstellung aller beschädigten oder zerstörten panier, auch derjenigen, die durch militärische Operationen Kuichjet wurden, innerhalb sieben Jabren durch Deutsch land. Den Alliierten müssen die an Belgien geleisteten Vorschüsse zurückgezahlt werden, davon an Frankreich drei Milliarden. Eine Kommission, der ein Amerikaner, ein Engländer, ein Franzose, ein Italiener angehören, und ab wechselnd ein Japaner, Belgier oder Serbe, werden die von Deutschland' zu leistenden Zahlungen einziehen und verteilen. Dem Serben wird die Entente aber gut tun, recht auf die Finger zu sehen in unserem Interesse, damit wir diese Jahresrate nicht noch einmal erlegen müssen. Irgendwelche Einwendungen dürfen wir niemals erheben, denn: „Wenn Deutschland seine Verpflichtungen nicht er füllt, wird die Kommission den Alliierten die notwendigen wirtschaftlichen Repressalien vorschlagen. Deutschland ver zichtet im voraus darauf, solche Repressalien als feindselige Akte zu betrachten." 20 Milliarden Mark müssen bis znm 1. Mai 1921 bezahlt sein. Davon werden die Kosten des Unterhalts der Besatzungstruppen und die für Deutschland not wendigen Lebensmittel vorausbezahlt. Schatzbonds in Höhe von 40 Milliarden werden von 1921 bis 1926 aus gegeben. Von 1926 aber sollen diese Schatzbonds verzinst und amortisiert werden. 40 weitere Milliarden werden ausgegsben werden, sobald die Kommission es verlangt. Sieben Millionen Tonnen Kohlen müssen Frankreich sieben Jahre geliefert werden, außer einer jährlich abzunehmenden Menge, die zwischen 20 und 8 Millionen schwankt. Rückgabe des feindliche», Einziehung des deutschen Vermögens. Nicht weniger gehässig wie alles andere ist nach stehende Bestimmung: Die Kriegsmaßnahmen, welche Deutschland in bezug aus Eigentum, Rechte und Interessen von Staatsangehörigen der alliierten und assoziierten Mächte während des Krieges ge troffen hat, werden umgehend sistiert, falls die Liquidation noch nickt beendet ist, und die Inhaber werden wieder in ihrs Rechte eingesetzt. Hingegen behalten sich die alliierten und assoziierten Mächte das Recht vor, alles Eigentum, Rechte und Interessen deutscher Staatsangehöriger auf ihrem Gebiet zurückzubehalten und zu liquidieren. Dabei gelten diejenigen nicht als deutsche Staatsangehörige, die durch diesen Vertrag die Staatsangehörigkeit einer alliierten oder assoziierten Macht erwerben. Staatsangehörige der alliierten und assoziierten Mächte haben das Recht auf Entschädigung für die Nachteile, die sie auf deutschem Gebiet erlitten haben. Dagegen kann jede alliierte und assoziierte Macht über die Erträgnisse des von ihr beschlagnahmten Eigentums verfügen, um die Entschädigungsansprüche auf Grund dieses Vertrages zu befriedigen. Deutschland verpflichtet sich, seine Staats angehörigen für Liquidation oder Beschlagnahme ihres Eigen tums in den alliierten und assoziierten Ländern zu ent schädigen. Die „Freiheit" zur See! „Die Schiffe und Fahrzeuge der alliierten und asso ziierten Mächte genießen innerhalb der deutschen Gewässer für Fischfang, Küstenfahrt und Schleppfahrt zur See die Vorrechte meistbegünstigter Nationen. Das Recht der Untersuchung und Polizei für Fischereifahrzeuge der alliierten Mächte wird ausschließlich von Fahrzeugen dieser Mächte ausgeübt." Diese beiden lapidaren Sätze sprechen Bände und charakterisieren den feindlichen Schwindel von der Freiheit zur See. Nicht einmal mehr das Polizei recht haben wir in unseren eigenen Gewässern. Das Echo. Stimmen gegen den Gewaltfrieden. Soweit sich bisher übersehen läßt, ist die deutsche Presse — abgesehen von einigen unabhängigen Organen, die schon von vornherein erklärt haben, wir müßten jeden Frieden unterzeichnen — einmütig der Ansicht, daß sich ganz Deutschland gegen den uns zugemuteten Akt des Selbstmordes auflehnen müsse. Nachstehend einige Presse stimmen. Der Vorwärts bezeichnet den Vertrag als eine Sabotierung der Rechtsidee und über alles Maß hinausgehend und meint, man sollte verhandeln, aber sich jede Freiheit der Handlung Vorbehalten. Das Berliner Tageblatt sieht darin ein Todes urteil, das wir nicht unterschreiben dürfen. Die Vossische Zeitung nennt ibn einen einseitigen Parteivorfchlag. während die Deutsche Tageszeitung eine Verewigung des Krieges darin erblickt und die Tägliche Rundschau ein Unerfüllbar erklingen läßt. Besonders treffend drückt sich die Frankfurter Zeitung aus: Niemals ist ein Mord in höflicherer Form, zynischerem Gleichmute begangen worden. Einzig das Berliner Organ der Unabhängigen Die Freiheit findet den traurigen Mut, den Vertrag als „recht maßvoll" zu bezeichnen. Die deutschen Börsen haben zum Zeichen der Traue» für drei Tage ihre Arbeit geschlossen. Der trübste Tag öer deutschen Geschichte! Kundgebung der preußischen Landesversammlung. (20. Sitzung.) . tt. Berlin. 8. Mai. Gleich zu Beginn der heutigen Sitzung nach Erledigung kleinerer Vorlagen ergreift das Wort Ministerpräsident Hirsch: Von einem Frieden der Verständigung und der Gerechtig keit ist in den Friedensbedingungen keine Spur zu finden. (Sehr richtig! und lebhafte allseitige Zustimmung.) Es handelt sich um einen reinen Machtsrisden (Erneute, lebhafte Zurufe: Sehr richtig! und allgemeine lebhafte Zustimmung), aus dem, sollte er je zuslandekommen, für unser Vaterland eine kaum verhüllte Sklaverei, für ganz Eurova keine Ruhe, sondern nur eine neue Flut von Blut und Tränen entstehen würde. (Sehr richtig! und lebhafte Zustimmung.) In diesem ernstesten Augenblick der preußischen und deutschen Geschichte heißt es vor allem, den Dingen kalten Blutes ins Auge schein Die Regierung rust ihre Mitbürger aufr Schließt die Reihen, schart Euch fest zusammen, laßt Euch nicht zu Un besonnenheiten hinreißen, laßt alle Streitigkeiten beiseite. (Leb haftes Bravo!) Dafür ist jetzt keine Zeit. (Lebhafter Beifall und Zustimmung.) Wir stehen vor der Frage: Sein oder Nichtsein. (Sehr richtig! und lebhafte allgemeine Zustimmung.) Geschloffen muß sich jetzt das ganze Volk hinter die Reichs und Staatsregierung stellen, damit diese ihre Aufgaben er füllen können. In gleichem Sinne sprachen Vizepräsident Frentzel und auch der Abg. Adolf Hoffmann (U. Soz.), öer an die Proletarier aller Länder appelliert. Zum Zeichen des Protestes vertagt sich daraufhin das Haus. Aus dem Gertchtsfaal. 8 Der Fall Liebknecht—Luxemburg vor Gericht. Am Donnerstag begann vor dem Kriegsgericht der Garde- Kavallerie-Schützen-Diviston der Prozeß gegen neun Ange klagte, denen zur Last gelegt wird, an dem gewaltsamen Tode des Dr. Karl Liebknecht und der Frau Rosa Luxemburg die Schuld zu tragen. Der Angeklagte Husar Runge bekennt sich schuldig, gegen beide Verstorbenen Kolbenschläge geführt zu haben, als sie aus dem Eden-Hotel ins Gefängnis ab geführt werden sollten. Der Angeklagte Leutnant v. Pflug- Harttung erklärt, auf Liebknecht geschossen zu haben, als dieser während des Transports entfliehen wollte. Letzte Drahtberichte de» „Wilsdruffer Tageblattes". Die Stellung der deutschen Regiernng zu den Friedensbedingungen. Berlin, 8. Mai. (tu.) Die Parteipolitischen Nach richten schreiben: Die deutsche Regierung wird im vollen Bewußtsein der historischen Bedeutung der Stunde weder mit einem klaren ja noch mit einem klaren nein antworten, sie wird aber Gegenvorschläge machen, die frei von jeder kleinlichen und parteilichen Auffassung find und die den 14 Punkten Wilsons voll und ganz gerecht werden. Dann wird sich erweisen, ob die Alliierten, bei ihrem eigenen Worte genommen, zu ihrem eigenen Worte stehen oder den schändlichsten Verrat treiben, den die Geschichte ge sehen hat und gegen den der Einmarsch in Belgien, so bedauerlich er sein mag, ein harmloses Kinderspiel ge wesen ist. Ausländische Kartoffeln im Duisburger Hasen. Duisburg, 9. Mai. (tu.) Im Duisburger Haseu find eine Anzahl Schiffe mit schottischen Kartoffeln einge troffen, die auf den rechtsrheinischen Industriebezirk ver teilt werden. Da jetzt auch holländische Kartoffeln ein treffen, nimwt die Versorgung der hiesigen Jndustriebe- völkerung einen besseren Verlauf. Eins Note betreffs der Kriegsgefangenen an die Alliierte«. B erlin, 9. Mai. (tu.) Wie der Lokalanzeiger hört, ist an die Alliierten eine Note abgegangen, in der ver langt wird, daß die deutschen Kriegsgefangenen, da nun mehr die Friedensverhandlungen begonnen haben, sofort freigelaffen werden. Der Friedensvertrag steht vor, daß die Gefangenen erst nach der Ratifizierung freigelassen werden. Aus Stadt und Land. Wilsdruff, 9. Mai 1919 Oeffentliche Stadtverordnetensitzung am 8. Mai abends 7 Uhr. In ö'/z stündiger Dauersitzung, an der sämtliche Stadt verordnete, sowie die Herren Bürgermeister Küntzel, Stadt räte Wehner, Schlichenmaier und Dr. Kronfeld teilnahmen, wurden nicht weniger als 18 auf der Tagesordnung stehende Punkte erledigt außer den noch üblichen Anhängseln. Unter Eingänge gab Herr Kantor Oberl. Hientzsch je ein Dank schreiben des Vereins für Natur- und Heimatkunde und des Fechtvereins und die Annahme des Mietvertrages für die unteren Räume des Rathauses durch die Ortskranken kasse bekannt Einverstanden ist man ferner mit der Ver pachtung eines Stückes Land an der Parkstbaße für einen Schrebergarten, der Vermietung der Turnhallenwohnung und der abermaligen Zurückstellung des Bezugs der „Kom munalen Praxis", um nach dem Studium der Zeitschrift „Kommunalwirtschaft und -Politik" zwischen beiden eine Wahl zu treffen. — Einstimmige Annahme fand weiter der Verkauf eines an der Friedhofstraße gelegenen 18 Quadrat ruten großen Streifen Landes an Frau verw. Kcippenstapel zum Preise von 5,50 Mk. für den Quadratmeter und die Bestellung von 100 Druckabzügen von der Flurkarte beim Landesvermessungsamt. — Ein Gesuch des Herrn Kamptner urck Uebernahme der Bürgschaft zur Gewährung eines Dar- lehns aus dem Genossenschaftsstock zum Zwecke der An schaffung von Maschinen erfuhr gegen I Stimme Ablehnung, desgleichen gegen 6 Stimmen ein Gesuch tzes Hausmanns Puppe um Gewährung freier Heizung und freie» Lichtes mit der Einschränkung, daß dem Gesuchsteller für etwa im Dienste verbranntes Licht nach Erhebungen evtl, eine Entschädigung gewährt wird. — Dem Verein Kriegs beschädigter wurden auf Gesuch für wirklich bedürftige Wilsdruffer Mitglieder wöchentlich 3 Freibäder im hiesigen Stadtbade, dem Maschinisten Jörke 130 Mk. Umzugskosten gewährt mit der Bestimmung, daß der Betrag zurückgezahlt werden muß, wenn die Tätigkeit des Genannten im Dienste der Stadt nicht wenigstens 2 Jahre andauert. — Zum Ortsgesetz über Erwerbslosenfürsorge wurde nach den Ein wendungen der Kreishauptmannschaft beschlossen, daß bei Stimmengleichheit nicht, wie angenommen, das Los, sondern der Vorsitzende entscheidet und daß an Stelle der Bezeich nung Ortsgesetz „Grundsätze" für Erwerbslosenfürsorge treten soll. — Um der Brennmittelknappheit in etwas zu begegnen, werden die Mcktel für die Beschaffung von 1000 Zentner Torfpreßsteine bewilligt und der Rat beauf tragt, wegen Lieferung derselben mit den hiesigen Händlern in Verbindung zu treten. — Gelegentlich der Genehmigung des Mieteinigungsamts fanden 2 Anträge Schumann und Genossen einstimmige Annahme und zwar: 1. „alle Ver mieter, die mit Wirkung vom I. Januar 1919 den Miet zins erhöht haben, haben dies umgehend dem Mieteinigungs amt unter Angabe der Gründe mitzuteilen"; 2. „Solche Räume, die vor dem I. Januar 1918 zu Wohnzwecken bestimmt oder als Wohnungen benutzt waren, seitdem aber zu anderen Zwecken wieder hergerichtet oder verwendet worden stnd, müssen als Wohnungen wieder eingerichtet und vermietet werden, soweit es an gängig ist." Mit Wirkung vom 11. April ist Wilsdruff als Wohnungsnotstandsgemeinde vom Ministerium an erkannt worden. — Während man der vorgeschlagenen Deckung der erhöhten laufenden Teuerungszulagen für Be amte, Angestellte und Lehrer seine Zustimmung gab, ver sagte die Mehrheit mit 8 Stimmen die vom Rate bean tragte Aufhebung des Beschlusses vom 22. Juli 1918, wonach den städtischen Beamten und Angestellten die Teuerungszulagen wie den Staatsbeamten gewährt werden. Ein Antrag Schumann und Gen.: „Das Kollegium wolle beschließen, daß der in der Sitzung vom 3. April gefaßte Beschluß „die diesjährigen Gemeindesteuern von Klasse 21 ab unter Anwendung der 1916er Zuschläge zu erheben" aufgehoben und dahin abgeändert werde, daß die dies jährigen Gemeindesteuern von Klasse 21 ab unter An wendung der Zuschläge nach dem Finanzgesetz vom 21. Mai 1918 zu erheben sind, und den Rat zum Beitritt zu diesem Beschluß zu ersuchen", fand nach langer Debatte, in der der Steuereinschätzungskommission verschiedentlich Vorwürfe gemacht und von Mitgliedern derselben zurückgewiesen wurden, gegen 4 Stimmen Annahme. Die Gemeindesteuern erfahren demgemäß vorbehaltlich der ministeriellen Zu-
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