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Wilsdruffer Tageblatt : 25.12.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-191812252
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19181225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19181225
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-12
- Tag 1918-12-25
-
Monat
1918-12
-
Jahr
1918
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 25.12.1918
- Autor
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Wort, aber der Sinn wurde ihm doch klar. Was er aber verstand, war so: „Einmal vor langen Zeiten offenbarte sich der »große Geist" dem Häuptling eines bedrängten Stammes und sagte zu ihm: „Die Zeit ist nun gekommen, daß ich dein Volk von den Banden befreien will. Nimm hundert reine Jungfrauen, die schönsten all' eurer StammeS- töchter und laß sie ihre Wasser-Kürbisse nach jener Ebene tragen." So sandte der Häuptling die Mädchen dahin, jede mit ihrem Wafserkrug. Als sie aus freiem Felde an gekommen waren und weit von jeglichem Schutz, kam ein schrecklicher Hagelsturm. Die Hagelkörner waren groß wie Hübnereier und scharf wie Eisen. Von ihnen wurden 99 Mädchen getötet und ihre Krüge zerbrochen. Nur eine blieb leben. Sie hieß Boembie. Da gebot der große Geist Voembie, in einer Hütte zu leben, die neben dem umgekehrten Kürbis stand. Lange Zeit verging. Endlich gebot der große Geist ihr, den Krug zu heben. Und siehe, da lag ein schönes Kind, seine Haut war wie Samt, und seine Augen waren groß und voll Güte, Verständnis und Weisheit. Voembie tat einen Jubelschrei, hob das Kind hock und drückte es an ihre Brust. Und wo es gelegen hatte, sprangen Blumen auf und blühten rund um ste her. So gmg sie zu den Bergen. Und wo sie schritt, blühten Blumen, und die Sonne vergoldete sie, und das Vieh lief herzu und kniete vor ihr nieder. Die Stämme rotteten sich zusammen und folgten ihr. Aber Voembie achtete ihrer nicht. So führte sie der große Geist, bis sie an eine Höhle kam. Und als sie in die Höhle eintrat, wurde eine Laube von Blüten und Farren daraus. Kristallklares Wasser sprang aus dem Felsen, und ein blendendes Licht erfüllte den Raum. Hier wuchs ihr Kind heran und gedieh. Und Voembie verließ es niemals. Eines Tages erschien ihr der große Geist und sagte ihr, daß die Zeit gekommen sei, daß der Knabe sein Volk erlöse. So ging der Knabe fort und besiegte die Bösen und brachte Frieden und Reichtum vielen Kraals und ihren Stämmen. Aber ach, Voembie starb. Denn niemand kann leben, der das Antlitz des großen Gottes gesehen hat! " Jan schwieg. Und Fritz saß auch schweigend und nachdenklich. War das nicht eine Christusgeschichte? War es nicht derselbe Glaube, der in den Herzen dieser Heiden gelebt hatte? Jan war Christ! Und doch war auch in ibm noch die alte Legende lebendig, wie er sie von seinen Vätern übernommen hatte. Ist das der geheimnisvolle Zusammenhang alles Lebens, alles Glaubens in allen Völkern und zu allen Zeiten? In seiner Heimat klangen jetzt die Weihnachtsglocken: »Frieden auf Erden!" Auch sie hier, diese beiden auf einsamer Wacht hatten Frieden im Herzen! Und wie hatte Jan gesagt? — — »Wenn der Morgen dämmert, dann müßt ihr lauschen! Dann knieen alle Tiere nieder, und ein lichter Schein geht durch das Veldt." Fühlte er nicht den Duft der weißen Lilien, auf denen Doembies Fuß gewandelt war? Ging nicht ein seltsames Klingen durch die Luft? Die Nacht ist kurz in Afrika. Da glühte im Osten ein rosiger Schein. Ein Distelfink schüttelte die Tautropfen von seinem Gefieder und zirpte einen ersten, scheuen Laut. Langsam erhob sich Jan. Er löschte die letzten Funken der Kohlenglut und reckte die Glieder. Auch Fritz sprang auf. Das war eine seltsame Nacht, die seltsamste seines Lebens! Weihnachten !m afrikanischen Veldt! Er blickte um sich, schickte noch einen Gedanken nach Deutschland und einen Gruß. Dann folgte er dem vor sichtig und leise ooranschreitenden Jan. Sie mußten diese Stelle verlassen haben, sobald die Sonne am Himmel stand. bhristtag im Baltenland. In den baltischen Ländern wird das Weihnachtsfest ganz nach deutscher Art begangen, sogar bei den Letten und Esten. Vielfach holen sich die Leute den Christbaum selbst aus den Wäldern. Um 6 Uhr abends am Weihnachts-Heiligabend ist allgemeiner Kirchgang, gegen 8 Uhr findet daheim die Be scheruna statt, bei uns liegen ^n-,s dix meist >hr reichlich ausfallen, unter dem ChNltvaum. Kleine runde Speckkuchen, auch Kümmelkuchen sind sehr beliebt, daneben auch reelle Sachen, wie geräucherter Schinken. Am SS. De zember ist wieder allgemeiner Kirchgang. Gefeiert wird drei Lage lang, jede Arbeit ruht, die Behörden find geschlossen. In Ruhland dagegen ist der deutsche Weihnachtsbaum eine seltene Erscheinung. Man begeht da» Fest durch großartige Schlittenfahrten. Schlittschuhlaufen und andere geräuschvolle geielliae Veranstaltungen. ' Noch war indes die Kleine nicht zu beklagen; noch konnte sie aus. dem Bereiche jener Medusenaugen an ein warmes Herz flüchten — Hellwig liebte sie wie seine eigenen Kinder. Freilich sand er nicht den Mut, dies offen auszusprechen, — seinen Vorrat von Energie hatte er an jenem ercignisvollen Abende seiner Frau gegenüber völlig erschöpft — aber sein Auge wachte unablässig über Felicitas. Gleich Nathanael batte sie ihr Spielwinkelchen in ihres Pflegevaters Zimmer; oort durfte sie ungestört ihre Puppen Herzen und sie einwie- gen mit den Melodien, die sie noch gelernt hatte auf den Knien der Mutter. Nathanael ging nicht in die öffentliche Schule; er erhielt seinen Unterricht von Privatlehrern unter den Augen des Vaters, und als Felicitas ihr sechstes Jahr er reicht hatte, begann dieser Unterricht auch für sie. Sobald aber der Schnee schmolz und Krokus und Schneeglöckchen die noch leeren, schwarzen Rabatten besäumten, wanderte Hell wig täglich mit den Kindern hinaus in seinen großen Gar- Fen; daoraußen wurde gelernt und gespielt, während man nur -ur Essenszeit das Haus am Marktplatz aufsuchte. Frau Hell wig betrat sehr selten den Garten; sie zog es vor, mit dem Ctrickstrumpfe in ihrer großen, stillen Stube, hinter dem makellos weißen, in regelrechten Fältchen gebrochenen Fen stervorhange zu sitzen, und zu diesem Vorzüge hatte sie einen ganz besonderen Grund. Ein Vorfahr Hellwigs hatte den Garten in altfranzösischem Stil angelegt. Es war sicher eine Meisterhand gewesen, von der die rings verteilten, lebens großen mythologischen Figuren und Gruppen aus Sandstein herrührten. Freilich hoben sich die Hellen Gestalten scharf ab von den düsteren, steifen Taxuswänden. Die reizenden, aber ziemlich unverhüllten Formen einer Flora, die entblößten zarten Schultern und Arme der sich sträubenden Proserpina und die muskulöse Nacktheit ihres gewaltigen Entführers mußten den Blick des Eintretenden sogleich auf sich ziehen — und das waren in der Tat Steine des Anstoßes für Frau Hellwig. Sie hatte anfänglich die Hinwegschaffung dieser »sündhaften Darstellung des menschlichen Leibes' gebieterisch verlangt, allein Hellwig rettete seine Lieblinge durch Vor zeigung des väterlichen Testaments, in welchem ausdrücklich die Entfernung der Statuten untersagt wurde. Hierauf hatte Frau Hellwig nichts Eiligeres zu tun, als zu Füßen der mythologischen Zankäpfel eine Wildnis von Schlingpflanzen anlegen zu lassen, und nicht lange dauerte es, so erschien Herrn Plutos grimmiges Gesicht unter einer ehrwürigen, grünen Allongeperücke. Eines schönen Morgens aber riß Hein- Stille Nach«, heMge Nacht! Das (00 jährige Bestehen des beliebten WethnachtsliedeS. Von Dr. Karl Mitchke. Weihnachten 1818, gerade vor hundert Jahren, ist daS Lied »Stille Nacht, heilige Nacht" entstanden — ein eckteS geistliches Volkslied, ein Volkslied in feiner Verbreitung und Beliebtheit, ein Volkslied auch in der allgemeinen Unkenntnis feiner Urheber, und schließlich auch in den mannigfachen Abänderungen, die man sich an Worten und Wesse im Laufe der Jahre erlaubt hat. Tausende, Millionen erbauten und erfreuten sich an dem Liede und tun es heute noch, ohne etwas von seinem Ursprung zu wissen. Man fand daher die verschiedensten Angaben in den Liederbüchern. Aus Tirol sollte eS stammen, aus der Steiermark, der Text sollte die Ver deutschung einer alten lateinischen Hymne fein, die Melodie schrieb man Michael Haydn, dem Bruder des be rühmten Josef, zu, oder auch dem großen Beethoven und anderen. Das kommt daher, daß der Dichter und der Komponist beide einfache, bescheidene Leute waren, die ihr Lebtag nicht daran gedacht haben, sich mit ihren Werken irgendwie herauszustellen. Ein Landpfarrer und ein Landschulmeister waren es, und von beiden ist kaum etwas zu erzählen. Josef Mohr, der Dichter des Liedes, ist 1792 zu Salzburg geboren. Er war Geistlicher und ist sein ganzes Leben über niemals heroorgetreten. Wir finden ihn in lauter kleinen Stellungen auf dem Lande, zu Ramsau bei Berchtesgaden, zu Oberndorf an der Salzach, zu Golling, zu Vigaun usw., und zu Wagram im Pongau ist er im Jahre 1848 gestorben. Ebenso einfach verlies das Leben deS Komponisten unseres Liedes, des 1787 zu Unterweizberg geborenen Franz Laver Gruber. Man könnte höchstens aus seiner Knabenzeit berichten, wie seine Eltern, brave Leineweber leute, es gar nicht gern sahen, daß der Bub sich mit der Musik abgab, unter Leitung eines freundlichen Lehrers. Als aber der Lehrer einmal krank wurde uni^ der zwölf jährige Franz statt seiner die Orgel meisterte, sahen die Eltern, daß es doch gut war. Schließlich durfte der Jüngling selbst Lehrer werden. Seit 1807 hat er dann als Lehrer und Organist in Arnsdorf, Oberndorf, Bern dorf, Sallein gewirkt. Im Jahre 1863 ist er zu Hallein gestorben. Bon beiden frommen und kunstbegabten Männern würde man heute kaum noch etwas wissen, hätten sie nicht 1818 zufammen das herrliche Lied »Stille Nacht, heilige Nacht" geschaffen, Mohr den Text und Gruber die Weise. Am 24. Dezember 1818 hat eS Gruber im Schulhaus« zu Arnsdorf komponiert. Bei der Christmette sangen es der Dichter und der Komponist, Tenor und Baß, in der Nikolauskirche zu Oberndorf zum erstenmal, ein Chor von einigen Sängerinnen wiederholte den Schlußvers. Eine Gitarre war Lie Begleitung, die Orgel war nicht in Ordnung. Ein Orgelbauer Karl Mauracher aus Fügen im Ziller tal, der zur Ausbesserung der Orgel in den i^rt kam, nahm das Lied mit in die Heimat; die Zillertaler Ge schwister Strasser, die ein Handschuhgeschäft betrieben und auf der Leipziger Messe auch gelegentlich als Sänger auf traten, brachten dort daS Lied in weitere Kreise. Im Jahre 1831 lernte es der dortige Organist Franz Alscher kennen; so kam es an den königlich sächsischen Hof und galt als Tiroler Volkslied, bis man es besser wußte. Es fand immer mehr Freunde, besonders Unter den Missionaren. In England und Schweden wurde es be kannt, in Britisch-Jndien und in China, in Nordamerika und Neuseeland, in Ostafrika und Brasilien und im Süden. Im Weltkriege ist das einfache, schöne Lied bei allen Weihnachtsfeiern im Felde und in der Etappe, im Schützen graben und auf den Schanzen gesungen worden, und es war -in lieber Gedanke für unsere Krieger, daß ntm das selbe Lied auch genau so in der Heimat ertönte. In Feld postbriefen und in Zeitungsberichten haben wir oftmals gelesen, daß dieses Lied den Kriegern draußen Trost und Erquickung gebracht hat. So war es in Russisch-Polen, in den Karpathen, am Uzsoker Paß. Ein Christbaum, lesen wir da, brannte auf der Schanze, um 12 Uhr nachts ertönte das Lied „Stille Nacht", in das ein jeder mit freudigem Herzen einstimmte; es war ein seliger Augenblick, jeder der Dragoner Nr. 4 war mit Herz und Sinn zu Hause in der lieben Heimat. Und ein andermal hören wir, daß Hessen zusammen rich auf Befehl seines Herrn mit einem währen Wonnegefühl die grünen Schmarotzer bis auf das kleinste Wurzelfäserchen aus der Erde, und seit der Zeit vermied Frau Hellwig im Interesse ihres Seelenheils, noch mehr aber darum, weil die Statuen hohnlächelnde Zeugen ihrer Niederlage waren, den Garten zu betreten. Gerade deshalb wurde er aber auch die eigentliche Heimat der kleinen Felicitas. Hinter den großen Taxuswänden dehnte sich ein großer, prächtiger Rasensleck. Riesige Nußbäume senkten die Stämme tief ein in das blumengcsprenkelte Gras, und ein rauschender Mühlbach durchschnitt zum Teil die grüne Fläche; seine Borde umsäumte dichtes Haselgcsträuch, und der kleine be laste Damm, den mau zum Schutze gegen das im Frühling reißende Gewässer aufgeworfen hatte, schimmerte im Mai gelb von Schlüsselblumen, und später lugten die rosenroten Aeuglein der Feldnelken zwischen den wehenden Halmen. Felicitas lernte unermüdlich und saß mit merkwürdig beherrschter Haltung in den Lehrstunden. Wenn aber Hell wig am späten Nachmittage den Unterricht für beendet er klärte, dann erschien sie Plötzlich völlig umgcwandelt. Noch hochrot vom Lerneifer, war sie doch wie toll, wie berauscht von der Freiheit: sie konnte immer und immer wieder mit hochgehobenen Armen, wie ohne Zweck und Ziel, über den Rasenplatz jagen, ungebändigt, in wilder Grazie, wie das junge Roß der Steppe. Dann glitt sie blitzschnell am Stamme eines Nußbaumes empor, tauchte den Kopf, umwogt von auf gelösten Haarmassen, jauchzend aus der höchsten Spitze des Wipfels und lag dann Plötznch wieder drunten am Mühlbache; die gefalteten Hände unter den Kopf gelegt und in das grüne Düster der droben leise auf und ab wehenden gefiederten Nußblätter schauend, träumte sie, träumte jene Hellen, trü gerischen Gebilde von Welt und Zukunft, die sich wohl hinter jeder lebhaft denkenden Kinderstirne aus gehörten goldenen Märchen und der eigenen Einbildungskraft zusammenweben. . . . Drunten rauschte das Wasser eintönig vorüber; die Son nenstrahlen taumelten auf den Wellen und drangen gedämpft durch die dunklen Haselbüsche wie halbverschleierte, geheim nisvolle Glutaugen; Bienen und Hummeln summten vorüber, und die Schmetterlinge, die, im Vordergarten gelangweilt, die sorgfältig gepflegten exotischen Gewächse umflattert hatten, fanden hier das gelobte Land und hingen sich furchtlos an die Blumenkelche dicht neben der Wange des kleinene Mäd- ckens .... mit österreichischen Landweyrmännern das Lied rm unter stand anstimmten. Und wieder bei anderer Gelegenheit: zur Feier der Mette am Feldaltar sang das OffizierkorpS eines Landesschützenbataillons das schöne Weihnachtslied. Ja, in Tirol, in den Dolomiten, wo der Sternenhimmel der erhabenste Dom war und die Felsen als die herrlichsten Säulen erschienen, klang das traute Lied aus den Deckungen heraus, selbst so nahe an der Front, daß der Feind den Gesang wabrnehmen konnte. In Polen wurde das Lied sogar in einem verlassenen Hause von den Kindern polnisch gesungen, die Soldaten sangen es deutsch mit. Das Lied begleitete die Verwundeten in den Spitalzügen. Im mobilen Feldlazarett eines russischen Dorfes erfreute eS in gleicher Weise verwundete Österreicher, Reichsdeutsche und — Russen. Vor Verdun sangen es bayerische Landwehrmänner, es ertönte im deutschen Hauptquartier und beim deutschen Reichskanzler. Vier Kriegsweihnachten hat dieses Lied nun schon seine Beruhigung, seinen Segen gespendet, seinen Frieden gegossen in Millionen Herzen, die nicht daran schuld sind, daß der Friede auf Erden nicht zur Tatsache werden konnte. Möge darum ein stilles Gedenken auch den beiden bescheidenen Männern geweiht sein, die vor hundert Jahren der Welt eine solche Gabe bescherten, ohne Lie Absicht, etwas Großes zu tun, und ohne Kenntnis deS MMen Wertes ihrer Leistung. Weihnachten in aller Welt. Legenden und Gebräuche. Die Wunder der Märchennacht, in der Christus gehöre, wurde, wiederholen sich bei jedem Weihnachtsfeste. So glaubt, inan schon vor tausend Jahren. Die Engel in der Höhe singe» wieder, die Bäume im Walde grünen und blühen. Die Mutter gottes rettet mit dem Christkinde auf dem traditionellen Eselei» durch die Lande. Vielfach stellt man noch beute Kirschbaum zweige in Wasserkübel, und wenn sie ru Weihnachten er blühen, so gilt das als glückverheißendes Zeichen. Manckma wird auch im Hofe ein Tisch mit einem kleinen Imbiß sowü etwas Wäsche bereitgestellt, damit die Jungfrau Maria, wem sie in der Nacht dorthin kommt, sich laben und das Kindleir versorgen kann. Wo Kirschbaumzweige und Zweige vo, anderen Laubbäumen schwer zu beschaffen waren, in großer Städten, sind die dauerhafteren Nadelbäume an deren Stell, getreten, und da» ist vielleicht der Ursprung deS Weihnachts- baumes. Aut der südlichen Halbkugel siebt eS um Weihnacht« anders aus als bei uns, es ist Sommer. Man trinkt ein, kühle Bowle, während bei uns ein Heiber Grog oder Glüh wein gern gesehen wird. Bei den Deutschen in Chile wir! da» Fest ganz wie in der Heimat begangen. Die Weihnackts» bäume sind teuer, da sie eigens von den Anden heruntergehov werden müssen, ein mittleres Bäumchen kommt auf 20 Mark Geschenke werden ausgetauscht, wte bei unS. In den Kreise» Ler Einheimischen hat da» Weihnachtsfest noch keinen Eia sang gefunden. Man besucht Lott in Ler Christnacht etw kirchliche Meffe, die um Mitternacht beginnt und Li» zu» LageSgrsueu währt. Hänschens Tiere. WeihnachtSgejchtchte von K. MikSzath. (Nachdruck verboten.) Zweimal tm Jahre verläßt mich mem treuer Begtetter ruf meinem Lebenswege: der Humor. Zweimal tm Jahre schüttele ich von dem Bäumchen, das im Grunde meines Herzens wurzelt, nur gallbittere Früchte. Einmal im Sommer, wenn wir in die grünen Wälder hinausflüchten, und einmal im Winter, wenn der Wald zu uns kommt; denn wenn ich mit meine: Familie in die Sommerfrische ziehe, da fehlt mir ein teures Haupt, und wenn eine der jungen Fickten am heiligen Abend zu uns in die Stube kommt, wenn meine Kinder sie jubelnd begrüben, da fehlt .Er" mir wieder. Wir sagen alle nur »Er"; meine Söhne antworten auf die Frage, welchem von ihnen diefes oder jene- Spielzeug gehört, nur leise und zögernd: .Ihm", denn wenn sie ihres Bruders Namen nennen, wird mein Herz zu einem Mühlstein, werden meine Augen zu un erschöpflichen Brunnen. — Noch haben wir eine Kaffee tasse, auf der der Name „Hans" geschrieben steht; daS war „seine" Frühstückstasse, deren Inhalt er täglich mit der Katze teilte, und nun, da ich aus dieser Tasse meinen Morgenkaffee trinke, blickt die Katze mich immer fraqend an: Wo ist denn mein guter Spielkamerad? Es zogen wohl auch phantastisch geformte, weiße, leuch tende Wölkchen droben über den Baumwipfel — dann stand Plötzlich eine rätselhafte Vergangenheit vor den Augen des tief sinnenden Kindes. Weiß und leuchtend war ja auch das Gewand der Mutter gewesen; das Kerzenlicht hatte sich förm lich in dem milchweißdn Glanze des Stoffes gespiegelt, der lang und mit Blumen bestreut über das vermeintliche schmale Bett hcrabgeflossen war. Felicitas wunderte sich noch immer, daß die Mutter Blumen in den Händen gehabt und ihr keine einzige geschenkt hatte; sie grübelte und sann, weshalb man ihr damals nicht erlauben wollte, die Mama wach zu küssen, was doch sonst jeden Morgen unter gegenseitiger Schelmerei,' zum großen Jubel des Kindes, hatte geschehen dürfen — sie wußte nicht, daß das bezaubernde Mutterantlitz, das sich stets in leidenschaftlicher Zärtlichkeit über sie herabgeneigt, längst unter der Erde moderte. Hellwig hatte nie gewagt, ihr die Wahrheit zu sagen; denn wenn sie auch nach einem Zeit räume von fünf Jahren nicht mehr so bitterlich weinend und mit stürmischer Heftigkeit nach den Eltern verlangte, so sprach sie doch stets mit rührender Zärtlichkeit von ihnen und hielt ihres Pflegevaters doppelsinniges Versprechen, daß sie die Ihrigen dereinst Wiedersehen werde, mit unzerstörbarer - Ueberzeugung fest. Ebensowenig kannte sie den Beruf ihres Vaters; er selbst hatte es so gewünscht, und deshalb sah Hell wig streng darauf, daß niemand im Hause mit der Kleinen von der Vergangenheit spreche. Es fiel ihm nicht ein, daß der wohltätige Schleier, den er vor ihren Augen festhielt, vor der Zeit seiner Hand entfallen könne — er dachte nicht an seinen eigenen Tod; und doch schritt dies furchtbare Gespenst längst unhörbar, aber sicher neben ihm. Er war unheilbar brustleidend, allein, wie alle derartigen Kranken, hatte er die unerkchütterlichsten Lebenshosfnungen. Er mußte bereits aus dem Rollstuhle in seinen geliebten Garten gefahren werden — das nannte er vorübergehende Schwäche, die ihn durchaus nicht hinderte, großartige Bau- und Reisepläne zu entwerfen. Eines Nachmittags trat Doktor Böhm in Hellwigs Zim mer. Der Kranke saß an seinem Schreibtische und schrieb emsig; verschiedene Kissen, die man hinter seinem Rücken und zu beiden Seiten in den Lehnstuhl gesteckt hatte, hielten die abgezehrte gebrochene Gestalt aufrecht. „Heda!" rief der Doktor, indem er mit dem Stocke drohte. „Was sind denn das für Extravaganzen? . . . Wer, in Hen kers Namen, hat dir denn das Schreiben erlaubt? Willst du wohl aleick die Feder binleaen!" .
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