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Wilsdruffer Tageblatt : 20.11.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-191811209
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19181120
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19181120
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-11
- Tag 1918-11-20
-
Monat
1918-11
-
Jahr
1918
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 20.11.1918
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An das sächsische Volk! ilmgruppiemng. Nicht nur Kaiser und Reich find durch die NmÄRzung dieser Tage aus daS tiefste betroffen worden. Auch andere Herrscher, von denen das deutsche Volk sich mehr oder weniger willig hatte führen kaffen, find von der Revolution überrascht und — entthront worden: die politischen Parteien. Unter der Losung unverbrüchlicher Einigkeit Hatten sie sich am 4. August 1914 zusammengetan, um die gemeinsamen Gefahren gemeinsam zu überwinden. Viel zu früh hielt man dann die Sicherheit 'des Vaterlandes für unbedingt gewährleistet und verfiel in den Streit um Lie Kriegsziele, über den heute, beim Anblick unserer gegen wärtigen militärischen Lage, wirklich kein Wort mehr zu ver lieren ist. Damals kam eS zur ersten Absonderung. Die Friedensresolution des Reichstags " führte zu einem Trennungsstrich zwischen Konservativen und National liberalen auf der einen, und Zentrum, Fortschrittlern und Sozialdemokraten auf der andern Seite. Es bildete sich der interfraktionelle Ausschuß, der den Gang der Dinge mehr und mehr bestimmte und die nicht von ihm erfaßten Parteien um jeden mitwirlenden Einfluß brachte. Das war im Sommer 1917. Ein Jahr später schwenkten auch Lie Nationalliberalen zur Mehrheit über, immer in der Hoffnung, dadurch den Reichswagen, wenn auch unter schweren Opfern, auf seinem alten Geleise festhalten zu können. Aber die Entwicklung stürmte über parlamen tarische Manöver dieser Art erbarmungslos hinweg. Am S. November stieg die Sozialdemokratie auf den Thron, nur sie, uud die bürgerlichen Parteien, von der Demokratie bis zu den Konservativen, hatten alle daS Nachsehen. Was soll nun werden? Die ersten, die erwachten, waren die Fortschrittler. Schon nach zwei oder drei Tagen traten sie mit einem Aufruf an ihre Anhänger in Stadt und Land hervor, der, ganz in alter Art und Weise, .flammenden Protest" gegen die Einseitigkeit der neuen Parteiherrschaft erhob, scharfe Kritik übte an den Maßnahmen der neuen Regierung, im übrigen aber Miene machte, mit den überlieferten Schlag worten weiterzuarbeiten. Bald folgten auch die Natio nalliberalen mit einer ähnlich gehaltenen Kundgebung, und schon mußte man glauben, daß die Parteien sich wirklich einbildeten, sie könnten ihren Faden nach der Revolution ruhig da wieder weiterspinnen,' wo sie ihn vorher gerade festgehalten hatten. Eine Selbsttäu schung! Aber vor dem Ernst der Tatsachen konnte sie nicht lange standhalten. Mit überwältigender Schnelligkeit brach sich in allen politischen Kreisen die Erkenntnis Bahn, daß es jetzt gar nichts helfen würde, neuen Wein in alte Schläuche zu gießen. An Haupt und Gliedern muß unser Parteiwefen erneuert werden, wenn es den Aufgaben der neuen Zeit, des Volksstaates, gerecht werden will. Und so hörte man denn plötzlich von Einigungsverhandlungen zwischen Fortschrittlern und Nationalliberalen. Diese beiden aus der gleichen Wurzel stammenden Parteien hatten sich bisher zu wiederholten . Malen den Luxus von Spaltungen geleistet und keiner Führung wollte es gelingen» das liberale Bürgertum wieder zusammenzuschließen. Nun aber ging es mit einem Male. In wenigen Tagen haben sich die beiden Parteileitungen über Lie Sache geeinigt. Ja noch mehr: der demokratische Flügel der Linken hatte nicht gewaltet, bis die alten Führer die Sprache wiedergefunden hatten. Er war mit einem selbständigen Aufruf oorangegangen, der mit zielbewußter Entschlossenheit den Übergang zum republikanischen Volksstaat vollzog, auch den sozialen Erfordernissen der neuen Zeit weitgeheude Zugeständnisse machte und nur an den Grundlagen unserer privaten Wirtschaftsordnung festhielt. Der Erfolg ist nicht ausgeblieien: die Fort schrittler suchen Fühlung mit dieser neuen Partei zu ge winnen und sie zum Anschluß an die in der Verschmelzung begriffenen beiden liberalen Parteien heranzuziehen. Ähnlich ist die Bewegung auf der rechten Seite des Parteilebens. Schon haben die beiden konservativen Parteien sich zu einer einzigen Partei zusammengeschloffen. Hier wird es aber noch mehr als bei den Liberalen auf das neue Programm ankommen, über das man sich so rasch wie nur möglich verständigen will. Niemand wird von bisherigen überzeugten Monarchisten erwarten, daß sie sich über Nacht in Bekenner republikanischer Gesinnungen ver wandeln. Aber soviel Selbstüberwindung erfordert die neue Lage unseres Vaterlandes allerdings von ihnen, daß sie die unabänderlich gegebenen Tatsachen als solche an erkennen und von deren Boden aus alle Kräfte anspannen, «m mitzuarbeiten an der Neugestaltung unseres staatlichen und gesellschaftlichen Lebens. Auch in den konservativen Kreisen gewinnt die Anschauung an Loden, daß man sich, nicht grollend und schmollend zurückziehen dürfe, sonder«: nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht habe, für! das gemeinsame Wohl und den Wiederaufbau seine' Schuldigkeit zu tun. Bleibt das Zentrum. Auch seine Parteiführer haben! sich bereits mehrfach vernehmen lassen, sogar in einem direkten Aufruf an ihrs Anhänger unter den Arbeitern, Bauern und Soldaten. Mit der beherrschenden Stellung dieser Mittelpartei ist es wohl vorbei. Sie hatte am meisten zu verlieren. Ob sie aus dem allgemeinen Zu sammenbruch des alten Parteiwesens viel zu retten ver-' wag? Man muß nicht vergessen, daß starke demokratische Tendenzen von jeher im Zentrum lebten, namentlich in seinem aus den rheinischen und süddeutschen Gebieten rekrutierten sogenannten linken Flügel. Und die Staats lehre der katholischen Kirche schließt die Abfindung mit republikanischen Staatsformen nicht aus. Der Abbau des Krieges. Weitere Waffenstillstandsmilderungen und Friebens- auSfichte«. über die Milderungen der ursprünglichen Waffen stillstandsbedingungen der Verbündeten veröffentlichte Dr. Maximilian Pfeiffer, M. d. R., eine längere Ab handlung, aus der man erfährt, daß Marschall Foch an fänglich jede Verhandlung ablehnte, schließlich aber doch seine Zustimmung zu Verhandlungen in nichtoffizieller Form gab. Die deutsche Kommission war gänzlich auf eigene Verantwortung gestellt, da die Verbindung mit der Heimat nur durch Funkfpruch möglich war. Die Mehrzahl der erreichten Milderungen ist schon bekannt. Bemerkenswert ist noch, daß Elsaß-Lothringen nicht als von Deutschland besetztes Land bezeichnet wurde. Das hätte, nachdem die deutsche Regierung Wilsons Friedensbedingungen angenommen hatte, widerspruchslose Abtretung von Elsaß-Lothringen bedeutet. Weiter erreichte die deutsche Kommission die Zusage des Marschalls Foch, daß die Nichteinhaltung der Räumungsfristen kein Grund zur Kündigung des Waffenstillstandes sei. Sehr bedeutsam ist, daß Verwaltung, Gesetzgebung und Rechtsprechung in dem linksrheinischen Gebiet unverändert, also deutsch bleiben, wie oben mitgeteilt wurde. Ferner dürfen die Industrieanlagen nicht entwertet, im Personal verringert oder sonstwie lahmgelegt werden, und das gilt insbesondere auch für die deutschen Werke in Elsaß-Lothringen. Die Entente schlug glatte Kapitulation der deutschen Truppen in Ostafrika vor. Die deutsche Abordnung hat diese Be dingungen abgewendet und erhielt ehrenvollen Abzug der Streitkräfte zugesicherb Auch die Lebensmittel-Zugeständ nisse der Entente sind den Vorstellungen der deutschen Kommission zuzuschreiben. Schließlich erreichte die Dele gation, daß zur Regelung aller Einzelheiten eine ständige internationale Waffenstillstands-Kommission eingesetzt werde. Diese Kommission wird unter oberster Leitung des Ober- kommandierenden der Alliierten zu Wasser und zu Laude ihre Tätigkeit auLüben. Die Ariedenskpnfereuz soll, nach einigen Stimmen bereits Ende dieses Monats, nach einer Meldung aus Newyork erst im Jammr ihren Anfang nehmen, die DorfriedenSverhandlungen dagegen bereits in allernächster Zeit beginnen. Man wolle, heißt es, die Festigung der Verhältnisse in Deutschland ab warten, also die Wahlen zur Nationalversammlung. Mit einem Deutschland unter irgendeiner Diktatur könnten die Alliierten nicht verhandeln. Der Grundsatz werde auf recht erhalten „der Gewalt keinen Frieden und kein Brot". Geordnete Heimkehr ««serer Krieg«:. Der ASN Aachen teilt mit: Die Rückkehr der Armee vollzieht sich bisher in vollster Ruhe und Ordnung. Zu Ehren der heimkehrenden Krieger prange« die rheinischen Städte in reichem Waggerrschmnck. Die Krieger rücken in immer stärkeren Kolonnen Hera«. An den Zufahrtsstraßen werden städtischerseits V-rpflegungs- stationen errichtet. Bisher vollzog sich der Marsch durch die rheinischen Grenzstädte in vollste« Ordnung und Nuhe. Die Stimmung der Truppen ist gefaßt und zuversichtlich. General v. Marwitz'ist au der Spitze der ö. Armee i« Trier eingetrvffen. Der General macht bekannt, daß hinter ihm hunderttausende von Kriegern folgen, die bisher tapfer dem Feinde die Stirn geboten hätten. Er verlangt genaue Befolgung seiner Befehle, die auf das Wohl deS Vaterlandes und der Soldaten gerichtet seien. Die Stadt ist befioaot. / Annkspruch du: rheinischen Pvoff« um Beistand. Der Verein rheinischer Zeitungsverleger erläßt em«» Funksprnch an alle Zeitungen in den Ländern der Alliiertexs und in den neutralen Ländern. ES heißt darin: ' .Die Vertreter der Presse in Köln «nd im Rheinlands »eisen die Zeitungen der ganzen Welt auf die unerträglich»,' Notlage der Rheinlands hin, in die ff« die harten Waffe«-: stillstandsbedingungen versetzen. Die Herausgabe eines große»? Teils des Eisenbahnmaterials verurteilt «nS durch die Er-j schwerung der Verbindung mit idem Osten zur Hungersnot.. Es ist unS außerdem unmöglich, große Besatzungen zu ocr- pflege«. Wir bitten im Namen der Menschlichkeit die P.ake der ganzen Welt, für die bedrohte» Rheinland« einzutrxrp. Der freiheitliche Sinn in den alten Kulturländern am ist in der ganzen Welt bekannt. Schützt unS darum durch die Macht eures Einflusses nor Gewalttat und N»- menschlichkeit.' Militärischer Grenzschutz «ach Oste« ««terwegS. Nach dem polnischen Beispiel scheinen jetzt auch dr«, Mauer Appetit auf deutsche Gebiete zu bekommen. I» Tilsiter litauische« Blättern veröffentlicht eine sogenannt« „preußisch-litauische Volkskommission" einen Aufruf, wori» zum Anschluß an Großlitaueu aufgefordert wird. Labiau. Wehlau, Insterburg, Darkehmen, Goldap werden als litauisches Gebiet in Anspruch genommen. Wie man t» Berlin a»S maßgebender Quelle erfährt, find geschlossene Formation«, unser»« Truppen »ach do« Osten unterwegs. Für Stadt «nd Landkreis Tilsit habe« 14 Radikals Litauens bereits einen litauischen LcmdeSrat gegründet Lin Landesrat für ganz Litauen soll demnächst mS Lebe» tgerufeu werden. U Die deutsche« Truppe« tu Pole». Der Oberste Befehlshaber über die polnischen Streit kräfte in Polen, Pilsudski, erläßt einen Aufruf an das polnische Volk, sich würdig gegenüber der neuen deutsche» Regierung zu verhalten und den deutschen. Okkupations mächten keine Schwierigkeiten zu bereiten. Der Haß und frühere Zorn sollen verschwinden. Die Polen solle» kaltes Blut und Ruhe bewahren und den zurückflutende» Soldaten behilflich sein, sie aber keinesfalls entwaffne» oder ihnen Unannehmlichkeiten bereiten. Das Banditentum des „Matin". Das üble Pariser Boulevardblatt „Matin" hatte b» hauptet, Deutschland müsse Frankreich 340 Milliarden En^ schädigung zahlen und dazu folgende Rechnung ausgemachte Rückzahlung der 5 Milliarden Kriegskosten von 1870/71, mit Zins und Zinseszinsen 140 Milliarden, für Invalider»' Pensionen 60 Milliarden, für Kriegskosten 60 Milliarde^ zum Wiederaufbau und als Schadenersatz 100 Milliarde» Zu dieser Behauptung bemerkt der „Populaire', dieses Organ habe mit der Kampagne begonnen, das deutsch» Volk völlig zu ruinieren. Man müsse sich fragen, ob ma» sich über diesen chauointttiichen BandilismuS entrüste» oder über Liese monumentale Dummheit die Achsel» zucken solle. Mit der Feststellung der Entschädigungsansprüche Privater an Belgien werden die belgischen Gerichte be auftragt werden. Sie werden di« angemeldeten Sach-- und Geschäftsschäden prüfen und summieren. Körperlich« Schäden werden vorläufig nur festgestellt. Geldentschädi- gungen dafür werden erst später berechnet werden. Nach dem Waffenstillstandsvertrag hat auch Deutschland das Recht, seine Kriegsschulden anzumelde« und ü, Gegen- rechnuug zu stellen. Verschiedene Meld«nae«. Wörlitz, 18. Nov. Bei dem hier internierten 4. griechi schen Armeekorps hat sich ein ASR gebildet. Auf Anfrage des Kommandanten hat die deutsch« Regierung den baldig»« HeimtranSport der Griechen »ugelagt. Metz, 13. Nov. Im Laufe de» gestrige« Nachmittag» find die ersten Vortrupps der Alliierten, Franzosen. Eng länder und Amerikaner, tu Autot sowie i« Keine«» Ab teilungen hier einoetroffe» Amsterdam, 18. Nov Die veMsche Streitmacht an ter General v»« Lettow-Vorbeck hat sich am Morgc« deS November am S«mbeM»<ß südlich von Easema (Nvrd- Nhsdefia) ergeben. ES wirb de« Truppe« nach den g» milderten WaffeuftillstandSverhältuiffe» freier «rtzoluog zugestaude». Amsterdam, 18. Nov. Die Verhandlungen deS deutsche« Admirals Meurer mit dem englischen Admiral Bentt« üb« dir WaffenstillstandSbedtngungen zur See an Bors des Kriegsschiffes .Queen' wuroen gestern abend beendet- Amsterdam, 1S. Nov. Nach Meldungen auS London «» «artet man, daß alle deutschen Eeestrettkräfte, aus schließlich der U-Boote, vor Ablaus der Woche auSgeliesot werden sollen. Liselottes Heirat. Roman von H. CourthS-Mahler. 18) ' . - Liselotte stand mit ihrem unschuldigen reinen Kindrr- ölick mitten in all diesem Treiben und merkte nichts davon. Der beste Schutz der Unschuld ist die Unwissen heit in solche« Fällen. Wolf aber war eS furchtbar, Lise lotte nicht von Sibylle lösen zu können, wenigstens jetzt «och nicht. Er nahm sich aber fest vor, wen« sie erst ganz sein eigen sei, wenn er erst offen mit ihr über die Nacktfeiten des Lebens sprechen könnte, ihr alles zu er zählen und sie dann zu bitten, Sibylle zu meiden und auch ihm das Zusammentreffen mit ihr zu ersparen. Er würde dann schon die rechten Worte finden, sei« junges Weib über das aufzuklären, waS er mit der Braut nicht besprechen konnte. Eines Morgens ritt er allein durch den Forst. Lise lotte begleitete ihn jetzt seltener, weil sie mit den Vor bereitungen zu ihrer Hochzeit zu tun hatte. In der vergangenen Nacht hatte es Sturm gegeben, Wolf wollte Nachsehen, was er für Schaden angerichtet hatte. Ehe er fortritt, hatte er Leute beauftragt, ihm zu folgen, um etwaige Schäden auszubessern. Es sah schon sehr herbstlich aus im Walde. Das Laub lag in dichten Haufen auf dem Waldboden. Der Sturm hatte Unmengen von Zweigen und Ästen herab geworfen, und an einigen Stellen sah es arg auS. Junge Bäume waren mitten im Stamm geborsten, einige sogar mit den Wurzeln auS dem Erdreich gerissen. Sie lagen quer über den Wegen. An einer besonders schlimmen Stelle hielt Wolf sein Pferd an, stieg ab und schlang Len Zügel um den nächsten Baumstamm. Er wollte an einem Abhang hinauftlettern, um einige Schade» i« der Nähe zu betrachten. Da stand plötzlich Sibylle vor ihm. Sie trug ein araueS. sußfreies Tuchkostüm «nd einen kleinen englische« Filzhut. Ihre hohe stolze Erscheinung sah auffallend jung aus in der flotten, kleidsamen Toilette. DaS Gesicht war sanft gerötet von der frischen Luft, und ihre Augen sahen voll sinnbetörender Innigkeit zu ihm hinüber. Sie sah sehr schön auS. „Wolf, endlich treffe ich dich einmal allein. Gib mir doch wenigstens die Hand zum Gruß/ Er sah finster in ihr Gesicht. „Wozu? Sie sollten doch endlich einsehen, daß wir unS nichts mehr zu sagen haben. Geben Sie es doch auf, Ihre Liebenswürdigkeit an mich zu verschwenden. Ich vermag sie nicht zu würdigen. Wenn Sie doch begreife« wollten, daß eS bester ist, wir weichen einander aus.' „Das werde ich nie einsehen, Wolf. Es ist entsetzlich, wie kalt du dich stellst Wolf' — sie trat dicht an ihn heran —, „sag, hast du ganz vergessen, wie schön es war im Deelenkamper Wald, als die Nachtigallen sangen? Weißt du nicht mehr, wie glücklich wir waren?' Er trat von ihr zurück. „Es wäre besser, Sie er innerten mich nicht an jene Zeit. Herrgott im Himmel, nehmen Sie doch Vernunft an, eS muß Ihnen doch ein leuchten, daß ich Ihnen nichts mehr sein kann. Bitte, gehen Sie weiter, meine Leute folgen mir auf dem Fuße und können jeden Augenblick hier sein.' Tränen traten in ihre Augen. Sie sah ihm voll heißen Flehens in das zornige Gesicht. ..Bist du hart und graysam! Ahnst du nicht, wie weh du mir tust? Wenn du wüßtest, wie elend ich bin, du würdest Erbarmen haben und mich nicht noch härier strafen.' Etwas wie Mitleid kam über ihn. Frauentränen sind meist den Männern unerträglich. Sie sah, wie es in seinem Gesichte zuckte, wie er unsicher wurde. Da tönten Männerstimmen durch den Wald. Wolf richtete sich straff auf. „Meine Leute kommen, gnädige Frau, eilen Sie, daß Sie nicht gesehen werden.' Sie stampfte zornig mit dem Fuße auf. Schon hatte sie geglaubt, dem Siege nahe zu sein, nun war «S wieder vorbei mit sein«« weiche» Stimmung, „Wir sehen uns wieder', rief sie ihm zu und ve» schwand dann zwischen den Bäumen. Er atmete befreit auf und ging den Leuten entgegen. Als er ihnen die nötigen Befehle gegeben hatte, bestieg er sein Pferd. Black Prince war ein etwas nervöses Tier. Es fühlte, daß sein Herr in gereizter Stimmung war. DaS läßt sich ein edleS Vollblut nicht bieten. ES folgte durch allerlei Ouersprünge dafür, daß Wolf iHv, feine ungeteilte Aufmerksamkeit wieder zuwandte. Als es das erreicht hatte, bequemte eS sich wieder zum schlanke» Trabe und trug seinen Herrn eilig nach Hause, als wen» eS wüßte, daß zwei braune Mädcheuaugen sehnsüchtig nach ihm Ausschau hielten. In d« Schönburger SLloßkirche wurde Elisabeth Charlotte, Reicksfreim von Schönburg-Buchenau, Woks Gernrodes Gattin. Mit landesherrlicher Genehmigung führte dieser von Stund an den Name« Wolf Gernrode Freiherr von Schönburg-Buchenau. Eine glänzende Gesellschaft war in der stimmungs vollen alten Kirche versammelt. Selbst der Landesherr hatte einen Vertreter geschickt, der an seiner Stelle der Feier beiwohnen und dem jungen Paare nachher sein« Glückwünsche übermitteln sollte. Von den nächsten Nach barn fehlte natürlich keiner. Liselotte war eine holde, fugendfrische Braut. Mit feiner Anmm schritt sie am Arme ihres stattlichen glück strahlenden Gatten auS der Kirche nach dem Schloß zurüA GtwaS blaß vor Erregung, aber ruhig und freundlich nahm sw cm Wolfs Seite üie Glückwünsche entaeaen. Die Gäste standen in Gruppen um daS Paar herum und tauschten Bemerkungen auL. Einige Offiziere sahen mit Neid auf Wolf. .Fabelhaftes Mück, Lieser Krautjunker, kolossaler Reichtum vorhanden. Scheußlich, daß nicht in- Regiment gekommen. Fataler Zufall', schnarrte ein blutjunges Ltrrchur. Wolf Lurch LaS Monoci« betrachtend.
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