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MsdmfferTageblatt Amts- !TLI Llatt für die Königliche Amtshauptmannschast Meißen, für das Königliche Amtsgericht und den Gtadtrat zu Wilsdruff sowie für das Königliche Foillrentamt zu Tharandt Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6. Postscheck.Konto: Leipzig Nr. 28614. Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend. Erscheint seit dem Jahre 4844. Insertion-prels Pfg. für Vie «.gespaltene Koepuszelle oder deren Raum, Loialpreis Pfg., Reklamen pfg., alles mli o"/« Teuerungszuschlag. Zeiiräub und tabellarischer Sah mit sv"r Aufschlag. Bei Wiederholung und Jahresumsätzen entsprechender Nachlaß. 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Was will das werden? (Am Wochenlchluh.) Unserer eigenen Sorgen ungeachtet — der Taumel der Revolution, der die Völker Osterreich-Ungarns ersaßt hat, drängt für den Augenblick alle anderen Ereignisse, alle bangen Fragen nach den nächsten Schicksalsschlägen, die das deutsche Reichshaus treffen könnten, in den Hinter grund. Vor acht Tagen noch sahen wir das stolze Kaiser schiff der Habsburger mit den Wellen kämpfen; heute ist es fast bis zur Mastspitze schon in dem wilden Aufruhr der Elemente versunken. Wrackstücke haben sich abgelöst und suchen, von wagemutigen Menschen geleitet, einen rettenden Hafen zu finden, an Sandbänken und Klippen vorbei, die auch tollkühnen Seefahrern das Gruseln beibringen könnten. Aber es gibt keine Wahl. Alles rennet, rettet, flüchtet — und für die k. u. k. Armee und Flotte ist der Krieg zu Ende, die Niederlage besiegelt. Der Aufteilung des Staates unter seine Völker folgt die Auflösung seiner bewaffneten Schutzmacht zu Wasser und zu Lande, und die wilde Besinnungslosigkeit, die dieie Katastrophe herbeigeführt hat. wird nur noch über troffen durch den Mangel an Würde und Selbstachtung, mit dem der Träger der Krone sich selbst und sein Haus im allerletzten Augenblick aus dem Strudel zu retten suchte. Übertroffen vielleicht auch noch durch die Schamlosigkeit des Grafen Audrassy, der, indem er zu Wilson und zu Lansing um Frieden betteln ging, sich formell und feie, lich vom Bündnis mit Deutschland lossagte, demselben Bündnis, dessen Abschluß den Namen seines Vaters in die Annalen der Weltgeschichte^ gebracht hat. Das erst gab vollends das Signal zum Sturm. Ein Schrei — des Jubels hier, der Empörung da — ging durch das zusammenbrechende Reich, und mit den Flüchen aller seiner Untertanen schandvoll belastet, verschwand es in den aufgeregten Fluten des Völkerkampfes. Aber nun freilich: was wird, und was soll werden? Am besten und am längsten vorbereitet auf diese Wendung der Dinge waren die Tschechen. Sie hatten ihren National staat schon im Frieden angestrebt, hatten ihn fleißig vor bereitet und brauchten sozusagen nur das Firmenschild zu ändern, um den Betrieb in aller Ruhe fortsetzen zu können. So hat sich denn auch der Umsturz in Prag in voller Ruhe und Ordnung vollzogen, und machte es auch einen eigentümlichen Eindruck, daß der deutsche Generalkonsul in der Landeshauptstadt die neuen Machthaber Namens seiner Regierung zu der glatten Ge burt des Tschechenstaates sofort beglückwünschte, die Kosten der Umwälzung hatten, zunächst wenigstens, doch nur die k. u. k. Würdenträger des alten Regimes zu tragen, und mit denen bat wohl kein Diensch auf der Welt auch nur eine Spur von Mitleid. Judess n das Schicksal unserer Stammesgenossen in Böhmen wird sich jetzt endgültig zu entscheiden haben — und «anit ruch eine der Zukunftsfragen des Reiches. Dann aber: die Lhyechen sind unsere Feinde, wie sie die Feinde der Donaumonarchie waren, weil und solange diese gegen me ^.ulenlr un Felde stand. Sie lassen es uns auch unmittelbar spüren: der Grenzverkehr wird gesperrt, und andere feindliche Maßnahmen dürften wigeu. Hier muß also auch von unserer Seite eine- Neuorientierung eintreten, solange das Sa,weiten des Herrn Wilwu die Entscheidung über Krieg und Frieden noch in der Schwebe läßt. Dann Ungarn. Hier ist die Revolution mit der Ermordung des Grafen Tisza auf den Plan getr ten. Gegen den von der Krone bestimmten Minnterprähdenten hat Graf Karolyi, noch vor wenigen Wochen der Führer einer hoffnungslos erscheinenden Miuderheitspartei, die Fahne der b mporung erhoben, und wenn nicht alles täuscht, ist er der Mann, der über Trummer und Leichen hinweg auf sein Ziel losstürmt. Das vollendet auch im Süd osten des Reiches den Übergang zur Weltkoaution unserer Feinde. Vom Süden erst gar nicht zu reden, wo natürlich in Zukunft nur französisch-italienischki Ein fluß zu spüren sein wird. Bleibt der deutsche Kirn des SteirerlandeS der Habsburger. Auch er- hat — das einzige, was ihm zu tun üvrigblieb — sich auf eigene Füße gestellt. Damit haben die k. u. k. Behörden über all ausgespielt, selbst in Wien — aber der Rest darf nicht Schweigen sein. Im Gegenteil: gar nicht laut und ver nehmlich, aber auch gar nicht einheitlich und ge schlossen genug können die Deutschen nun ihre Stimme erheben, um in der Neuordnung aller staat lichen und gesellschaftlichen, aller wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse des Reiches nicht zu kurz zu kommen. Ob sie es leichter haben werden als bisher, in der erzwungenen Gemeinschaü mit haßerfüllten Volts stämmen, ob schwerer, wer kann es wissen? Sie schauen nach Deutschland und erwarten Hilfe van uns. Aber werden wir in der Lage sein, noch an etwas anderes zu denken als cm die Rettung unseres Landes, unseres nackten Lebens? Kein Zweifel, auch wir werden von dem Strom der Ereignisse fortgerissen, und niemand vermag heute schon mit Sicherheit zu sagen, wohin die Sturmflut uns tragen wird. Ludendorff ist über Boro gegangen, die Kaiserfrage schwebt auf allen Lippen. Bangen Herzens fehen wir der Mitteilung der Waffen stillstandsbedingungen entgegen. Lausen sie auf Wehrios- 'und damit auf Ehrlosmachung unseres Volkes hinaus, was dann? Wird — kann dann der Ruf zur nationalen Verteidigung noch ergehen, auf den wir noch vor kurzem unsere letzten Hoffnungen zu setzen ge ¬ dachten? Wahrlich, zum Jubel über Volkssiege, sei es in Österreich, oder Ungarn, sei es hier oder anderswo ist gar kein Grund vorhanden. Wohin wir auch blicken: Zerstörung und Untergang! Und ehe aus diesen Ruinen neues Leben erblühen kann, werden manche von den Staatsgebilden, die heute ihr Haupt volleL Zuversicht emvorrecken, wieder zu Staub zerfallen sein. „Europa ein Trümmerfeld" — diese Prophezeiung Hinden burgs sehen wir heute mit Sicheryeit m ^rluuu»g ge»-ett. Mes weitere — wissen die Götter. Kimmen wir weiterlamNen? Von unserem militärischen Mitarbeiter. Um. Die zahlreichen Äußerungen, die vor allen Dingen aus dem feindlichen Ausland stammen und leider in der Heimat hier und da ausgenommen worden sind, lassen erken nen, daß unser jetziges Abwehrverfahren noch nicht volles Ver trauen gefunden hat und daß man stellenweise unsere jetzige Fechtweise als Zeichen beginnender Schwäche, des Sinkens der Moral der Truppen auslegt. Dies ist keineswegs der Fall. Als durch die Änderung der Angriffstaktik des Gegners im Sommer 1917 eine Umwälzung im Verteidigungsverfahren notwendig wurde, zog unsere Heeresleitung in großzügiger Weise ohne Schwanken und Zeitverlust die Konsequenzen der Lage und warf rücksichtslos alle die Grundsäste, die für. den Enderfolg nicht mehr von Bedeutung waren, über Bord. Für diesen Enderfolg — Verhinderung des Durchbruchs und damit Verhinderung der von der Entente gesuchten Entscheidung — ist es nicht notwendig, daß bei Abschluß des Kampfes das Kampfgelände wiederan Hand der Truppen sein muß. Die Hauptsache bleibt stets, daß der Durchbruch verhindert wird. Ob dabei Gelände verloren geht, ist gleichgültig, wir führen deu Kampf ja in Feindesland. Geaenstöße zur Wiedernahme von Gelände finden nur dort statt, wo es aus strategischen oder taktischen Gründen zweckmäßig erscheint. Wo tiefere Einbuchtunaen der Front durch Anfangs erfolge entstehen, wird rücksichtslos die ganze Front zurück genommen, um möglichen Flankierungen und Umfassungen vorzubeugen. Wo erkannt wird, daß der Feind die Stärke amd Schwäche einer Stellung festqestellt hat, so daß er seine gewaltigen Angriffsmittel Hiergenen voll zur Wirkung brin gen könnte, wird im raschen Entschluß eine rückwärtige Stel lung bezogen, die der Feind vorläufig noch nicht kennt, so daß er also Zeit verliert und neue Opfer bringen muß. So bedeu tete unser neues Kampfverfahren einen völligen Bruch mit früheren Ansichten; Prestigerücksichten bei der Fruge des Ge ländebesitzes spielen keine Rolle mehr. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen in Folgendem: Wir erhalten uns unsere lebendige Kraft für eine vielleicht noiwendig werdende Fort setzung des Kampfes; das ist der Kernpunkt unserer Strategie im Westen. Durch die allmähliche Zurücknahme unserer Front zwischen Nordsee und Maas in die kürzeste Stellung werden erhebliche Kräfte ausqespart, die der Obersten Heeresleituna als Reserve frei zur Verfügung stehen. Der Feind seinerseits verliert beim Angriff auf immer neue Stellungen Zeit und Blut und verringert damit seine Aussicht auf eine Entschei dung in diesem Jahre. Ein großer Irrtum ist es, zu alauben, daß dieses Kampf verfahren von Truppen mit sinkender Moral durchaeführt werden könne; gerade diese Fechtweise stellt höchste Anfor derung an Moral, Nerven und Entschlußkraft von Führern und den Truppen. Man kann deshalb mit vollem Vertrauen auch den wet teren Kämpfen an der Westfront entgegensehen, sie würden selbst bei der Notwendigkeit, den Kreig fortzuführen — falls der Feind entwürdigende Bedingungen stellen sollte — un sere Abwehr ans dem Posten finden. Auf strategischen kur zen, daher starken Linien in Feindesland können wir den Kampf noch lange fortsetzen trotz des Abbröckelns unserer Bundesgenossen; im Gegenteil, eine gewisse Konzentration unserer Kraft wird hierdurch stattfinden, die uns an der Westfront zugute kommt. In der Lns-Niedernng und an der Schelde dg"ert der Druck des Feinde« cm Zu einheitlichen Großangriffen kam es in den letzten Taoen dort nickst. iedoch find die dauernden Teilanariffe heftig gewesen Großkgmpf herrschte am 29. Oktober wieder zwischen Nizy le Comte und der Aisne. Auf 18 Kilometer breiter Tront wurde der feindliche Ansturm völ lig gebrochey. -- ein Zeichen der dnnernd zunehmenden Kraft unserer Abwehr. An Ker Ai«ne bei Vouziers und östlich der Aisne bis herüber zur Maas blieb es vorläufig beim Ariil- leriekgmpf, jedoch ist mit einem Wiedergufleben der Angriffe zu rechnen, die sich vielleicht auch noch jenseits der Maas bis nach Lothringen gusdehnen werden. Es ergibt fich ans der Geiamtla-n- klar, daß wir mehr denn je auf eigene Kratt anaewiesen find. Diese haben wir mit äußerster Gvifchis-ssenheii an der Westfront zu konzen trieren dann können wir weiterkämpten wenn es sein muß. Oie Revolution in Ltngarn. Blutige Straßenkämpfe in Budapest. — Graf Tisza erschossen. Die Übernahme der ungarischen Regierung durch Graf Michael Karolyi, der Präsident des Nationalrates geworden ist, scheint sich nicht ohne Ruhestörung vollzogen zu haben. Jedenfalls war der Telegraphen- und Fernsprechverkehr am Donnerstag aus mehrere Stunden unterbrochen. Soviel ist jedenfalls bekanntgeworden, daß es an verschiedenen Stellen der Stadt Budapest zu blutigen Zusammenstößen zwischen ungarischen und bosnischen Truppen gekoinmen ist. Von beiden Seiten wurde geschossen. In den Nach mittagstunden schien Graf Karolyi Herr der Lage zu sein. Seine Anhänger hoffen, daß es bald gelingt, im ganzen Laude die Ruhe wiederherzustellen. Graf Tisza ermordet. Von drei Soldaten niedergeschossen. Budapest, 1. November. Graf Stephan TiSza ist tn ,einem Hnnie von drei Soldaten durch Gewehr» schaffe getötet. Die Ermordung Graf Tiszas vollzog sich äußerst dramatisch. Abends gegen 6 Uhr drangen drei Soldaten der Wache vor seinem Hause Graf Tisza mit dem Revolver entgegentrat. Seine Frau und eine Verwandte standen neben ihm. Einer der Sol daten fagte: „Sie tragen Schuld an dem Tode von Millionen Menschen, Sie haben den Krieg verschuldet, die Stunde der Abrechnung ist gekommen." Alle drei Soldaten schossen zugleich, von drei Kugeln durchbohrt, sank der Graf mit den Worten zu Boden: „Es mußte so kommen." Die Mörder ver ließen unbehelligt das Haus. Graf Stephan Tisza, der ein Alter von 67 Jahren erreicht hat, ist zweifellos der bestgehaßte Mann in Ungarn gewesen, aber er war auch s die Opposition zu dem „eisernen" Grafen stand, war oft im ungarischen Parlament sichtbar, wo schon 1908, als er gegen die Koffuthpartei eine äußerst strenge Geschäfts ordnung durchsetzte, ein Revolveraitentat auf ihn verübt wurde. Im Juni 1913 wurde Tisza zum zweiten Male Ministerpräsident und behielt das Amt bis -um Anfang des Jahres 1917, wo die Reform- in den Salon, wo ihnen Graf Tisza größter Politiker. Wte^