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»» Nr. 11 Mittwoch den 1S. Januar 1919 78. Jahrg. Wochenblatt für Wilsdruff und Ltmgegend. Erscheint seit dein Jahre 1841. Vas »MXdruffer Tageblatt* erscheint lägllch, mit «uenahme der Sonn, und Festtage, abend« S Uhr für den folgenden Tag. x Bezugspreis bei Gelbstabholung von der Druckerei wöchentlich 20 pfg., monatlich .0 pfg., viertelfährlich 2,10 Ml.: durch unsere «u«trüger zugetragen monatlich SV pfq., vlertelsöhrltch 2,40 Ml.; trl den deutschen Postanstalten vierteljährlich 2,40 Ml. ohne Zustellungsgebühr. «Ne Postanstalten, Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jeder,ett Bestellungen entgegen. X Zm Zolle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger lrgendwelcher Störungen der Betriebe der Zeitungen, der Lieferanten oder der Beförderungseinrichtungen — hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung »der Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de« Bezugspreise«. 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Postschcck-Konlo: Leipzig Nr. 28614. für die Amtshauptmannschaft Meißen, für das Fernsprecher: Ami Wilsdruff Nr. 8. fstMle fUr düs Fprst- Amtlicher Teil. Verteilung von Kunsthonig ab 15. Januar, Abschnitt der roten, blauden und gelben Nährmntelkarten je 100 Gram« für 18 Pfennige. Ab 17. Januar Verteilung von Stopfgarn in den Geschäften von Eduard Wehner Max Rehme Emil Glathe verw. Görtz Karl Zorn Frieda Lippert Konsumverein „Vorwärts" Emilie Tittmann. Es erhalten Familien von 3 bis 5 Personen zusammen 1 Wickel für 15 Pfg. und Familien von 6 und mehr Personen zusammen 2 Wickel für 38 Pfg. Bezugsmarken hierzu sind in der Kriegsw rtschaftsabteilung am 17. dss. Mts. während der Geschäftszeit zu entnehmen. Wilsdruff, am 14. Januar 1919. »4- Der Stadtrat — Kriegswirtschastsabteilung. Am 1. Januar 1919 ist Herr Gutsbesitzer Moritz Pfützner aus dem Amte als Gemeindevorstand, das er in selbstlosester Weise, selbst unter Zurücksetzung seiner eigenen Gesundhejl 7 Jahre lang in treuester und gewissenhaftester Pflichterfüllung verwaltet hat, geschieden. Aus dem Gemeinderat schied ferner Herr Privatus Emil Röthig, der ihm als Mitglied 30 Jahre und als 1. Gemeindeältester 18 Jahre adgehörte. Beide Herren haben durch ihre treue Arbeit, die sie der Gemeinde Grumbach ge leistet, den herzlichsten Dank derselben verdient, den wir auch hiermit zum Ausdruck bringen möchten. Grumbach, am 13. Januar 1919. nn Der Gemeinderat. Schulze Gemeindevorstand. Spartakus' Ende! Oie Kämpfe im Osten. Schwer« Verluste der Polen. - Bromberg, 13. Januar. Wie amtlich versichert wird, kann man der Entwicklung -der Dinge mit Zuversicht entgegensehen und eS besteht kein Brund zur Beunruhigung. Schubin und Netzwalde find i« polnischem Besitz, während die deutschen Truppen den über- zang über den Kanal bei Netzwalde noch halten und in der Allgemeinen Linie Cielle—Netzert—Hopfengarten stehen. In den Kämpfen bei Kolmar haben die Polen sehr schwere Verluste gehabt. Sie verzeichnen nicht weniger als 150 Tote. Noske über den Grenzschutz. In einer Ansprache erklärte der Volksbeauftragte Noske, die um Berlin versammelten Regimenter, die ebew Spartakus niedergeworfen haben, seien in ihrer Masse zum Grenzschutz im Osten bestimmt. Wörtlich sagte Noske: .Seien Sie versichert, die Reichsregierung hat keinen Augenblick vergessen, was sie den deutschen Brüdern und dem deutschen Lande im Osten schuldig ist. Sie hat alles getan, um jene fortan sicher und dauernd vor polnischer Willkür zu schützen. Deutsches Land und deutsche Bürger im Osten dürfen die feste Zuversicht hegen, daß im Osten deutsch bleiben wird, was deutsch ist " Der niedergeworsene Terror. Won unserem ständigen Mitarbeiter.) eiS. Berlin, 13. Januar. Wie ein Traum ist eS gewesen, ein wüster Traum. Boch am Sonnabend vormittag konnte man sehen, wie an her Leipziger- Ecke Wilhelmstraße, einem der belebtesten Schnittpunkte der inneren Stadt, ein mit seiner Akfen- Nappe dem Dienst zustrebender höherer Beamter, von einer Flintenkugel im Rücken getroffen, lautlos zusammenbrach, «m Nachmittag wälzte sich ein endloser Zug Soldaten, Nit Feldgeschützen und Maschinengewehren reichlich aus- serüstet, in bester militärischer Verfassung vom Westen her in das Stadtinnere hinein, und am Abend war die Ge walt des Terrors in der Reichshauptstadt gebrochen. Wie «in hörbares Aufatmen ging es durch die Be völkerung: endlich, endlich wird ernst gemacht, wird von leeren Worten zu Taten geschritten. Den Truppen wurde zugejubelt wie im August 1914, als sie gegen den äußeren Feind sich sammelten, dem sie mehr als vier Lahre hindurch tapfer widerstanden haben. Jetzt ging es »egen den inneren Feind und in knapp vier Stunden war er über den Haufen gerannt. Noch ist er nicht unschädlich -emackt, noch erhebt er, besonders im Dunkeln und im Hinterhalt, sein Verbrecherhaupt und speit Tod und Ver derben so viel er nur kann. Aber seine Hochburgen sind ihm genommen, seine wortgewaltigen Führer haben sich verlauien, und so werden wir in der Reichshauptstadt wenigstens zunächst einmal wieder an Ruhe und Ordnung glauben können. Draußen im Lande freilich ist noch viel Arbeit zu tun: das Gist hat weiter gefressen. Nicht nur m den besonders volkreichen Gegenden des Reiche-, auch in stilleren, in abgelegcneren Bezirken hat es schon Unheil ?enug angerichtet. Möglich, daß nach der Flut sich nun auch überall die Ebbe einstellt. Zeit wäre es. Auch für die Regierung war es die allerhöchste Zeit. Nicht nur wegen der Wahlen, die unmittelbar vor der Türe stehen, und die kaum so ruhig verlaufen werden, wie man es wünschen muß. Vor allem stand ihr eigener Kredit auf dem Spiel. Schon begann die sozialdemo kratische Gefolgschaft der Regierung eine scharfe Sprache »egen sie anzuschlagen; zwischen den Zeilen ihrer Kund gebungen war deutlich zu lesen: .Zeigt, daß Ihr Männer seid, oder wir machen Schluß mit dieser Wirtschaft/ Wo^ man ging und stand, wurde über die Hinauszögerung deS Magischen Vorgehens gegen den Terror gescholten. Eine Minute vor zwölf war es, nicht früher und nicht später! Nun ist der Bann gebrochen, der Alb von uns genommen. Man wird wieder an seine Arbeit gehen und auch zusehen können, wie es sonst in der Welt aussieht, mit der wir ja immer noch zumeist im Kriege leben. Wie es namentlich in unserem Osten bestellt ist was die Polen noch von ihm übrig gelassen haben, und welche neuen Bedingungen uns Herr Foch aufzuerlegen gedenkt, bhe er uns die Verlängerung des Waffenstillstandes be-, willigt. Alles Dinge, zum mindesten ebenso wichtig wie die Frage, ob in Berlin die gefangenen Spartakiden den ordentlichen oder außerordentlichen Gerichten zur Ab» urteilung übergeben werden sollen. , Jetzt gilt es, der Zeit den Pulsschlag zu fühlen, dem wundkranken deutschen Volke ein heilungbringender Arzt zu sein. Scharfe Kuren wirken manchmal ungleich rascher und gründlicher als ängstliches Herumprobieren mit un- schädlichen, aber auch völlig unnützlichen Mitteln. Mit her ersten Kraftprobe ist es noch lange nicht getan; die' Regierung hat jetzt erst zu zeigen, daß sie den Bolsche» wismus in deutschen Landen wirklich mit Slumpf und, Stiel auszurotten entschlossen ist. Spartakus' Ende! Die befreite Reichshauptstadt. Nach der Rückeroberung des Vorwärts ging es mit Spartakus in Berlin rapide zu Ende. Seine Garde bekam die galoppierende Schwindsucht, als sie mit Schrecken vernahm, daß die Regierungstruppen ganze Arbeit machten. Man brachte sich schleunigst in Sicherheit, so daß den Truppen bei ihrem weiteren Vorrücken die übrigen, von Spartakus besetzten Zeitungsbetriebe und das Wolff- Bureau fast kampflos in die Hände fielen. Einigen Wider stand leistete noch die allerdings auch schon stark zusammen geschrumpfte Besatzung des Polizeipräsidiums. Nach kurzer Artillerievorbereitung wurde aber auch diese bis herige Hochburg Liebknechts und Eichhorns mit stürmender Hand genommen. Auch die Rosta, die berüchtigte Peters burger Telegraphen-Agentur, daS Organ der russischen Bolschewiki in Berlin, die mit ihren Telegrammen im Ausland bekanntlich schon viel Unheil angerichtet hat, ist auSgehoben worden. In den in der Friedrichstraße ge legenen Geschäftsräumen wurden lange Listen der Mit glieder, Vertrauensleute und Bezirksleiter des Spartakus bundes und der verwandten Organisationen der Anarchisten gefunden. Als letzter wurde am Sonntag nachmittag der Schlesische Bahnhof gesäubert. Größere Kämpfe glaubte man um die große Bötzow-Brauerei führen zu müssen, wohin sich der ganze Rest der Spartakiden unter Eichhorns Führung geflüchtet hatte. Man schätzte ihre Zahl auf mehrere tausend Mann, traf entsprechende Maßnahmen, hätte eS aber gar nicht nötig gehabt, denn auch diese Spartakiden hatten es vorgezogen, das Weite zu suchen. Spartaknsweiber als Kerkermeister. Bei der Rückeroberung des Schlesischen Bahnhofes find auch zahlreiche Personen befreit worden, die von den Spartakusleuten auf dem Bahnhofe tagelang gefangen ge halten worden waren. Bei der Gefangennahme ging cs sehr willkürlich zu. Wer im Verdachte stand, nicht Spar takist zu sein, wurde von der Straße weg .verhaftet", zu nächst nach dem Polizeipräsidium gebracht und von dort nach dem Schlesischen Bahnhofe, wo er zu den andern in einen Keller gesperrt wurde, der von bewaffneten Weibern bewach: wurde. Zu essen gab es für diese Gefangenen wenig, dafür meh-- M ^Handlungen. In die Kellerräums des Bahnhofes wurvr auch die Beute gebracht, die die Spartakisten auf ihren täglichen Raubzügen im Äahnhoss- viertel gemacht batten: Große Vorräte van Lebensmitteln, Gold- und Wertsachen, Kleider, Stoffe. Während der Nacht wurde regelmäßig die Verteilung der Bente vor- »enommen, meist gab es dabei Streit und saun gerieten die Spartakisten aneinander, wobei es mitunter auch Schießereien gab. Lcdebour in Haft. Durch Soldaten der Kommandantur wurden die Un abhängigen Ledebour und Dr. Ernst Meyer vor einigen Tagen aus ihren Wohnungen abgeholt. Ihnen wurde zur Last gelegt, daß sie durch eine fanatische Agitation die Vorgänge der letzten Tage geschürt hatten. Beide befinden sich in einem der früheren königlichen Schlösser, sie be wohnen beide gemeinsam ein Zimmer, das von Posten be wacht wird. Sie erhalten eine ausgezeichnete Verpflegung end haben nichts weiter zu vermissen, als ihre Freiheit, ttber ihr Schicksal wird zunächst der Zentralrat befinden. Ein Dieb als Spartakusführer. Uber die Laufbabn eines Spartakisten-,Führers" erzählt der Vorwärts: ,Der militärische Kommandant der Vorwärts-Einbrecher, Ostermann, war vor einigen Jahren Redaktionsbote im Vorwärts und mußte wegen wieder holter Diebereien und Unterschlagungen entlassen werden. Mrst stahl er Briefmarken, aber es wächst der Mensch mit seinen höheren. Eichhornzwecken, und jetzt stahl er den Vorwärts." Das Mordgesindel das eine volle Woche auf wehr lose Bürger mit Maschinengewehr geknallt hatte, ist hin- weggefegt und das befreite Berlin atmet auf. Die Berliner Schutzmannschaft hat ihre Waffen wiedererbalten und sorgt wie früher für Ordnung. Leider sind bei den bewaffnetes Auseinandersetzungen mich Unschuldige gefallen; so wurden füns Bürger tötlich getroffen und auch der bekannte Polizeirat Dr. Licht von der Kriminalpolizei wurde von einer verirrten Kugel getötet. Liebknecht «nd Eichhorn geflohen. Bei Nacht und Nebel haben die beiden Helden Lieb knecht und Eichhorn gemeinsam die Flucht ergriffen und ihr geschätztes Leben in Sicherheit gebracht, während eS gelungen war, in; Vorwärts den Sohn Liebknechts, ein 17jähriges Bürschchen, festzunehmen. Der Vorwärts be», merkt zu dieser Heldentat ironisch: ,Wo ist Herr Lieb knecht!! In den ersten Tagen des Spartakistenputsches hörte man überall: Liebknecht, Liebknecht, Liebknecht. Er war in der Siegesallee, war Unter den Linden, war im Marstall, war bei den revolutionären Obleuten — kurzum: er war allgegenwärtig. Warum hört man jetzt nichts mehr oon ihni? Wo ist er? Aus zuverlässiger Quelle hört man, baß er seine Familie als vorsichtiger Mann nach der Schweiz gesandt habe. Warum? Herrscht etwa in der Schweiz das von ihm ersehnte Bolschewisten-Regiment? Keine Spur! Im Gegenteil: in der Schweiz hält eine bürgerlich-kapitalistische Regierung die Ordnung mit Kraft und Entschlossenheit aufrecht. Für seine Angehörigen scheint demnach der Hauptspartakist diese Ordnung immerhin für, jagen wir: erträglich zu halten..." Das Schicksal der Gefangenen. Die genaue Zahl üer gefangenen Spartakisten steht noch nicht fest, doch dürften es viele Hunderte sein. Sie werden zunächst in den verschiedenen Berliner Gefängnissen nntergebracht, die gegen etwaige Befreiungsversuche be sonders gut gesichert worden find; eine Aufgabe, die wieder dem regulären Militär zugefallen ist. Die wahr scheinliche Aburteilung der eingelieferten Unruhestifter dürste, da die schwersten Delikte, wie vorsätzliche Tötung, Raub usw. in Frage kommen, durch daS Schwurgericht, soweit es sich um Jugendliche handelt durch die Straf, kammer, erfolgen. Der militärische Befehlshaber, Oberst Reinhardt, batte ursprünglich die Absicht, aus seinen Leuten ein Standgericht zu bilden und die Spott Listen kurzer Hand als Mörder und Plünderer ab urteile« zu lassen.