Volltext Seite (XML)
«srgeorus geMbrt, va nichts die Spartakideu veranlasse» konnte, ihre für den Augenblick zweifellos dominierend« Stellung aufzugeben. Sie hoffen aber, daß es ihnen ge lingt, die Macht in Berlin und damit auch im Reiche restlos in ihre Hände zu bekommen. Die Schießereien dauern natürlich fort. Eine Niederlage der Spartakiden holten sich diese gestern Abend bei einem von ihnen ver suchten Angriff aut den Anhalter und Potsdamer Bahnhof, wobei sie auch Geschütze verwandten. Es kam zu heftigen Kämpfen mit den die Bahnhöfe besetzt haltenden Re- gierungstruppen, wobei es zahlreiche Tote und Verwundete gab. Die Spartakideu mußten schließlich unverrichteter Dinge wieder umkehren. Auch an manchen andern Stellen wurde geschossen. Die Gesamtverluste seit Montag werden auf an die 160 Tote und Verwundete geschätzt; verläßliche Ziffern darüber liegen aber nicht vor. Gegenüber dem obigen Erfolg befindet sich aber die Reichsdruckerei im Besitz der Aufrührer, Lie nach einer Lesart dort über 10 Millionen Mark an Banknoten erbeutst haben sollen, wohingegen von anderer Seite versichert wird, daß es noch rechtzeitig gelungen sei, die Tresors zu schließen und die Schlüssel in Sicherheit zu bringen. Ein unverkennbarer Verlust ist aber infolge dieses Vorganges für die Regierung entstanden, die nun mehr der Notenpresse beraubt ist. — Äußerst schlimm für das weitausgedehnte Groß-Berlin ist der Streik der Straffenbahnangestellte», der heute früh unvermutet einsetzte, nicht aus politische« Gründen, sondern wegen Gehaltsdifferenzen. Zehntausend« von Beamten, Angestellten und Arbeitern konnten nicht zu ihren Arbeitsstätten, da sie ihres Verkehrsmittels beraubt waren. Stadt- und Vorortbahnen verkehren auch nur in ganz beschränktem Maße. Die Kalamität ist groß und nicht zuletzt befürchtet man ernste Verpflegungsschwierigkeiten, La auch auf der Fernbahn kaum noch Betrieb ist und die Nahrungsmittelzufuhr rapide abnimmt. Zur „Freude* aller Berliner sollen auch noch tausend russische Bolschewisten in Berlin eingetroffen sein, wie von einer Seite versichert wird, dir als zuverlässig gelten will. Die haben hier gerade noch gefehlt, davon find schon genug da in Berlin, denn Spartakus konnte noch Sendboten durch das ganze Reich senden, um auch an anderen Orten die Glut anzufachen. Anderseits hat sich aber das oielgeschmähte Offizierkorps einhellig für die Regierung Ebert-Scheidemann erklärt und öffenttich seinen Entschluß bekanntgemacht, ihr treu zur Seite stehen zu wollen. Offizierpatrouillen, die durch die Stadt eilten, teilten dies der Bevölkerung mit. Sie fordern auch dir Bürgerschaft auf, sich zu bewaffnen und sich an näher bezeichnet-» Punkten der Stadt einzufinden. Belagerungszustand über Berlin? Berlin, 8. Januar, abends. Die heute morgen wieder aufgenommenen Ver handlungen zwischen der Regierung, den Unabhängigen und den revolutionären Obleuten sind gänzlich gescheitert. Der Oberbefehlshaber für Berlin Noske hat, wie eS heißt, über Berlin den Belagerungszustand verhängt und die Bürgerschaft aufgefordert, sich bewaffnet an die Seite der Regierungötrudpen zu stellen uud mit ihnen den Kampf gegen die Aufrührer aufzunehmen. Die Regierung ist zum Kampf bis aufS äußerste ent- schlossen. Die Eisenbahn wieder in Händen der Regierung. Wie die Eisenbahndirektion mitteilt, ist eS den Re- gierungstruppen gelungen, das gesamte Eisenbahnnetz in Berlin und Umgebung wieder in ihre Hände zu bekommen. Die Machtposition der Regierung hat dadurch eine wesent liche Stärkung erfahren. Maßnahmen gegen den Aufruhr. Wie man erfährt, hat die Regierung den spartakidischen Führern die telephonischen Verbindungen abgeschnitten, so u. a. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Auch dem Polizeipräsidium mit dem aufrührerischen Präsidenten Eichborn find alle Leitungen gesperrt worden. Nach Aus künften von amtlicher Stelle find die Regierungstruppen jetzt soweit verstärkt, daß keine Überraschungen mehr mög lich sind. Die Reichskanzlei und alle Regierungsgebäude find stark besetzt und in der Umgebung find auch Flammen werfer ausgestellt. Eintreffen regierungstreuer Truppen. In der Nacht zum Mittwoch sind regierungstreue Truppen in größerer Zahl aus der Umgebung heran- Aas Gehtiulms -er allen Mamsell. 14j Roman von E. Marlitt. In diesem Augenblicke ging eine schreckliche Veränderung ru Felicias Aeußerem vor. Eine tiefe Scharlachröte ergoß sich über das ganze Gesicht und den lilienweißen Hals bis Muter den Ausschnitt des groben schwarzen Wollkleides. Ihr« Lunllen Augen, in denen noch die Tränen der Reu« funkel ten, blickten sprühend empor zu dem Gesichte der Frau Hell wig. Jene ängstliche Scheu vor der Frau, die fünf Jahr« lang auf dein kleinen Herzen gelastet und ihr stets die Lip pen verschlossen hatte, war verschwunden. Alles, was seit gestern ihre kindlichen Nerven in die furchtbarste Spannung versetzt hatte, es trat Plötzlich überwältigend in den Vorder grund und nahm ihr den letzten Rest von Selbstbeherrschung — ße war außer sich. „Sagen Sie nichts über mein armes Mütterchen, ich leide es nicht!* rief sie; ihre sonst so weiche Stimme klang last gellend. „Es hat Ihnen nichts zuleide getan! . . . Wir sollen nie Böses von den Toten sprechen — hat der Onkel immer gesagt, denn sie können sich nicht verteidigen — Sie tun es aber doch, und das ist schlecht, ganz schlecht!" — „Siehst du die kleine Furie, Johannes?* rief Frau Hell wig höhnisch. „Das ist das Resultat der freisinnigen Er ziehung deines Vaters! Das ist das „feenhafte Geschöpfchen", wie er das Mädchen in dem Briefe da nennt!" „Sie hat recht, wenn sie ihre Mutter verteidigt," sagt« Johannes halblaut mit ernstem Blicke; „aber die Art und Weise, wie'sie es tut, ist eine ungebärdige, abscheuliche . . . Wie kannst du dich unterstehen, in fs ungebührlicher Weis« zu dieser Dame zu reden?" wandte er sich zu Felicitas, und ein schwacher Schimmer von Rot flog über sein bleiches Ge« »cht. „Weißt du nicht, daß du verhungern mußt, wenn sie dir kein Brot gibt, und daß draußen das Straßenpflaster dein Kopfkissen sein wird, wenn sie dich aus dem Hause stößt?" „Ich will ihr Brot sicht!" preßte das Kind hervor. „Ski fit eine böse, böse Frau — sie hat so schrecklich« Augen . . . Ich will nicht hier bleiben in euerem Hause, «o gelogen wird, syd wo man sich den ganzen Tag fürchten muß vor der gezogen worden. Das Druckereigebäude der Roten Fcchnp, das Organ der Spartakideu, ist nachmittags von Regierung»- truppen besetzt worden. Kampf am daS ReichstagSgebämde. Ein heute nachmittag entbrannter Kampf um daS Retchstagsgebäud« dauerte abends noch an. Die Re- gierungStruppen halten den Reichstag besetzt und die Aufrührer versuchen dagegen vorzubringen. Es wird mit Maschinengewehren, Gewehren und Handgranaten ge fochten. Auf der Dorotheenstraße haben die Spartakideu ein Geschütz aufgestellt und beschießen den Reichstag. Spartakus im Reiche. Systematisches Vorgehen. . , In der bolschewistischen Tätigkeit scheint System M liegen, denn nicht nur in Berlin, sondern auch in einigen anderen Teilen des Reiches, wo spartakistische Sendbote» aus der Berliner Zentrale eintrafen, kam es zu blutigen Kämpfen. Bevorzugt wurden von den Spartakisten natür lich die großen Industriezentren, in denen es stets zu Gewalttätigkeiten neigende Unzufriedene gibt, in erster -Linie Las Ruhrreoier. Straff enschlacht i« Dortmund. ? - Bei einem Versuch, das militärische Waffendeyot zu stürmen, wurden die Spartakisten, die auch zahlreiche Maschinengewehre hatten, von der Sicherheitswache ge schlagen, wobei 17 Personen verletzt und 60 Spartakisten verhaftet wurden. Leider ließ man die Gefangenen später wieder frei, worauf sie unter Hochrufen auf Liebknecht und Rosa Luxemburg die Druckerei der Wests. Allg. Volks zeitung besetzten und alle Zeitungsexemplare verbrannten. Drohender Generalstreik im Ruhrrcvier. i In Hamborn fanden zahlreich besuchte Versammlungen' der Spartakusanhänger statt. Redner war ein aus Berlin eingetroffener Spartakusanhänger, namens Schulz, der in seinen Ausführungen die gegenwärtige Regierung aufs schärfste angriff und zum Kampfe gegen die geplante Nationalversammlung aufforderte. Der Vorsitzende der Versammlung pflichtete den Ausführungen bei und be tonte, daß es hohe Zeit sei, endlich zu Taten überzugehen. Die Arbeit dürfe nirgends wieder ausgenommen werden, bis das Ziel erreicht und die Regierung Ebert- Scheidemann beseitigt sei. — Der Kohlenstreik hat an Umfang bereits wieder zugenommen. Sturm auf das bayerische Außenministerium. Bei Arbeitslosen-Demonstrationen in München er- Ikigneten sich blutige Zwischenfälle: So stürmten etwa 100 Arbeitslose das Ministerium des Äußern. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen und schweren Drohungen gegenüber dem Minister Unterleitner. Nachdem d'e Ruhe wiederhergestellt war. sielen plötzlich auf der Straße Schüsse. Das war das Signal zu einem blustgen Kampfe, zwei Tote, ein Schwer- und vier leichter Verwundete blieben auf dem Kampfplatz. Berliner Spartakusleute und Münchener Kommunisten hatten d e Demonstranten aufgehetzt. Unterleitner ermahnt in einem Aufruf die Arbeiter, sich nicht zu Putschen und zum Bürgerkrieg miß brauchen zu lassen. Wie gleichzeitig gemeldet wird, kam es auch in Nürnberg zu einem Putsch, wobei SpartakuS- leute die Redaktion und die Druckerei der sozialdemokrati schen Fränkischen Tagespost besetzten. Warum? Weil ckis fiööi'ösdöLtMö M ökkIMunMückön i. beraubt sinck unci ist. Darum ist Mieierung äus lieerösgutK nMalisebe?Mt! ^iefitkekolAuvK ist mir schwerer Ztrake deckrobr. kslcköverloertunüsslllt, Lsrlin iS 8, kri8ärioIiLtrs558 6S. IS» Verschiedene Nachrichten. > Braunschweig. Hier fand eine große Kundgebung der Unabhängigen und der Roten Garde zugunsten der Spartakus- Bewegung in Berlin statt. Anschließend daran wurden die Braunschweiger Neuesten Nachrichten und die Braunschweigische Landeszeitung besetzt. Zwickau. Das Zwickauer Volksblatt wurde so« Spartakusleuten besetzt. Düsseldorf. Die Düsseldorfer Nachrichten sind von Svartakusleuten gewaltsam besetzt worden. Das Blatt erscheint jetzt unter dein Titel: „Die rote Fahne am Nieder rhein" und wird von Spartakusleuten redigiert. Auch die beiden anderen bürgerlichen Zeitungen Düsseldorfs, die Düsseldrf. Ztg. und das Düffeldrf. Tgbl. sind in der Hand der Spartakusleute und erscheinen nicht. Wie es heißt, sollen Lie Einrichtungen der Düffeldrf. Ztg. schwer beschädigt worden sein. Hohensalza in Händen der Asten. Neue Gefechte bei Crarnikau. Berlin, 8. Januar. Im Regierungsbezirk Bromberg setzten die Pole« die Versuche fort, weitere Ortschaft.» in ihre Hand zu bringen. Erfolg haben diese Versuche nur in Hohensalza gehabt, da^ von feiner Garnison, dem Infanterie-Regiment L4V, unter! Mitnahme der Waffen geräumt worden ist, nachdem die Polen unter Bruch des vereinbarten Waffenstillstandes mehrere Tage hindurch heftige und überlegene Angriff«' gegen die Truppen gerichtet hatten. , Die Stadt Bromberg ist nicht gefährdet. Die dortiges Garnison, die durch die neugebildete Sicherheitswehr eina wertvolle Verstärkung erhalten hat, ist stark genug, um! allen Angriffen der Polen Widerstand zu leisten. Im Westen des Regierungsbezirks ist Kolmar, das vorüber gehend in polnische Hand gefallen war, von uns wieders besetzt. Die Umgebung von Schneidemühl ist durch die,' dortige Garnison von polnischen Banden gesäubert. Best Weißenhöhe, Czarnikau und Kolmar sind Kämpfe -wische» deutschen und polnischen Truppen im Gange. Dsuifche Kriegsgef^ngsne in Lyon. Bern, im Januar. Sin Schweizer Tagesschrifisteller, der schon mehrerem«! Gelegenheit hatte, deutsche Kriegsgefangene in Frankreich zu besuchen, weilte neuerdings wieder in Lyon und konnte dabet deutsche Solisten und Unteroffiziere wiederholt sprechen. Über das, was er erfuhr, berichtet der .Schweizer u. a. folgendes: . Die deutschen Kriegsgefangenen werden überall dort, wo Arbeitermangel herrscht, als Hilfsarbeiter zugezogrn, wogegen sie gewöhnlich nichts einzuwenden haben, indem sie dadurch, daß sie beschäftigt werden, weniger unter Langeweile zu leiden haben, die ihnen sonst manchmal fast zur Qual wird. Man trifft sie in allen öffentlichen Ge bäuden, wo sie Neinigungsarbeiten und dergleichen be sorgen. Sie sehen beinahe ausnahmslos gut aus. In der cku servies ck« 8»nte" (Öffentliche Gesundheits pflege) sah ich zwei von ihnen die Wände herunterwasches. Ott begegnet man zwei oder drei deutschen Kriegsgefangenen in Begleitung eines französischen Soldaten auf der Straße, wenn sie zur Arbeit gehen. Ich habe noch nie beobachtet, daß st« etwa beschimpft oder sonst belästigt werden; selten einmal nimmt überhaupt jemand von ihnen Notiz. Ma« steht hier so massenhaft fremde Uniformen, daß es kaum noch ausfällt, wenn auch einmal das deutsche Feldgrau austaucht. Im Lazarett Nr. 9 befinden sich 15 deutsche Kiefer verwundete. Ich habe mit allen gesprochen und sie über alles Mögliche sehr eingehend ausgefragst Alle klagen über Langeweile, über die ärztliche Behandlung sprechen sie sich sehr anerkennend aus. Betreffs der Verköstigung find sie gleichfalls zufrieden, doch finden einige, daß die tägliche Brotration von 800 Gramm zu klein sei. Ich möchte dazu bemerken, daß nach meinen Erfahrungen und Erkundigungen sowohl ihre ärztlich« Pflege und Behand lung, wie auch ihre Verpflegung genau die gleiche ist wie die der verwundeten Franzosen. Ein intelligenter Hannoveraner, Arno W. aus Tennstadt bei Langensalza, mit dem ich mich mehrmals längere Zett unterhielt, gab mir eingehende Auskünfte. Er sagte, außer dem regle- mentarischen „Spatz" mit Suppe und Gemüse bekäme» auch die deutschen Soldaten Eier, Kuchen und überhaupt alle die gelegentlichen, außerordentlichen Zulagen, die auch die Franzosen erhalten. Er erklärte sich in jeder Hinsicht sehr zufrieden. Er wird im zabntechnnchen Laboratorium Les Lazarettes zu Reinigmmsarbeiten verwendet. Vor einigen Tagen äußerte er, es drücke ihm zuweilen bei nahe das Herz ab, wenn die Militärzahnärzte und Zahn techniker, die dort arbeiten, am Nachmittag einen kleine» schlechten Behandlung — lieber will ich gleich unter die dunkle Erde zu meiner Mutter, lieber will ich verhungern —" Sie konnte nicht weiter sprechen; Johannes hatte ihren Arm gefaßt, seine mageren Finger drückten sich wie eiserne Klammern in das Fleisch — er schüttelte sie einige Mal« heftig. „Komm zu dir, komm zur Besinnung, abscheuliche- Kind!" rief er. «Pfui, ein Mädchen und so zügellos! Bei dem unverzeihlichen Hange zu Leichtsinn und Liederlichkeit auch noch diese maßlose Heftigkeit! ... Ich sehe ein, hier ist viel versehen worden, wandte er sich an seine Mutter, „aber unter deiner Zucht, Mama, wird das anders werden." Er ließ den Arm der Kleinen nicht los und führte sie un sanft aus dem Zimmer hinüber in die Gesindestube. „Von heute an habe ich über dich zu gebieten — merk» dir das!" sagte er rauh; „und wenn ich auch fern bin, ich werde dich doch streng zs strafen wissen, sobald ich erfahre, daß du meiner Mutter nicht in allen Stücken ohne Wider rede gehorchst . . . Für dein heutiges Benehmen hast d« aus längere Zeit Hausarrest, um so mehr, als du von der Frei heit einen so schlechten Gebrauch machst. Du betrittst den Garten ohne ganz besondere Erlaubnis meiner Mutter nicht wieder; ebensowenig gehst du auf die Straße, die Wege nach der Bürgerschule ausgenommen, die du von nun an besuchen wirst; und hier in der Gesindestube magst du essen und dich tagüber aufhalten, bis du bessere Sitten zeigst . . . Hast du mich verstanden?" Die Kleine wandte schweigend das Gesicht ab, und « verließ die Stiche. ? - - - Nachmittags krank die FamMe Hellwig dm Kaffe dran« ßen im Karten. Friederike hatte ihre« kattunenen, flanell- gefütterten Sonntagsmantel über die Schultern geworfen, dir schwar-seidene, wattierte StaatSmütze ausgesetzt und war zu erst in die Kirche und dann zu einer „Frau Muhme" auf Be- such gegangen. Heinrich und FelicitaS waren allein in de» großen, kirchenstiven Hause. Ersterer »ar IS»,st heimlicher« H»ise draußen auf dem Lotttsa^rr gewesen «ud Hatte da« »erhängnisvolle Tuch hetmgeholt — es lag nu» gesäubert and regelrecht zusammengelegt im Kasten. Der ehrliche Bursche hatte die vormittägige Szene vo« der Küche aus mit angehört und zum Teil auch gesehen; « war sehr in Versuchung gewesen, hcrvorznspringen und mit seinen derben Fäusten den Sohn des Hauses ebenso zu schüt teln, wie die zarte Gestalt des aufrührerischen Kindes hin und her geschüttelt wurde. Jetzt saß er da in der Gesinde stube und schnitzelte an seinem defekten Ausgehstoü herum, wobei er leise und zwar sehr ungeschickt und unmelodisch pfiff. Er war ja aber auch gar nicht bei der Sache; seine Blick« kuschten rastlos und verstohlen hinüber nach dem schweigen den Kinde. . . . Das war gar nicht mehr das Gesicht der stei nen FÄicitas! Sie saß dort wie ein gefangener Vogel, aber wie ein Vogel, dem die Wildheit in der Brust brennt und der voll unversöhnlichen Grolles der Hände denkt, die ih» zefefselt haben... Auf ihren Knien lag der Robinson, de« Heinrich auf eigene Gefahr hin von Nathanaels Bücherbrett geholt hatte, aber sie warf keinen Blick binein. Der Einsame hatte es gut auf seiner Insel, da gab es doch keine bösen Men sche«, die seine Mutter leichtsinnig und liederlich schalten; da lag der funkelnde Sonnenschein aus den Palmenkronen, auf den grünen Wogen des fetten Wiesengrases — und hier brach das Gotteslicht gedämpft, als.trübe Dämmerung durch dis engvergitterten Fenster, und nirgends, weder draußen in der' schmalen Gasse noch hier im ganzen Hause, erquickte ein grü nes Blatt das Auge ... . Ja, drin im Wohnzimmer, da stand freilich ein Asklepiasstock im Fenster — die einzig« Blume, die Frau Hellwig pflegte, aber Felicitas konnte dies« regelmäßigen, wie aus kaltem Porzellan geformten Blüten- küschel, die starren, harten Blätter nicht leiden, die stocksteif und ungerührt dayingen, mochte auch der Luftzug durch- itreichen, soviel er wollte — was gab es denn Schöneres, als draußen die leichtbeweglichen, grünen Zweige an Büsche« uud Bäumen mit ihrem unaufhörlichen Rausche» und Flüstern? i Die Kleine sprang plötzlich auf. Droben auf de« Dach boden, da konnte man weit hinaus in die Gegend sehe«, da war sonnige Luft — wie ein Schatten glitt sie die gewundene fieinerne Haupttreppe hinauf. « (Fortsetzung folgt).