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EMm-MWer SWefer vor Gericht. Wege« Untreue, passiver Bestechung usw. Vor der Siebenten Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts begann der Prozeß gegen den früheren Zentrumsminister Hirtsiefer, der erst vor einiger Zeit in München-Gladbach zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt worden ist. Neben Hirtsiefer haben sich noch zu verantworten: der Verbandsleiter Dr. Dr. e. h. Heinrich Gerlich, der Staatssekretär a. D. Professor Dr. Dr. e. h. Adolf Scheidt, der Ministerialdirektor a. D. Hermann Peters, der Ministerialdirektor im einstweiligen Ruhe stand Dr. Alexander Schneider und der Ministerial direktor a. D. Geheimer Regierungsrat Hermann Tillich. Allen Angeklagten wird Untreue, teilweise ver bunden mit Anstiftung zur Untreue, Gerlich außerdem Betrug zur Last gelegt. In einer Nachtragsanklage wird Hirtsiefer außerdem passive Bestechung im Amt in zwei Fällen vorgeworfen. Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft sind von dem in enger Verbindung mit dem früheren preußi schen Ministerium für Volkswohlfahrt stehenden Verein „Reichszentrale, Landaufenthalt für Stadtkinder und Erholungspflege deutscher Kinder im Ausland" Mein für Reisekosten der Angeklagten jährlich Zehn taufende , ausgegeben worden. Die Verwaltungskosten sollen außer dem eine geradezu phantastische Höhe erreicht haben. Den Angeklagten Hirtsiefer, Scheidt und Gerlich wird ferner Untreue und dem Angeklagten Peters Anstiftung zur Un treue bei der Beschaffung des dritten (!) Ehren doktortitels für Hirtsiefer vorgeworfen. Diese Titel mußte nach der Anklage die „Reichszenttale" aus preußischen Geldern mit nicht weniger als 22 000 Mark bezahlen. Aus der Kasse der „Reichszentrale" sollen weiter Fahrgelder und Kurkosten sür Parteibuchbeamte und deren Angehörige und Bekannte bestritten worden sein. Hirtsiefer wird außerdem vörgeworsen, daß er sich von dem früheren Oberbürgermeister von Köln durch lOOFlaschen Wein, 100 Lotterielose und ein kostbaresOlgemälde bestechen ließ. Für den Pro zeß ist eine Verhandlungsdauer von etwa vier Wochen vorgesehen. Die Verhandlung begegnet im übrigen keinem starken Publikumsinteresse. * Eine typische Shstemgröße, dieser frühere Gewerk schaftssekretär Hirtsiefer, den seine Partei, das damals mit der Sozialdemokratie durch dick und dünn gehende Zentrum, einst auf einen preußischen Ministersessel erhob und dort jahraus, jahrein beließ. Welch eine hohnvolle Groteske, welch ein Zerrbild von Dienstauffassung, wenn es aus gerechnet der einstige W o h lf a h rts Minister ist, der heute vor Gericht steht, weil er und seine Genossen nach der Anklage sich nicht geschämt haben, alljährlich Zehn tausende für „Dienstreisen" aus solchen Geldern zu ver geuden, die der Pflege erholungsbedürftiger Kinder dienen sollten! Derselbe „Wohlfahrts"-minister konnte es mit seinem Diensteid vereinen, wenn er ein Vermögen von Steuergeldern für seine kleinlich-jämmerliche Titel sucht zum Fenster hinauswarf — in der Tat, ein würdiger Doktor „ehrenhalber". Die Gerechtigkeit wird ihres Amtes walten. Eiaaisbegräbnis für ermordeien Gchulungsletter. Vom Führer angeordnet. In Gollmütz, Kreis Schwerin a. d. Warthe, war der landwirtschaftliche Inspektor und Schulungsleiter der NSDAP., Kurt Elsholz, überfallen und mit einem Fleischermesser mit sieben Stichen getötet worden. Der Führer hat nunmehr ein Staatsbegräbnis an- geordnet, das auf dem Alten Friedhof in Potsdam stattfindet. Die Leiche des Ermordeten wird vorher in der Nikolaikirche aufgebahrt werden. Der Mörder, Gregor Meißner, ist festgenommen Worden. Kleine MKeWten. Professor Zielinski bei Reichsminister Dr. Goebbels. Berlin. Reichsminister Dr. Goebbels empfing Professor Zielinski, den Präsidenten der Intellektuellen Union, Warschau, der sich für einige Tage in Deutschland aufhält. Einstellung der „Bayerischen Staatszeitung". München. Die „Bayerische Staatszeitung" veröffentlicht die Mitteilung, daß sie ihr Erscheinen vom 1. Juli 1934 an einstellt. Protest des Fürsten Pleß beim Völkerbund. Genf. Fürst Pleß hat beim Völkerbund gegen die Vor bereitungen der polnischen Behörden zur Durchführung der Beschlagnahme seines Besitzes protestiert. Große Orkanschädcn in der mexikanischen Bananengegend. ! Mexiko-Stadt. Die Gegend um Ojitlan im Staate Oaxaca wurde von einem schweren Orkan heimgesucht. Die weiten Bananenplanlagen haben großen Schaden erlitten. Auch die Gebäude der Stadt, besonders das Rathaus, die Schulen und. Kirchen, wurden stark mitgenommen. Oie Engländer aus der Gewalt der chinesischen Seeräuber befreit. Den Bemühungen der englischen Kriegsschiffe ist es gelungen, die fünf Engländer, die von chinesischen See räubern gefangen und verschleppt worden waren, zu be freien. Sie befinden sich wohlbehalten auf einem eng lischen Kriegsschiff. Auch ein gefangener Chinefe soll be freit worden sein. Geldschranttaub mit einem Autokran. Mißglückter Streich amerikanischer Banditem Eine amerikanische Verbrecherbande ver übte nachts einen Überfall auf die Kleinstadt Crescent (Oklahoma) um einen großen Geldschrank zu rauben. Zu diesem Zweck hatte sich die Bande auf einem Lastauto mobil einen Kran mitgebracht. Sie durchschnitten alle Fernsprechdrähte und nahmen sämtliche sich auf der Straße aufhaltenden Leute fest. Sodann fuhren sie zur Bank des Ortes und versuch ten mit Hilfe des Kranes den Geldschrank, der mehrere Tonnen schwer ist und über 2000 Dollar enthielt, durch das Fenster auf den Lastkraftwagen zu verladen. Etwa 100 Personen, die inzwischen zusammengeströmt waren, wurden mit Maschinenpistolen in Schach gehalten. Schließlich mußten aber die Räuber nach halbstündiger „Arbeit" den Geldschrank, der anscheinend doch zu schwer war, auf der Straße liegen lassen. Um sich gegen alle Möglichkeiten, besonders gegen eine Beschießung durch die Polizei zu sichern, nahmen sie sechs Per- sonenalsGeiseln mit, die sie jedoch etwa eine Meile vor der Stadt wieder freiließen. Spiel und Sport Die Kieler Woche war auch am dritten Tage vom Wetter begünstigt; ein leichter Südost förderte die zahlreichen Wett fahrten und brachte ausgezeichnete Leistungen. Den Vogel des Tages schossen die Ausländer ab, von denen Schweden wieder am erfolgreichsten war. In der 6-Meter-k-Klasse führte nach drei Wettfahrten die schwedische Jacht „Marianne" mit zwei Siegen vor ihrer Gefährtin „Dulli", während die deutschen Boote erst hinter Norwegen, Dänemark und Finnland folgten. In den großen Rennllassen kamen Chile und Norwegen zu Erfolgen. Bei den Binnen-Wettfahrten begann am Dienstag der Länderkampf der 12-Quadratmeter-Scharpie-Klasse. Das erste Rennen gewann England vor Italien, Schweiz, Holland, Deutschland, Schweden, Finnland und Polen. Eintrittskarten auf Raten gibt es zum größten Kampf der deutschen Borgeschichte, zwischen Schmeling und Neusel am 26. August in Hamburg. Die Eintrittspreise sind von 12 bis zu 3,50 Mark abgcstuft. In allen großen Städten werden Verkaufsstellen eingerichtet, ebenso sollen Sonderzüge von den wichtigsten Punkten nach Hamburg fahren. Als Austragungs ort wurde jetzt endgültig die Niesenarcna neben Hagcnbecks weltbekanntem Tierpark gewählt, die 100 000 Zuschauer auf nehmen kann. Zamora-Elf siegt in Hamburg. Die an große Hitze ge wöhnten Spieler des spanischen Meisters FC.-Madrid, konnten das Hamburger Gastspiel zu einem eindrucksvollen Siege ge stalten. Vor etwa 15 000 Zuschauern siegten die Spanier ge rechterweise über den Hamburger SV. mit 3:0 (1:0). Die Hanseaten lieferten ein sehr schwaches Spiel und verdanken lediglich ihrer sicher arbeitenden Hintermannschaft, daß die Niederlage nicht höher ausfiel. Die Gäste dagegen zeigten ausgezeichnetes Können und waren fast ständig im Anariff. ft / Sie würden sich in den kleinen Nebenraum setzen, schlug Wangenheim vor. Da würde man sie kommen sehen, ohne daß man selbst bemerkt werden konnte. Der bedienende Ober hatte bereits vorsichtig an- gedeutet, daß Fürst Luebergs und Fräulein Bergmanns Verhältnis zueinander freundschaftlich, kameradschaftlich Lei. Mehr habe er beim besten Willen bisher nicht fest- stellen können. Die Uhr schlug nun elfmal. Silberhell zitterten die Schläge durch den dämmerigen Raum. Die Zeit verrann. Jeden Augenblick mußte sie ein- treten. Ein Viertel nach elf Uhr. Ein Boy riß die Tür ganz weit aus. Frau Bergmann, Rosemarie und'Fürst Lüsberg traten in das Lokal. Wangenheim, der soeben sein Weinglas zum Munde führte, mußte es schnell wieder auf den Tisch stellen. So Fehr zitterte seine Hand. Ab und zu hatte er Gelegenheit, an den Tisch hinüber zublicken, an dem Rosemarie saß. Ihr Gesicht war im Hellen Lichtkreis der Lampe, und so konnte Wolfgang Wangenheim es ganz deutlich erkennen. Am liebsten wäre er aufgesprungen und zu ihr geeilt, Äber das war nicht möglich — nichts war möglich. Andere waren da; andere, die er nicht kannte, nahmen, ohne zu fragen, von ihr Besitz, von ihr, die ihm gehörte jetzt unv immer. Es war ja nur Schein, was dort geschah. Zu ihm gehörte sie. Zu ihm allein! War Rosemarie nicht freudig erregt? Stand nicht ein Heller Schein der Freude in ihren Augen? Und wie herz lich und lebhaft plauderte ihre Tante Berta, die ihn da mals so kalt abgewiesen hatte. „Ich konnte mir denken", hörte er den Fürsten sagen, „daß er Sie zur Erbin einsetzen würde. Das Testament war selbstverständlich schon lange vorher fertig. Oft hat er mir gesagt, daß er Sie lieb hatte wie ein eigenes Kind. Und andere Erben besaß er doch nicht." „Ja, aber er hat schon so viel an mir getan...", wehrte Rosemarie. „Doch es ist ja so lieb und gut von ihm, daß er uns nicht aus seinem Hause weist, sondern daß wir in aller Liebe sein Vermächtnis verwalten dürfen. Wie trostlos sah mich vor wenigen Tagen die Zukunft noch an, und wie licht ist sie jetzt geworden! Der gute Onkel Brun- nenrandt! Warum mußte nur sein Lebensfaden so schnell abreißen?" Warum? Rosemarie hatte die Frage gestellt, die alle einmal stellen werden. Warum?? Wolfgang Wangenheims Augen hingen an Rosemaries Gesicht, rasch ging sein Puls. Ein paarmal hob Rosemarie wie lauschend den Kopf, in ihre Augen trat eine selige Versonnenheit, und wie so oft, gingen ihre Blicke scheinbar durch Wände und Türen hindurch in eine unergründliche Ferne. Fast lähmend wirkte auf Wolfgang die Stille in diesen Räumen, die nur ab und zu durch leises Murmeln unter brochen wurde. Er drückte die Hände an die schmerzhaft pochenden Schläfen. Sollte er hinübergehen? Sollte er vor sie hintreten? Schon stand er auf. Da gewahrte er in einer Ecke des Raumes ein Klavier. Jetzt sich austoben können — seinem Schmerz Luft machen... Wie mit magnetischer Kraft zog ihn das Instrument in seinen Bann. Da trat er entschlossen heran, schlug den Deckel zurück. Kühl, beruhigend hoben sich die Tasten aus der Däm- mcrung. Wie im Traum begann Doktor Wangenheim zu spielen. Melodien klangen auf, versanken... Neues srrs Mes Welt. Berliner Schauspieler in Wien verhaftet. Dies" Lage besuchte der bekannte Berliner Schauspieler GE Alexander, der gegenwärtig in der Wiener Scala gastics^ mit einer größeren Gcsellschgft nach der Vorstellung cm bekanntes Gastlokal. Innerhalb der Gesellschaft kam cz zu einer lebhaften politischen Debatte, in deren Verlaus Georg Alexander mit mächtiger Stimme „Heil Hitler- in den Saal rief. Er wurde daraufhin verhaftet und erss in den Morgenstunden wieder auf freien Fuß gesetzt Der Vorfall hat in Wien beträchtliches Aufsehen errcgu Arzt bei Operation tot zusammeugcbrochcn. Wie aus Odense gemeldet wird, ist in dem dortigen St.-Joseph Krankenhaus der in Dänemark bekannte Chirurg Obcrarzr Brendstrup während einer Operation tot zusammen^ gebrochen. Dr. Brendstrup nahm eine Unterleibsoperauon! vor, als er plötzlich über dem Patienten zusammensan^ Im nächsten Augenblick fiel der sechzigjährige Chirurg wr zu Boden. Mtt-fmrl-Vrosraism. Freitag, 22. Juni. „ ! ReichssenderLeiPzig:Wellc3S2,2—Drksde»? Welle 204,8 5.55: Für den Bauern, -tz 6.00: Funkgvmnastik. -tz.A^ Aus Breslau: Frühkonzert. — Dazwischen 7.00: Nachrich^ -tz 8.00: Funkgymnastik, -tz 8.20: Frühmusik auf SchaLMMH -tz 9.40: Wirtschaftsnachrichten, -tz 9.45: Tagesprogramm. H 9.55: Wetter und Wasscrstand. -tz 10.10: Schulfunk. Lieder HI. -tz 11.00: Werbcnachrichtcn mit Schallplattenkonzert- 11.40: Wetterbericht, -tz 11.50: Nachrichten und Zeit. -tz Aus Breslau: Mittagskouzcrt. -tz 13.00: Nachrichten und Zem -tz 13.10: Meister der Musik: 18. Jahrhundert (Schallplatte"', -tz 14.00: Nachrichten. — Anschl.: Börse und Wetterbericht * 14.15: Kunstberichte, -tz 14.25: Für die Frau: Wanderungen Muldetal. -tz 15.15: Sudetcudeutsche Dichter: Hugo Scholl - 15.35: Wirtschaftsnachrichten, -tz 16.00: Nachmittagskonzert °e. Leipziger Sinfonieorchesters, -tz 17.30: Aus neuen Büchern. H 17.50: Wirtschaftsnachrichten. — Anschl.: Wetter und Au ff 18.00: Gegen Reaktionäre, Meckerer und Miesmacher, Pressechef der Reichsjugendführung, Gebietsführcr Staebe. 18.20: Erzgebirgische Heimntstunde. -tz 19.35: Sprache und My, -tz 20.00: Aus Berlin: Rcichssenduug: Politischer Kurzbcrpw -tz 20.15: Ans Breslau: Rcichsscndung: Stunde der Anno Richard Wett, ein schlesischer Komponist, -tz 21.00: Ssschem Jugend, -tz 21.35: Opernmelodien. Gespielt vom LeiPMfb Sinfonieorchester, -tz 22.20: Nachrichten und Sportsunk. -tz bis 0.30: Aus Berlin: Abcndmusik. D ea tschl andfend e r- Welle 1570,7. 5.45: Wetterbericht für die Landwirtschaft, -tz 5.50: Wieder holung der wichtigsten Abendnuchrichlen. -tz 6.00: Fumgnm nastik. -tz 6.15: Tagesspruch, -tz 6.20 Kiel: Frühkonzert. -- 0 einer Pause gegen 7.00: Neueste Nachrichten * s.00: Af" zeit, -tz 8.45: Leibesübnng für die Frau, -tz 9.00: Von--'--" singen, -tz 9.40: Heinrich Sohurcy. „Veronika in der Naw < -tz 10.00: Neueste Nachrianeu. -tz 10.10: Von deutscher Arm'- Hörücricht auS dem Neichsarbeitsschutzmuseum in CharloM" bürg, -tz 10.50: Spielturnen im Kindergarten. 11-15: --"ft scher Seewetterbenchi. -tz 11.30: Für 'du Mutter. * ^7) Breslau: Mittagskonzert der Orchestcraemcinschaft der Lanv^ musikerschasi Scbleüco » 7;,- . warte, -tz 13.00: Wetterbericht sür die LandwlrtNftu, schließend: Aus Werken lebender Komponisten (SchaUM- -tz 13.45: Neueste Nachrichten, -tz 14.00: Sperrzeit, -tz Glückwünsche, -tz 15.00: Wetter- und Börsenberichte, -tz Für die Frau, -tz 15.45: Die Wissenschaft meldet, -tz Leipzig: Nachmittagskonzert des Leipziger Sinjonieorch, -tz 17.00: Der Führer der Wirtschaft, P. H Keßler, 17.20: „Junikäfer". Ein klingendes Märchenidyll * An der Kulturgrenze des Nordens, -tz 18.30: Musik am mittag. Orchesterkonzerr. — Dazwischen 19.00: Das Anschl.: Wetterbericht sür die Landwirtschaft. * Kulturwillen des Bundes deutscher Mädel, -tz spruch. — Anschl.: Kurzuachnchtcn des Drahtlosen Dicnn^ 20.15: Rcichtsscnvinio aus Breslau: Stunde der RatUM. Wetz, ein schlesischer Komponist, tz 21 00 Leipzig: Suucu Jugend, -tz 21.30: Flamme empor! Eine Feierstunde der zur Sonnenwende. » 22 00: Politischer Kurzbericht, * Weiler-, Tages- und Sportnachrichten tz 22.30: Horbena/i der Kieler Woche, tz 22.45: Deutscher Seewetterbericht- -tz -- .4 Hörbcrlchl vom Deutschlandslug, tz 23.15—0.30 Hamburg: am Abend. Kieler Orchestergemeinschast. So still war es in den Weinzimmern, daß man eins Nadel hätte fallen hören können. Selbst das Murmeln der wenigen Gäste war jetzt ver« stummt. Alle lauschten Wangenheims Spiel, fühlten, daß Ungewöhnliches vorging. Plötzlich löste sich aus den Variationen ganz klar eins schlichte bekannte Weise. Mit unsagbarer Inbrunst spielte Wangenheim das Lönssche „Abendlied". Er wußte selber nicht, daß seine Lippen sich öffneten, und daß er qualdurch, bebt die Worte sang, die sein Schicksal geworden waren? Jedwede Nacht, jedwede Nacht hat mir im Traume dein Bild zugelacht, kam dann der Tag, kam dann der Tag wieder alleine ich lag. Rosemarie fühlte, wie alles Blut ihr zu Herzen strönM Das Lied! Ihr Lied! Wie ein Messer durchbohrte jeder Ton ihr Herz... - Wer? Wer wagte das? Wer riß mit grausamer Hand, die Wunden wieder auf, daß sie bluteten, bluteten? „Wir werden immer beisammen sein, hörst du, Rose^ marie, immer!" hörte sie eine Stimme neben sich. Da stand sie wie eine Schlafwandelnde auf. Sie mußte, sehen, wer das Lied spielte. Jetzt bin ich alt, jetzt bin ich alt, aber mein Herz noch immer nicht kalt, schläft wohl schon bald, schläft wohl schon Lald, doch bis zuletzt noch es hallt: Rosemarie, Rosemarie, sieben Jahre mein Herz nach dir schrie, Rosemarie, Rosemarie, ft aber du hörtest es nie.,. Die Töne verhallten. Bleich wie der Tod lehnte Rose- marie an einer Säule. Sie konnte den Sänger nicht sehen, dessen Gesicht ganz im Schatten war. (Fortsetzung folaick