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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Las »Wilsdruffer Tageblatt» erscheint'an allen Werktagen nachmittags'^ Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. t"! Haus, bei Postbcftellung l.W RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern IV Rpsg. Alle Postanstallen und Post- (SewÄZ« für Wilsdruff u. Umgegend-?eg^°^m Fäll?h"h-r-r s.i» <n l °??d.I°nstiger -- s Betriebsstörungen besteht «ein ltchpruch. aus Lieierung.der ZeiMng odcr Kürzung des Bezugspreises. RücksenLllng ^cingesandtcr Schriststücke erfolgt nur, wenn Rückporto deiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreis^ die l spaltige Millimeterzeile (46mm breit) 7Npfg., die 2spaltige Millimeterzeile der amtlichen DekanniB machungen bei direkter Auftragserteilung 11 Npfg. ohne Nachlaß, die 1 fpaltigeText-Millimelerzeile (90 mm breit) 20 Rpfg^ Nachweifungs - Gebühr20 Rpfg. Vorgeschriebenei Erscheinungsrage u.PIatz»« 7 AlNl 28ll8dkU^ 6 Vorschriften werden nach) Möglichkeit berücksichtigt. - - Anzeigen - Annahme bis^ vormittags 10 Uhr Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Gewähr. Jeder? -Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder der Auftraggeber in Konkurs gerät^ Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, desrStadt-s rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 41 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 17. Februar 1934 Spannung« und Entladungen. Blutiger Karneval — Allerhand dunkle Hintergründe — Die französische Grammophon-Platte. Als während des Weltkrieges an einem Montag, morgens um 5 Uhr, die Festung Przemysl den russischen Belagerern übergeben werden mußte, hat sich ein öster reichischer General den zynischen „Witz" geleistet, als einzige Anmerkung zu dieser militärischen Katastrophe zu äußern: „Die Woche fängt gut an!", — aber demgegenüber» was am „Rosenmontag" in Öster reich anfing, wäre auch dem größten Zyniker jedes Witz- wott im Halse steckengeblieben! Dort waren „die Hände aller gegen alle" und diese Hände, die solange nur zu Fäusten geballt waren, recht oft auch losschlugen, Partei gegen Partei, Bund gegen Bund, — sie griffen jetzt zu den Waffen. Zum Kampf um die Macht auf der einen tbenso wie auf der anderen Seite, nur um die Macht! Und ein nackter Machtkampf pflegt dann mit besonderer Brutalität geführt zu werden, wenn ihm, wie in dem Österreich von heute, jede, aber auch jede Spur einer höheren Idee fehlt. Vor drei Wochen erst verhandelte Dr. Dollfutz, der kleine Taktiker, mit denselben Sozial demokraten, die er jetzt mit den Granaten seiner Haubitzen jusammenschießen läßt; seine „Diktatur", die nichts davon zu sehen schien, daß sich im Innern des österreichischen Volkes und Landes die „strategische Lage" völlig geändert hatte, bedurfte ja dringend der Stützen. Denn mit den heimwehren Starhembergs einte ihn nur der Haß gegen den Nationalsozialismus. Und die Angst da vor, das österreichische Volk selbst einmal frei und unbe- ünflußt sprechen zu lassen! Nun hob er am „Rosenmontag" den Taktstock und ließ dieses deutsche österreichische Volk einen blutigen Karneval erleben, der sich sogar noch beträchtlich über den Aschermittwoch hin ausgedehnt hat. Der Tod fiedelte und die Haubitzen brummten den Baß dazu. Zu der schweren politischen Schuld, die Dr. Dollfuß durch seinen brutalen Kampf gegen den wach senden nationalsozialistischen Geist in Österreich auf sich geladen hatte und die durch sein und seiner Partei „Techtelmechtel" mit dem Austromarxismus noch vermehrt wurde, trat jetzt die schwerste, die Blut schuld. Und sie ist für ihn um nichts leichter, eher noch schwerer, weil auf dem Austromarxismus die gleiche Blutschuld lastet. Als 1848 die Wiener Revolution von dem Fürsten Windisch- zrätz niedergeschlagen und mit zahlreichen Todesurteilen „gesühnt" wurde, da hieß man ihn den „Henker von Wien". Aber vielfältig größer ist die Zahl derer, die schuldig oder gar unschuldig der „Politik" des Bundes- lanzlers Dr. Dollfuß zum Opfer fielen. Denn diesmal ist's nicht bloß Wien, sondern halb Österreich, das von der Furie des Bürgerkrieges durchrast wurde. Ein Blut strom quoll empor am „Rosenmontag". Und die Hintergründe dieses furchtbaren Geschehens, in dem Deutsche gegen Deutsche stehen? Vieles ist heute noch dunkel, nur eines nicht, — und das ist ungeheuer bezeichnend! Hat man nicht überall in der Welt gegen Deutschland den Vorwurf erhoben, hat nicht Dr. Dollfuß darüber sogar ein ganzes „Dossier", ein „Schuldbu ch" nach Paris, London, Rom und Genf geschickt: Die Reichs- cegierung und der deutsche Nationalsozialismus „misch ten sich in die inneren Verhältnisse Österreichs ein"? Hat nicht soeben erst Herr Barthou, der Außenminister des neuen französischen Kabinetts und ein alter Gegner Deutschlands, erklärt, Österreich habe wirklich das Recht, sich beim Völkerbund über Deutschland zu beschweren? Nun aber erfährt und hört man immer mehr davon — bisher drangen nur entsprechende Gerüchte in die Öffentlich keit —, daß besonders Frankreich, sein Gesandter in Wien, sein Völkerbundssekretarial in Genf, alle möglichen „diplo matischen Schritte" in Wien bei Dr. Dollfuß taten, um eine möglichst gütliche Bereinigung seines Verhältnisses zur Sozialdemokratie herbeizuführen! Sein jetziges Vorgehen gegen den Austromarxismus, mit dem die Christlichsozialen noch kurz zuvor rm Wiener Rat haus zusammengingen, stößt daher in Gens „auf geringes Verständnis", wird in Frankreich ganz offen getadelt und gar in Prag „zittert man vor allem für das Ge schick der österreichischen Sozialdemo kratie"! Das sagt der Berichterstatter eines Schweizer Blattes, der an der Moldau weilte. Also mag es nicht ganz unrichtig sein, daß man bei den roten Schutzbünd lern Waffen und Ausrüstungsgegenstände ausländi scher Herkunft fand! Hatte doch Frankreich und die Kleine Entente, namentlich die Tschecho slowakei, in der österreichischen Sozialdemokratie einen verläßlichen Bundesgenossen, — bis in Frankreich selbst die Sozialdemokratie auf Eis gelegt wurde. Da schlug Starhemberg los. * In dem Lärm des Gewitters, das über Österreich los brach und das selbstverständlich vor allem die Blicke Deutschlands teils teilnahmsvoll, teils zornig auf sich zog, wird sozusagen nur registriert, daß die jüngste franzö sische Antwortnote in der Abrüstungsfrage immer nur wieder die alte Grammophonplatte her- »ut er schnurrt. Es löhnt also kaum zu wiederholen. Wichtige Beschlösse des ReichMinettr Wichtige Gesetze u«d Gesetzes änderungen Das Reichskabinett genehmigte ein Gesetz zur Ände rung der Verordnung über die Devisen bewirtschaftung vom 23. Mai 1932. Durch das Gesetz wird die Verfolgung in Strafsachen wegen De vifenvergehens vereinfacht und wirksamer gestaltet. — Ferner verabschiedete das Reichskabinett ein Gesetz über Kassenvereinigungen in -er Krankenversicherung, wodurch das Recht der Kassenvereinigungen übersichtlich geregelt wird. — Das vom Reichskabinett genehmigte Gesetz überdieRealsteuer1934 ist notwendig geworden, weil die gegenwärtigen wirtschaftlichen Ver hältnisse einen Verzicht auf die Realsteuersperre nicht zu lassen. Durch die Aufgabe der Realsteuersperre würde die Wirtschaft der Gefahr erhöhter Belastung ansgesetzt werden. Den Gemeinden, die für das Rechnungsjahr 1933 ihre Steuersätze gesenkt hatten, soll die Möglichkeit gegeben werden, im nächsten Rechnungsjahr unter be stimmten Voraussetzungen aus-den normalen Stand zu rückzukommen, wenn sich die Fortsetzung der Senkung als untragbar erweisen sollte. Das Kabinett nahm ferner ein Gesetz über Hinaus- schiebungderBesteuerung der toten Hand an. Die Veranlagung und Erhebung dieser Steuer wird bis auf weiteres ausgesetzt. — Schließlich verabschiedete das Reichskabinett das voni Reichsministerium für Volks ausklärung und Propaganda vorgelegte Lichtfpielgesetz, das eine völlig neue Regelung der Filmprüfung und auch neue Bestimmungen für das Lichtspielgewerbe enthält. Während bisher die Wirkung der gesamten Regelung des Lichtspielwesens insbesondere auf dem Gebiet der Film zensur eine rein negative gewesen ist, erwächst dem neuen Staat die Aufgabe und Verantwortung, positiv am Werden des deutschen Films mitzuarbeiten. Die Verantwortung der Reichsregierung wird durch dieses Gesetz auch aus dem Gebiet des Filmwesens eine größere werden als bisher. Ser 25. KeSruar - Keldengedenllag. Der fünfte Sonntag vor Ostern wird als Helden- gedenktag einheitlich im ganzen Reich begangen. Der Reichsminister für Vollsausklärung und Propaganda hat die Landesregierungen ersucht, die zur würdigen Be gehung dieses Tages erforderlichen Maßnahmen unver züglich zu treffen und besonders alle Lustbarkeiten zu verbieten. Am Sonntag, 25. Febuar, findet in der Reichshaupt stadt um 12 Uhr mittags ein St a at s ak t in der Staats- oper Unter den Linden mit folgendem Programm statt: Trauermarsch aus der Eroika von Beethoven, Gedenk rede des Rsichswehrministers von Blomberg, Lied: Ich halt' einen Kameraden!, Einzug der Götter in Wallhyll aus der Götterdämmerung von Richard Wagner, das Deutschland- und Horst-Wcssel-Lied. Der Staatsakt wird auf alle deutschen Sender übertragen. Die im ganzen Reich angetretenen Amtswalter der NSDAP, und ihrer Unterorganisationen hören nach der Vereidtt gung die Übertragung des Staatsaktes auf den Auf- marschplützen. Nach dem Staatsakt findet ein Vorbei marsch der Reichswehr und anderer Formationen statt. daß Paris erst mal eine Kontrolle vor jeder weiteren Maß nahme verlangt, jede Materialaufrüstung für Deutschland vor der Umbildung d-er Reichswehr in eine Milizarmee ablehnt, eine weit das Erlaubte überschreitende Aufrüstung und den militärischen Charatter der SA. und SS. be hauptet, deren Einrechnung in die 300 000 Mann des künftigen deutschen Milizheeres gefordert wird. Paris stellt sich auf den Standpunkt: Alle diese Fragen können nur von allen daran interessierten Staaten, also in Genf auf der Abrüstungskonferenz behandelt und „zu einem guten Ende, gebracht" werden. Darauf darf man als Deutscher auf Grund schon fast zehnjähriger Er fahrungen m'' diesen Genfer Verhanalungen Wohl mit War dar neue Lichtspielgesetz entM Einige grundlegende Bestimmungen. Mit der Schaffung einer Filmbank und der Errich tung einer Reichsfilmkammer sind die Maßnahmen der nationalen Regierung zum Wiederaufbau des deutschen Filmwesens auf wirtschaftlichem Gebiet zunächst abge schlossen. Es ergibt sich nunmehr die Aufgabe, dem Film als Kultur- und Propagandainstrument die ihm gebührende Stellung im neuen Staat einzuräumen und zu sichern. Staatliche Beaufsichtigung kann hierbei nicht völlig ent behrt werden. Während jedoch die Wirkung der bis herigen gesetzlichen Regelung des Lichtspielwesens, ins besondere auf dem Gebiet der Filmzensur, eine rein negative gewesen ist, erwächst dem neuen Staat die Auf gabe und die Verantwortung, po,ttiv am Werden des deutschen Films mitzuarbeiten. Dieser Aufgabe kann der Staat nur gerecht werden, wenn er dem gesamten Herstellungsvorgang des Filmschaffens seine Aufmerksamkeit 'zuwendet. Nur durch eine intensive Beratung und Betreuung der Filmgestaltung kann verhindert werden, daß Filme zur Vorführung gelangen, die dem Geist der Zeit zuwider laufen. Es kann heute nicht mehr hingenomm werden, daß auf Grund des Zensurgesetzes die Zulassung durch die staat liche Filmprüsstelle Filmen gewährt werden muß, gegen die sich bei ihrer Vorführung Widerspruch in weiten Be völkerungskreisen erhebt. Mit der Zulassung eines Films durch seine Organe übernimmt der Staat in gewissem Umfang die Mitverantwortung für deren moralische und auch künstlerische Gestaltung. Durch die Prüfung ausländischer Tendenzfilme in ihrer Ursprungsfassung wird verhindert, daß Filme mit Deutschland abträglichem Inhalt in einer eigens für Deutschland hergestellten Fassung zur Aufführung ge langen, ohne daß sie zugleich im Ausland ihres Hetzfilm- Charakters entkleidet werden. — Die gänzliche Ausschließung von Kindern unter sechs Jahren vom Kinobesuch ist aufgegeben Worden, so daß Jugendvorstellungen künftig auch von jüngeren Kindern besucht werden können. Die Verant - wortung für die Zulassung ruht künftig allein bei dem Vorsitzenden der Filmprüfstelle in Berlin, der sich bei der Prüfung von Spielfilmen der Mithilfe und des Rates erfahrener und geeigneter Persönlichkeiten aus den Kreisen des Lichtspielgewerbes, der Kunst, des Schrift tums und anderer Kulturkreise zu bedienen hat. Ltm -Le Schaffung -er Neichsjustiz. Eine Äußerung des Reichsjustizministers. In einer in der „Deutschen Justiz" veröffentlich ten Erklärung äußert sich Reichsjustizminister D r. Gürtner über die Vorbereitungen für die Über nahme der Justizhoheit auf das Reich. Er präzisiert den Zweck des Ersten Gesetzes zur Überleitung der Rechts pflege auf das Reich dahin: Alle Gerichte sprechen Recht im Namen des deutschen Volkes, die Freizügigkeit der Rechtsanwälte und die Gültigkeit der notariellen Urkun den im ganzen Reichsgebiet ist festgesetzt, das Recht der Landes zur MeTörschlagung eines Straf verfahrens ist auf den Reichspräsidenten übertragen worden. Weitere reichsgesetzliche Maßnahmen werden folgen. Dar über hinaus bedarf es der Vereinheitlichung der I u st i z e i n r i ch t u n g en und der Vereinheitlichung der Bestimmungen. Des weiteren gilt es, die auf dem Gebiete des Behördenwesens bereits bestehenden Bestim mungen des Reichs bei der gesamten Justiz einzuführen; mit dem Augenblick, in dem späterhin die Justizbehörden Neichsbehörden. werden, sind von ihnen die reichsrecht lichen Bestimmungen des Beamten-, Besoldungs-, Haus halts- und .Kassenrechts anzuwenden. Der Neichsjustiz- minister teilt dann mit, daß er drei Ländergruppen gebildet habe, die durch die drei größten Landesjustizverwaltungen geführt werden: Norddeutschland unter Führung Preußens, Mitteldeutschland (Sachsen, Thüringen, Hessen) unter Führung Sachsens und Süddeutschland unter Führung Bayerns. Diese Maßnahme habe aus schließlich technische Bedeutung, sie solle das Reichsjustiz ministerium der Notwendigkeit überheben, mit allen Lan- desjustizverwaltunacn von sich aus in Verbindung ru treten.