Volltext Seite (XML)
WMnOrÄgM« alle anderen Stande des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreis: die 1 spaltige Millimeterzcile (46mm breit) 7 Rpsg., die 2spaltige Millimeterzeile der amtlichen Bekannt* machungen bei direkter Auftragserteilung 11 Rpsg. ohneNachla^, die 1 fpaltige Text-Millimeterzeile (90mm breit) 20Rpfg. Nachweijungs * Gebühr : . 20 Rpfg. Vorgeschriebene Erscheinungstage u.Plah- Fernsprecher ' Amt Wltsdruts Nr. 6 Vorschriften werden nach Möglichkeit berücksichtigt. """" . — > . Anzeigen - Annahme bis vormittags 10 Uhr Für die Nichtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Gewähr. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oder dec Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des ^Stadt- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr.Zg—-93. AahrMNff Telegr.-Adr.: „Tageblatt" Wilsdruks-D^esven Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 24. Januar 1934 s Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und «Das „Wilsdruffer Tageblatt*^erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— NM. frei Haus, bei Postbestellung 1.80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 1V Rpsg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle, nehmen zu jederzeit Bestellungen ent- WvcheNblall EÜk U. UMgEgLNd gegen Im Falle höherer Gewalt,Kriegod. sonstiger " —" " . - .. , —— Betriebsstörungen besteht Lein Anspruch, auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung cingefandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. SlumWMttsMzWeMillm Vertrauensvotum -er Kammer siir Lhautemps. Aber das französische Volk denkt anders. In der Französischen Kammer unternahm der Ab geordnete Henriot einen neuen Vorstoß gegen die Regie rung wegen des Stavisky-Skandals. Als Henriot die Rednertribüne betrat, bemächtigte sich des Hauses eine gewaltige Erregung. Es ertönten laute Rufe und Zischen. Henriot kündigte an, daß er neue belastende Schriftstücke bekanntgeben werde. Daraufhin wurde ihm von den Bänken der Radikaksozialisten zugerufen: „Wieviel bezahlt man Ihnen?" Das war das Signal für ein Pfeifkonzert auf den Bänken der Rechten. Gleichzeitig stimmten die Kommunisten die Internationale an. Der Lärm wurde schließ lich so groß, daß der stellvertretende Kammerpräsident die Sitzung aufhob. Sämtliche Zuschauertribünen wur den geräumt. Nach Wiederaufnahme der durch Lärmszenen unter brochenen Kammersitzung setzte Henriot seine Angriffe gegen die Regierung fort. Im Verlaufe feiner Ausfüh rungen kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem ehemaligen Ministerpräsidenten Herriot und dem früheren Hqndelsminister Rollin sowie zu häufigen lär menden Kundgebungen von rechts und links. Als Mini sterpräsident Chautemps die Tribüne bestieg, um auf die Angriffe Henriots zu antworten, mußte er sich ebenfalls ständig Unterbrechungen gefallen lassen. Von rechts wurde immer wieder in den allgemeinen Lärm hineingerufen: „Untersuchungsausschuß! Untersuchungsausschuß!". Schließlich schritt die Kammer zur Abstimmung über die Rückverweisung eines Kapitels des zur Aussprache stehenden Justizhaushaltes, gegen die der Ministerpräsi dent die Vertrauensfrage gestellt hatte, um sofort das Mehrheitsverhältnis in der Kammer zu klären. Mit 367 gegen 201 Stimmen trat die Kammer für den Antrag der Regierung gegen die Rückverweisung ein und sprach ihr somit das Vertrauen aus. -n Tie Ecke Boulevard St. Germain und Boulevard Naspail war wieder der Schauplatz lärmender Kundgebungen, an denen sich viele Tausende von Menschen unter Führung der action francaise beteiligten. Umgeworfene Straßen bänke, herausgerissene Vaumschutzgitter, Polizeikolonnen, die überall gegen die Demonstranten vorrücken, kennzeich nen den Kampfplatz. Diesmal wurde auch berittene Polizei eingesetzt, die in die Menschenmenge Hineinritt, wenn sie sich nicht auf die erste Aufforderung hin zurückzog. Von überall her ertönten Rufe, Pfiffe und Gesang. Aus vielen Fenstern wurden Knalibomben gegen die aurcitendc» Polizisten geworfen. Auch Wasser wurde aus den verschiedenartigsten Gefäßen aus den Fenstern gegossen. An der Kirche St. Germain waren Baumschutzgitter auf die Straßenbahnschienen ge worfen worden, so daß blaue Stichflammen aufschlugen. Die Polizei hat schließlich das Feld behauptet. Der Polizeipräfekt leitete persönlich die Abwehrmaßnahmen. Ter Boulevard St. Germain gleicht stellenweise einem Trümmerfeld. Viele Personen sind verletzt worden. Die Polizei nahm zahlreiche Verhaltungen vor. Gin sauberer Plan der roten Saarsremdlinge. Unruhen als Grund für Einsatz fremder Truppen. In Saarbrücken war zu Beginn des Monats die Filmvorführung „Flüchtlinge" dadurch gestört worden, daß von einem Kommunisten im Zuschauerraum fünf Flaschen niedergecegt worden waren, deren Inhalt dazu bestimmt war, während der Vorführung Brände und somit eine Panik unter den Besuchern zu erzeugen. Man befürchtet, daß dieser Versuch nach der ganzen Anlage in Verbindung mit der Brandstiftung im Rcichstags- gcbäude steht. Die explosive Flüssigkeit sei geruchlos. Sie entwickle keinen Rauch, ebenso wie die Flüssigkeit, von der noch Spuren nach dem Reichstagsbrand im Vollsitzungssaal gefunden waren. Seit längerer Zeit wird im Saargebiet eine sehr lebhafte Tätigkeit sozialdemokratischer Formationen beob achtet, die auch mit den Kommunisten und mit den Emi granten in Verbindung stehen. Man nimmt an, daß von dieser Gruppe der Plan erörtert worden ist, durch kleinere Terroraktionen allmählich die Vorbedingungen für den Versuch eines separatistisch-kommunistisch- marxistischcn Aufstandes zu schaffen. Der Volksverräter Matz Brann hat bekanntlich die Entsendung einer internationalen Polizei truppe in das Saargebiet propagiert. Die Voraus setzung dafür könnte, so befürchtet man im Saar gebiet, geschaffen werden, wenn es den Separatisten und Kommunisten gelingen sollte, durch Terrorakte die Bevölkerung zu beunruhigen. Man mutz erwarten, daß die Regierungskommission den Brandstiftungsversuch in dem Lichtspielhaus objektiv untersucht und dabei die Parallelen zum Reichstags brand und die Fäden zu den Aufstandsabsichten der Separatisten und Kommunisten besonders aufmerksam prüft. Britische Militärkonserenz in -er Sü-iee. Indirekte Warnung an Japan. Aus dem englischen Kriegshasen Singapore, an der Südspitze der Malaiischen Halbinsel, kommt über London eine Meldung, die im Zusammenhang mit der ständig gespannten Lage im Fernen Osten geradezu sen sationell zu nennen ist. Dort findet zur Zeit an Bord des Kreuzers „Kent" eine militari sch eKonserenz englischer, australischer und neuseeländischer Admirale statt, so daß also die kommandierenden Führer sämtlicher um Indien, Australien und Neuseeland stationierten britischen Seestrettkräfte an dieser Konferenz beteiligt sind. Die Bedeutung dieser Besprechungen, die offiziell harmlos als Erörterungen über die „Fragen von gemein samem Interesse" dieser Seestreitkräfte ausgegeben werden, geht u. a. daraus hervor, daß man nicht weniger als eine ganzeWoche dafür vorgesehen hat, ferner daraus, daß man diese Besprechung seit sieben Jahren nicht mehr geführt hat, sie nun also für um fo dringlicher hält. Außer den höheren Marineführern nehmen auch die Kommandeure der Landtruppen in den genannten Gebieten daran teil. Außerdem wird behauptet, daß sogar der englische Feldmarschall Lord Allenby eigens zu dieser militärischen Konferenz nach Singapore gekommen sei; doch werde das streng ge heimgehalten, zumal ein starker Ausbau der Befestigungen von Singapore einen Hauptpunkt der Besprechungen bilden soll, ein Plan, der angesichts der japanischen Äusdehnungsbestrebungen in der Südsee ja schon seit längerer Zeit von England erwogen wird. Auch die Frage der Verteidigung Australiens soll in diesem Zusammenhangs erörtert werden. Bisher unbestätigte Gerüchte wollen sogar von einem Zusammengehen Englands mit Hollands im Fall eines weiterep Vordringens der Japaner wissen, wobei England, um Holland für seine Abwehrpläne zu gewinnen, den Niederlanden eine Garantie für ihre ost indischen Besitzungen angeboten haben soll. Auf jeden Fall zeigen auch diese Meldungen, daß man von Jahr zu Jahr schneller einer endgültigen Entschei dung über die Vorherrschaft im Fernen Osten entgegen- gehende Entwicklung dort im Auge behalten muß. Sie Zerstückelung Chinas. Wie die Telegraphen-Agentur der Sowjetunion ans Taschkent meldet, wurde in Kaschgar die Selbständigkeit von Chinesisch-Turkestan unter Führung von Sabido- Mulla ausgerufen. Die neue Regierung habe erklärt, daß alle Chinesen das Land verlassen müßten. Die Höllenmaschine von Agram. Das Attentat auf den D-Zug Wien—Agram lenkt er neut die Augen der Welt auf die Zustände, die sich in Jugoslawien entwickelt haben. Kein Mensch könnte an geben, die wievielte Bombe diesmal im Kroatien der Nachkriegszeit geplatzt ist und Menschenleben vernichtet hat, und zwar ist diese Feststellung aus dem einfachen Grunde unmöglich, weil eine große Zahl der Anschläge dieser Art von derBelgrader Regierungs presse verschwiegen werden. Wenn sie bekannt werden, so haben sie sich entweder bei Gelegenheiten zu getragen, wo Ausländer Zeugen des Geschehnisses ge worden sind, oder aber die Kroaten selbst haben dafür ge sorgt, daß die Aufmerksamkeit der Welt wieder und immer wieder auf den vulkanischen politischen Boden hingelenkt wird, den ihr Land darstellt. Vor dem Kriege hätte man eine derartige Entwick lung nicht für möglich gehalten. Kroatien galt als ein stilles, friedliches Bauernland, dessen kräftige Söhne frei lich gleichzeitig sehr tüchtige Soldaten waren, wie es ihre Väter immer gewesen waren. Agram war bekannt als eine architektonisch schöne, saubere Stadt in dem vielge staltigen Kulturbereich der k. und k.-Doppelmonarchie, in der allerdings ein bißchen vorlaut Nationalitätenpolitik betrieben wurde. Die zum Teil hochgebildete bürgerliche Oberschicht verstand es aber gleichzeitig, in Wien mw anderwärts ausgezeichnet aufzutreten. Man konnte sich schwer vorstellen, daß dieselben Menschen, die der Reichs deutsche immer nur von ihrer liebenswürdigen Seite kennen lernte, so fanatische Panslawcn sein sollten, nnd im Weltkriege haben die kroatischen Truppenteile bis zu letzt treu ihre Pflicht getan. Plötzlich, beim Zusammenbruch der Habsburger monarchie, erfuhr man, daß südwärts vom Loibl-Paß alles in Heller Abfallsbewcgung war und daß der Zu sammenschluß der Slowenen und Kroaten mit den Serben vollendete Tatsache war, ehe noch die übrigen Mächte dazu überhaupt Stellung nehmen konn ten. T-ie Welt hatte anderes zu tun, als sich um diese Dinge zu bekümmern. Auch gute Kenner des ehemaligen Österreich waren der Überzeugung, daß von den Nach- kriegsgebilden der SHS.-Staat, wie er damals noch hieß, die größte Aussicht auf dauernden Bestand hatte. Die Ermordung kroatischer Politiker und Bomben würfe ließen dann Europa erstaunt und entsetzt auf merken, und bald stellte sich folgendes heraus: Die Kroa ten waren mit der Art, wie sie unter die serbische Herr schaft gestellt worden waren, keineswegs einverstanden. Schon beim Einzuge der Serben hatten die Mißhellig- keiten begonnen, und seither hatte man sich immer weiter auseinandcrentwiüelt. Die beiden Völker haben nämlich gar nichts mit einander zu tun, als daß ihre Sprachen miteinander verwandt sind. Während aber die Kroaten immer der westlichen Kultur zugewendet gewesen waren, im Mittelalter unter der Führung Vene digs, später unter derjenigen Wiens, waren die Serben von jeher ein balkanisches Volk, das die lange Zeit der türkischen Bedrückung zwar ebenfalls soldatisch gestählt hatte, bei dem aber die Fremdherrschaft die kulturelle Entfaltung sehr gehemmt hatte. Der Gegensatz wurde dadurch verschärft, daß die Kroaten durchweg fromme römische Katholiken, die Serben dagegen von alters her griechisch-orthodox waren. Daß die Serben sich als Kiregsgewinner fühlten und als Eroberer und Herren- Volk aufftthrten, trug ebenfalls zur unüberbrückbaren Entfremdung bei. Es besteht kein Zweifel bei allen, die Kroatien aus eigener Anschauung kennen, daß bei einer Volksbefragung die Bevölkerung sich mit einer über wältigenden Mehrheit zu einer Autonomie be kennen würde, und zwar umso begeisterter, je mehr eine solche den Zusammenhang mit Serbien gänzlich aufheben würde. Die Serben ihrerseits haben eine sehr unglückliche Hand bewiesen, als es darauf angekommen wäre, die Herzen der „neugewonnenen Brüder" zu gewinnen. Sie glaubten vor allem, daß es nur darauf ankomme, eine An zahl der Volksführer zu beseitigen, um Ruhe zu stiften, und diese Art der blutigen „Befriedung" wurde so nach drücklich betrieben, daß ein ganzes Viertel des Agra merHauptfriedhofes mit den Gräbern der ermordeten Kroatenführer, an ihrer Spitze Stephan Raditschs, besetzt und zu einem nationalen Wallfahrtsorte geworden ist. In den Kerkern, die mit widerstrebenden Kroaten gefüllt wurden, haben sich, wie eine Reihe von Prozessen gezeigt hat, Dinge abgespielt, die man im zwan zigsten Jahrhundert nicht mehr für möglich halten würde und die jedem Hörer das Blut in den Adern erstarren lassen. Die Antwort der in ohnmächtiger Wut rasen den Bevölkerung entsprach diesen Vorgängen: überall platzten Bomben, und das Königspaar ist bei seinen Besuchen in Agram wiederholt nur durch Zufälle mit dem Netzen davongekommen. Das Bestreben der Serben gmg nun dahin, die Welt die unhaltbaren Zustände, welche die Friedensdiktate im europäischen Südosten geschaffen haben, nicht merken zu lalle». Aus dieser Erwägung hatten sie jetzt die Konferenz der Kleinen Entente ausgerechnet auf den mit Spreng pulver unterminierten Boden von Agram eingeladen. Die kroatischen Heißsporne haben diesen Entschluß mit grim miger Erbitterung ausgenommen. Kamen die Staats männer, die sie für mitschuldig an dem Elend ihres Volkes halten, in ihr Land, so sollten sie die Wahrheitüber dieherrschendeStimmung erfahren. Und da in Jugoslawien Gendarmerierevolver und Polizeiknüppel das letzte Mittel der Staatsräson der Bedrücker sind, io sind dort Bomben und Höllenmaschinen das gewohnte Gerät der Gegendemonstration geworden. Alle diese Dinge sind grausig. Sie sind auch unsinnig, da sie die w a h r e n S ch u l d i g e n, die 1919 inParis so viel Unheil über die Völker gebracht haben, nicht treffen. Aber Wundern über diese neueste Explosion nach einem Dutzend anderer kann sich nur der, der noch nicht gemerkt hat, wie weit der Balkan nach dem Ende des Weltkrieges, gegen Mitteleuropa vorgerückt ist. W. S-