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Wilsdruffer Tagebla« 2. Blatt Nr. 3» — Donnerstag, den 15. Februar 1934. Or. Ley 44 Lahre. kkv. Der Siabsleiter der PO. der NSDAP, und Führer der Deutschen Arbeitsfront, Dr. Robert Ley, begeht am 15. Februar seinen 44. Geburtstag. Dr. Ley, der aus einer kleinbäuerlichen Familie stammt, hat durch die harte Lebensschule im bergischen Land Arbeiter und Bauern kennengelernt. Bei Kriegsaus bruch meldete er sich freiwillig und zog zunächst als Artillerist, dann als Flieger trotz mehrfacher Verwun dungen immer wieder an die Front, wo er sich hohe Aus zeichnungen verdiente. Im Juli 1917 wurde sein Flug zeug über der französischen Front abaekckoiien. Schwer verwundet geriet er in französische Gefangenschaft und konnte erst nach drei Jahren, immer noch an den Folgen seiner Verwundung leidend, in die Heimat zurück kehren. Nach Beendigung seines Studiums promovierte er in Münster zum vr. Mit. Seine Anfangsstellung erhielt er bei den I. G.-Farben in Leverkusen. 1924 lernte Dr. Ley Adolf Hitler und den Nationalsozialismus kennen und wurde ein begeisterter Anhänger. Der Führer, der die Fähigkeiten Dr. Ley's bald erkannte, betraute ihn schließ lich mit der Leitung der Gaue Köln-Aachen und Koblenz- Trier der NSDAP. Infolge der guten Beziehungen, die die systemtreuen Politiker zur Industrie und damit auch zu dem I. G.-Farben hatten, war es ihnen ein Leichtes, seine Firma zu veranlassen, Dr. Ley die politische Tätigkeit zu verbieten. Gr wurde sogar ent lassen. 1928 wurde Dr. Leh in den Preußischen Landtag gewählt. Als am 14. September 1930 mehr als 100 Natio nalsozialisten in den Reichstag einzogen, befand sich unter ihnen auch Dr. Ley. Bei der organisatorischen Neugliederung der NSDAP. Ende 1932 berief ihn der Führer zum Inspek teur von Westdeutschland. Später berief ihn der Führer aus das höchste Amt, das die politische Organisation der NSDAP, zu vergeben hat, zum Stabsleiter der PO., schließlich zum Führer der Deutschen Arbeitsfront. Der Gedanke, alle tätigen Deutschen, Arbeiter wie Unternehmer in eine allumfassende Gemeinschaft zu sammenzuschließen, wurde von Dr.Ley durch die Schaffung der NS.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude" in die Tat umgesetzt. Ein ganz besonderes Verdienst hat sich Dr. Ley durch die Schaffung des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit erworben, das bekanntlich am 1. Mai 1934 in Kraft tritt. Zum erstenmal wird hier die soziale Ehre zu dem Begriff, der vor dem Materiellen rangiert. Ziele der Deutschen Arbeitsfront. Ansprachen Dr. Lehs. Die Amtsleiter der Deutschen Arbeitsfront, der Gemeinschaft „Kraft durch Freude", die Landesobmänner der NSBO., die Führer der RS.-Hago und die Landes leiter des ständischen Aufbaues waren aus Einladung des Führers der Deutschen Arbeitsfront, Dr. Ley, zu einer Arbeitstagung zusammengetreten. Dr. Ley nahm während der Tagung zweimal das Wort. Er führte u. a. aus: Eine gewaltige Arbeit ist zu leisten, um das Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutz der nationalen Arbeit bis zum ! - so zu garantieren, wie das nötig ist. Eine neue Tarifordnung muß bis dahin stehen. Der Treuhänder müsse voll kommen unabhängig sein. Er müsse ein Vorbild für alle werden. Man müsse dem Treuhänder die Achtung und das Ansehen verschaffen, das ihm als höchstem Richter im Staate zustehe. Man habe der Arbeitsfront vor einem halben Jahr die Betätigung in sozialen Dingen aüsprechen wollen. Das sei lächerlich. Zunächst sei die höchste wirtschaftliche Auf gabe, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Sei dieses er ledigt, dann werde die Arbeitsfront sich mit der gleichen Hartnäckigkeit für Durchsetzung der nationalen Belange und für günstigere Lebensbedingungen der von der Ar beitsfront Betreuten einsetzen. Der Kerngedanke des Werkes „Kraft durch Freude" sei, dem deutschen Arbeiter und jedem deutschen Menschen eine hohe gesellschaftliche Stellung zu geben, soweit er ein anständiger Mensch sei. Er solle ein vollwertiges Glied des deutscken Volkes sein. Es sei nicht wahr, so rief Dr. Ley aus, daß die frühere Arbeiterbewegung nur um den Lohn gekämpft habe und daß deshalb Millionen zu sammengestanden hätten. Dem deutschen Arbeiter gehe es vor allen Dingen auch um die Ehre, um die Achtung und Anerkennung als Mensch. Im Laufe der Tagung sprach auch der Amtsleiter des ständischen Aufbaues, Dr. Frauendorfer. Oer Reichsrai ausgehoben. Die Reichsrcgierung hat unter dem 14. Februar ein Gesetz verkündet, durch das der Reichsrat ausgehoben wird. Die Reichsregierung gibt dazu eine Begründung bekannt, in der es u. a. heißt: Aufgabe des Reichsrats war nach der Weimarer Ver fassung die „Vertretung der deutschen Länder bei der Ge setzgebung und Verwaltung des Reichs". Nachdem durch das Gesetz vom 30. Januar 1934 die Hoheitsrechte der Länder auf das Reich übergegangen und die Landesregierungen der Reichsregierung unter stellt sind, bleibt für eine mit den Befugnissen des Reichs rats ausgestattete Körperschaft kein Raum mehr. Bei der durch das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 eingeführten vereinfachten Gesetzgebung wirkt der Reichsrat nicht mehr mit, auch nicht bei den zur Aus führung der Regierungsgesetze ergehenden Verwaltungs vorschriften. überall da, wo der Reichsrat neben einem Reichs organ, meist der Reichsregierung oder einem Fachminister tätig wurde, fällt diese meist in der Form der „Anhörung", „Zustimmung" oder „Genehmigung" sich vollziehende Mitwirkung ersatzlos fort, soweit nicht im Einzelsall eine anderweitige Rege lung getroffen wird. Das gleiche gilt für die Fälle, in denen dem Reichsrat ein Vorfchlagsrecht für die Besetzung von Beamtenstellen und dgl. zustand. In den Fällen der selbständigen Betätigung des Reichsrats, die auf dem Gebiete der Verwaltung durch „autoritative Festsetzung", durch „Verleihung", „Er nennung", „Wahl", durch den Erlaß von Geboten oder Verboten durch Entziehung von Rechten durch die Fest setzung von Bedingungen usw. in Erscheinung trat, bedarf es für den fortfallenden Reichsrat der Bestimmung eines Ersatzes: An seine Stelle tritt der zuständige Reichsminister oder die von diesem im Benehmen mit dem Reichs minister des Innern bestimmte Stelle. In zahlreichen Körperschaften und Organen der ver schiedensten Art war die Mitwirkung von Bevollmäch tigten zum Reichsrat vorgesehen. Die Mitwirkung der Bevollmächtigten zum Reichsrat entfällt in Zukunft. GememdZsührung und -schutung. Reichsminister Dr. Frick vor dem Deutschen Gemeindetag. Bei der Einweisung des Vorstandes des Deutschen Gemeindetages hielt Reichsminister des Innern, Dr. Frick, eine Ansprache, in der er u. a. ausführte: Durch das Vertrauen des Führers ist der Verband» der deutschen Gemeinden und Gemeindeverbknde, der Deutsche Gemeindctag, nach dem Reichsgcsetz vom 15. De zember 1933 zu einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhoben und in den Neubau des Reiches eingesügt wor den. Die Zeit der kommunalen Spitzenverbände, die glaubten, die Interessen irgendwelcher Gemeindearten gegenüber dem Staat vertreten zu müssen, und in frucht losem Nebeneinander und Gegeneinander wertvolle Kräfte verzettelten, ist vorbei. Ein Band umschließt alle 50 000 deutschen Gemeinden und Gemeindeverbände. Der Führergedanke des Dritten Reiches läßt keinen Raum mehr für eine „kommunale Interessenvertretung", und zwar schon deshalb nicht, weil es überhaupt keine kommunalen Interessen gibt, die denen des Reiches ent gegengesetzt wären. Reich und Gemeinden sind schicksal^-- verbunden und bilden eine Einheit. Die Zusammen»' fassung von Stadt und Land in einer einheitlichen Organisation gibt die Gewähr der Überbrückung vermeintlicher Gegen sätze und bedeutet zugleich eine ernste Verpflichtung, gerechten Ausgleich zu schaffen. Aufgabe des Deutschen Gemeindetages ist es, die Gemeinden und Gemeindeverbände in den großen und kleinen Fragen gemeindlicher Arbeit zu beraten und der Neichsregierung sowie den Regierungen der Länder, wenn sie sich des Rates des Deutschen Gemeindetages versichern wollen, mit seinen reichen Erfahrungen zur Seite zu stehen. Der Deutsche Gemeindetag ist von seinem Vorsitzenden wiederholt mit dem Generalstab des alten Heeres ver glichen worden, der die besten Offiziere der Armee zu sich heranzog, um sie in harter Arbeit für Krieg und Frieden zu schulen. So möge auch der Deutsche Gemeindetag in fruchtbarem Zusammenwirken mit dem Kommunalwissen schaftlichen Institut an der Universität Berlin und dem Kommunalpolitischen Amt der Partei eine > Schulungsarbeit vermitteln, die dem Besten der deutschen Gemeinden und> ihrer Bürger dient. 1 Viel wichtiger als die gesetzliche Regelung der Auf-- sicht ist für mich das persönliche Vertrauensverhältnis,, das Aufseher und Beaufsichtigte verbindet. Deshalb konnten die großen Aufgaben, die dem Deutschen Ge meindetag erwachsen, vom Staat nur solchen Männern in die Hände gelegt werden, deren politische Gesinnung, menschliche Haltung und sachliche Erfahrung sie hierzu besonders geeignet macht. Den verdienten Kämpfer der Bewegung, den Leiter des Kommunalpolitischen Amtes der Partei, Reichsleiter Karl Fiehler, Oberbürgermeister der Stadt München, habe ich daher zum Vorsitzenden des Deutschen Gemeindetages bestellt. Keinem verdienstvolleren Mann konnte ich dieses wichtige Amt anvcrtrauen. Sie, lieber Pg. Fiehler, haben in den langen schweren Jahren des Kampfes in unbeirr barer Treue zum Führer und zu der Bewegung gestandem Ihr Können und Ihre Treue finden jetzt ihren Lohn. Auch Sie, Herr Dr. Weidemann, den Oberbürger meister der Stadt Halle, den Vorsitzenden des Ausschusses für Kommunalrecht und Kommunalverfassung an der Akademie für Deutsches Recht, begrüße ich und verpflichte Sie in Ihrer Eigenschaft als stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Gemeindetages. Der Minister gab dann die Namen der von ihm auf Vorschlag des Deutschen Gemeindetages berufenen 37 Mitglieder des Vorstandes bekannt und schloß: „Schwere und große Aufgaben sind auf kommunal politischem Gebiet zu bewältigen. Es gitt. in den näch sten Monaten und Jahren die Grundlage für eine neue und gesunde Kommunalwirtschaft zu schaffen. Die Einheit des Reiches verlangt ein in den Grundzügen Liter» »aü, selmeUsr? A "7s»?'»- aus als das Gesicht. Warum eigentlich? Mtern dis .Hände etwa schneller? 2a — aber nur dann, wenn ihre Pflege vernachlässigt wird. Dabei kostet es doch wirklich wenig Mühe, die Hände nach der Hausarbeit und nach dem Waschen jedesmal mit Leokrem einzureiben. Das tut Wunder für die Haut! Die Hände bleiben sammetweich und zart: man kann ihr wahres Mter nicht erraten. Leokrem mit Sonnen-Vitamin ist schon von 22 Pfg. ab erhältlich. Um deutsche Not Roman von Leontine v. Winterfeld-Platen. 39. Fortsetzung Nachdruck verboten Sibylle sah wieder den alten Glanz in jeinen Augen und das eiserne Wollen, das jede Schranke niederzwang. Da wurde sie froh und wandte sich langsam zum Gehen. Er ging hinein und schien sie ganz vergessen zu haben. Sie hatte die Pelzjacke vorn geöffnet, denn es war ihr warm geworden. Nun ging sie rasch durch die kleine Gasse zum Lindenhof, wo Ohm Eiildenborn wohnte. Sie fand sein Häuslein wie immer unverschlossen und trat nach kur zem Klopfen in seine Stube. Da saß er am Tisch, beide Arme auf die Platte gelegt, den grauen Kopf darüber. Sie erschrak, denn sie meinte, er wäre eingeschlafen oder krank. Behutsam trat sie herzu, um ihn nicht zu er schrecken. Legte ihm die Hand auf die Schulter und fragte leise: „Ist Euch nicht gut, Ohm Eiildenborn?" Langsam hob er den Kopf und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Sie setzte sich neben ihn und sah ihn ängstlich an. „Ihr habt geweint, Ohm Eüldenborn? Das habe ich ja noch nie bei Euch gesehen. Habt Ihr Schmerzen? Seid Ihr krank?" Er schüttelte den Kopf und versuchte wieder zu lächeln. Aber die traurigen Augen straften ihn Lüge. Er strich mit den Händen über sein glattes, graues Haar und suchte nach Worten. „Sie sind nun doch schon bis ins Innere der Stadt ge kommen mit ihrer Zerstörung. Darum sind mir die Trä nen in die Augen getreten. Das habe ich nimmer geglaubt. Nie und nie." Er faltete die Hände auf dem Tisch und sah mit seinen klaren Kinderaugen zu Sibylle herüber. „Alle Tage habe ich den Herrgott gebeten, unsere Stadt »u beschützen. Aber es gebt nimmer weiter mit dem gro ßen Unheil And der Verderbnis. Mein alter Kopf kann nicht mehr fertig werden damit. Wo soll das denn alles noch hinfuhren?" Weich legte ihm Sibylle ihre Hand auf die Schulter. „Nun kommt der Frühling, Ohm, und da werden die Franzosen wohl wieder anderes zu tun bekommen. Den Mnter über mußten sie hier festliegen, das hat nun ein Ende. Bald werden sie weitermarschieren und für Worms gibts wieder Ruhe." „Meint Ihr, Sibylle? Aber es ist auch wohl alles nur so schlimm geworden, weil der Seidenbender krank war." Freudig sagte Sibylle: „Seidenbender ist schon wieder in der Stadt. Ihn hat's nicht länger mehr stillgehalten im Wormser Hause." Jetzt schlug der alte Mann erfreut die Hände zusam men. „Seidenbender wieder hier? Gott sei Lob und Dank!" Und ordentlich erleichtert atmete er dabei auf. Er stand auf und trat an sein Fenster, wo Tulpen und Narzissen in vollster Blüte prangten. Dazwischen Hyazinthen mit wundersam kräftigem Duft. So etwas kannte man damals in Worms noch gar nicht zu dieser Jahreszeit. Aber er bekam die Knollen alle Jahre aus Holland geschenkt. Er greift jetzt nach Sibylles Hand, die neben ihn ge treten war. „Es war nicht recht vorhin von mir, daß ich so klein mütig und verzagt war". Jetzt gewahrte er auf der Spitze seines Lindenbaumes eine Drossel. Die Hub ihr liebliches Flöten an, denn die Sonne war am Untergehen. Seine Augen leuchteten, auf und er freute sich wie ein Kind. „Es ist die erste in diesem Jahr, die ich höre. O du lie ber kleiner Vogel! Willst mich gar beschämen mit deinem lauten Jubelsang!" Als Sibylle wieder gehen wollte, nickte er freundlich. „Ich gebe Euch das Geleit, Jungfrau. Die Drossel hat meine Seele wieder froh und leicht gemacht. Der die Vögel unter dem Himmel nährt, die nicht säen und nicht ernten, der wird auch seine Menschenkinder nicht vergessen!" — Es hat sich im Jahre 1689 der Frühling wenig an Men schenhaß und Menschennot gekehrt. Er ist mit leisen Schril len von Süden über die Lande gekommen und hat Besitz ergriffen von allem, das da grünen und blühen wollte. An dem großen Eckfenster stand Sibylle und sah hin aus. Wie gewaltig brausten die Rheinwasser dahin, tan zende Eisschollen auf ihren grünklaren Armen nordwärts tragend. Und jenseits des Rheines über die weite Ebene fort sah man die blauen Höhenzüge des fernen Odenwal- des im zitternden Frühlingsduft. Zu derselben Stunde stapfte unangemeldet die Rathaus treppe sporenklirrend ein französischer Offizier hinauf. Fragte den zitternden Ratsdiener nach Johann Friedrich Seidenbender, der in wichtige Schriftstücke vertieft in sei nem Arbeitszimmer saß. Seidenbender wunderte sich nicht, als der französische Offizier bei ihm eintrat. Es war nichts Neues, daß die Herren bei Tages- und bei Nachtzeit mit ihren Wünschen zu ihm kamen. Johann Friedrich, der keinen Verband mehr trug, aber dem die Narbe noch frisch und rot auf der Stirne brannte, war aufgestanden und hatte nach dem Anliegen des Fran zosen gefragt. Der Offizier zog ein Schreiben aus seiner Brusttasche. Schweigend mit zusammengepreßten Lippen las Sei denbender es durch. Es war ein neuer und drückender Be fehl. Für jede Person über vier Jahre sollte nicht mehr als ein Malter Korn zurückbehalten werden. Alles übrige aber nach Mainz abgeliefert werden, binnen fünf Tagen an das königliche Magazin. Wer dem Befehl nicht nach komme, dessen Haus solle niedergebrannt und er selbst ge fangen weggeführt werden! Vergebens waren die Vorstellungen Seidenöenders, daß man doch auch die einquartierten Soldaten verpflegen müsse und daß ein Malter Frucht gar bald verzehrt sei. Fortsetzung folgt.