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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Das .Wilsdruffer Tageblatt* erscheint an allen Werktagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. frei Haus, bei Postbestellung 1.80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern IV Rpsg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle, nehmen zu lederzeit Bestellungen ent- Wochenblatt fUk WllsVrUff U. UMgegetld gegen Im Falle höherer Gewalt,Kriegod.sonstiger ' — -- Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Stücksendung. eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreis: die l spaltige Millimeterzeile (46 mm breit) 7 Rpsg., die 2spaltige Millimeterzeile der amtlichen Bekannt machungen bei direkter Auftragserteilung I I Rpsg. ohne Nachlaß, Lie 1 spaltige Text-Millimeterzeile (90 mm breit) 20 Apfgu Nachweisungs-Gebühr: . 20 Rpfg. Dorgeschriebeno Erscheinungstage u.Platz- FerNspTechtV . AlNl LöllsdrUfs Nk. 6 Vorschriften werden nach) Möglichkeit berücksichtigt. - Anzeigen - Annahme bis, vormittags IO Uhr Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Gewahr. Jeder« Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannimachungen der Amtshauptmannschast Meißen, -es^Städt- rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 39 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.r „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 15. Februar 1934 MW bietet GemalMu an. Gute Finanzen. Staatssekretär Reinhardt gibt einen hoffnungsreichen Ausblick. Staatssekretär Reinhardt vom Reichsfinanzmini- sterium sprach in Berlin über Finanz- und Steuerpolitik im nationalsozialistischen Staat. Es stehe außer Frage, -daß es gelingen werde, die Arbeitslosenziffer weiterhin durchgreifend zu senken und die Arbeitslosigkeit in wenigen Jahren so gut wie zu be seitigen. Staatssekretär Reinhardt erwähnte im einzelnen die Auswirkungen der finanzpolitischen, steuerpolitischen und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des letzten Jahres und führte dann u. a. aus: Das Reich geht mit einem A rb eit s v o r r a t von mehr als 800 Mil lionen Mark in das Jahr 1934 hinein. Das Kraft fahrzeugsteuergesetz hat zur Folge gehabt, daß innerhalb weniger Monate die Stückzahl der in Deutschland er zeugten Kraftfahrzeuge und die Zahl der in der Kraftfahr- geugindustrie beschäftigten Personen sich v erd o p p e l t e. Als Folge des Gesetzes über die Steuerfreiheit für Ersatz beschaffungen hat der Beschäftigungsgrad in der Maschinen- und Werkzeugindustrie sich von Monat zu Monat gesteigert. Von der Möglichkeit, mit rück ständigen Steuern Ergänzungs- und Jnstandsetzungs- arbeiten ausführen zu lassen, ist sehr ausgiebig Gebrauch gemacht worden. Die günstige Auswirkung aus den Ar beitsmarkt wird sich auch auf die kommenden Monate noch erstrecken. Das Gesetz zur Überführung weiblicher Arbeits kräfte in die Hauswirtschaft hat zur Folge gehabt, daß dte Zahl der Hausgehilfinnen bis Ende 1933 um rund 100 000 gestiegen ist. In den sechs Monaten von August 1933 bis Januar 1934 sind 183000 Ehestandsdarlehen gewährt worden, also monatlich mehr als 30 000, während das Reichsfinanzministerium mit einer Monatsziffer von 20 000 gerechnet hatte. Im Januar betrug die Zahl sogar 34 259. Das Reichsfinanzministerium hat sich daher ent schließen müssen, vorübergehend den Durchschnittsbetrag, der bisher 630 Mark betrug, auf 500 Mark festzusetzen. Es ist ein Erlaß an die Finanzämter herausgegangen, wo durch Steuerfreiheit für Heiratsbeihilfen gewährt wird, die Arbeitgeber ihren aus dem Betriebe durch Heirat aus- fcheidenden Arbeitnehmerinnen geben. Die Erhöhung der Arbeitnehmerzahl in der Möbel- und Hausgeräteindustrie wird auf etwa 180 000 geschätzt, so daß innerhalb von sechs Monaten allein durch dieses Gesetz der Arbeits markt um 350 000 Personen entlastet worden ist. Die Ehe standsdarlehen sollen so lange gegeben werden, als es heiratsreife Polksgenossinnen im Ärbeitnehmerstand gibt. Für das Arbeitsbeschaffungsprogramm für 1934 hat das Reichsfinanzministerium folgende Maßnahmen in Vorbereitung, die durchaus gesichert sind: l. Aus den Arbcitsbeschaffungsprogrammen Papen- Schleicher-Reinhardt stehen noch 1095 Millionen Mark zur Verfügung, ans dem Gebäudeinstandsetzungsgesetz werden noch 1200 Millionen Mark in Bewegung gesetzt, zusammen 2295 Millionen Mark. 2. Für Autobahnen und andere Kraftfahrstraßen werden 500 Millionen Mark mehr ausgegeben als 1933. Das Baugewerbe und die Baunebengewerbe werden das ganze Jahr 1934 hindurch genau so stark beschäftigt sein wie gegenwärtig. 3. Steuerermäßigungen für Instandsetzun gen und Ergänzungen an Äetriebsgebäuden. 4. Steuerfreiheit für Ersatzbeschaffungen. 5. Steuerfreiheit für neuerrichtete Kleinwohnungen und Eigenheime. 6. Steuerfreiheit für Aufwendungen zu Zwecken des zivilen Luftschutzes und für Aufwendungen zu Zwecken des zivilen Sanitätsdienstes in Industrie- und Werks betrieben. . 7. Steuervergünstigung für die Einstellung von Hausgehilfinnen. 8. 'Gesetz zur Förderung der Eheschließungen und Steuerfreiheit für Heiratsbeihilfen. 9. Steuergutscheine, die im Betrage von 150 Millionen Mark für Arbeitsbeschaffungszwecke zur Verfügung stehen. 10. Es wird erwogen, im Laufe des Jahres 1934 die , Abgabe zur Arbeitslosenhilfe wesentlich zu senken. Mit Wirkung ab 1. April 1934 fällt auch die frei willige Spende zur Förderung der nationalen Arbeit fort. Wir werden ferner im Laufe dieses Jahres eine grundlegende Vereinfachung des gesamten Steuerwesens in Deutschland durchführen. Eine allgemeine Sen kung der auf Produktion, Verbrauch und Besitz ruhenden Steuerlasten wird eingeleitet. Die Bürger st euer wird im Rahmen der Neugestaltung der Einkommensteuer ver schwinden. Wir werden eine sehr erhebliche Ermäßi gung der Einkommensteuer den Kinderreichen gewähren. Wir denken daran, bei der Vermögenssteuer 10 000 Mark für Mann, Frau und jedes Kind steuerfrei zu fassen, also bei einer Familie mit vier Kindern 60 000 Mark. Bei der Erbschaftssteuer befassen wir uns mit.der Frage, sie wesentlich zu senken und möglichst zu beteiligen, soweit es sich um die Besteuerung des Gatten- ^r^LL-und-des KindeZerbes handelt. Der Bundeskanzler Dr. Dollfuß hat im Rundfunk die nachfolgende Mitteilung im Namen der Regierung gemacht, die er zweimal langsam verlas: „Wer sich von jetzt ab, Mittwoch abend 11 Uhr, jeder ungesetzlichen und feindlichen Haltung enthält und morgen, 15. Februar, zwischen 7 und 12 Uhr sich den Executivorganen stellt, kann, ausgenommen die verantwortlichen Führer, auf Pardon rechnen. Ab 12 Uhr gibt es für niemand mehr unter keinen Umständen ein Pardon!" „Ser einzige der euch Hilst, ist Dollsuß." Ein unglaublicher Aufruf des Herrn Dollfuß an die Arbeiterschaft. Die Vaterländische Frontdes Herrn Dollfuß Hat in Wien und in den österreichischen Bundesländern einFlugblatt verteilen lassen, das an die Arb eiter Österreichs gerichtet ist. Der Aufruf hat folgenden Wortlaut: „Auf die Barrikaden schickten sie euch, eure Führer, die im Auto flüchteten. Tote und Verwundete sind das Ergebnis dieser schweren Stunden. Ihr wurdet schmäh lich im Stich gelassen. Arbeiter Österreichs, denkt an eure gemordeten und gemeuchelten Brüder im Dritten Reich. Denkt an die Zertrümmerung aller sozialen Rechte und Errungenschaften durch den Nationalsozialismus. Was eure verbrecherischen Führer versuchten, ist schmählicher Verrat an euch, euren Lieben, an eurer Heimat Österreich. Jetzt gilt es, sich klar zu entscheiden. Der einzige, der euch hilft, ist Dollsuß. (!!) Arbeiter Öster reichs, vereinigt euch mit allen guten Österreichern in der Stunde der Gefahr. Österreich braucht euch, ihr braucht Österreich!" Dieser Aufruf des Herrn Dollfuß ist der Höhe punkt der Verlogenheit und Gemeinheit. Erst läßt Herr Dollfuß mit Kanonen die Arbeiter wohnhäuser zusammenfchießen, dann läßt er ein Blutbad anrichten, das 500 Totefordert, dar unter zahlreiche unschuldige Frauen und Kinder. Im gleichen Augenblick appelliert derselbe Herr Dollfuß an die Arbeiter, sich zu ihm zu bekennen. Ein Stück aus dem Tollhaus aber geradezu ist es, wenn Herr Dollfuß, der 500 Arbeiter abschlachten ließ, gleichzeitig nach der Methode „Haltet den Dieb" auf Deutschland hinweist und von den in Deutsch land angeblich gemordeten und gemeuchelten Arbeiter brüdern spricht. Herrn Dollfuß kann nur gesagt werden, daß die deutsche Revolution bei einer Bevölkerung, die 11mal so groß wie die Österreichs ist, nicht einen Bruchteil der Todesopfer gefordert hat, die Dollfuß' verbreche rischer Verzweiflungskampf gegen die österreichische Arbeiterschaft zur Folge hatte. Ausgerechnet die Regierung Dollfuß, die als schärfster Exponent des reaktionären Arbeitgcbertums gilt, preist sich dem österreichischen Arbeiter als Ver fechterin seiner sozialen Rechte an. Und diese Regierung Dollsuß wagt es, von einer Zertrümmerung aller sozialen Rechte und Errungenschaften durch den Nationalsozialis mus zu sprechen, obwohl die nationalsozialistische Regie rung sich als eine der sozialistischsten Regierungen der Welt erwiesen hat, indem sie dem schaffenden deutschen Menschen die modernste Sozialverfassung der Welt gab. * Srnste Lage für die Bundesregierung. Der sozialistische Widerstand noch nicht gebrochen. In der Stadt Steyr in Oberösterreich sind die Aufständischen immer noch Herr der Lage, nachdem sie lediglich einen Teil der Stadt nach heftigem Artilleriefeuer räumen mutzten. Die Stadt ist vom Bahn verkehr abgeschnitten, da die Marxisten die Bahngleise gesprengt haben. — In Zell am See weigerten sich Angehörige der Heimwehren, zum Echutzkorps cinzurückcn und weinten, als sie dazu gezwungen wurden. — Die Stadt Graz war am Dienstagabend ohne Licht. Die Straßenbahn und die Bundesbahn konnte nicht verkehren. Die Telephonverbindungen sind zum größten Teil unter brochen. Die Stimmung auf der NcgicrungSscite ist äußerst .. gedrückt. Die Heimwehr wurde bisher lediglich zur Bewachung von Parkplätzen eingesetzt. In Eggcnberg bei Graz wur den dieKase r n e n der Gendarmerie und Polizei von Roten ge stürm:. Je ein Überfallauto der Polizei und der Gendarmerie, die zur Hilfe geeilt waren, mußten sich ergeben. Auf Seiten der Marxisten wurden in den Straßenkämpfen auch Minenwerser benutzt, die unter den Regierungstruppen verheerend gewirkt haben sollen. — In Wien befindet sich das Leopoldsauer Gaswerk und das Elektrizitätswerk immer noch in den Händen des Republikanischen Schutzbundes. Die Regierung wagt es nicht, diese städtischen Anlagen mit schwerem F^uer zu belegen, um diese lebenswichtigen An lagen nicht der Gefahr der Vernichtung auszusetzen. Legierung rust Freiwillige aus. Die Regierung Dollfuß erkennt jetzt offenbar, daß sie mit den hinter ihr stehenden Kräften nicht ohne weiteres in der Lage ist, des Aufruhrs 'Herr zu werden. Der Staatssekretär für das Heereswesen hat im Rundfunk alle ehemaligen Kriegsteilnehmer aufgefordert, sich bei den zuständigen Militärstellen oder beim „Vater ländischen Dienst" als Freiwillige zu melden. Der Verlauf der Kämpfe zeigt, daß die Marxisten über ausgezeichnete Wassen verfügen. So haben sie gestern z. B. Flammenwerfer eingesetzt. Die Antwort dar auf war das Jnbrandschicßen ganzer Wohnblocks in den Wiener Vorstädten. Deutliche Worte gegen Solls«-. Zu den Vorgängen in Österreich schreibt die Baseler „Nationalzeitung" u. a.: Selten liegt Recht und Unrecht so klar wie hier verteilt. Dollfuß und feine Minister haben die immer noch weitaus stärkste Partei im Lande entrechtet, und wenn sie heute dafür den Sozia listen die Verantwortung zuschieben, so weiß jedermann in der Welt, daß der Generalstreik nur eine letzte und verzweifelte Abwehrhandlung gegen den offenen Verfassungsbruch der Regierung war. Dollfuß wird vollkommen der Gefangene der Helm- wchren sein, wogegen er sich bisher solange gesträubt hat. Doch den Siegern fehlt es zu sehr an Begabung zur Ver waltung, an Sauberkeit, Intelligenz, Staatskunst und Schöpferkraft, als daß sie sich zugleich gegen National sozialisten und Sozis behaupten können. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß desbalb binnen kurzem Starhemberg und sein Dollfuß den Weg nach Canofsa werden gehen müssen, und daß dann dem Nationalsozialismus der Weg freigelegt fein wird. „Oer Unterschied mit Deutschland bemerkenswert.^ „Daily Mail" schreibt in einem Leitaufsatz, die öster reichischen Maßnahmen feien von beträchtlichem Kampf und einem nicht unbeträchtlichen Verlust an Menschen leben begleitet gewesen; überdies sei es noch nicht sicher, ob der Erfolg vollständig sei. Der Unterschied mit Deutsch land sei bemerkenswert. Hitler habe fein Ziel ohne Lärm und beinahe ohne Verluste an Menschenleben erreicht und dies bei einem Volk von 66 Millionen Men schen. Hierbei sei noch zu bedenken, daß seine Gegner zahlreich und gut organisiert waren. Die deutschen Kom munisten hätten allein im Jahre 1932 beinahe sechs Millionen Stimmen erhalten und viele kaltblütige Beob achter glaubten damals daß sic letzten Endes sich doch durchsetzen und in Deutschland ein Gegenstück zu Sowjet- rußland aufrichten würden. * Ein Bild wüster Zerstörung. Die Straßen um den Karl-Marx-Hof in Wien, um den gestern besonders erbittert gekämpft wurde, gleichen einer blutigen Walstatt. Weite Straßenzüge liegen in Trümmern. In Ottakring sind von der Artillerie zwei Straßenzeilen fast völlig zerschossen worden. Es ist festgestellt worden, daß die städtische Feuerwehr in vielen Fällen mit den Marxisten gemeinsame Sache gemacht hat. In der Wiener Innenstadt, um die rings herum der Kampf tobt, macht sich bereits infolge der abgeschnittenen Verbindungen Lebensmittelknappheit geltend. * Schwere Verluste -es Nun-esheeres. Aus Linz wird berichtet, daß das Bundes heer bei Kämpfen um Waldegg schwere Verluste erlitten haben soll. Ein Leutnant des 8. Alpenjägerregiments ver suchte mit vier Mann in einem Kraftwagen die Kampf linie zu durchstoßen, wurde jedoch in schweres Maschinengewehrfeuer genommen. Alle fünf wurden getötet.