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Blatt für die Königliche Amtshaupimannschast Meißen, für das Königliche Amlsgericht und den Stadirat zu Wilsdruff . sowie für das Königliche Ioesirenlamt zu Tharandi. Dienstag den 8. Januar 19! 8 Nr. 6. 77. Jahrg Der amtliche Teil befindet sich auf der 4. Seite und Llmgegend. Erscheint feit dem Jahre 4844. — K°rpuSz°U° °d°r deren Raum, und tabellarischer Sah mit Lv°/ Zeitraub entsprechender NachloS Le°an„!msN> W>°d-rholung und ZahreSumsützen die Spaitzeile «> P g be, 4Z »°n ^ehörvenl ZZZUMMMMDZ -Vas .Wiiedrufter Tageblatt- erscheint täglich, mit Ausnahme S°nn- und Jesttage, abends S Uhr für den folgenden Tag / Bezugspreis bei SelbstabhMng van der Druckerei wöchentlich rv pfg., monaMch 70 p,g., r,u> M., durch unsere Austräger zugetragen monatUch so pfg., viertehahrllch 2,40 NI!., bei deck deutschen Postanstalten vierteljährlich 2,40 Mr ohne Zustsllungsgcbuhr. 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Der HauptauSschuß des Reichstages trat heute erst um ^12 Uhr zusammen, da vorher noch Verhandlungen der Parteiführer mit der Regierung stattsanden. Der Reichskanzler, Graf Hertling, war nicht erschienen, wohl aber Reichsschatzsekretär Graf Roedern, der für die Dauer der Krankheit des Herrn v. Payer mit der Stellvertretung des Reichskanzlers betraut ist, ferner Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von dem Bussche und der Leiter der Reichskanzlei v. Radowitz. Der deutsche Vorschlag vom 28. Dezember. Unterstaatssekretär Freiherr von dem Bussche gab folgende Erklärung ab: Der Herr Reichskanzler hat gestern die Unterstellung der russischen Presse zurückgewiesen, daß wir uns in illoyaler Weise unserer Zusage betreffend das Selbstbestimmungsrecht der Völker entziehen wollten. Im Anschluß an diese Erklärung stelle ich im aus drücklichen Auftrage des Herrn Reichskanzlers das Folgende fest: Der Standpunkt deS Herrn Reichskanzlers zu dem Selbstbestimmungsrecht der Volker bleibt unverändert, aber dieser Standpunkt darf keine Dentung finden, die lediglich von den Interessen der Entente etngegeben ist. Die in de? neutralen Presse veröffentlichte Darstellung, als ob die rus sischen Delegierten den deu« tzen Vorschlag vom 28. De» zember als undtStutterbar -ogelehnt hätten, ist tatsächlich unrichtig. Die russischen Delegierten haben zwar Bedenken gegen Lie von uns vorgeschlagene Formulierung erhoben, sich indes ausdrücklich damit einverstanden erklärt, daß über diese Formulierung in einer Kommission weiter beraten werden sollte, um eine Verständigung herbeizuführen. Zwischen unseren und den russischen Delegierten war oer- einbart, daß die Fortsetzung der Verhandlungen auch über die strittig ve. ebenen Punkte am 5. Januar in Breft- Litowsk erfolgen sollte. Unsere Verbündeten haben unter diesen Umständen mit uns einmütig den Vorschlag der Russen nach Veränderung des Verhandlungsortes abge lehnt. Inzwischen ist uns von Brest-Litowsk folgendes Tele gramm zugegangen: Am 4. Januar, IO Uhr abends, ist hier das in Über setzung folgende Telegramm aus Petersburg eingetroffe r „An die Herren Vorsitzenden der vier verbündeten Mächte. » Die Verlegung der Verhandlungen auf neutrales Gebiet entspricht dem erreichten Stand der Verhandlungen. I» Anbetracht der Ankunft Ihrer Delegationen am 'frühere« Orte der Verhandlungen wird nufere Delegation zusammen mit dem Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten Trotzki morgen nach Brest-Litowsk fahren in der Über zeugung, daß eine Verständigung über die Verlegung der Verhandlungen auf neutralen Boden keine Schwierigkeiten machen wird. Die russische Delegation." Inzwischen ist mit den in Brest-Litowsk anwesenden mit Vollmacht versehenen Vertretern der Ukraine in be friedigender Weise verhandelt worden. Weitere tatsächliche Mitteilungen können von selten der Regierung heute nicht gemacht werden. Abbruch der politischen Debatte. Vorsitzender Abg. Fehrenbach schlägt vor, die politische Debatte abzubrechen und einen anderen Gegenstand zu verbandeln. Die Abgg. Scheidemann und Haase widersprechen und wünschen die Debatte fortzusetzen, damit der Reichs tag erklären könne, daß er nach wie vor auf dem Stand- punkt des 19. Juli stehe. Durch Abstimmung wird beschlossen, die Debatte ab- zubrechen. Losung: — Abwarten! Die Absage der russischen Unterhändler nach Brest- Litowsk fiel zusammen mit der von verschiedenen SeUen bestätigten Abreise des britischen Botschafters aus Peters- bürg, für die, wie üblich, Gesundheitsrücksichten geltend gemacht werden, und ferner mit dem tatsächlichen Amts antritt des für London neu ernannten russischen Bot schafters, Litwmow mit Namen. Wenn dieser Herr von der englischen Regierung zur Amtsausübung zugelam-n wird, sei eS zunächst auch nur ohne Beobachtung der fönst hergebrachten und wohl auch unumgänglichen Förmlich- ketten, so liegt in dieser Haltung natürlich die mittelbare Anerkennung der Petersburger Regierung auSgedrückt — und das könnte dann wohl der Preis für den Umfall gewesen, .fein, Len Lenin und Trotzki zu voll- zwyen willens Mienen. Dafür soll auch Herr Buchanan in Petersburg durch einen Mann ersetzt werden, der dem Herzen der Maximalisten nähersteht als irgendein Diplomat der alten Schule, und wenn er einstweilen auch nur zum Geschäftsträger des britifchen Reiches ernannt werden sollte, die Bolschewisten würden doch sehen, daß man in London den guten Willen hat, sich mit ibncn irgendwie einzurichten und zu verständigen, und die er Gewinn wäre ihnen immerhin schon eine Messe wert. So deveichieren sie also nach Brest-Litowsk, daß man die Ver- Handlungen lieber im neutralen Auslande fortfetzen möchte,, obwohl bindend verabredet worden war, sie an dem ur sprünglichen Beratungsort wieder aufzunehmen. Welche Antwort die Mittelmächte auf Liefe Zumutung geben w darüber ist sich die russische Regierung sicher- li wrnherein vollkommen im klaren gewesen. .... kleiner Wortbruch also, nichts weiter? Begangen an denselben Leuten, die sich in ihrer ganzen sittlichen Weltanschauung turmhoch erhaben dünken über die Vertreter der bü-gerlichen Klassen, die keine Kundgebung an daS Volk oder gar ,an die Völker* hinausgehen lassen, ohne die Wortführer der .kapitalistischen* Staaten, deS Mili tarismus, des Junkertums und wer weiß welcher teuflischen Gegenwartsmächte sonst noch mit einem Schwall von beschimpfenden Äußerungen zu übergießen, die jeden Augenblick mit dem Todesurteil für die innerlich vermorschte und unrettbar dem Untergang geweihte Gegenwartsgesellschaft bei der Sand sind? Die A -slegung lag außerordentlich m-he, ohne Zweifel. Wir haben es in den Vertretern der russischen Revolution- zwar mit diplomatischen Neulingen zu tun, aber schüchtern sind sie nicht, die Herren Volkskommissare; und wenn es sich darum handelt, ihre politischen, ihre sozialen oder ihre internationalen Ideale der Verwirklichung zuzuführen, sind sie die letzten, über Zwirnsfäden zu stolpern. In dessen wir wollen auch über die sittlichen Grundsätze dieser neuen Sorte von Weltbeglückern kein vorschnelles Urteil fällen. Ihr Seelenleben ist doch einigermaßen schwer zu durchschauen, und ehe wir dazu gelangen, ihnen die gleichen diplomatischen Methoden zum Vorwurf zu machen, die sie bei den Staatsmännern der^Bourgeoisie in Grund und Boden verdammen, müssen wir schon unleugbaren Tat sachen gegenüberstehen. Heute aber wissen wir nur, daß sie sich beeilt haben, ihr Verhalten, das uns in sehr un günstigem Licht erscheinen mußte, mit möglichster Be schleunigung wieder gutzumachen. Wenigstens in formaler Beziehung. Die russische Delegation kommt nach Brest- Litowsk, ja Herr Trotzki, der in Petersburg zurzeit die gleiche Rolle zu spielen hat wie bei uns Herr v. Kühlmann und in Wien der Graf Czernin, begleitet sie dorthin, so daß es — voraussichtlich — nicht wieder vorkommen wird, daß die Petersburger Regierung Nein sagt, nachdem ihre Beauftragten im Hauptquartier Ost Ja gesagt haben. Vielleicht dürfen wir m diesem Entgegenkommen einen Beweis für den aufrichtigen Willen des Gegners erblicken, die Verhandlungen in dem versöhnlichen Geiste fortzuführen, in dem sie begonnen hatten; vielleicht will er aber auch nur Zeit gewinnen, um den Westmächten einen neuen Spielraum für ihre Ränke zu sichern; vielleicht will er schließlich, indem er neuen mündlichen Besprechungen nicht aus dem Wege geht, nur die Verantwortung mr das Scheitern der Verhandlungen, auf das es — aus diesen oder jenen Gründen — ankommen zu lassen er fest ent schlossen ist, der Gegenpartei zuschieben. Genug, der Mög lichkeiten gibt es viele, und erst der weitere Gang der Dinge wird uns darüber belehren, woran wir in Wirk lichkeit mit den Russen sind. Einstweilen heißt es ab warten — und nichts als abwarten. Die Reichstagsmehr heit geht uns diesmal mit löblichem Beispiel voran. ES hat keinen Sinn, mit Keulen auf die Maximalistenführer einzuschlagen oder etwa unseren Unterhändlern das Ver trauen zu kündigen, weil sie es nicht verstanden haben, den peinl chen „Zwischenfall* vom 4. d. M. zu verhüten. Sich darüber zum Richter aufzuwerfen, dazu ist die Zeit noch nicht gekommen. Graf Hertling hat rasch und ent- s^'eden gehandelt, als die Dinge eine bedenkliche Wendung z. hmen drohten, und damit zunächst einen unleugbaren i Euolg davongetragen. Er wird auch in den kommenden j Tagen die Würde des Deutschen Reiches zu wahren wissen. s Mehr können wir nicht verlangen. Die Frage des Gefangenenaustausches. Nach dem Schluß der politischen Debatte wandte sich der Hauptausschuß der Erörterung der Frage des Aus tausches der Gefangenen zu. „ „ ! Abg. Erzberger (Zentr.) fragt, wie groß dre Zahl - der Zivilgefangenen fei, und wie es mit dem Kopenhagener « Abkommen steht. Diese Gefangenen loszubekommen, mußte der erste Erfolg der deutschen Kommission in Petersburg - lein. Der Redner fragt nach Len Zahlen, der Kriegs-, gefangenen auf beiden Seiten und nach der Lage der Ge fangenen in den Gefangenenlagern. Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath (natl) meint, der Austausch der Militärgefangenen könmenur allmählich vor sich gehen. Der Redner dankt der Schweiz für ihre vorbildliche menschenfreundliche Tätigkeit. Abg. Kreth (kons.): Da man die Pläne des Aus wärtigen Amtes und der Heeresverwaltung nicht kennt, ist es schwer, über diese Angelegenheit zu sprechen. Amerika hat seine Gegnerschaft auch auf diesem Gebiete bewiesen. Unser Wirtschaftsleben wird durch den Aus tausch der Gefangenen stark in Mitleidenschaft gezogen, insbesondere die Landwirtschaft. General Friedrich vom Kriegsministerium begrüßt die Gelegenheit zur Aussprache. Wir halten es für eine nationale Angelegenheit, die Frage der Zivilgefangenen zu lösen; deshalb haben wir uns entschlossen, Militärgefangene gegen Zivilgefangene auszutauschen. Die Verhandlungen waren schwierig, weil die russischen Forderungen sehr weit gingen. Endlich sind 4600 russische Offiziere gegen 1600 deutsche Offiziere und sämtliche verschleppte Ostpreußen ausgetauscht worden. In nicht zu langer Zeit wird die Ostvreußenfrage erledigt sein. Es besteht auch Hoffnung, hinsichtlich der Zivilgefangenen mit Frankreich und Eng- land inS reine zu kommen. Beim Austausch kommen zunächst die Kränklichen daran. Der Weg großer Massen kann nur durch die Front gehen. Familienväter und ältere Leute werden bevorzugt. Eine schematische Reihen folge ist unmöglich. Nach kurzer weiterer Debatte wird die Weiter beratung auf Montag vertagt. Talaat Pascha über Brest-Litowsk. — Der auf der Durchreise nach Brest-Litowsk in Berlin weilende Großwesier Talaat Pascha gab in einer Unter redung der Zuversicht Ausdruck, daß die Verhand lungen in Brest-Litowsk wieder ausgenommen und leicht und schnell zu Ende geführt werden würden. »Die Russen wissen sehr gut*, meinte der Großwesier, daß es ihnen so ohne weiteres nicht mehr möglich fein kvird, den Kampf gegen unS wieder aufzunebmen. Eben- sogut wissen Sie, daß wir von unseren Bedingungen nicht abgehen werden. Man wird auch die FriedenSoerhand- langen zwischen Rußland und den Zentralmächten weder in Stockholm, noch in Kopenhagen noch in der Schweiz führen. Ich bin überzeugt, Lie Russen und die Zentral mächte werden gute Freunde werden.* Die russischen Soldaten können nicht mehr kämpfe«. Daß die Beurteilung der Lage durch den Grobvester zutrifft, hat der Gang der Ereignisse gewissermaßen bestätigt. Von feindlicher Seite findet seine Anschauung ebenfalls Unterstützung. So berichtet der Petersburger Korrespondent des »Daily Telegraph*: AlS Kamenew im Sowjet mit teilte, daß die Bedingungen der Mittelmächte unannehmbar seien, standen die Vertreter der verschiedenen Armeen auf und erklärten, daß die Soldaten nicht kämpfen würden und es auch nicht tun könnten. Oer Urieg. Wen, 6. Januar. Amtlich wird verlautbart: Östlicher Kriegsschauplatz. Waffenstillstand. Italienischer Kriegsschauplatz. Auf der Hochfläche von Asiago, im Gebiete- des Monte Asolone, des Monte Tomba und des Montello entwickelten sich zeitweise Artilleriekämpse. Der Chef des Generalstabes. Die bedrohte Oleinfuhr. Der neuerliche Verlust eines Tankdampfers trifft die Entente um so schwerer, als der deutsche Bericht seit Mitte vergangenen Monats bereits vier ähnliche Ver senkungsfälle melden konnte. Die Frage der Oleinfubr, die für die Versorgung der auf Olfeuerung angewiesenen feindlichen Kriegsflotten große Bedeutung hat, gestaltet sich immer kritischer sür den Verband. Zur Beschwichtigung der erregten Bevölkerung funkte Poldhu die Nachricht in die Welt, daß in England ein Olbrunnen entdeckt worden sei, der jährlich 180000 Gallonen liefern könnte. WaL Poldhu verschwieg, ist, daß England einen jährlichen Be- darf von 600 Millionen Gallonen hat, daß also 180 »00 Gallonen seine Abhängigkeit von überseeischen Zufuhren aus Amerika und Asien nicht nennenswert zu minder« m der Lage sind. -t-