Volltext Seite (XML)
Nr. IS Mittwoch den 23. Januar 1918 Der amtliche Teil befindet sich auf der 4. Seite. 77. Jahrg. Insenionsprci» 2 Psg. für die »gespaltene Korplläzeft» oder deren Raum, Lokalpreie 1 -Pfg., ReNamen 4Z Pfa^ alles mit .0°/« Teuerungchust-Iag. Zeiiraad und tabellarischer San mit 5<ft/L Aurschlag. Sei Wiederholuna und Jahresumsätzen entsprechender Racklaß. Selannimachunqen im amtlichen Teil (nur von Behörden) di« Spalhetle so pfa. bei. 45 Pfg. / .Nachweisungs- und Offertengebühr A> bez. 80 Pfg. / Telephonitzhe Inseraicn-Äusgäbe schließt jedes Rcklamattonsrecht aus. / Anzeigenannahme bis 4l llhr vormittags. / Beilagengebühr das Tausend b Ml. für die Postauflagc Zuschlag. / Jür das ctetcheinen der Anzeigen an bestimmten Lagen und Plätzen wird keine Gewähr geleistet. / Strikte Platzvorsihrist 25*» Ausschlag ebne Rabatt. / Lie Rabattsätze und ReNopreiic haben nur bei Bar- zahlung binnen Z0 Tagen Gültigkeit; längeres Ziel, gerichtliche Einziehung, ae- meinsaine Anzeigen versth. Inserenten bedingest di« Berechnung des Brutto-Zeilep- pretfes. / Sokern. nicht schon früher ausdrücklich oder stillschweigend als Srlüstnngsart Wilsdruff vereinbart ist, gilt cs als vereinbart durch Annahme der Rechnung, falls nicht der Empfänger lnnerh. 8 Tagen, vom Rcchnungstagc an, Widerspruch erhebt. Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend. Erscheint feit dem Jahre 4844. v«s »Wilsdruffer Tageblatt* erscheint täglich, mit Ausnahme der Sonn- und JeOo«, abends 6 Uhr für den folgenden Tag. / Bezugspreis bei Selbstabholung »»» »er Druckerei wöchentlich 20 Pfg-, monatlich 70 Pfg., vierteljährlich 2,Io Mk.; durch nnsere Austräger zugetragen monatlich 8V Pfg., vierteljährlich 2,40 Mk.: bet den dentschrn Postanstasten vierteljährlich 2,40 Mk. ohne Zustellungogebühr. Ale Pastqnstalien, Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. / Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störungen der Betriebe der Zeitungen, der Lieferanten oder der BcDrderungseiarichlungcn — hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Ferner hat d« Inserent ln den obengenannten Fällen keine Ansprüche, falls die Zeitung »erspcktet, in besihränltem Umfange oder nicht erscheint. / Einzel, »erkaufspreis der Rümmer 40 Pfg. / Zuschriften sind nicht persönlich zu adresskre», sond«rn an den Verlag, die Schotstleitung oder die Geschästsstelle. / ilamWUt Zoßhristen bleiben unb«rücks>chstg«. / Berliner Vertretung: Berlin SW. 48. Königliche Amisgenchi und -en Gia-trai zu Wilsdruff ^orffreuiantt zu ü^akaabL Postscheck-Konto: Leipzig Nr. 28614. für die Königliche Amtshauptmannschast Meißen, für das Fernsprecher: Am« Wilsdruff Nr. 6. sowie fÜr -US Königliche Die kurze Lebensdauer der Konstituante. Der erste Friedensschluß. Tro-kiL Rückkehr nach Petersburg ist der Abschluß der Friedensoerhandlungen mit der Ukraine auf dem Kuße gefolgt. Ob hier nur rin äußerlicher Zusammenhang «rliegt oder ob die Entfernung Trotzkis von Brest- Litowik die Herren aus Iliew erst eigentlich in den Stand gesetzt hat, ihre Aufgabe nach eigenem Willen zu fordern und zu beendigen, kann dahingestellt bleiben; fkrs erste genügt unS die Tatsache, daß im Osten nunmehr Wirklich daS Morgenrot einer neuen Zeit angebrochen ist. Roch fehlen die formellen Unterschriften unter den Verein barungen, die binnen kürzester Zeit nachgeholt werden Klien, aber di« Unterhändler sind offenbar mit dem Be- »ußtseiu auLeinandergrgangen, daß sie nicht umsonst ge arbeitet haben, und daß in der. Tat »Friede und Freund schaft' zwischen den von ihnen vertretenen Länderri vor der Türe stehen.' Damit ist ein grober Schritt nach vor wärts getan. > Genau genommen ist allerdings die Ukraine nicht daS erste Land, das losgelöst von der Zentralregierung in Petersburg sich mit uns verständigt hat. Mit gutem Bei- Kiele oorangegangen ist bereits zu Anfang des Jahres baS frühere Großfürstentum, die jetzige Republik Finn land. Hier bedurfte es indessen keiner besonderen FriedenS- »erbanülungen. Das Land war während des Krieges von den Rusten wie ein besetztes Gebiet behandelt worden, eine ««mittelbare Kampfberührung mit uns fand nicht statt, K hoch nach Norden stiegen die Frvntlinien nicht hinauf, und als ihm die Revolution die völlige Lostrennung von Rußland ermöglichte, konnten seine Vertreter ohne jede Schwierig« test über daS neutrale Schweden den Weg^zu uns finden und von der deutschen Regierung dir Anerkennung der Selbständigkeit ihres neuen Staatswesens erbitten. Nach Airzer Bedenkfrist wurde sie ausgesprochen, und seitdem leben wir mit diesem ehemals russischen Lande im besten Einvernehmen. Anders liegen die Dinge mit der Ukraine. Hier handelte es sich um - eine Reihe von russischen Gouvernements, deren wichtigste dem Kriegsschauplatz mehr »der weniger unmittelbar benachbart lagen, die zum Teil von der Frontlinie direkt durchschnitten wurden und im Grunde nicht mehr anstrebten als eine verwaltungstechnische Zu sammenfassung ihres Gebiets unter Gewährung weitgehender Selbstbestimmungsrechte. Erst nach und noch erweiterten Sch diese Absichten biS zu voller staatlicher Selbständigkeit, «ährend eS auch jetzt noch nicht ganz ausgemacht ist, ob die Verbindung mit dem russischen Gesamtstaate wirklich mit Stumps und Stil gelöst werden soll. Die Ukrainer find offenbar von der Macht der Ereignisse über jem Lime binausgedrängt worden, die sie ursprünglich aus NützlichkeitSgründen einhalten wollten. Niemand kann viste«, wie lange es dauern wird, bis in Petersburg und Moskau wieder dauerhafte Zustände geschaffen sein werde«, und so lange untätig zu warten, ist nicht jedermanns Sache. Vor allem nicht Sache der Ukrainer, die doch mehr Sinn für staatliche Ordnung rmd für den Segen freundlicher Nachbarbeziehungen ihr Ligen nennen als er anscheinend bei den Maximalisten onzutreffen ist. So entsandten sie Bevollmächtigte zu den Friedensoerhandlungen nach Brest-Litowsk, die offenbar Anweisung empfangen hatten, ihr Verhalten je nach dem Auftreten der Trotzki und Genossen einzurichten. Grund sätzlich sollte an dem Standpunkt, daß die Ukraine nur weitgehende staatliche Selbständigkeit innerhalb deS Rahmens einer großrussischen G-samtrepublik anstrebe, festgehalten werden, wenn aber die Petersburger Delegierten Sch unversöhnlich zeigten und daS baldige Zustande- tommeu des Friedens gefährdeten, so sollte jede Rücksicht- »ahme auf sie fallengelaffen werden. Also besannen sie sich nicht einen Augenblick. In vertraulichen Besprechungen mit den Vertretern deS Vierbundes gingen sie gerader Weges auf ihr Ziel los: einen vernünftigen, ehrenvoller mH Dauer versprechenden Frieden zu suchen. So unfrucht bar die spitzigen Redekämpfe zwischen Kühlmann und Trotzki sich ausnahmen, so ergiebig waren die rein auf dal praktische gerichteten Verhandlungen mit den Vertretern dieser neuen Republik. Auch sie besitzen theoretisch vor züglich geschulte Leute, aber Männer, die sich nicht ein- bilden, daß es ihnen am Verhandlungstische gelingen könnte, die bürgerlichen Staaten, mit denen sie eS zu tun hatten, durch revolutionäres Gerede aus dem Sattel zu hebe«. Mit ihnen sprach man von Warenaustausch und Meistbegünstigung, von Schutzzöllen und Staatsmonopolen, >md «he man sich'S recht versah, war die Einigung über alle Hauptfragen erreicht. So kann jetzt an die Unter- »rühnung des Paktes geschritten werden. Damit ist noch nicht viel, aber doch immerhin etwas erreicht. Wir dürfen natürlich nicht vergessen, daß di« Ukraine noch ein unfertiges Slaatsgebilde ist, das erst »och durch eine Zeit harter Arbeit an sich selbst hindurch- l»«b«« muß, ehe eS seine Kräfte nach außen bin voll wirb entfalten können. Sie wird sich auch gegen ihr Stamm land nicht so abzuschließen vermögen, daß dessen unruhe volle Schicksale sie nicht mitberühren sollten. Und die Entente wird gewiß die Hände nicht in den Schoß legen, sondern der jungen Republik so viele Schwierigkeiten zu bereiten suchen, daß sie alles andere als ein leichtes Leben haben wird. Aber trotz alledem: nur dem Mutigen gehört die Welk und an dieser Charaktereigenschaft fehlt es den Männern nicht, die daS Schicksal der Ukraine in ihre Hand ge nommen haben. Si« haben der Welt bewiesen, daß der Friede zu haben ist, wenn man ihn nur ehrlich will, und daß die Mittelmächte nicht daran denken, Bedingungen zu stellen, d von irgendeinem ihrer Gegner als unerfüll bar bezeichn«: werden dürfen. DaS ist ein Gewinn, der hoffentlich w twirken wird. Warten wir ab, wer sich als Nächster mewcn wird, um Lem Beispiel der Ukraine zu! folgen. Die vorläufigen Bedingungen. Die Bedingungen, die als Grundlage für den abzu- schließenden FriedeuSvertrag zwischen den Mittelmächten und der Ukraine festgesetzt wurden, lauten: - Der Kriegszustand soll als beendet erklärt und der Entschluß der Parteien bekräftigt werden, fortan in . Frieden und Freundschaft miteinander zu leben. Die an der Front einander gegenüberstehenden Truppen sollen mit Friedensschluß zurückgezogen werden. Alle Beteiligten sind darüber einig, daß der Friedens oertrag für die sofortige Aufnahme eines geregelten, wirtschaftlichen und rechtlichen Verkehrs Vorsorge zu treffen haben wird. Auch diplomatische und konsularische Beziehungen sollen alsbald ausgenommen'werden. Auf beiden Seiten war man sich darüber einig, daß die zur Verständigung mit den heimischen verantwortlichen Stellen notwendige Aussetzung der Verhandlungen so kurz als möglich bemessen wird. Bei allen Abordnungen er klärte man sich deshalb bereit, sofort nach Brest-Litowsk zurückzukehren und sodann im Rahmen der erteilten Er mächtigungen den Jriedensoertrag abzuschließen und zu unterzeichnen. Oer Krieg. Verdandskriegsrat über Saloniki. Der Kriegsrat von Versailles erörterte dieser Tage eine Denkschrift, hie nach französischen Zeitungen di, Zu rückziehung der Truppen aus Saloniki dringend empfahl. Die englischen Vertreter setzten sich für den Vorschlag Sarrails ein. Auch Amerika lehnte ab, Teile seiner Truppen nach Saloniki gehen zu lassen. - * Nie gesprengte Konstituante. Kanonen und Gewehre im Parlament. Petersburg, 21. Januar- Gesteri« trat der AusfLhrende HauptauSschuß der . Sowjets der Arbeiter, Bauer« und Soldaten zu einer außerordentlicdeu Sitzung zusammen und beschloß um halb zehn Uhr abends di« Auflösung der verfassunggebenden Versammlung. Mit diesem Beschluß ist die gesetzgebende Versamm lung, auf die man in Rußland so große Hoffnungen gesetzt hatte, als endgültig aufgelöst zu betrachten. Das Er gebnis kommt denen nicht überraschend, die die Ent wicklung der innerrussischen Bewegung in den letzten Wochen aufmerksam verfolgt haben. Die Maximalisten wollen nur eine Regierung, die auf der Macht der Soldaten, Arbeiter und Bauern beruht. Damit ist daS übrige Rußland nicht einverstanden. Der Zwiespalt, der seit Wochen immer deutlicher in Erscheinung trat, ist in der Konstituante zum vollen Ausbruch gekommen. Der Verlauf der Sitzung. Die Maximalisten, von vornherein entschlossen, der Mehrheit ihren Willen aufzudrängen, hatten das Haus militärisch besetzen lassen. Maximalistische Matrosen mit aufgepflanztem Bajonett hielten in den Gängen Wache. Am Eingang waren zwei Feldgeschütze aufgestellt. Namens der Maximalisten wurde unmittelbar nach der Eröffnung eine »Erklärung der Arbeiterrechte' verlesen, die verlangt, daß die russische Republik der Sowjets das Privateigen tum abschafft und das Eigentum der Arbeiter an ihrer Arbeit und den Arbeitszpang einführt, daß die Arbeiter bewaffnet und die müßigen Klassen entwaffnet werden, daß eine sozialistische Armee geschaffen und die Anleihen für ungültig erklärt werden. Die Erklärung schließt: Die Konstituante ««erkennt, daß sie «ach de« Grund sätzen gewählt sei, die für die Oktober-Revolutis» geltend waren, «nd sie sei daher folgerichtig nicht berechtigt, sich zegen die Sowjet-Regierung »ufz»leh»en. Die konstituierende Versammlung beschloß mit 27L gegen 140 Stimmen, die Beratung der Erklärung der Arbeiterrechte zu vertagen; bäraufhin verließen die Bolschewiki und die linksstehenden Sozialrevolutionäre den Saal. Die zurückbleibenden Sozialrevolutionäre der Rechten nahmen trotz der Drohungen der bewaffneten Mattosen in iller Eile ihre Maßnahmen betreffend den Grund und Loden an sowie den Vorschlag, an die Kriegführenden Ab ordnungen zu schicken, um einen Weltfrieden herzustellen. Um 4 Uhr morgens wurde die Versammlung durch die Matrosen aufgelöst. Streit um die Friedensverhaudlunge«. Nach Berichten Schweizerischer Blätter kam eS in den Straßen Petersburgs zu blusigen Schlachten. ES fanden Massenoerbaftungen statt. Nach denselben Quellen kam eS in der gesetzgebenden Versammlung zum Streit über die Friedensverhandlungen. Ein Teil der Versamm lung wollte sich nicht mit der Art und Weise einverstanden erklären, in der die Verhandlungen geführt werden. Tschernow stellte fest, daß Rußlands Friedenswille bei den Zenttalmächten kein Echo gefunden habe, da die Zenttalmächte planten, einen Frieden auf Kosten Rußlands zu schließen. Die Konstituante müßte dir Rettung Ruß lands in der Einberufung eines internationalen Sozialisten- kongrefleS suchen. , Der Haftbefehl gegen König AerdinanL bestätigt. - Eine Petersburger Zeitung meldet, daß der Befehl der Volksbeauftragten, den König von Rumänien zu ver haften, sich bestätige. Der revolutionäre Ausschuß der S. russischen Armer sandte den rumänischen Militärbehörden im Ultimatum, in dem er freien Durchzug der russischen Truppen durch Jassy verlangt. ' Maximalissische Blätter melden auS Kischnww, daß lahlreiche rumänische Abteilungen mit den maxiinalissijchen Abteilungen gemeinsame Sache machen und die Abschnitt» lommandanten absetzen. Zwischen den regierungstreue« and maximalistischen Truppen finden blutige,Kämpfe statt. Lalitz wtt- vou muximaMscheK Truppen beschossen. '' * Lloyd George an die Arbeiter. Reue Erklärungen über Englands Kriegsziele. , In der Rede, die Lloyd George an die Vertreter der Arbeiter zur Begründung der Erhöhung der Altersgrenze für die militärische Dienstpflicht auf 55 Jahre hielt, kam er auf eine Anfrage auch auf die Freiheit deS Meere- zu sprechen. Er führte dabei aus, daß England sich vor einer Störung seines Küstenschutzes und seiner Handels schiffahrt schützen muffe. Dann sagte er über die Kriegs- ziele deS Verbandes: Durch di« Vorgänge t« Rußland ist «inc einheitlich« BerbandSerklaruug unmöglich geworden. Die Ver handlungen seien durch die Forderung«« der frühere» russischen Regierung schwierig geworden, weil die Ver bündeten ohne Zustimmung Rußlands Konstantinopel alS Kriegsziel nicht fasten lassen konnte:«. Zum Schluß gab der Premierminister noch Auskunft über seine Erklärung hinsichtlich Elsaß-Lothringens. Für Frankreich »ar Elsaß-Lothringen 4« Jahre lang eine offene Wunde. Die Ansicht Frankreichs ist, daß «S keinen Friede» gibt, ohne daß dies« Frage ein für allemal erledigt ist. DaS Volk Elsaß-LothringenS hat nie ansgehört »u klagen und «S besteht kein Zweifel, daß di« Mehrheit jür Rückkehr unter französische Flagge ist. Zum Schluß meinte Lloyd George, Englands Arbeiter müßten durch den Sieg dafür sorgen, daß der Dienstpflicht in den anderen Ländern ein Ende gemacht werde, dann könne sie auch in England beseitigt werden. - * . * Die Lage im Osten. Über die Lage in Rußland erfahren wir, daß ble Meldungen aus Petersburg selbst an der russischem Front als ein neuer Beweis angesehen werden dafür, daß die Maximalisten entschlossen find, ihre Macht unter allen Umständen, wenn es sein muß mit Waffengewalt aufrecht ' zu erhalten. Petersburg soll sich oolfitändig in den Händen der Roten Garde befinden. Die Vorgänge in der Haupt stadt werden selbst von den russischen Truppen als ein schreiender Widerspruch gegenüber den Theorien vom Selbstbestimmungsrecht usw. angesehen, die dir Führer der Bolschewiki in Brest-Litowsk vertreten haben.