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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.11.1910
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1910-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19101102010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1910110201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1910110201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-11
- Tag 1910-11-02
-
Monat
1910-11
-
Jahr
1910
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Nr. 302. 104. Jahrgang. Leipziger Tageblatt. Mttmlnh. r. November rsio. Slcr:.7.au, Neubrandenburg und durch den .veuterr^itn cr Scht'iilng aus Schwerin vargctragcn, und >n.. Montagvormittag findet am Grave ni, Reuters eine Gedenkfeier statt, bei welcher Julius Zimmermann aus Berlin die Ansprache halt. Jin Stadllbeater wird am Sonntag ,O>nkel Bräsig" gegeben. Heine-Reliquien. Literarische Schätze in einer Fülle und von einer Wichtigkeit, wie sie nicht geabnt werden konnten, unterbreitet in einem umfangreichen Buche unter dem Titel „Heine-Reliquien" der be- iannie Verlag von Karl Curlius der Oessentlichkeit. Cs sind das nebst zwei noch gänzlich unbe kannten literarischen Arbeiten Heinrich Heines eine große Anzahl Briese, die Heine an seinen Bruder Gustav, an seine Frau, an seine Mutter und an Ferdinand Friedland geschrieben hat. Ferner Briese zahlreicher Freunde und Zeitgenossen, wie Salomon Heine, Jinmermann, Gutzkow, Andersen, Mundt, Mendelssohn, Herwcgh. Meyerbeer, Carriere, Fürstin Bclgiojoso, die Mouche und noch zahlreicher anderer an Heinrich Heine. Eine längere Arbeit Gustav Heines über Heinrich ergänzt das Werl, den: überdies äußerst wertvolle Beilagen, fünf grotze Faksimiles und nicht weniger als fünf noch unbe kannte Porträts beigegeben sind, darunter ein in Farben ausgeführtes entzückendes Porträt Heines nach einem Miniaturbild aus dem Besitze des Reffen des Dichters, Frhrn. Maximilian von Heine-Geldern in Wien. Diese Publikation, die in vieler Hinsicht ein ganz neues Licht aui Heines Leben wirst^ wird eine Umwertung in der Beurteilung Heinrich Heines Hervorrufen. * Die Philippinen aus der Dresdner Hygiene- Ausstettung. Die Regierung der Philippineninseln wird sich an der Internationalen Hygiene-Ausstellung offiziell beteiligen. In einem Schreiben des Ministers des Innern Dean E. Worcester an die Leitung der Internationalen Hygiene-Ausstellung wurde mit- getcilr, das; Dr. Hans Aron aus Manila als Ver treter des wissenschaftlichen Bureaus, des Gesund heitsamtes. und der „Philippine Medical School" be auflragt worden ist, sofort mit den Vorbereitungen sür die Beschickung der Ausstellung zu beginnen. Da auf den Philippinen die Sisalkultur (Manilahanf! und die Zigarrensabrikation in hoher Blüte stehen, dürfen namentlich auf dem Gebiete der Gewerbe- hvgicne wertvolle Beiträge erwartet werden. * Der Herausgeber des „Punch". Sir William A gnew, ist im Alter von 85 Jahren gcstorben. Mit ihm schied eine der markantesten Persönlich keiten Londons aus dem Leben. Aussehen erregte vor 30 Jahren das plötzliche Verschwinden eines von Agnew gelausten Bildes „Die Herzogin von Deoonshirr '. Agnew hatte 220 000 für das Lild bezahlt, und achtzehn Tage später war cs verschwun den; die Leinwand war aus dem Rahmen heraus- geschnirten worden. Erst nach 25 Jahren tauchte oas Bild in Amerika wieder aus und wurde Agnew zurückgegcbcn. Die Verlagsfirma, an deren Spitze Agnew stand, ist eine der hervorragendsten und an gesehensten Englands. Sie hat grotze Zweignieder lassungen in Liverpool und Manchester. * Franz von Defregger wird als Dricf- m a r l e n z e i ch n e r in der nunmehr geschlossenen Ausgabe der bayerischen Jubiläumsmarlen zum !'O. Geburtstage des Prinzregcnten figurieren. Defregger hatte sein bekanntes Bild „Der Regent als Weidmann" zu dem neuen Bild der Jubiläumsmarke als Motiv genommen. Die Jubiläumsmarkcn sollen während des ganzen Jahres 1911 in allen Werten verausgabt werden. ' Der neue Bodesche Streit. Die Eröffnung der städtischen Sammlung plastischer Kunst im Licbig- nause zu Frankfurt a. M. gab, wie wir früher berich- icten, Generaldirektor Dr. Bode Anlaß zu einer scharfen Kritik der Sammlung, deren hervor ragendste Stücke teils in ihrer Echtheit an ge zweifelt, teils in ihrem Wert kritisiert wurden. Dagegen veröffentlicht nunmehr der Direk tor der Frankfurter Sammlung, Dr. Georg Swar- zenski, in der von Professor Dr. Koetschau heraus gegebenen Museumskunde eine Erklärung, in der er Punkt sür Punkt Bodes Ausführungen zu wider legen versucht. Doch auch Dr. Bode gibt seinen Standpunkt nicht auf und erklärt, das; er seine An sicht nur ausgesprochen habe, um dem Frankfurter Sammlungswesen die hervorragende Stelle, die es dank der hohen Qualität der Sammlungen des städti schen Instituts bisher hatte, zu erhalten. * Das Shakespearedenkmal in Berona ist nunmehr enthüllt. Das Denkmal, das zu den besten der modernen italienischen Monumenten gezählt werden mutz, ist von dem jungen Veroneser Künstler Renato Eattini geschaffen. Auf hohem Piedestal aus wcitzem Marmor sind in schönen Reliefs die Haupt figuren aus Shakespeares Dramen dargestellt, eine treuliche Büche des Dichters krönt das Ganze. Die Enthüllungsfeier gestaltete sich zu einem großen Volksfest. Die Minister Luzzatti und San Giuliano sowie der englische Gesandte in Rom Sir Rennel Rodd und viele italienische Künstler wohnten der Enthüllung bei. * „Ledipus" im Zirkus. Bei der Aufführung des ..König Oedipus" im Zirkus Schumann will Direktor Reinhardt zur Mitwirkung an den großen Massenszenen Studenten und Schüler heranziehen. Er hatte durch Anschlag am schwarzen Brett der Berliner Universität und durch Schreiben an die höheren Lehr anstalten um jugendliche Hilfskräfte ersuchen lassen, und jein Ruf tst auch nicht ungehört verhallt. Nicht weniger als 550 Studenten und Schüler fanden sich zur ersten Probe ein. Da natürlich eine so grotze fahl Mitwirkender in der Manege keinen Platz bat, wird ein Teil außerhalb des Zirkus postiert bleiben, nur um die Schallwirkung zu verstärken. Die Proben mit solchen Chormassen sind für den Regisseur keine leichte Arbeit, doch hofft man dadurch eine außer gewöhnliche Wirkung zu erzielen. Sertättskasl. Königliches Landgericht. « Leipzig, 29 Oktober. Eine Erpressung. Der aus Osterwick a. H. stam mende 40jährige Buchhandlungsgehilse Max Her mann Rönling ist beschuldigt, gegenüber den Buch händlern Sch. und W. in Wien, bei denen er im Jahre 1896 ernige Monate in Stellung war, Anfang dieses Jahres einen Erpressunasversuch verübt zu : aben. R. hatte die Firma dadurch um einen Be trag von 140 geschädigt, daß er ein Konversations lexikon, das er als Reisender an eine Frau S. auf Ratenzahlungen verkauft, aber wieder zurück- nenommen hatte, nicht wieder an das Geschäft ab lieferte, sondern das Werk vor feiner Abreise von Wien verkaufte nnd den Erlös für sich verwandte. Seine Mutter hat nachher Schadenersatz auch für angebliche andere Veruntreuungen ihres Sohnes ge leistet, und »war zusammen in Höhe von 500 Kronen, und nun hat R. an Sch. und W. einen Brief ge- jchrieben, in dem er die Adressaten aufforderte, ihm das zu Unrecht erhaltene Geld zurückzuerstatten, wenn das nicht geschehe, dann werde er sie wegen an seiner Mutter verübter Erpressung und weil sie zu ihrem Geschäftsbetriebe nicht die gesetzlich erforderliche Konzession «ingeholt hätten, zur Anzeige bei der Staatsanwaltschaft bringen. Der Angeklagte ent gegnete auf die Beschuldigung, daß er durchaus keine Erpressung beabsichtigt habe, er glaube, in seinem vollen Rechte gewesen zu sein, als er aus die Rück gabe des Geldes gedrungen habe. R. ist bereits dreimal wegen Erpressungen bestraft worden, mit 18 und mit 10 Monaten und schließlich mit einem Jahre und 8 Monaten Gefängnis, in welch letztere Strafe die 10 Monate mit hineingezogen sind. Auch die Frau des Angeklagten ist mit 6 Monaten Ge fängnis bestraft, es handelte sich damals um fort gesetzte Erpressungen, die das Ehepaar M an einem Kauimanne W. in Elberfeld begangen hat. Die letzte Strafe hat N. bekommen, weil er einen Lehrer zur Hergabe von 1650 ./( veranlassen wollte, indem er vorgab, er habe den Sohn des Lehrers im Gefängnisse kennen gelernt und derselbe habe ihm mitgeteilt, sein Vater habe Kenntnis von einem großen Gelddiebstahle, den er. der Sohn be gangen habe und wegen dessen er verurteilt worden >ei, von diesem Gelvc habe sein Vater 500 ./Z angenommen. Die vierte Straf kammer. die jetzt gegen R. verhandelte, hatte als Sachverständigen den Gerichtsarzt Medizinalrat Dr. Thümmler zugezogen, der sich über den Geistes zustand des Angeklagten auszulassen hatte, weil R. mit der Behauptung hcrvorgetreten war, daß er erblich belastet und zür seine Tat nicht verantwort lich zu machen sei. Sein Vater sei 17 Jahre in der Irrenanstalt Nietleben interniert gewesen und habe dann Selbstmord begangen. Früher ist R. bereits in Elberfeld beobachtet worden, der dortige Gerichts arzt Sanitätsrat Dr. Braune hat ihn aber für zurechnungsfähig erklärt. Medizinalrat Dr. Thümm - ter hielt den Angeklagten nicht für geistesgestört, aber er sei als ein Mensch anzusehen, der infolge erblicher Belastung eine psychisch nicht ganz normale Konstitution besitze. Ob R. tatsächlich von der bc stimmten Idee erfaßt gewesen sei, ein gutes Recht zu hoben, das Geld wieder zurückzufordcrn, tonne man nicht entscheiden; jedensalls sei der Angeklagte doch aus einem etwas anderen Gesichtswinkel zu beurteilen wie ein ganz normaler Mensch. Der Gerichtshof erkannte gegen den Angeklagten wegen versuchter Nötigung aus zwei Monate Gc süngnis. Königliches Schöffengericht. Leipzig, 1. November. Gefährliche Körperverletzung. Unter der Anklage der gefährlichen Körperverletzung hatte sich der Bier kutscher Gustav Hermann Friedrich vor dem Schöffengerichte zu verantworten. Er hatte den Eisenbahnfahrkartenausgeber Otto im Verdachte, mit seiner Frau, die sich von ihm getrennt hatte, intime Bcziehüngcn zu unterhalten, und in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli gegen 12 Uhr kam cs in der Wasscrturmstraße zwiscyen den beiden Gegnern zu einem Zusammenstoß, bei dem das Messer eine Rolle gespielt hat. Der Zeuge Otto schilderte den Vorgang wie folgt; Als er nach Hause gekommen sei und die Haustürc habe ausschließen wollen, sei Friedrich aus dem Dunkel auf ihn zugesprungen und habe ihn, ohne auch nur ein Wort zu sagen, mit dem Messer ange griffen und ihm zwei Stiche, einen über das Auge und einen an den Hinterkopf, versetzt. Er habe nun, um sich zu schützen, mit seinem Stocke auf Friedrich cingescylagcn, Friedrich habe ihm aber den Stock ent rissen und den Stock auf seinem Kopfe in zwei Stücke gehauen. Er selbst sei jetzt geflohen, Friedrich habe ihn verfolgt und sei wieder auf ihn eingedrungen, Gäste aus einem benachbarten Restaurant hätten sie indessen von einander getrennt. Kaum habe er sich aber eine Strecke entsernt gehabt, da sei er von dem ihn verfolgenden Friedrich zum dritten Male festgc- halten worden, Friedrich habe ihn zu Boden werfen wollen, La habe er ihm zugeruscn, wenn er jetzt nicht von ihm ablasse, dann werde er schießen. Und als Friedrich sich daran nicht gekehrt habe, da habe er sein Messer genommen und Habe sich damit zur Wehr gesetzt. Otto hat bei der Prügelei eine Wunde auf dem Jochbein und eine Verletzung am Hinterkopfe erlitten, auch zeigten sich auf dem Kopfe und am Ober arm Blutunterlaufungen. Der Angeklagte Friedrich ist übler zuqcrichtet gewesen, er hatte fünf blutende Wunden aus dem Kopse, die der Arzt mit 22 Nadeln hat nähen müssen. Nach Lage der Umstände erkannte das Schöffengericht gegen den Angeklagten Friedrich auf eine Geldstrafe von 15 Mark, ersatzweise fünf Tage Gefängnisstrafe. Es wurde nur als er wiesen angesehen, daß Friedrich mit dem Stocke zu geschlagen hat, die Erregung, in der er sich befunden hat, wurde mildernd in Berücksichtigung gezogen. Oie „Wahrheit" vor Gericht. * Berlin, 1. November. Zu Beginn der heutigen Verhandlung führte der Vorsitzende Landgerichtsrat Lampe folgendes aus: Es ist mir heute ein Brief zugegangen, der mit voller Namensunterschrist versehen ist und in dem meine Aufmerksamkeit auf einen Artikel in der „Berliner Morgenpost" gelenkt wird. In diesem Artikel wird die Leitung dieses Prozesses durch mich als seltsam lxrzeichnct und hinzugefügt, daß durch bi.se Leitung die Verhandlung in eine Burleske ausarte. Es wird mir in diesem Briese auch der Name des Verfassers jenes Artikels genannt. Ich sehe davon ab, den Namen hier zu nennen und will nur bemerken daß l>er Verfasser hier als Zeuge vernommen worden ist. Ich lasse mich grundsätzlich auf Polemiken nicht ein und kann meine Leitung in diesem Prozeß mit Ruh: der Beurteilung der Beteiligten überlassen. Cs ge nügt mir, den Artikel hiermit niedriger gehängt zu haben. Hierauf wurde der erste Zeuge Nowarra vrr eidigt. Die Vereidigung des Zeugen Sommer, der ursprünglich Mitangeklagter war, wurde bis zum Schluß der Verhandlung ausgesetzt. Von dem be kannten Pianofortcfabrikanten Karl Hintze, der als Zeugs benannt ist, war beim Vorsitzenden ein Tele- grinim eingelaufen, in dem der Zeuge sein Ausbleiben mit Krankheit entschuldigt. Der Zeuge war auch in der Voruntersuchung nicht an Kerichtsstelle, sondern in der Wohnung vernommen worden, weil er an Platzfurcht leidet. Das Gericht beschloß, den Zeugen durch Medizinalrat Hoffmann in der Wohnung unter suchen zu lassen. — Dann wurde in der Beweisauf nahme über den Fall Jandorf fortgefahren. Staatsanwalt Leise ring hielt dem Angekl. Wil helm Bruhn vor, es sei doch auffällig, daß er nun mit einem Male Inserate von Jandorf gebracht habe, während er früher wegen seiner Animosität gegen die Warenhäuser die Aufnahme von Inseraten abgelehnt habe. — Angekl Wilhelm Druhn: Ich habe schon gestern darauf hingewiesen, daß ich damals wegen meiner Niederlage im Fall Tietz sehr niedergeschlagen war. Dann war auch das Vorurteil gegen die Waren häuser vor allem durch die rapide Entwicklung Wert heims mehr und mehr geschwunden. Wertheim habe das Warenhaus sogar hoffähig zu machen verstanden, nnd auch der Kaiser habe das Warenhaus Wertheim besucht. — Als erster Zeuge zum Fall Jandorf wurde Kaufmann Hugo Jakobsohn vernommen. Dors.: Weshalb nennen Sie sich häufig Jackson? — Zeuge: Ich habe lange in England gelebt und meine« Namen einfach ins Englische übersetzt. — Dors.: Was wissen Sie nun von dem Fall Jandorf? — Zeuge: Ich saß eines Tages im Cast' Westminster und Härte, wie vor der Tür ein Skandalblatt ausgerufen wurde mit persönlichen Angriffen gegen Herrn Jandorf. Ich sagte mir, daß es doch sehr leicht sein müsse, in diesen Blättern diese Angriffe zu unterdrücken, und ich dachte in diesem Moment auch daran, mich mit Jandorf deshalb m Verbindung zu setzen, damit er mein Kunde werde. Ich bandele nämlich mit allem möglichen. Ich verabredete mich init Herrn Jandorf aui seinem Privatkontor und sagte ihm dort, er könne sich sehr leicht die Gesellschaft der „Wahrheit", Gehlsen, Dahsel und Konsorten, vom Halse halten, wenn er dort annoncieren würde, Ian dorf erwiderte, er sei doch Jude und Besitzer eines Warenhauses. Er könne doch nicht gut in diesen Blättern Inserate aufgeben. Ich sagte ihm, daß er das nur mir überlassen würde. Durch den Direktor des Monopol-Hotels Lodt und Hotelbesitzer Schaurto ließ ich mich mit Bruhn bekannt machen und suchte ihn eines Tages in der „Wahrheit" auf. — Dors.: Als was stellten Sie sich denn vor? — Zeuge: Ich verbarg den Eindruck des Gentleman und sprach mit Bruhn als Demi-Commis ooyageu: in Berliner Mundart. — Bors.; Der Angeklagte be hauptet, Sie hätten die Maske eines Inseraten agenten getragen. — Zeuge: Voll und ganz. — Vors.: Wollen Sic uns nicht einmal diese Maske beschreiben? — Zeuge: Ich tat jo, als ob ich mich in Geldnot befand. Also ich sagte zu Bruhn: „Hören Se mal, ick könnte Ihnen verschiedene Inserate ver schaffen und brauche ooch Ield." Ich erinnere mich sehr genau, daß Herr Bruhn darauf sagte, er würde deshalb seine Stellung gegenüber den Warenhäusern nicht ändern. Ich antwortete ihm, daß er von mir große Inserate, vor altem vom Kaufhaus des Westens bekommen könnte, aber nur unter der Bedingung, daß er in seiner „Wahrheit" weder Herrn Jandorf noch das Kaufhaus des Westens angreife. Darauf antwortete Herr Bruhn, daß er dazu auch gar keine Veranlassung habe. Ich machte nunmehr Herrn Ian- dorf von meiner Unterhaltung mit Bruhn Mittei lung, und es hätte in meiner Macht gelegen, der „Wahrheit" große Inserate des Kaufhauses des Westens zu verschaffen, wenn cs mir auf die Pro vision angekommen wäre. Es kam mir aber darauf gar nicht an, und ich legte auch auf eine Reklame in der „Wahrheit" nicht das geringste Gewicht Herrn Bruhn gegenüber aber behielt ich die Maske des jüdischen Jnseratenagenlen, der auf dem Standpunkt steht: Busineß is Busineß, und daß es mir nur aus die Provision ankommt. Herr Bruhn hielt mich dann auch für einen moralisch minderwertigen Menjhen, zumal ich immer sagte, das; mir Geld Vie Hauptsache sei. Ich hatte nämlich gehört, daß man von Bruhn nur schwer Geld bekom men kann. Er hat meine Notlage für echt gehalten und mir dann noch schäbigerwcife 20 -<( abgezogen. Dann muß ich noch eins sagen, obwohl es mir schreck lich ist, gegen einen Familienvater aussagen zu müssen: Herr Bruhn, der prinzipielle Gegner der Warenhäuser und Feind der Juden, hat es nicht ver schmäht, einer Einladung zur Eröffnung des Kauf hauses des Westens zu folgen. Er hat glänzende Artikel für das Kaufhaus des Westens geschrieben. Natürlich sagt Herr Bruhn nicht: „Gebt mir Inse rate, sonst veröffentliche ich gegen euch Artikel", so dumm ist kein Mensch. Aber treffend hat einmal der Mitangeklagte Weber Herrn Bruhn charakterisiert. Er traf mich im CafL Viktoria und fragte, ob ich keine Stelle für ihn habe. Mich ekelte ja die ganze Gesellschaft an, aber Weber tat mir in diesem Moment wirtlich leid. Er sagte, daß Bruhn sich nicht scheue, mit seiner Karte als Reichstagsabgeordneter Einladungen zu Eröffnungen von Warenhäusern zu erlangen. Weiter teilte er mir mit, daß er den Kindern Bruhns Unterricht er teilt und dafür nichts bekommen habe. LVeber sagte wörtlich, daß diesem Burschen das Handwerk gelegt werden müsse. Ich habe mich des Herrn Weber an genommen, und er hat auch für mich schriftstellerisch gearbeitet. — Vors.: Was sind Sie denn eigentlich? Sind Sie Agent? — Zeuge: Nein, ich bin selb ständiger Kaufmann und verkaufe alljährlich ein paar Millionen Zigaretten. Mein Format ist in den höchsten Kreisen beliebt. — Angekl. Webe r: Von der Erzählung des Zeugen Iacobsohn über unsere Unter haltung im Cafö Viktoria sind 20 Prozent wahr, 80 Prozent Lüge. Die Unterhaltung spielte sich ab kurz vor Beginn des Dahsclprozesses. Ich wußte, das; Iacobsohn ein Mann ist, der alles macht, und suchte durch Verstellung aus ihm herauszubckommen, was herauszubekommen war. Fortsetzung folgt.) Dresden, 1. November. Vetrugsversuch. Das Landgericht verurteilte den 55 Jahre alten Eisendreher, früheren Schiffseigner Otto Theodor Krahn aus Posen, der anfangs dieses Jahres die Schiffsbau-Aktiengesellschaft Dresden- Uebigau um einen Schleppkahn im Werte von 55 000.6 betrüge« wollte und sich von einem hiesigen Gastwirte 300 .6 als Darlehn erschwindelt hatte, zu 1',, Jahren Gefängnis. 43. Wochemrachweis derBevötterllNsssvorqällsse in der Stadtteilen. PevöilcriingSvorgängc till-LeipZig'' «Standes amt 0 oceu-Leipztg «Stanvec» ämter -V,ll) Gesamt» Leipzig , Einwohnerzahl au: v.1.Juli w'ltocrc.i n.: tO4 4L 580 328 g korenc >n ver Woche vom Kl. Okt ois mit 2t. Oktober UNO. bebendgeboreue, männliche. . . - weibliche . . . » zusammen . . Darunter ehelich geborene . . - unehelich » . . rotgeborene, männlich« .... - wewlla-e .... , zusammen.... T «runter ehelich geborene . . - un«h«ltch - . . Gestorbene (ausschi. Tolgeborenc, der Woche vom 23 Oktober ms 2Oktober 1M0. Eestorvcn« überhaupt, männliche - « weibliche. » - zusammen Tarunter vrncr 1 Jahr alle tttn . ehelich geborene . . » unehelich » . . Dod«»ursach«n. Zahl ver Fälle: 1. Kinvbetifieder 2. Scharlach . p. Masern und Röteln .... 4. Diphtherie »na Krupp . . . b. Kruchhuslen «»Typhus Tuberkulose d. »ranlhcilen ver AtmungSorgan« Darunter Jnstuenza . . . b. Maoen» und Daruikatarry.ttnlchll lich Brechdurchfall, . . . Tarunter unter I Jahr >0, «rwaltsamer Tod ». Selbstmord d. Mord und Totschlag, so Hinrichtung . . . e. Verunglückung oder and gewaltsame Einwtrtt 11. Ille übrigen Todesursachen . br. in INI >cr eß- wie erc LNP 33 40 73 -iS 24 1 1 2 2 40 28 88 10 10 1 2 14 S 3 2 2 2 37 8'. ilg 175 151 2 t 4 1 3 2 42 llO 72 21 15 8 3 4 1 's 8 8 S 1 2 38 l18 130 248 48 2 7 5 2 82 58 138 31 25 8 4 4 3 22 13 8 7 3 4 78 ') Alt-Leipzig tst da« Stadtgebiet ohne mr Vororte. oic nach dem St. Dezemoer 18»! rtnverleibl worden sind. E> Neu-Leipzig tst da« Gebier der tetr dem 1. Januar 1880 «in- verletdlrn Vorort« (einschließlich T öli», Töfen, Möckern, Probstheida Stötteritz und Stünz, die am 1. Januar liUOeinverleibt worden und». Leipzig, den I. November 1910. Ltlisttsche» Amt der Stadt Leipzig. kmrvkrttenüer. Theater. Lech,wer «todt-r»ea«rr. I« »«>«« Tßeat«r gehl heute Mittwoch S«stav Frehtags Lustspiel „Die Journalisten" in Szene. Morgen wird Lehar« Operette »Der Rastelbinder" gegeben. Im Alten Theater steht heute «ine Wieder- holung von Lehars neuer Operette „Ztgeunerltebe" auf dem Tpielplan. Morgen findet die Premiere von Andr« Ri- voires Lustspiel „Der gut« König Dagobert" statt, Di« nächste Wiederholung von Henrik Ibsen» neu einstudiertem Schau spiel „Die Fra« vom Meer" ist Sonnabend im Reuen Theater angesetzt. Schauspielhaus. Wegen plötzlicher Erkrankung von Frau Krohmrey-Stübner geht heute Mittwoch in Abänderung de» Spielplancs „Philippine Welfer" zu Halden Preisen in Szene. Ti, bei der Erstaufführung am Sonntag mit so großem Erfolg ausgenommen« lustige Komödie „LandtagSwahl" von Leo Walter Stein wird morgen Donnerstag, am Freitag und kommenden Sonntag und Montag wiederholt. Am Sonn abend gelangt „Taifun" zur Ausführung. Neues OPereiten-Thcaier. Heute Mittwoch Wiederholung von „Prüdcrlein fein", vorher „Das VcrsöhnungSsest". Mor gen Donnerstag „Reiche Mädchen". Die Premiere der kp»- rettennovitat „Lord Piccolo" findet Sonnabend, den 5. No vember statt. Wir weifen nochmals daraufhin, daß diese Ausführung bereits um ZH8 Uhr beginnt. Die musikalifchc Leitung befindet sich in den Händen des Herrn Kapellme slerS Willi Wolf, ebenso wird derselbe diese Erstaufführung diri gieren. Herr Bereich, der bereits in Leipzig nngctrostcn ist, beabsichtigt, bloß den Proben und der Erstausführung deizu- wohnen. Paiieuberg-Theater. Heute: Moderner Theaterabend: „Tic grösste Sünde", Drama von Ernst. Morgen: „Freie Bahn". Königl. Hoftheater in Dresden. Schauspielhaus: Mittwoch: Ter Krampus. Donnerstag: Der eingebildete Kranke. Freitag: Ter Krampus. Sonnabend: Julius Cäsar. Sonntag: Ter Familientag. Montag: Der Krampus. — Opern Theater: Mittwoch: Ter Ring des Nibelungen, Vorabend, Tas Rbclngoid. Donnerstag: Boheme. Freitag: Ter Liebestra,-s. Sonnabend: Ter Ring des Nibelungen. Erster Abend, Tie Wallküre. 7 Uhr. Sonntag: Mignon. Monlag: Ter Ring des Nibelungen, zweiter Tag, Siegfried. 7 Uhr. Konzerte. Heute vormittag 1VZH Uhr findet die Hauptprobe zum 5>. (ürwaudhauS-Konzert statt unter Mitwirkung von Pro'. Henri Martea u. — Programm siehe Anzeige. Frederic Lamond, der große Meister des Klavicrspiels, gib! beule abend '-8 Uhr ein einmaliges Konzert mit folgen dem Programm: Brahms, Händel-Bariutiorien. Beet hoven, Waldstein-Tonate. Chopin, Sonate D-Moll. Berceuse. Schubert-Liszt, Erlkönig, Soirc: de Vienne Nr. K. S cb u b c r t - T a u s i g , Marche miiitaire. Liszt, Etüde TeS-Tnr, Paise Impromptu, Ton Juan-Fan taste. — Karlen bei C. A. Klemm, Fr. Jost und abends an der Kasse. (Siche Anz.) 7. Abcndmnsik in der UniversttätSkirche. Freitag, den 4. November, abends Uhr (Einlaß Z4S Uhr). Zur Auf führung kommen Chor, und Solovorträge für Violine, Ge sang, Orgel von Bast«, F. und A. Mendelssohn, D. Niemann, Schreck, Paul, TschaikowSly, Hiller, R. Müller, Händel, Chopin und Wohrsch. Mitwirkeude: Frl. Häbler (Vio line), Frl. Hügel (Sopran), die Herren Organist riverkchrer E. Müller (Orgel) und P. Schmidt-Berlin (Meisterharmo niumZ, der Universität-Z-Kirchenchor. Eintritt unentgelt lich, nur gegen Entnahme eines Programms zu 15 Pf. Vorträge. Morgen Donnerstag, abends 8 Uhr, findet im Städtischen Kaufhausc der Prcmiercn-Slbend von Marcell Salzer statt. Karten in Fleischers Buchhandlung, Nniversttätsstr. 3. (Siebe Anzeige.) Ter für Donnerstag, den 3. November, angesetzlc Wil- Helm-Busch-Abend von August Schacht muß Unrstände halber verlegt werden. TnS neue Datum wird in Kürze bekanu!- gcgeven. Mrtllliüle NaüMlhren. Am 23. Sonntag nach Trinitatis -'ren avsgcSotrn: Thomaskirche. t) O. Koblemann, Lehrer hier, mit I. G. Wolf, Pribai manns hier Tochter. 2) R. M. Braune, Zigarrenhändler hier, mit I. A. H. Hob, Maurers hier Tochter. 3) W. C. Feller, Trompeter-Sergeant im 2. Ulancn-Regt. Nr. l8, mst E. M. Reumann, Sibuhmachermcisters in Schkeuditz Tochter. Matthäikirche. 1) W. O. Funke, Kaufmann hier, mit A. T. Tdkstng, Fleischers nnd Rcsiaiiratcnrs in Markneukirchen Tochter. 2) M. W. Linkte, Buchhalter in Tangermünde, mit C. L. Trepeimann, Kellners in Leipzig hinterl. Tochter. Peterskirche. 1) F. R. Engelmann, Telegraphcnhandwerle: in L.-A.- Croltendorf, mit M. O. Herbert, Steinbrecherz in Benin Tochter. 2) R. C. Strubei, Fabrikant in L.-G.'hliS, mit A. T. verw. Schumann, geb. Seifert hier. 3) A. C. Lange nickel, Schlosser hier, mit E. H. M. Müller, «choenste:nse-e:- mcisierS hier Tochter. Lutherkirche. 1) P. B. Kirsten, Kellner hier, mit C. M. Schubert, Kürschners in Weißenfels binterl. Tochter. 2) O. R. Keller. Zimmerer hier, mit S. H. Dreißig, Malers in Colditz Tochter. Nndrcaskirche. 1) A. Köhler, Zicgeleibesttzer in Fallersleben, mit E. M. Voigt, Proknristenz hier Tochter. 2) E. C. O. Hehl, Kontor bote hier, mit H. M- Böttgcr, Sattlermeisters in Leisnig binterl. Tochter. Johanniskirche. F. (S. P. A. Schlothauer, Bergarbeiter in Droßdorf, mit M. H. Zetzsche, Arbeiters hier Tochter. Tklgeskalenüer. Städtisches Museum der bildenden Künste u«d Sechziger Kunst- verein (am Augustuspiatz), geöffnet an Sonn- und Feier- tagen ZH11—3 Uhr. Montags 12—S Uhr, an den übrigen Wochentagen 10—3 Uhr Eintritt in das Museum Sonn tag?, Mittwochs und Freitags frc«. Dtontags 1 -6, Diens tags, Donnerstags, Sonnabends 50 Pf. Für die Besich tigung des Kiingcrschcn Beethoven wird ein besonderes Ein. trittSgeld von 1 X erhoben. Der Eintritt in den Kunst- Verein betrügt für Nichtmitglieder 1 Si.oni gunuin, «nnttgewervcniuiriim. geossncl an Sonn- une veiertagen von 10ZH—2 Uhr, an Wochentagen von v—2 Uhr, Montags geschloßen. Eintritt frei. Btbltothel mit Lesesaal geössnet Sonntags von littst—1 Uhr, an Wochen tagen von V—2 und «—v Uhr abend«. Montag- ce- schlossen. Eintritt frei. eteasst.Museum, Museum für LSnderkaude (2. Stock, links). Besuchszeiten wie im Museum sür Völkerkunde. ^rnsn-Mufeum, Museum sitr Bötlertunve, geonnei an Sonn« und Feiertagen von littst—2 Uhr; an den übrigen Tagen von 0—2 Uhr. Montag« geschloßen. Eintritt frei. Neues Ctewandhans. Täglich von früh 0 bi« nachm'ttagz 3 Uhr geöffnet. Eintrittskarten d 1 pro Person (für Vereine und auswärtig« Gesellschaften bei Entnahme von wenigstens LV Billett« » 50 Pf. pro Person) sind am Weschortal zu lösen. Das Antiken»,»seum der Unwersität ist, mit Ausnahme der UniversitälSserien, feden Sonntag von 11—1 Uhr dem Pu blikum unentgeltlich geöffnet. Zugang von der Universttäts- straße, Albertinum, Erdgeschoß recht». Museum sür KrirgSertnnrrungen de» verbände» deutscher KriegSvcteranen. Brühl 2, Tuchhalle, Aufgang S. Geöffnet alle Wochentag« von 8—1 und 8—S Uhr. H«ft»r. Museum au» der Zett be/ vesrrtuug-krtege, »er Völkerschlacht »ei Leptzt, »ud Nap«le«n l„ von Fachleuten anerkannt wertvollste Sammlung aus diesem Gebiete. Inh. Herrn, «uhrig. Ein- a. Verkauf von «nttouttäten. Leipzig, Vuerstr. 1, Zentrum (IohanntSPIatz), Näh« der Bahnhöfe. Enthält Origmal-Bllder, Kupferstich«, Münzen, Kriegs- Medaillen, Wessen. Tschako», Helm«, Dosen, Büsten, Schmuck gegenstände, Autographen, Karikaturen, Porzellan, ast« Uhren und ander« Erinnerungen Napoleon» l. und ocr denkwürdigen Jahr« 1800—181L. Da» Zoologismr Museum ist leben Sonntag, außer Butz- und Feiertag», von 11—1 Uh» unentgeltlich geöffnet. Zoologischer Garte« lägstch geöffnet. -chlllertzau« tu «otzli», Menckestratz« «2, täglich geöffnet.
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